Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Altpolitiker: Wie war das mit den Medien?” (ndr.de, Video, 6:46 Minuten)
Politiker blicken zurück auf ihre Beziehung zu den Medien, so Michael Glos auf eine Zusammenarbeit mit “Bild am Sonntag” anlässlich seines Rücktritts 2009.
4. “Warum das neue Open-Data-Portal der Schweiz Journalisten in die Pflicht nimmt” (blogs.tageswoche.ch, David Bauer)
David Bauer kommentiert das neue Portal Opendata.admin.ch: “Nach wie vor schrecken viele Journalisten bereits vor einer Excel-Tabelle zurück und lassen sich lieber von Experten (und Interessensvertretern) fertige Aussagen servieren, als selber ins Datenmaterial einzutauchen. Datenjournalismus wird als Modeerscheinung abgetan, dabei ist es nichts als Journalismus, der mit Daten arbeitet. (…) Es hilft nichts, wenn Datensätze offen im Netz stehen und die meisten Journalisten sie nicht nutzen.”
5. “Wider die Gerüchtetreiber” (berliner-zeitung.de, Inna Hartwich)
Medien in China: “Chinas Medienlandschaft ist heute durchaus bunt und differenziert – vor allem im Vergleich zum trostlosen Einerlei der 80er- und 90er-Jahre, in denen Inhalt, Sprache und Layout der Blätter sich ähnelten wie ein Ei dem anderen. (…) Allzu kritische Geister unter den Journalisten haben es jedoch schwer.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Die Journalisten als Pack” (blog.tagesanzeiger.ch, Constantin Seibt)
Constantin Seibt blickt auf das Sozialverhalten von Journalisten und die Debatte zur Zukunft der Zeitung. “In ihrer Personalpolitik gleichen Zeitungen einem Totenschiff. Das ohne klaren Kurs im Sturm mit löchrigen Kassen segelt, gefangen in einer ewigen Abwehrschlacht, nicht zuletzt gegen die eigene Kapitänsetage. Nur dass die Matrosen noch immer weit besser bezahlt sind, als die kleinen Kanus mit neuen Ideen.”
3. “Steve Jobs’ Erbe soll die Medien revolutionieren” (welt.de, Tina Kaiser)
Tina Kaiser besucht Carlos Watson von Ozy.com. “Die Texte sollen relativ kurz sein – 300 bis 800 Wörter – damit sie auch angenehm auf einem Smartphone lesbar sind. Es werde pro Tag nur ein halbes Dutzend neue Artikel geben, dafür sollen die ihre Leser umhauen.”
4. “Kein Wort von Journalismus” (berliner-zeitung.de, Ulrike Simon)
Der Verlag Gruner + Jahr: “Ob im Leitbild, auf der Webseite oder in der langen Pressemitteilung, die es als Auszug diese Woche bis in den ‘Hohlspiegel’ des Nachrichtenmagazins Der Spiegel brachte: Nirgendwo taucht auch nur ein einziges Mal das Wort ‘Journalismus’ auf. Stattdessen geht es immerzu um Inhalte.”
5. “Grenzerfahrungen mit dem DJV” (juliane-wiedemeier.de)
“Lieber DJV. Isch abe gar kein Auto. Und auch kein Interesse an einem. Dafür aber eine verquere Vorstellung davon, was unabhängiger Journalismus ist und dass er sich nicht ganz so gut damit verträgt, dass ich für 32 Prozent weniger Car Sharen kann als andere Menschen mit langweiligen Berufen ohne Presseausweis. Wie Ärzte. Anwälte. Lehrer. Baggerfahrer. Burgerbrater. Berater. Oder sonstige Spaßberufe.”
6. “ZKB entlässt 2 ‘Inside’-Kommentarschreiber” (insideparadeplatz.ch)
Zwei Angestellte der Zürcher Kantonalbank werden entlassen, nachdem sie sich im Netz kritisch über ihren Arbeitgeber äußern: “Klar ist, dass Scholl und der Personaldienst der Staatsbank einen unscheinbaren Passus im Arbeitsvertrag nutzten, der zulässt, dass die ZKB ihre Mitarbeiter ausspioniert. Jeder Mitarbeiter der Bank gibt der Führung per Unterschrift das Recht, bei vermeintlich triftigen Gründen den Datenschutz auszuhebeln. Dieser ‘Waver’ – also der Verzicht auf Einsprache – findet sich im Kleingedruckten der ZKB-Arbeitsverträge.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Selbstversuch: Eine Woche Print” (tagesspiegel.de, Tim Klimes)
Tim Klimes hat sich eine Woche lang “ausschließlich über Zeitungen informiert, kein Radio gehört, den Fernseher nicht eingeschaltet, keine Nachrichtenseiten im Netz gelesen, die News-Alerts in meinem Smartphone – deaktiviert”. “Das Einsiedlerleben hat mir in der vergangenen Tagen etwas beschert, was ich viele Jahre schon nicht mehr genossen habe – nachrichtliche Abgeschlossenheit.”
2. “Rügenregen unterm Regenbogen” (topfvollgold.de)
Rügen des Presserats für die Regenbogenpresse: “Wir verstehen die aktuelle Entscheidung des Presserats also auch als eine offizielle Bestätigung dessen, was wir mit diesem Blog seit April zu zeigen versuchen: Dass die Regenbogenredaktionen Woche für Woche die Kioske des Landes mit Schund fluten, der nichts mit Journalismus zu tun hat.”
3. “Bild dir meine Meinung: Wenn Journalisten täuschen” (hogymag.wordpress.com, almasala)
Kommentare deutscher Journalisten zum Krieg in Syrien: “Dem Leser geben diese Journalisten dann wider besseren Wissens direkt oder indirekt aber deutlich zu verstehen, dass Assad für die Giftgas-Angriffe verantwortlich ist.”
5. “Netflix Uses Pirate Sites to Determine What Shows to Buy” (torrentfreak.com, Ernesto, englisch) Netflix stellt sein Angebot auch aufgrund der Popularität einzelner Serien auf Torrent-Websites zusammen. “This week Netflix rolled out its service in the Netherlands and the company’s Vice President of Content Acquisition, Kelly Merryman, says that their offering is partly based on what shows do well on BitTorrent networks and other pirate sites.”
Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:
einen Hinweis
eine Missbilligung
eine Rüge.
Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.
Die “Bild”-Zeitung erhielt eine Rüge, weil sie in ihrer Thüringer Ausgabe das Foto eines Mannes abgedruckt hatte, der gestanden hatte, sein eigenes Kind getötet zu haben. Der Beschwerdeausschuss befand, dass an dem Gerichtsprozess und der Tat an sich zwar ein öffentliches Interesse bestehe, nicht aber an der identifizierenden Abbildung des Täters (Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex).
Für ähnliche Verstöße erhielt die Online-Ausgabe der “B.Z.” gleich zwei Rügen. Sie hatte über einen psychisch kranken Mann berichtet, der nackt und mit einem Messer bewaffnet in den Brunnen am Berliner Alexanderplatz gestiegen und später von der Polizei erschossen worden war. “B.Z. Online” veröffentlichte zahlreiche persönliche Details, durch die der Mann “für einen weiten Personenkreis identifizierbar wurde”, urteilte der Presserat:
Für den zweiten Artikel hatte der Autor offenbar die Wohnung des Toten aufgesucht und den Inhalt von dort gefundenen Dokumenten veröffentlicht. Der Beschwerdeausschuss sah in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die Richtlinien 8.1 und 8.6 des Pressekodex. Über den psychisch kranken und möglicherweise schuldunfähigen Mann hätte nur anonymisiert und in zurückhaltender Weise berichtet werden dürfen.
Auch die Schach-Zeitschrift “Rochade Europa” kassierte eine Rüge. Sie hatte den Sieger eines Turniers, einen älteren Mann, ganzseitig auf dem Titelblatt gezeigt; auf seiner Hose war ein großer nasser Fleck zu sehen. Der Presserat befand:
Dadurch entstand der Eindruck, dass er sich eingenässt haben könnte. Der Ausschuss sah darin einen Verstoß gegen die Ziffern 1 und 9 des Pressekodex. Danach achtet die Presse Würde und Ehre des Menschen. Die Redaktion hätte das Foto des Mannes nicht veröffentlichen dürfen, auch wenn es — wie die Zeitschrift mitteilte — mit seinem Einverständnis gemacht wurde.
Gerügt wurde auch der Online-Auftritt der “Augsburger Allgemeinen”. Das Portal hatte Spekulationen über eine außereheliche Affäre eines Lokalpolitikers wiedergegeben, die ein Parteikollege bei Facebook veröffentlicht hatte. Darin erkannte der Presserat einen Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit (Ziffer 8).
Eine davon bekam die “Frau aktuell”. Das Blatt hatte auf der Titelseite eine “pikante Enthüllung” über Volksmusiker Stefan Mross angekündigt. Im Innenteil lautete die Überschrift: “Alkohol-Schock! Stefan Mross – Wer kann ihm jetzt noch helfen?” Im Text ging es dann aber lediglich um Folgendes: Wenn man bei Google “Stefan Mross” eingibt, erscheint als Suchvorschlag manchmal “Stefan Mross Alkohol”. Der Presserat erkannte daher eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht (Ziffer 2) und des Persönlichkeitsschutzes (Ziffer 8).
Ebenfalls gegen die Sorgfaltspflicht verstieß nach Ansicht des Pressrats die “Freizeit Express”, weil sie getitelt hatte: “Kate & William – Sensationelle Baby-Fotos! Es nuckelt schon am Daumen…” In Wirklichkeit handelte es sich dabei jedoch um Symbolfotos. Als solche hätten sie nach Ansicht des Presserats auch gekennzeichnet werden müssen.
Unter der Überschrift “Angela Merkel – Verheimlichte Scheidungstragödie” versprach die “Meine Freizeit” im April auf der Titelseite “Alles über die unbekannte Vergangenheit der Kanzlerin”. Im Innenteil wurden dann aber lediglich ein paar banale und seit Jahren bekannte Fakten aus dem Leben Angela Merkels mitgeteilt. Die Schlagzeilen beurteilte der Presserat daher als grobe Irreführung der Leser.
Um eine andere angebliche Scheidungstragödie ging es in der Zeitschrift “Das neue Blatt”. Auf dem Cover hieß es über das “Bauer sucht Frau”-Pärchen Josef und Narumol: “Scheidungs-Schock! – Dabei war es doch die ganz große Liebe”. Erst im Artikel wurde klar, dass sich nicht Bauer Josef, sondern ein anderer Bauer aus der RTL-Sendung hatte scheiden lassen. Auch hier stellte der Presserat Verstöße gegen die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex fest. Die Schlagzeilen seien grob irreführend.
Die “Promi Welt”, die neuerdings “Woche exklusiv” heißt, kassierte schließlich eine Rüge für einen Artikel über Steffi Graf. Die hatte zu Jahresbeginn die Leser ihres Blogs um Rat gefragt, wie man “das Leben allgemein einen Gang herunterschalten könnte”. Die “Promi Welt” sprach daraufhin gleich von einem “verzweifelten Hilferuf” und bescheinigte Steffi Graf einen “Absturz in die Lebenskrise”. Das Blatt nahm den Blogeintrag sogar noch zum Anlass, über eine mögliche Krebserkrankung von Steffi Grafs Mutter zu spekulieren. Der Presserat bewertete den Artikel als “eine unwahrhaftige Berichterstattung, bei der jegliche Sorgfaltspflichtaspekte außer Acht gelassen wurden.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Bei BILD im Angebot: Eine starke Kanzlerin und ihr schwacher Partner SPD” (otto-brenner-stiftung.de)
Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz untersuchen 416 zwischen dem 15. Juni und dem 8. September 2013 zur Bundestagswahl erschienene “Bild”-Artikel und liefern eine Zwischenbilanz (PDF-Datei): “Mit optimalen personellen und finanziellen Ressourcen produzieren BILD und BamS ein Minimum an inhaltlichem Output mit einem Maximum an publizistisch-politischer Aufmerksamkeit.”
2. “Mediale Vorverurteilung – oder: Wenn Journalisten zu Richtern werden” (eigenwach.wordpress.com)
Eigenwach stellt die Frage nach den Auswirkungen von medialen Vorverurteilungen auf Zeugenaussagen: “Wenn Zeugen sich zum Fall äussern, nachdem sie drei Tage nach der Tat im ‘Blick’ die vermeintlichen ‘Fakten’ gelesen oder diese von ‘Blick’-Lesern zugetragen bekommen haben – wie unabhängig sind die Aussagen dann noch?” Siehe dazu auch “Abt. Vorverurteilung – heute: Journaille vs. F.A.” (infam.antville.org, patpatpat).
3. “Abstieg des Einflüsterers” (nzz.ch, Francesco Benini)
Der Ringier-Mann Frank A. Meyer: “Meyer schöpft seine Macht aus dem Einfluss, den er auf Michael Ringier ausübt. Dessen Treue zu ihm ist unverbrüchlich.” Siehe dazu auch “Ringiers Schlossgespenst” (tagesanzeiger.ch, Michèle Binswanger).
4. “Karstadt kämpft” (derhandel.de, Hanno Bender)
Hanno Bender schreibt über die Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens Karstadt: “In einem normalen Unternehmen hätte der Pressesprecher zunächst zum Telefonhörer gegriffen und um Richtigstellung gebeten. Nicht so bei Karstadt, dort wird die Öffentlichkeitsarbeit inzwischen offenbar vollständig von Anwälten erledigt, die sofort ‘strafbewehrte Unterlassungserklärungen’ einfordern.”
5. “‘In der taz kamen die Pädophilen selbst zu Wort'” (blogs.taz.de, Nina Apin und Astrid Geisler)
“War die Blattlinie der taz damals pädophilenfreundlich?”, wird Stephan Klecha vom Göttinger Institut für Demokratieforschung gefragt, der im “taz”-Archiv pädophile Einflüsse auf die Grünen untersucht: “Es gab damals keine redaktionelle Linie im engeren Sinne. Die redaktionelle Linie bestand darin, alles zuzulassen. (…) Die taz war derart anarchisch strukturiert, dass sich neben den Pädophiliebefürwortern auch immer wieder die Gegenseite im Blatt fand. Beide Positionen standen relativ unkommentiert nebeneinander.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Tesla gegen die New York Times” (vocer.org, Leif Kramp)
Leif Kramp arbeitet den Konflikt zwischen dem “New York Times”-Journalisten John M. Broder und dem CEO des Elektro-Autoherstellers Tesla vom Frühjahr dieses Jahres auf: “Bei dem ungewöhnlichen publizistischen Kräftemessen zwischen einem gestandenen Journalisten und einem medienaffinen Unternehmer ging es für beide Parteien schnell um alles: um die technologische Integrität eines Zukunftsprodukts und damit den Aktienkurs, aber auch um die journalistische Integrität und damit die Glaubwürdigkeit eines Leitmediums.”
2. “taz-Chefredakteurin Pohl verteidigt Rösler-Interview” (tagesspiegel.de, Sonja Álvarez)
Ines Pohl verteidigt die umstrittenen Interviewfragen an Philipp Rösler (siehe Bildblog von vorgestern): “Wir haben nach rassistischen Ressentiments gefragt, die auch innerhalb der FDP existieren. Das ist journalistisches Handwerk.” Der Journalist Michalis Pantelouris merkt dazu in einem (nicht-öffentlichen) Facebook-Eintrag an: “Wir definieren unsere Kultur der freien politischen Auseinandersetzung doch nicht nach den Standards der Arschlöcher, die sie missbrauchen.”
3. “A Journalist-Agitator Facing Prison Over a Link” (nytimes.com, David Carr, englisch)
Dem Journalisten und Aktivisten Barrett Brown drohen über hundert Jahre Gefängnis, weil er Links auf geheime Dokumente veröffentlichte. Barrett Brown wird nicht beschuldigt, an der Beschaffung der geheimen Dokumente beteiligt zu sein. Ein Mann, der sich schuldig bekannte, am Einbruch in die Computersysteme der Sicherheitsfirma Stratfor beteiligt gewesen zu sein, drohen hingegen 10 Jahre Gefängnis. netzpolitik.org fasst den Artikel auf Deutsch zusammen.
4. “Jungjournalisten zur Zeitungsdebatte: Die Printindustrie hasst sich selbst” (spiegel.de)
Sieben Nachwuchsjournalisten beschreiben, wie sie “die Zukunft der Zeitung sehen – oder sich die Zeitung der Zukunft wünschen”. Der Journalistenschüler Michel Penke wünscht sich eine Zeitung, die mit ihm redet und “ihre Leser fragt, welche thematischen Schwerpunkte durch Recherchen in den nächsten Wochen gesetzt werden sollen.” Stefan Schulz, der derzeit bei der FAZ volontiert, wünscht sich genau das nicht.
5. “Echt ist, was Du tust” (journelle.de)
Journelle denkt auch über Medienkonsum und -erzeugung nach und sagt mit Nachdruck: “Mein digitales Leben ist spannender als Eure Nächte.”
6. “Best in klarem Denken” (dirkvongehlen.de, Dirk von Gehlen)
Dirk von Gehlen wundert sich über Sprache und Inhalt der Transformationserklärung des Gruner+Jahr-Verlages: “Neben dem sprachlichen Schaudern bleibe ich auch inhaltlich ratlos. In den merkwürdigen deutsch-englisch Sätzen stecken zwar zahlreichen Powerpoint-taugliche Schlagwörter, aber keine Antwort auf die Frage, warum man eigentlich davon überzeugt ist, dass Inhalte eine Zukunft haben.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
2. “Erschütternde Schockstudien über asiatische Männer” (hogymag.wordpress.com, almasala)
“Bild” schreibt über eine “Schock-Studie der UN” zu Vergewaltigungen durch Männer aus Asien. “Die Wissenschaftler kommen in ihrer Diskussion zum Schluss, dass sich die Ergebnisse nicht auf den gesamten asiatischen Raum übertragen lassen würden, weil sie nur sehr wenig Länder (6) betrachtet hätten und die Anzahl der befragten Männer zwischen den sechs Ländern stark variierte.”
4. “Interview zum Klimawandel: Wie Journalisten Forschungsergebnisse filtern” (spiegel.de, Axel Bojanowski)
“Neun von zehn der Klimajournalisten vertrauen den Ergebnissen des IPCC”, sagt Kommunikationsforscher Michael Brüggemann: “Je stärker Journalisten Advokaten für ökologische Reformen sein wollen, umso stärker stimmen sie auch dem Resümee des Weltklimarats zum menschengemachten Klimawandel zu.”
6. “Anzeige gegen ‘Tagesspiegel’ und ‘Zeit’ wegen Piraten-Interview” (netzpolitik.org, Nicolas Fennen) Wie Buchreport.de berichtet, wurden Strafanzeigen eingereicht wegen der namentlichen Nennung einer Website: “Dass die Veröffentlichung von urheberrechtlich geschütztem Material verfolgt wird ist nichts Neues. Das aber bereits die Nennung einer solchen Plattform strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht sehr wohl.”
Die “Alternative für Deutschland” (AfD) brüstet sich derzeit gerne damit, dass sie — Prognosen zufolge — bei der Bundestagswahl in zwei Wochen die Fünf-Prozent-Hürde knacken werde.
So sagt AfD-Chef Bernd Lucke im aktuellen “Focus”, für den Einzug in den Bundestag werde es “locker reichen”. Dabei bezieht er sich aber nicht auf die Prognosen der großen Umfrageinstitute, sondern auf eine andere Quelle:
Das Wahl-Radar sieht uns bei sieben bis acht Prozent.
Auch die “Main Post” beruft sich auf dieses “Wahl-Radar” und erklärt:
Dabei handelt es sich um einen Informationsdienst einer Düsseldorfer Agentur, die sowohl die klassischen Umfrage-basierten Prognosen der bekannten Meinungsforschungsinstitute als auch die auf der Auswertung von Social Media und Wahlbörsen basierenden Prognosen einbezieht. Dem Wahl-Radar zufolge kommt die Alternative für Deutschland auf rund sieben Prozent.
Der Informationsdienst Wahl-Radar fasst wöchentlich die Ergebnisse aller öffentlichen Wahlprognosen zusammen. Das aktuelle Ergebnis sagt 7,6 Prozent für die Alternative für Deutschland voraus – mehr als doppelt so viel wie die Piraten, deutlich mehr als die FDP, knapp mehr als die Linke.
Fast acht Prozent also. Bei anderen Umfragen, etwa von Allensbach oder Forsa, liegt die AfD momentan lediglich bei drei, maximal vier Prozent.
Diese krassen Unterschiede kommen dadurch zustande, dass das “Wahl-Radar” auch so Dinge einbezieht wie die “Wahlwette” von “Spiegel Online” oder die “Prognosebörse” des “Handelsblatts”.
Es fließen vor allem aber auch die Zahlen des “Wahl-O-Meters” ein, das zählt, wie oft eine Partei und ihre Politiker auf Twitter erwähnt werden. Darin schneidet die AfD regelmäßig derart gut ab, dass sie auch im “Wahl-Radar” immer deutlich über fünf Prozent liegt.
Und es ist wohl kein Zufall, dass das “Wahl-Radar” ausgerechnet diese Methode anwendet, um seine Prognosen zu berechnen. Denn hinter dem “Wahl-Radar” — und das hat leider keines der oben genannten Medien geschrieben — steckt ein AfD-Mann.
Die “Düsseldorfer Agentur”, die den Dienst betreibt, gehört Wolfgang Osinski. Der war mal Pressesprecher von RTL, hat bei “Bild” gearbeitet und ist heute Vorstandsmitglied der AfD in Düsseldorf. Zum dreiköpfigen “Wahl-Radar Team” gehört außerdem Ulrich Wlecke — er ist Bundestagskandidat der AfD.
Das hätten die Journalisten mit einer kurzen Google-Suche auch selbst herausfinden können. Oder mit einer einfachen Nachfrage. So wie die “Stuttgarter Nachrichten”, die sich nicht einfach blind auf das Acht-Prozent-Gerede verlassen haben:
[…] eine Nachfrage unserer Zeitung bei der Agentur ergab: Osinski ist selbst AfD-Mitglied. Er gibt zu: ‘Ich spreche pro domo’. Das heißt Werbung in eigener Sache.
Und so wundert es dann auch nicht, dass Osinski und Wlecke in der aktuellen Ausgabe des “Wahl-Radars” (PDF) eines nicht oft genug betonen können:
[Die AfD] hat gute Aussichten, die 5%-Hürde zu überspringen.
Ein Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde sei “durchaus drin”. Die AfD sei “vorraussichtlich im Bundestag”. Ein Nichteinzug der AfD sei “sehr unwahrscheinlich”. Und so weiter.
Dass die Betreiber des “Wahl-Radars” selbst zur AfD gehören, wird an keiner Stelle erwähnt.
Mit Dank an Thomas H.
Nachtrag, 12. September, 11 Uhr: Der “Volksfreund” hat den Artikel gestern transparent überarbeitet und einen Nachtrag veröffentlicht.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
3. “Monokultur in den Chefetagen” (taz.de, René Martens)
René Martens blickt auf sich ankündigende Personalwechsel beim WDR: “Als sicher gilt, dass Jörg Schönenborn, seit mehr als einem Jahrzehnt Chefredakteur des WDR Fernsehens, befördert wird. Zudem könnte Jochen Rausch, der Chef des erfolgreichen Radioprogramms 1Live, auf den Hörfunkdirektorenposten klettern. Als geeignet für diesen Top-Job gilt auch Jona Teichmann, Leiterin der Landesprogramme im Hörfunk. Die ist aber ‘ausgerechnet’ (Süddeutsche Zeitung) mit Schönenborn verheiratet. Andere Frauen stehen offenbar nicht zur Debatte.”
4. “… und mit kleinem Penis regiert man schlechter?” (welt.de, Kritsanarat Khunkham)
Kritsanarat Khunkham stört sich an den “an Bösartigkeit kaum zu überbietenden” Fragen, die Philipp Rösler von der “taz” gestellt wurden. Im Artikel “Rassismus-Streit zwischen Rösler und der ‘Taz'” (welt.de, Thomas Vitzthum) ist weiter zu lesen: “‘Das Interview war keineswegs unter dem Stichwort ‘Hass’ angefragt, wie ‘Taz’-Chefredakteurin Ines Pohl behauptet’, sagte ein Parteisprecher der ‘Welt’. Vereinbarter Schwerpunkt sei vielmehr ‘Stil und Anstand im Wahlkampf’ gewesen.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Am Stammtisch der ‘Bild’-Zeitung” (spiegel.de)
Der “Spiegel” wertet rund 10.000 Texte aus der “Bild”-Rubrik “Gewinner/Verlierer des Tages” aus: “Je weiter links ein Politiker steht, desto geringer erscheinen seine Chancen, zum ‘Gewinner’ gekürt zu werden.” Siehe dazu auch “Die FDP-Wahlhelfer von der ‘Bild’-Zeitung” (stefan-niggemeier.de).
2. “Bundespolizist verunglimpft – BILD am Sonntag muss zahlen” (gdpbundespolizei.de)
“Das Landgericht Berlin hat Ende August 2013 entschieden, dass der die Zeitung BILD am Sonntag vertreibende Axel-Springer-Verlag und die BILD digital GmbH, die für die Webseite der Bild-Zeitung verantwortlich ist, einen namhaften, fünfstelligen Betrag als Entschädigung für einen Schmähartikel an einen Bundespolizisten zahlen muss.”
3. “Philipp Rösler: Fragen und keine Antworten” (blogs.taz.de/hausblog)
Die “taz” schreibt, ein mit Philipp Rösler geführtes Interview werde von der FDP nicht freigegeben, “weil Rösler sein asiatisches Äußeres im Wahlkampf nicht zum Thema machen wolle”. Die gestellten Fragen werden ohne die Antworten veröffentlicht.
4. “Darf’s ein bisserl Sabotage sein?” (nachrichten.at, Klaus Buttinger)
Ein Interview mit Jakob Augstein, dem Verleger von “Der Freitag”: “In der NSA- und der Wikileaks-Affäre haben uns Journalisten erklärt, warum es gut ist, dass wir überwacht werden und warum Whistleblower als Verräter zu verurteilen sind. Wir haben eine merkwürdige Parteinahme vieler Journalisten für die Herrschaft. Ich dachte immer, dass der Sinn von Journalismus darin besteht, die vierte Gewalt im Staat zu sein, also Herrschaftskontrolle auszuüben.”
5. “Checkpoint in jeder Straße von Damaskus” (martin-lejeune.tumblr.com)
Der freie Journalist Martin Lejeune berichtet aus Syrien: “Im Vergleich zum Vormonat ist die Stadt inzwischen voll von Journalisten. Unter den in Damaskus eingefallenen TV-Crews sind derzeit CNN, BBC, France 24, CCTV und Russia Today. (…) Der Korrespondent eines internationalen Senders, der sich mit seinem Team die Zeit an der Bar des Journalisten-Hotels ‘Four Seasons’ vertreibt, bemerkt zynisch: ‘Wir warten darauf, daß das große Feuerwerk beginnt.'”