Archiv für Februar, 2015

“Bild” und die Sadomaso-Sabberei

Am Donnerstag kommt “Fifty Shades of Grey” in die Kinos, was von “Bild” seit geraumer Zeit mit einem knisternden Artikelfeuerwerk gewürdigt wird:

Das Liebes-Loft von Christian Grey - Countdown zum heißesten Film des Jahres ++ In Malaysia ist er verboten
Literarisches Vorspiel zum Kino-Start von 'Fifty Shades of Grey' - Das heißeste Sex-Kino ist immer noch Ihr Kopf
'50 Shades of Grey' in 6 Tagen im Kino - Schlecht ist GEIL! - Warum erobert ein eher unbeholfen geschriebenes Märchen über dunklen Sex die ganze Welt?
Wenn der Film vorbei ist... So klappt das 'Shades of Grey'-Nachspiel zu Hause!
BILD zu Besuch im SM-Folterkeller - In den Händen des deutschen Mr. Grey
Neue BILDplus-Serie - Ich mache mein Geld mit der Lust
'Fifty Shades of Grey' für Anfänger - Der große SM-Ratgeber bei BILD

Das da oben sind nur die Schlagzeilen aus den letzten sechs Tagen. Begonnen hat die Hechelei aber schon vor vielen Monaten (Liste mit Sicherheit unvollständig):

50 Schlagzeilen zu SM-Sex

Als das Buch rauskam, präsentierte Bild.de “exklusive Auszüge”, zum Hörbuch gab es “exklusive Audioproben”, und seit die Verfilmung angekündigt wurde (SM-Sex! Auf der Leinwand! Mit Hollywood-Stars!), drehen sie in der Redaktion ohnehin völlig am Rad.

Sie fragten:

Welche Hollywood-Beauty ist die perfekte Sex-Sklavin?

… und:

Wie fesselnd wird DER Film, den Frauen heiß ersehnen?

Freuten sich diebisch über …

'Fifty Shades of Grey' - die ersten Bilder vom Set!

… verkündeten enttäuscht:

Penis-Klausel! Wir werden IHN nicht nackt sehen!

… und feierten den bevorstehenden Trailer, als ginge es um die Ankunft des Heilands persönlich:

'Fifty Shades of Grey - Morgen kommt ER! ... der Film-Trailer, auf den die Welt wartet

Den ersten Trailer zu „Fifty Shades of Grey“ gibt es morgen natürlich bei BILD!

Natürlich.

Und natürlich diente das Buch immer wieder als willkommener Vorwand für fesselnde Erfahrungsberichte und rattenscharfe Ratgeber:

Wie geht eigentlich 'Shades of Grey'?
'Shades of hä' - wie geht eigentlich Fessel-Sex?' data-lazy-src=

Und selbst für solche Geschichten waren sich die “Bild”-Leute nicht zu blöd:
Von wegen 50 Shades of Grey! - 50 Shades of GRAU
Die Trilogie ist vor allem bei Frauen beliebt, aber nicht für jeden etwas. Daher hier UNSERE 50 Shades of Grau ... 1. Anthrazitgrau, 2. Schiefergrau, 3. Umbragrau, 4. Blaugrau, 5. Basaltgrau ...

Der Artikel geht tatsächlich bis 50 (“Lichtgrau”) weiter. Und endet danach ohne weitere Erklärung.

Jedenfalls — gestern kam dann endlich der Höhepunkt der Sabbersause:

BILD zeigt den Busen, auf den die Welt wartet! [Dazu ein großes Foto der halbnackten Dakota Johnson]

(Unkenntlichmachung von uns.)

Das Foto stammt jedoch nicht aus dem Film, denn von den so gierig ersehnten Nacktszenen sind bisher noch keine veröffentlicht worden. Nein, um die Notgeilheit ihrer Leser und Macher endlich zu befriedigen, musste die “Bild”-Zeitung in ihre Trickkiste greifen:

Diese Knospen erblühen ab Donnerstag auf unseren Kinoleinwänden! Da bislang keine Nacktszenen aus dem Film veröffentlicht wurden, gibt es von Dakota Johnson nur diese Aufnahmen beim Nacktbaden in Italien

In medialem Sadismus waren sie eben schon immer Experten.

Blogkosten, Swissleaks, Fifty Shades of Grey

1. “Was ein Blog im Monat so kostet. Und warum die Leser das wissen sollten.”
(gourmetguerilla.de, Mel)
Mel listet Fixkosten und Arbeitszeit ihres Blogs auf – und kommt auf Gesamtaufwendungen in der Höhe von 1374,10 Euro.

2. “Allzu autoritätsgläubige Journalisten”
(nzz.ch, Torsten Landsberg)
Torsten Landsberg blickt zurück auf die Berichterstattung deutscher Medien zu den NSU-Morden und liest dazu die Studie “Das Unwort erklärt die Untat” (issuu.com): “Die Darstellung der Ermittler, so die Studie, sei durchweg positiv gewesen: Sie wurden am häufigsten zitiert, und obwohl ihre Arbeit ergebnislos blieb, zogen die untersuchten Artikel die Ermittlungen nicht in Zweifel.”

3. “Kai Gniffke zu Kritik an Tagesschau: ‘Nachrichten sind nie perfekt'”
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke verteidigt die “Tagesschau”, die seit Monaten “eine Vielzahl teils wütender Zuschauer- und Nutzerreaktionen” erhält: “Würde man unsere Korrespondenten bei vertraulichen Sitzungen in Berlin und Brüssel stets mit der Kamera dabei sein lassen, wäre die Zeit vorfahrender Limousinen in der Tagesschau sicher vorbei. Solange aber zeigen wir die Herren Tsipras und Juncker sowie Frau Merkel auch mal beim Aussteigen.”

4. “‘SwissLeaks’, ou l’investigation commandée”
(bilan.ch, Myret Zaki, französisch)
Myret Zaki fühlt sich von den «Swissleaks» an einen durch den Staat organisierten Investigativjournalismus erinnert: “On répétait en boucle que les données HSBC, volées en 2008 par Hervé Falciani, ont été ‘obtenues’ par la presse auprès de ‘sources gouvernementales françaises’. Formulation aux accents marketing surprenants, lorsqu’on sait que les journalistes n’ont pas ‘obtenu’ d’eux-mêmes les informations, mais que, pour reformuler, celles-ci leur ont été dépêchées en mains propres aux bureaux du Monde par des envoyés du gouvernement français.” Siehe dazu auch “‘Swissleaks’: Eine andere Realität” (nzz.ch, Ermes Gallarotti).

5. “50 Shades of word play: Getting beyond first-level creativity”
(poynter.org, Roy Peter Clark, englisch)
Zum Film “Fifty Shades of Grey”, der heute in Berlin erstmals gezeigt wird, bittet Roy Peter Clark die Schlagzeilenproduzenten um kluge Wortspiele: “Here’s my advice: Go beyond what I call ‘first-level creativity.’ Believe me, you don’t want to be one of the thousand class clowns to come up with the same lame joke or reference. If you write something you think is clever and suddenly notice that a hundred Tweeters arrive at the same word at the same time, you are no longer a whiz kid.”

6. “400 Bewerbungen und kein Job”
(taz.de, Stefanie Schmidt)
Dr. Stefanie Schmidt sucht einen Job und wäre auch mit 1100 Euro netto im Monat schon “SEHR, SEHR glücklich”: “Ich habe meine Promotion mit der Note 1,0 abgeschlossen, doch finde ich keinen Job außerhalb des kleinen Forschungsgebiets, das ich studiert habe. Überqualifiziert – verzweifelt – nicht hinter dem stehen, wofür man sich bewirbt. DAS sind ernsthaft die Reaktionen, die man in Deutschland erhält, wenn man sich mit gutem Abschluss in einem Exotenfach in der freien Wirtschaft bewirbt!”

Tagesschau, Politische Korrektheit, Bildjournalismus

1. “Die 20-Uhr-Wirklichkeit”
(stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier schreibt zu den Ritualen der ARD-Tagesschau: “Die Menschen, die in Autos vor irgendwelchen Regierungs– oder Konferenzgebäude vorfahren, scheinen diejenigen zu sein, die die Nachrichten nicht nur machen, sondern von ihnen auch am meisten betroffen sind. Die Menschen, die vorfahren, ändern sich und die Orte. In diesen Tagen sind es vor allem Brüssel und Athen. Wenn ein neuer Protagonist Teil dieses Rituals wird, würdigt die ‘Tagesschau’ auch, wie er sich dabei schlägt: ‘Der neue griechische Außenminister scheint es fast zu genießen, im Mittelpunkt zu stehen’, textet die Reporterin, während wir sehen, wie er vor den Kameras aus einem Wagen steigt.”

2. “Regenbogenpresse im Wahlkampf”
(cuirhommeblog.wordpress.com)
Roger Köppel und Markus Somm deuten ausführlich ein Foto, auf dem Jean-Claude Juncker und Simonetta Sommaruga zu sehen sind. Schaut man sich mehr als “die eingefrorene hundertstel Sekunde eines Bewegungsablaufes” an, nämlich die ganze Szene auf Video, relativiert sich die Aussagekraft des Fotos.

3. “Zwischen Wahrheit und Lügenpresse – der schmale Grat des Bildjournalismus”
(rolandtichy.de, Heike Rost)
Heike Rost kommentiert ein Foto, das Angela Merkel zusammen mit François Hollande zeigt: “Das Bild der beiden wohl einflussreichsten europäischen Regierungschefs ist aufgrund seiner Symbolkraft offenbar zu verlockend, um es nicht von einem Foto der aktuellen Berichterstattung nach den Anschlägen auf CharlieHebdo und den Supermarkt in Paris kurzerhand in ein Symbolfoto, zu einer bloßen Illustration umzuwidmen, die mit dem eigentlichen Nachrichtenereignis nicht das geringste zu tun hat.”

4. “The truth about ‘political correctness’ is that it doesn’t actually exist”
(vox.com, Amanda Taub, englisch)
Politische Korrektheit sei kein “Glaubensbekenntnis”, schreibt Amanda Taub: “Rather it’s a sort of catch-all term we apply to people who ask for more sensitivity to a particular cause than we’re willing to give — a way to dismiss issues as frivolous in order to justify ignoring them. Worse, the charge of ‘political correctness’ is often used by those in a position of privilege to silence debates raised by marginalized people — to say that their concerns don’t deserve to be voiced, much less addressed.”

5. “Hereinspaziert, hereinspaziert! Hier geht’s zur Gräuelbilder-Diashow auf 20min.ch. Jeder Klick ein Treffer!”
(watson.ch, Hansi Voigt und Kian Ramezani)
Wie 20min.ch und Blick.ch mit den von IS verbreiteten Terrorbildern umgehen. “Auf den Umstand, dass Ringier-Kolumnist Britschgi seine Kollegen im Ringier-Newsroom als ‘nützliche Idioten’ bezeichnet, weist Marco Boselli hin. Er ist der Chefredaktor von ’20 Minuten’ aus dem Hause Tamedia.”

6. “Um Dos Melhores! – Für Zwei Millionen?”
(effzeh.com, Gero Dieckmann)

“heute-show” verfälscht Interview

Die „heute-show“ im ZDF hat sich gestern mal wieder kritisch-satirisch mit der AfD befasst. Doch so lustig und entlarvend das an vielen Stellen auch war: An einem Punkt sind die Macher gehörig über die Stränge geschlagen.

Durch die verkürzte Wiedergabe eines Interviews wurde eine junge Frau in die rechte Ecke gestellt — dabei hat sie mit Rechtspopulisten und Rassisten nichts am Hut. Im Gegenteil: Marlena Schiewer ist jugendpolitische Sprecherin bei „Die Linke“ in Görlitz und engagiert sich gegen Rassismus und für Flüchtlinge.

In der Anmoderation (Sendung in der Mediathek, ab 23:35 Min. Update: Die Passage wurde inzwischen entfernt) sagt Moderator Oliver Welke:

Die Frage ist: Kann die Partei [AfD] nach ihren sensationellen Wahlerfolgen in der DDR auch im Westen Fuß fassen? Was man zugeben muss: Sie haben immer mehr Fans.

Dann kommt die Interviewsequenz:

Ich möchte nicht mehr die NPD wählen, weil die mir zu rechtsextrem ist, und deswegen wähle ich jetzt die AfD, weil die … also ich sage immer: Das ist die NPD in freundlich.

Großes Gelächter im Publikum, amüsiert-verblüffter Blick von Welke.

Wie allerdings im Originalbeitrag des ARD-Nachtmagazins zu sehen ist (ab 0:20 Min.), gab Schiewer tatsächlich nur die Meinung anderer Leute wieder, nicht ihre eigene. Ihre vollständige Aussage lautete:

Hier auf dem Dorf gibt’s ziemlich viele Leute, die rechter Meinung sind und die einfach sagen: Ich möchte nicht mehr die NPD wählen, weil die mir zu rechtsextrem ist, und deswegen wähle ich jetzt die AfD, weil die … also ich sage immer: Das ist die NPD in freundlich.

Auf Facebook schreibt sie heute:

Wer die gestrige ZDF heute-show gesehen hat, konnte mich in einem Beitrag zur AfD sehen. Die Macher der Show erweckten den Eindruck, ich würde jetzt AfD wählen und hätte früher NPD gewählt. Dies ist eine Frechheit und widerspricht meinem bisherigen politischen Engagement für Flüchtlinge und gegen Rassismus. (…) Bitte helft mir, allen Menschen und zuerst der ZDF heute-show zu zeigen, so geht das nicht! Das schadet nicht nur mir persönlich, sondern auch dem Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Allgemeinen.

Mit Dank an Erwin Z.

Siehe auch: Heute-Show fälscht erneut (fernsehkritik.tv)

Nachtrag, 20.30 Uhr: Die “heute-show” hat sich bei Facebook zu Wort gemeldet:

Liebe Fans der heute-show: Bei der Verwendung des Statements von Marlena Schiewer ist uns offensichtlich ein Fehler unterlaufen, für den wir uns entschuldigen. Wir werden prüfen, wie es dazu kommen konnte und die Sache richtigstellen.

Nachtrag, 8. Februar: Oliver Welke hat sich auf Facebook für den Fehler entschuldigt:

Liebe heute-show Zuschauer,

in sechs Jahren heute-show haben wir ganz bestimmt nicht alles richtig gemacht. Aber der Fehler, der uns als Redaktion letzte Woche unterlaufen ist, ist mir tatsächlich richtig peinlich. Dass ausgerechnet wir einen TV Clip so geschnitten zeigen, dass er eine junge Frau als Rechtsextreme erscheinen lässt, die sich seit Jahren gegen Rassismus engagiert, hätte nie passieren dürfen. Noch peinlicher ist nur, dass wir erst durch den Facebook Eintrag der betroffenen Frau auf unseren groben Fehler aufmerksam gemacht wurden. Die heute-show vom 6.2. war so gesehen ein echter Schock für Marlena Schiewer und nebenbei noch Wasser auf die Mühlen der Menschen, die ohnehin davon überzeugt sind, dass die Medien notorisch lügen und manipulieren. Wir klären jetzt im Detail, wie genau das von uns “verbockt” wurde. Zum Hintergrund: Für die heute-show wird von unseren Sichtern alles was im Fernsehen im weitesten Sinne mit Politik zu tun hat (Nachrichten, Talkshows, Bundestagsdebatten) ausgewertet und in Clips für die Sendung verwandelt. Wenn jemand in einem so gefundenen Ausschnitt gar nicht seine Meinung sagt, sondern andere zitiert, wird das normalerweise explizit dazu geschrieben. Genau das ist aber in diesem Fall nicht passiert. Dafür habe ich mich bereits bei Marlena Schiewer persönlich entschuldigt, und wir werden den vollständigen Ausschnitt selbstverständlich in der nächsten heute-show zeigen. Denn dieser Ausschnitt hätte auch schon in der Sendung vom letzten Freitag in der ungekürzten Originalfassung hervorragend und, was das Wichtigste ist, im Sinne von Frau Schiewer funktioniert. Logischerweise werden wir jetzt sämtliche Abläufe bei uns so ändern, dass sich Vergleichbares nicht wiederholen kann. Es gibt in Deutschland zur Zeit genug echte Rechte die in Kameras sprechen, da muss man weiß Gott keine Linke zur Rechten machen. Auch nicht, wie in diesem Fall, aus Versehen. In diesem Sinne von mir noch mal eine aufrichtige Entschuldigung im Namen des ganzen Teams (…).

Nachtrag, 8. Februar: … und Marlena Schiewer hat die Entschuldigung angenommen.

Gestatten, Cristiano Ronaldo, Fantastilliardär

In der Tat:

Bei diesem Einkommen hat Ronaldo genug Grund zum Jubeln [dazu ein Foto von Ronaldo beim Jubeln]

Cristiano Ronaldo (30) ist Weltfußballer, Superstar bei Real Madrid und verdient Ihr Jahresgehalt in wenigen Minuten: Laut „Forbes-Liste“ ist der Portugiese die Nummer zwei der bestverdienenden Sportler der Welt.

Was genau das bedeutet, erklärt Bild.de anhand eines Beispiels:

Sie sind Friseurin? Dann dürfte Ihr Durchschnittsverdienst bei knapp 15 500 Euro brutto im Jahr liegen. Ein Jahr lang waschen, schneiden und föhnen. Für dieselbe Summe braucht Ronaldo gerade mal acht Minuten. Während Ronaldo sich ein hartes Ei kocht, verdient er das Jahres-Gehalt einer Friseurin.

Dann muss er nur noch schnell den Müll runterbringen, ein Ründchen Fifa zocken und sich die Haare machen, und schwupps, hat er schon die nächste Million drin. Zumindest nach der Rechnung von Bild.de. Denn 15.500 Euro in acht Minuten, das wären 1.938 Euro pro Minute. 116.280 Euro pro Stunde. 2.791.000 Euro pro Tag. Und sage und schreibe 1.018.715.000 Euro pro Jahr.

Blödsinn, sagen Sie? Stimmt.

Gibt man auf der Seite der BBC, auf die sich Bild.de beruft („How long would it take you to earn a top footballer’s salary?“), 15.500 Euro ein …

Your country: Germany; Pre-tax annual salary in local currency: €15500; Compare yourself with: Cristiano Ronaldo (Real Madrid)

… kommt man zwar tatsächlich auf acht Minuten:

Cristiano Ronaldo earns €18,200,000 per year. It would take him 8 minutes to earn your weekly salary.

Bloß: Diese Zeitangabe bezieht sich auf das Wochengehalt der imaginären Friseurin (steht ja auch da). Demnach verdient Ronaldo in acht Minuten 280 Euro. Nicht 15.500. Und im Jahr gut 18 Millionen (steht ebenfalls da).

Aber auf eine Milliarde mehr oder weniger kommt’s bei Bild.de ja doch nicht an.

Mit Dank an Sebastian K., Mark G. und Chris S.

Wenn Schlagzeilen Menschenleben kosten

Prof. Dr. Ulrich Hegerl ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und beschäftigt sich seit Jahren mit der Berichterstattung über Suizide. Wir haben uns anlässlich der Berichterstattung über den Tod von Ben Wettervogel mit ihm unterhalten.

BILDblog: Herr Professor Hegerl, aktuell wird sehr intensiv über den Suizid von Ben Wettervogel berichtet. Vor allem die Boulevardmedien haben in den letzten Tagen große Titelgeschichten veröffentlicht, in denen der Fall sehr ausführlich und ergreifend beschrieben wird. Wie bewerten Sie solche Berichte?

Hegerl: Wenn sehr emotionalisierend berichtet wird, besteht immer das Risiko von Nachahmungssuiziden. Vor allem, wenn der Suizid als nachvollziehbare Reaktion auf schwierige Lebensumstände dargestellt wird. Das ist der Suizid aber in den allermeisten Fällen nicht, sondern er ist Folge einer meist nicht optimal behandelten psychiatrischen Erkrankung. Wenn jemand eine Depression kriegt, dann hat er immer das Gefühl, das Leben sei aussichtslos – auch wenn es ihm von außen betrachtet gar nicht schlecht geht. Und wenn jemand Probleme hat, dann nimmt er diese Probleme in der Depression noch hundertfach vergrößert wahr und hat das Gefühl, da komme ich nie wieder raus. Deswegen darf man die Gründe, die zunächst auf der Hand zu liegen scheinen, nicht überbewerten.

Über die Motive von Ben Wettervogel wird zurzeit auch viel spekuliert. Wir wollen nicht näher darauf eingehen, aber ganz allgemein gesagt halten die Medien seine schweren Lebensumstände für das Entscheidende.

Das wird oft angenommen. Weil jeder Mensch irgendwo Probleme hat, hat man immer auch gleich die Gründe: Wenn jemand alt ist, sind es die Erkrankungen, die angeblich schuld sind, bei anderen ist es die Entlassung oder was auch immer. Das sind aber meistens gar nicht die entscheidenden Faktoren, sondern eben die Depression, die dazu führt, dass die bestehenden Probleme als unüberwindbar und riesengroß wahrgenommen werden.

Wenn nun ein Betroffener solche Berichte liest, kann es also passieren, dass sie etwas in ihm auslösen, es also zu Nachahmungen kommt?

Ja, das ist der sogenannte Werther-Effekt. Er bezieht sich auf den Roman „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe, in dem sich ein junger Mann das Leben nimmt. In der Folge gab es andere junge Männer, die das gelesen und sich dann in gleicher Weise das Leben genommen haben. Seitdem ist dieses Phänomen des Nachahmungssuizids bekannt.

Sie haben dieses Phänomen am Fall von Robert Enke ausführlicher untersucht, über dessen Suizid ja auch massiv berichtet wurde. Was haben Sie herausgefunden?

Es kam zu Nachahmungstaten, und zwar nicht nur in den ersten Tagen nach der Berichterstattung (die Zahl der Suizide auf Bahnstrecken verdoppelte sich schlagartig, Anm. d. R.), sondern auch längerfristig. Und das zeigt eben, wie wichtig es ist, dass man sehr verantwortungsvoll berichtet.

Man kann also sagen, Journalisten können im schlimmsten Fall dazu beitragen, dass sich Menschen das Leben nehmen?

Das kann man in jedem Fall sagen, ja.

Wie sollten sich die Medien denn am besten verhalten?

Sie sollten zum Beispiel den Suizid als Ausdruck einer Depression oder anderen psychiatrischen Erkrankung darstellen und nicht als nachvollziehbare Reaktion, auch auf Hilfsangebote hinweisen. Es gibt einen Leitfaden für Journalisten, in dem wir solche Empfehlungen ausführlich darstellen.

***

Diesen Leitfaden kann man sich hier herunterladen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention hat Empfehlungen für Journalisten herausgegeben (hier), ebenso wie die Weltgesundheitsorganisation (hier).

Sie alle sind sich einig, dass die Gefahr von Nachahmungstaten sinkt, wenn:

  • der Suizid als Folge einer Erkrankung (z.B. Depression) dargestellt wird, die erfolgreich hätte behandelt werden können
  • alternative Problemlösungen und Fälle von Krisenbewältigung aufgezeigt werden
  • Expertenmeinungen eingeholt werden
  • Hintergrundinformation zum Krankheitsbild Depression gegeben werden
  • über die Arbeit professioneller Helfer berichtet wird
  • Helplines und Hilfekontakte angegeben werden (etwa die Nummern der Telefonseelsorge — 0800-1110111 oder 0800-1110222 –, unter denen sich Betroffene rund um die Uhr kostenfrei und anonym beraten lassen können)
  • Erfreulicherweise gibt es immer mehr Medien, die sich zumindest an einige dieser Punkte halten (wobei es in manchen Fällen doch sehr alibimäßig wirkt, wenn wenige Zeilen über dem Kasten mit den Hotlines dann doch die genaue Suizid-Methode beschrieben wird).

    Denn die Gefahr von Nachahmungstaten steigt, wenn:

    • durch Titelgeschichten, Schlagzeilen und Fotos Aufmerksamkeit erregt wird
    • die Begriffe Selbstmord, Suizid und Freitod in der Überschrift vorkommen
    • die Suizid-Methode detailliert beschrieben wird
    • ein leicht zugänglicher Ort beschrieben oder gar mystifiziert wird
    • das soziale Umfeld, die Identität und die Motive ergreifend beschrieben werden
    • der Suizid positiv bewertet, glorifiziert oder romantisiert wird
    • der Suizid als völlig unverständlich oder als einziger Ausweg bezeichnet wird
    • das Opfer eine prominente Person ist

    Mindestens sechs dieser acht Punkte treffen auf die aktuelle Berichterstattung der „Bild“-Zeitung zu. Auch die „B.Z.“, der „Berliner Kurier“ und der „Express“ berichten ohne große Rücksicht, stark emotionalisiert und detailliert. Und selbst seriösere Medien wie die „Berliner Zeitung“, der „Kölner Stadt-Anzeiger“ oder die „Augsburger Allgemeine“ beschreiben die Suizid-Methode ganz genau.

Sicherheitskonferenz, Pseudoskepsis, Brian Williams

1. “Der will doch nur bloggen”
(gutjahr.biz)
Richard Gutjahr antwortet auf Vorwürfe, die ihm als Blogger immer wieder begegnen: “Gerade auf Journalisten-Kongressen bekommt man oft zu hören, Bloggen sei kein Journalismus. Ich halte solche Pauschalurteile für Quatsch. Natürlich ist nicht jedes Blog bzw. jeder einzelne Blogpost, den man verfasst, ein journalistisches Juwel. Umgekehrt zu meinen, nur weil etwas gedruckt oder gesendet wird, handle es sich per se um Journalismus, ist noch viel größerer Unsinn.”

2. “Bundesregierung preist den ‘öffentlichkeitswirksamen Charakter’ der Sicherheitskonferenz”
(heise.de/tp, Florian Rötzer)
Florian Rötzer liest die Beilage der “Süddeutschen Zeitung” zur heute beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz: “Wie man sich vom kritischen Journalismus verabschiedet, führt schließlich Cornelius noch einmal im Gespräch mit US-Vizepräsident Joe Biden vor und stimmt den geneigten Leser mit dem Titel schon einmal richtig ein: ‘Russland ist der Aggressor.’ Das ist pure Hofberichterstattung eines unterwürfigen Journalisten und wäre auch nicht anders bei russischen Staatsmedien, die die Ehre haben, Putin zu interviewen, der dann seine in allen Hinblicken segensreichen Aktivitäten hervorhebt.”

3. “Die Frau fürs Soziale. Allein unter Männern im Spiegel-Büro”
(watch-salon.blogspot.de, Tina Stadlmayer)
Tina Stadlmayer berichtet von ihrer Zeit als Redakteurin beim “Spiegel”: “Überall Männer und dazu eine straffe Hierarchie. Ich kann mich an Montagskonferenzen in Hamburg erinnern, bei denen nicht eine einzige Frau zu Wort kam. Während ich bei der Taz für Innenpolitik zuständig gewesen war, landeten jetzt auf meinem Schreibtisch alle Themen, mit denen die Kollegen nichts anfangen konnten: Frauen, Kinder, Homosexualität, Minderheiten…”

4. “Brian Williams admits that his story of coming under fire while in Iraq was false”
(washingtonpost.com, Paul Farhi, englisch)
TV-Journalist Brian Williams gibt zu, nicht in einem unter Beschuss geratenen Helikopter gesessen zu haben. ” I want to apologize. I said I was traveling in an aircraft that was hit by [rocket-propelled grenade] fire. I was instead in a following aircraft.”

5. “Verschwörungstheorien: Zweifeln ist ja so geil”
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Sascha Lobo beschäftigt sich mit der Pseudoskepsis, dem “düsteren, dümmlichen Zwilling der Skepsis”. “Nebenbei stellt sich eine merkwürdige Parallele ein zwischen denen, die hysterisch ‘Lügenpresse’ schreien, und denjenigen Medienleuten, die sich beim besten Willen nicht erklären können, worin dieser Schrei gründen könnte. Das Hinterfragen des eigenen Standpunkts erscheint nicht unbedingt als allergrößte Stärke des deutschen Journalismus. Eigentlich ja von niemandem.”

6. “Das schlimmste Geschiss seit dem Eijafjallanochwas”
(faz.net, Andrea Diener)

Bild  

Lynchmob, bitte hier entlang!

Am vergangenen Wochenende ist in Fürth ein 28-jähriger Mann an einer U-Bahnstation niedergestochen worden. Er erlag noch am Tatort seinen schweren Verletzungen.

Die Polizei nahm wenig später drei Verdächtige fest, zwei sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, einer sitzt wegen Verdachts auf Totschlag in U-Haft.

Sowohl die Behörden als auch die Medien haben seither keinerlei persönliche Informationen über den Verdächtigen veröffentlicht (von seinem Alter abgesehen), das ist üblich in solchen Fällen, so schreibt es auch der Pressekodex vor, und das hat, wie sich an diesem Fall sehr deutlich zeigt, auch einen guten Grund: Einige Leute malen sich seit Tagen aus, wie sie sich an dem Täter rächen werden, und sie warten gebannt darauf, zu erfahren, wer es ist.

Auf Facebook kündigte am Dienstag jemand an, er gehe

demnächst mal wieder WILD jagen! der hunger ist groß. …noch jemand…? […] Er wird auf alle Fälle gesucht und gefunden werden…Ob er will, oder nicht…dann wird das Karma über ihn entscheiden…..

52 Personen gefällt das.

Andere schrieben:

Ich hoffe das jemand weiß wer er ist und ihn kenn , und in einer dunklen Ecke ihm die Sterne zeigen !! Dreckspack !

jeder wird sein Peinigers Namen kennen da hilft es nicht viel das die Medien den Namen geheim halten!

Irgenjemand wird es rausfinden, irgendjemand wird Fotos veröffentlichen, irgendjemand wird damit prahlen die Täter zu kennen.

Ich hoff die Namen kommen raus ……dann gnade gott!!!!!! da kommt jede hilfe zu spät !! […] man wird sie finden nur eine frage der zeit und dann sind die Bastarde mal allein wir vernichten euch so babarisch wie ihr […] ermordet habt vielleicht kommen wir auch mit totschlag davon hass kommt da hoch!!!! ich hoffe die namen findet jemand raus wir sind alle dabei !

Wenige Stunden später erfüllte sich ihre Hoffnung tatsächlich: Sie bekamen den Vornamen, den abgekürzten Nachnamen und ein Foto des mutmaßlichen Täters, sie erfuhren sogar, in welchem Stadtteil er aufgewachsen ist, welchen Beruf sein Bruder gerade lernt und in welchem Stadtteil er aktuell wohnt.

Stand nämlich alles gestern in der “Bild”-Zeitung:

Jemand postete den Artikel sogleich bei Facebook und schrieb kommentarlos die Namen und persönlichen Informationen des Verdächtigen und dessen Bruder (der in der Tatnacht dabeigewesen sein soll) dazu, als wolle er sagen: Da sind die Infos, jetzt können wir loslegen.

Und sie legten los.

Ja da haben wir doch den Namen

Die täter werden gefunden und dann gnade gott die sollen sich nicht mehr sicher fühlen egal wo die sind.. die jagd hat schon längst begonnen ihr verdammten drecksschweine!!!!!!!!!!!

jeder soll mit dem Finger auf sie zeigen und darüber reden! Sie sollen schlaflose Nächte haben, schweißgebadet aufwachen und über Selbstmord nachdenken!! Die Welt besteht nur noch aus HASS-KAMPF und RACHE!!!

Kurz darauf fanden sie — anhand der Infos aus dem „Bild“-Artikel — auch noch heraus, wie der Verdächtige mit Nachnamen heißt, in welcher Straße er wohnte und auf welche Schule sein Bruder geht.

Totgeprügelt werden ihr von hunderten dann vergessen wir uns an euch so elendig werdet ihr verrecken und an euren blut sollt ihr ersticken oh ich hätte da nen schönen plan aber da sind euch viele schon ganz nah auf der spur

Die Jagd ist eröffnet. Dank freundlicher Unterstützung von „Bild“.

Mit Dank an Stephan.

Siehe auch: Monster erschaffen (Archiv)

Sigmar Gabriel, James Robertson, Fox News

1. “Das deutsche Europa im Spiegel”
(merkur-blog.de, Danilo Scholz)
Danilo Scholz liest den “Spiegel” – auf Englisch. “Klar, es gibt eine Leserschaft und die ist deutsch. Aber ich finde es hochgradig verstörend, mit welcher Selbstverständlichkeit mancher Leitartikel über die Dummheit der Argumente und die Provinzialität der geistigen Welt der Pegida-Demonstranten herzog, obwohl Journalisten sich doch selbst oft genug mit teutonischen Verengungen zufriedengeben. Mehr Welt reinlassen: Diese Forderung sollte immer reflexiv sein, sie richtet sich an das eigene Ich.”

2. “‘Es gibt ein Recht darauf, deutschnational zu sein'”
(stern.de)
Vizekanzler Sigmar Gabriel wirft Berliner Politikern und Journalisten vor, “sie hätten ‘manchmal ein leicht gestörtes Verhältnis zur Realität in Deutschland’. Die Welt, in der sie sich bewegten, sei ‘nicht die Welt, die die meisten Menschen erleben’.”

3. “Blogger-Relations: Gebt euch Mühe, verdammt!”
(basicthinking.de, Tobias Gillen)
Tobias Gillen erlebt immer wieder, als “verlängerter Arm der Marketingabteilung” wahrgenommen zu werden. “Fakt ist: Von 1.000 E-Mails, die wir in diese Richtung mit Themen erhalten, landen fünf im Ordner ‘Schauen wir uns mal an’ – und ein Thema schafft es dann vielleicht tatsächlich mal kritisch beleuchtet auf die Seite.”

4. “Hallo Frau Freitag”
(watson.ch, Kafi Freitag)
Kafi Freitag gibt Auskunft auf die Frage, wie man als Blogger ein Einkommen erzielt und schreibt über deren Beziehung zu den Journalisten: “Blogger sind unbeliebt, weil sie den etablierten Journalisten Konkurrenz machen. Blogger sind unbeliebt, weil sie keinen doofen Chef vor sich haben und tun und lassen können, was sie wollen und dadurch viel mutiger acten, als um ihre Stelle zitternde Journis.”

5. “Fox News site embeds unedited Isis video showing brutal murder of Jordanian pilot”
(theguardian.com, Nicky Woolf, englisch)
Als einzige US-Medienorganisation veröffentlicht die Website von “Fox News” ein ISIS-Video, das den jordanischen Pilot Muadh al-Kasasbeh zeigt, wie er, in einem Käfig eingesperrt, angezündet und verbrannt wird.

6. “Heart and sole: Detroiter walks 21 miles in work commute”
(freep.com, Bill Laitner, englisch)
Der 56-jährige James Robertson bewältigt jeden Tag einen Arbeitsweg von zwei Mal 37 Kilometern – und muss dafür 34 Kilometer zu Fuss gehen. Siehe dazu auch “Help James Robertson Get a Car” (gofundme.com, englisch).

Im Zweifel gegen den Griechen

Wenige Tage vor der Wahl in Griechenland hat Yanis Varoufakis, inzwischen neuer griechischer Finanzminister, der französischen Zeitung „La Tribune“ ein Interview gegeben. Deutsche Medien nahmen zunächst kaum Notiz davon, seit der Wahl aber wird es plötzlich überall zitiert, oder vielmehr: ein bestimmter Satz daraus.


(Welt.de)


(T-Online.de)


(“Huffington Post”)

Auch von „Spiegel Online“ wird diese Aussage zitiert, genau wie von FAZ.net, Bild.de, n-tv.de, „Focus Online“, der „Berliner Morgenpost“, dem „Hamburger Abendblatt“, in der Folge auch von einigen Politikern und vielen, vielen empörten deutschen Steuerzahlern in den Kommentarspalten dieses Landes.

Eine Drohung sei dieser Satz, findet FAZ.net, für Bild.de klingt er gar „wie eine Erpressung“, und auch die anderen sehen darin einen eindeutigen Beleg für die Raffgier und Dreistigkeit der neuen griechischen Regierung, die sich auf unsere Kosten aus der Misere gaunern will, die will, dass Deutschland ewig weiterzahlt und das jetzt sogar “ganz unverhohlen” („T-Online“) und “mit entwaffnender Offenheit” (Welt.de) zugibt.

Und so ganz abwegig ist diese Interpretation ja tatsächlich nicht, zumindest, wenn man nur diesen einen Satz kennt. Schaut man sich aber mal den Kontext an, aus dem das Zitat gerissen wurde, ergibt sich ein völlig anderes Bild.

In der englischen Version des Interviews lautet die Passage wie folgt:

And the last pillar of Syriza program?

This will finally address the humanitarian crisis in Greece. But again, I think we should reflect on the European level. In the US, food stamps helped out of poverty hundreds of thousands of households. Why not use the benefits of the Eurosystem, the network of central banks of the euro area, to finance such good in Europe? This would create the political strength in Europe, people could actually see the benefits of membership in the euro area.

However, it was felt that such proposals inevitably likely to face a refusal, particularly German, since, in Berlin, we do not want a union of transfers …

I beg to differ. Whatever Germany does or says, it pays anyway. And in 2010, I felt that we had not, we Greeks, the moral right to accept money from German taxpayers, to pay our creditors. In reality, this money goes into a black hole, and we ask them is that they spend their money more wisely. Why ask Greece to borrow money from German taxpayers to repay the ECB? Because Jean-Claude Trichet, the worst central banker in history, has decided once? Let us be able that the EIB do the work for which it was created.

Was Varoufakis also eigentlich meint, ist: „Schlimmerweise stopfen die Deutschen immer weiter Geld in ein Schwarzes Loch, egal, was sie sagen“. Oder anders: „Die machen immer weiter mit dem Blödsinn, obwohl es nicht funktioniert und auch nie funktionieren wird.“

Das passt dann — im Gegensatz zur Interpretation der deutschen Medien — auch zu der Linie, die er schon seit Jahren vertritt. Er hält das Hilfsprogramm nämlich seit Beginn an für falsch, schon 2011 schrieb er in einem Gastbeitrag für „Zeit Online“, es sei eine „Medizin, die sich als schlimmer als die eigentliche Krankheit herausgestellt hat“. Auch gegenüber der BBC sagte er kürzlich, statt weiteres Geld – auch der deutschen Steuerzahler – in einem Schwarzen Loch zu versenken, sollte lieber über eine Neuordnung der alten Schulden verhandelt werden. Und: Das Problem sei nicht, dass die Deutschen zu wenig gezahlt hätten, sondern viel zu viel.

(Nur) so macht auch sein Tweet von letzter Woche Sinn:

Dass die deutschen Journalisten allesamt das genaue Gegenteil behaupten, lässt im Grunde nur drei Schlüsse zu: Entweder haben sie das Interview zufälligerweise allesamt gleich falsch verstanden. Oder sie haben es bewusst sinnentstellt wiedergegeben. Oder es überhaupt nicht gelesen.

Mit Dank an Simon K. und Michalis P.!

Nachtrag, 13.45 Uhr: “Zeit Online” hat den Finanzminister in einem heute veröffentlichten Interview auf das Zitat angesprochen:

ZEIT ONLINE: Wenn die griechische Wirtschaft nicht wächst, müssten die Gläubiger also auf Zinsen verzichten. In deutschen Zeitungen wurden sie schon mit der Aussage zitiert: Egal was passiert, Deutschland wird ohnehin zahlen.

Varoufakis: Das Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe nicht gesagt: Die Deutschen zahlen und das ist gut so. Ich habe gesagt, sie haben schon viel zu viel gezahlt. Und sie werden noch mehr zahlen, wenn wir das Schuldenproblem nicht lösen. Nur dann können wir das Geld überhaupt zurückerstatten, das man uns geliehen hat.

ZEIT ONLINE: Glauben Sie, dass Sie absichtlich falsch verstanden werden?

Varoufakis: Ich hoffe, es handelt sich nur um ein Missverständnis.

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