Archiv für Juni 17th, 2014

Presserat beanstandet Eigen-Schleichwerbung für Diätprogramm

Manchmal passieren in deutschen Zeitungsredaktionen erstaunliche Fehler. Dass im Kölner “Express” Anfang des Jahres eine große sechsteilige Serie von Artikeln erschien, in denen jeweils, ohne jede Kennzeichnung, ein Fitnessprogramm namens “fitmio” beworben wurde …

… das ist der Ressortleitung bzw. Chefredaktion des Blattes leider erst nach Abschluss der Serie aufgefallen. Natürlich hätte man dem Leser kenntlich machen müssen, dass es sich um ein Programm handelte, das von einem Unternehmen des Verlages M. DuMont Schauberg vermarktet wurde, teilte die Rechtsabteilung dem Presserat mit. Dass dieser Hinweis ausgeblieben sei, betrachte man selbst als ärgerlichen und bedauerlichen Fehler.

Online seien die Berichte sofort nach Bekanntwerden entsprechend gekennzeichnet worden. Der Presserat fasst die Zerknirschtheit mit den Worten zusammen:

Der Fehler sei der Redaktion bewusst und intern mit allen Verantwortlichen erörtert worden. Man gehe davon aus, dass alle Beteiligten daraus gelernt hätten.

Der Presserat, bei dem wir uns beschwert hatten, sah in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen das Gebot, Redaktion und Werbung klar zu trennen. Er verwies auf Ziffer 7 des Pressekodex, in der es heißt:

Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

Auch im “Kölner Stadt-Anzeiger”, ebenfalls ein Schwesterblatt von “fitmio”, erschienen Anfang des Jahres mehrere scheinbar redaktionelle Beiträge zum Thema Fitness und Abnehmen, die für “fitmio” warben. Die Rechtsabteilung des Verlages argumentierte hier aber anders: In der Beschreibung des Programms sei ausdrücklich erwähnt, dass es “in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule und dem Anti-Diät-Club angeboten” werde. Und den “Anti-Diät-Club” des “Kölner Stadt-Anzeigers” gebe es schon seit 2005; er sei den Lesern bestens bekannt und mit dem “Kölner Stadt-Anzeiger” untrennbar verbunden. Durch die Erwähnung des “Anti-Diät-Clubs” wüssten “Stadt-Anzeiger”-Leser, dass es sich bei “fitmio” um ein Angebot der Zeitung handele.

Der Presserat fand das nicht überzeugend und sah auch hier einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex. “Um dem Leser klar zu verdeutlichen, dass ein Eigeninteresse des Verlages an den Veröffentlichungen vorliegt und somit die Beiträge einen kommerziellen Charakter haben, hätte es eines eindeutigen Hinweises bedurft.” Dieser sei lediglich in einem Artikel vorhanden gewesen (Ausriss rechts), der deshalb auch nicht kritisiert wurde.

Der Presserat erteilte dem “Kölner Stadt-Anzeiger” einen “Hinweis”; beim “Express” sprach er eine “Missbilligung” aus.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Frank Schirrmacher, Krautreporter, Chelsea Manning

1. “BILD-Studientrilogie: Nicht die Ereignisse bestimmen die Berichterstattung, sondern die eigene Vorhersage”
(carta.info, Wolfgang Storz und Hans-Jürgen Arlt)
Wolfgang Storz und Hans-Jürgen Arlt stellen den Journalismus der “Bild”-Medien als “Kanonenfutter für die Rendite” dar, er werde nicht als “respektables Handwerk, dessen Regeln den Geschäften Grenzen setzt”, betrieben: “Pressefreiheit wird als Gewerbefreiheit verstanden, journalistische Unabhängigkeit als Möglichkeit missbraucht, die eigenen Interessen ohne Rücksicht auf alles andere zu bedienen.”

2. “Informationen, fünf mal aufgekocht bitte”
(malguckenwielangeichblogge.blog.de)
Berichterstattung, die basiert auf einer kurzen Medienmitteilung des Managements von Michael Schumacher, zum Beispiel auf n-tv.de: “Der einzig relevante Artikel ist derjenige, in dem die Pressemitteilung seiner Managerin im Wortlaut geschrieben wird. Alles andere ist für das Klickvieh unter den Internetusern, die tatsächlich daran glauben, hinter den fünf verschiedenen Links fünf verschiedene Inhalte zu finden.” Siehe dazu auch “RTL Aktuell Spezial: ‘Schumacher ist sicher nicht in einem ganz top-fitten Zustand'” (faz.net, Stefan Niggemeier).

3. “Wie ich Frank Schirrmacher nicht kennenlernte”
(kutter.antville.org)
Der Kutter schreibt zum Tod von Frank Schirrmacher: “Manche Nachrufe auf Schirrmacher lesen sich wie Heiligsprechungen. Mir persönlich bleibt er weniger als Großfeuilletonist, Thesenmaschine, Debattenanzettler oder Ausnahmezustands-Apokalyptiker in Erinnerung, sondern als jemand, dem die Entdeckung abseitiger Adressen diebische Freude bereitete und dem seine Begeisterung auch für kleine Albernheiten nicht zu schade war.”

4. “Die Ambivalenz, die geistige Überlegenheit in sich trägt”
(ueberschaubarerelevanz.com)
Muriel Silberstreif findet den FAZ-Nachruf auf Frank Schirrmacher von Edo Reents, “Ein sehr großer Geist”, etwas übertrieben: “Ihr dürft es mir gerne sagen, wenn ihr es anders seht, aber mir kommt dieses intellektuelle Säbelgerassel schon äußerst armselig vor, und ich kenne Frank Schirrmacher wie gesagt nicht, und habe aus den geringen Erfahrungen mit seinem Werk schon ehrlich gesagt den Eindruck gewonnen, dass er mit mir nicht viel gemein hatte, aber ich zumindest würde mich gleich noch ein paar Meter tiefer in den Boden schämen, wenn ich wüsste, dass jemand nach meinem Tod so prahlerischen Mist über mich schreiben würde.”

5. “die unterstützer der krautreporter”
(achim-tack.org)
Wie sich kleine und große Spenden aufteilen beim am letzten Freitag zustandegekommenen Crowdfunding der Krautreporter.

6. “The Fog Machine of War”
(nytimes.com, Chelsea Manning, englisch)
In einem Gastbeitrag schreibt Whistleblower Chelsea Manning über in die US-Armee eingebettete Journalisten. “Reporters naturally fear having their access terminated, so they tend to avoid controversial reporting that could raise red flags.”