“Bild”-Kolumnist Hugo Müller-Vogg gilt als genauer Kenner der politischen Szene. Er weiß, wie Politiker ihre Krankheiten tarnen, verriet der Öffentlichkeit, wie die Kanzlerin ihre SMS unterzeichnet, und greift besonders gerne Oskar Lafontaine an.
Anscheinend will Müller-Vogg Lafontaine jetzt auch aus der Geschichtsschreibung löschen. Immerhin schrieb er gestern in seiner Kolumne “Berlin intern”:
Sie konnten sich nicht ausstehen: Gerhard Schröder und der 1995 von ihm gestürzte SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping.
Andererseits könnte es natürlich auch sein, dass Müller-Vogg schlichtweg nicht wusste, dass Scharping beim berühmt gewordenen Mannheimer Parteitag 1995 nicht von Schröder gestürzt wurde, sondern von Lafontaine.
Für “Bild” war es Angela Merkels “mutigster Auftritt”: Die Kanzlerin verlieh den “M100 Medienpreis”, der “Verdienste um den Schutz der freien Meinungsäußerung” würdigt, an den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard. Die Zeitung würdigt Merkels “großes Bekenntnis zur Freiheit der Presse und der Meinungen” und dokumentiert ihre “wichtige Rede” und zieht in einem Kommentar Parallelen zum Fall Sarrazin.
Nur: Merkel sagte ausdrücklich, das Thema Sarrazin sei “gerade kein Thema der Gefährdung der Meinungsfreiheit”. Sie hat sogar noch Dinge über “Bild” und die Axel Springer AG gesagt, auf deren Wiedergabe “Bild” lieber verzichtete.
Nur fast. Es handelt sich das Making-Of der neuen Werbekampagne des Schuhhändlers, das aber wie redaktioneller Inhalt auf abendblatt.de steht, schön eingebunden in die Meldung, dass Cindy Crawford für Deichmann wirbt. (Falls Sie sich fragen, ob das überhaupt eine Nachricht ist: Anscheinend schon — und nicht zum ersten Mal.)
Eingeordnet wird das nicht unter “Werbung” und auch nicht unter “Berichterstattung über Werbung”. Sondern so:
So richtig angebracht ist das Making-Of-Video eigentlich nur an einem Ort: Im “trendblog” auf deichmann.com.
Kriminalfälle in Mittelamerika werden üblicherweise nicht von deutschen Online-Medien aufgeklärt. Bild.de versucht es aber trotzdem mal:
Nun ist nicht auszuschließen, dass tatsächlich ein Bandenmitglied aus Guatemala im Nachbarland Honduras an einem Massenmord beteiligt ist. Es wäre aber ein sensationeller Zufall, denn das Foto stammt aus einer Serie, die vor drei Jahren in einem Gefängnis entstanden ist. Der Mann war damals übrigens schon 23.
Mit anderen Worten: Was Bild.de da zeigt, ist kein Fahndungs- sondern ein Symbolfoto.
Dafür, dass es um die Integration von Ausländern in Deutschland so miserabel stehen soll, ist es der “Bild”-Zeitung erstaunlich schwer gefallen, drastische Beispiele dafür zu finden. Eine Auswahl der “schlimmsten Fälle verfehlter Integrationspolitik” präsentierte das Blatt gestern und prangert zum Beispiel, im Gleichschritt mit dem rechtsextremen Ring Nationaler Frauen, den wöchentlichen Frauenbadetag in einem Münchner Hallenbad an.
“Bild” stellt sich auch auf die Seite eines Arztes aus dem hessischen Wächtersbach, der es “satt hatte”, dass verschleierte Patientinnen sich geweigert hätten, ihre Kopftücher zur Untersuchung abzunehmen. Der Mann hatte in einem Aushang unter anderem bekannt gegeben: “Kinderreiche islamistische [sic!] Familien mit mehr als 5 leiblichen Kindern werden in dieser Arztpraxis nicht behandelt!” Der Arzt hat sich inzwischen dafür entschuldigt, dass er mit seinen Formulierungen über das Ziel hinausgeschossen sei und Menschen verletzt habe.
Das untauglichste Beispiel für misslungene Integration aber ist gleich das erste, das “Bild” nennt:
Frauen nicht anschauen!
Im Klinikum Stuttgart kursiert eine “Handlungsanweisung internationale Patienten” für das Pflegepersonal. Darin heißt es: “Anmerkung zur islamischen Kultur: Frauen nicht anschauen, nicht die Hand geben!”
Die Handlungsanweisung gibt es tatsächlich; der entsprechende Absatz lautet vollständig:
Eine Anmerkung zur islamischen Kultur: Frauen nicht anschauen, nicht die Hand geben und ganz wichtig – bitte nicht in ein Zimmer reinplatzen ohne auf das Herein nach dem Klopfen zu warten!!! – Patientin könnte beten oder sich gerade umziehen!
Wie der Begriff “internationale Patienten” schon nahelegt, geht es dabei aber um Menschen, die nicht in Deutschland leben. Die Handlungsanweisung betrifft ausschließlich “Patienten, die zum Zweck der medizinischen Behandlung aus dem Ausland einreisen”, also zum Beispiel die Angehörigen eines Scheichs, die das Klinikum für eine spezielle Operation wählen und dafür selbst zahlen.
Noch einmal: Die Empfehlung für den Umgang mit muslimischen Patientinnen, die “Bild” als Beispiel schlechter Integration in Deutschland anprangert, gilt für Menschen, die anreisen, sich behandeln lassen, wieder abreisen.
Aber es stimmt schon: Ausländer, die gar nicht in Deutschland leben, sind bei uns wirklich empörend schlecht integriert.
Um irgendetwas über die frisch gebackene Grand-Prix-Siegerin Lena Meyer-Landrut schreiben zu können, haben sich “Bild” und Bild.de, die von der jungen Sängerin konsequent gemieden werden, Anfang Juni an einer Exegese ihres CD-Booklets versucht.
Dabei kam es zu einigen Ungenauigkeiten und nur wenige Tage später mussten Zeitung und Internetseite eine Gegendarstellung bringen, in der Stefan Raab feststellte, “die Brainpool TV GmbH nicht 1994 mitbegründet” zu haben (BILDblog berichtete).
Deutlich länger brauchte eine andere Gegendarstellung zum selben Artikel. Sie wurde erst letzte Woche, mit fast dreimonatiger Verspätung veröffentlicht:
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Magazine machen Leute” (klatschkritik.blog.de, Antje Tiefenthal)
“Fearne Cotton. Rebecca Gayheart. Brittany Snow. Adrienne Bailon. Amy Smart. January Jones. Lauter junge Damen, die diese Woche in den Magazinen Intouch und Life & Style (Nr.36/2010) auftauchen. Kennen Sie nicht? Ich auch nicht.”
2. “Bodos Tierleben” (zeit.de, Stefan Willeke)
Unterwegs in Kanada mit Bodo Hombach, dem Geschäftsführer der Mediengruppe “Westdeutsche Allgemeine Zeitung”: “Hombachs Leben ist wie ein Reißverschluss. Mal zog ihn die Politik nach oben, mal die Wirtschaft, anschließend die Politik und so weiter.”
4. “Volontariat: Wenn der Ausgebildete eine Ausbildung sucht…” (griess.wordpress.com, Andreas Grieß)
Andreas Grieß hält Abgänger von Journalistenschulen für voll ausgebildet und kann nicht verstehen, warum sie “auf die Schiene ‘Volo’ gedrängt werden”: “Solche Leute brauchen kein Volontariat, sondern eine Festanstellung. Dass man das Volontariat damit erklärt, Leute in ein Unternehmen einarbeiten zu wollen, geht an der Sache vorbei. Dann müsste ja jeder, der z.B. die Zeitung wechselt, wieder als Volontär anfangen. Nein, dafür gibt es die Probezeit.”
Das mit dem Humor ist ja so eine Sache: Die Deutschen sind international nicht gerade dafür berühmt. Mario Barth füllt das Berliner Olympiastadion, obwohl niemand irgendjemanden kennt, der Barths Witze lustig fände. Und dann gibt es auch noch Oliver Pocher.
Der fuhr am Montag als Jörg Kachelmann verkleidet vor dem Mannheimer Landgericht vor und lieferte den wartenden Journalisten die Show, auf die sie gehofft hatten (zumindest von den Ausmaßen her).
Die “Hamburger Morgenpost” fand den Auftritt nicht lustig (ließ es sich anderseits selbst nicht nehmen, ihren Artikel mit “Pochers peinliche Parodie” zu überschreiben), wusste aber immerhin zu berichten:
Pocher selbst “entschuldigte” sich später. “Es sei eine Notlösung gewesen. Er sei als Dominik Brunner (das Totschlagopfer aus München) “nicht lustig genug” gewesen. Aber auch das dürfte Klamauk gewesen sein.
Klamauk ja, aber nicht von Pocher. Die “Entschuldigung” wurde Pocher nämlich von “Glasauge”, der Satire-Rubrik von “Welt Online”, in den Mund gelegt:
Star-Comedian Oliver Pocher entschuldigt sich dafür, dass er sich mit einer Kachelmann-Parodie vor dem Mannheimer Gericht über Vergewaltigungsopfer lustig gemacht hat: “Es war eine pure Notlösung – Sat 1 fand mich in meiner Verkleidung als Dominik Brunner nicht lustig genug.”
Andererseits: Wer rechnet bei “Welt Online” schon mit Humor?
Der Kurznachrichtendienst Twitter erleichtert Klatsch-Journalisten ihren Arbeitsalltag: Ständig stellen Prominente (vermeintlich) private Informationen online, die dann nur noch kurz aufgeschrieben werden müssen.
So weiß “Bild” aktuell zu berichten, dass Ashton Kutcher den Bikini seiner Ehefrau Demi Moore getragen habe:
“Demi bat mich darum, sie zu parodieren. Keine Fragen bitte!”, twitterte Ashton unter das Bild.
Sogar Beweisfotos können “Bild” und Bild.de liefern:
Der Kurznachrichtendienst Twitter erleichtert es aber auch Lesern, die Behauptungen von Klatsch-Journalisten als Quatsch zu identifizieren: Der Mann, der da Demi Moores Bikini trägt und den zitierten Satz getwittert hat, ist nämlich nicht Ashton Kutcher, sondern Dave Days, den die “Huffington Post” eine “YouTube-Berühmtheit” nennt.
Es ist ein Glücksfall für die Boulevardmedien dieser Republik: Die Richter des “Brunner-Prozesses” (benannt nach dem Opfer Dominik Brunner) haben das Staffelholz an die Richter des “Kachelmann-Prozesses” (benannt nach dem Angeklagten Jörg Kachelmann) übergeben, die Gerichtsreporter müssen ihre Koffer gar nicht erst auspacken und beleben nach der Münchener jetzt die Mannheimer Hotelwirtschaft. Vorher gab es in München aber noch die Urteile: Neun Jahre und zehn Monate Jugendhaft wegen Mordes in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung für den 19-jährigen Haupttäter, sieben Jahre Jugendhaft wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie versuchter räuberischer Erpressung für seinen 18-jährigen Mittäter.
Das mit der Körperverletzung mit Todesfolge hatte Bild.de Anfangs allerdings nicht ganz verstanden und zum “Totschlag” umdeklariert:
Überhaupt: Während andere Medien Dominik Brunner mit seiner Berufsbezeichnung (“Geschäftsmann” oder “Manager”) versehen, war er für “Bild” und Bild.de von Anfang an der “S-Bahn-Held”, der “vier Kinder vor zwei Schlägern beschützte”. Schon wenige Tage nach dem tödlichen Vorfall am S-Bahnhof Solln forderte die Zeitung das Bundesverdienstkreuz für Brunner und rief ihre Leser auf, den Appell an den Bundeskanzler Bundespräsidenten zu unterschreiben. Horst Köhler machte eine seltene Ausnahme und verlieh Brunner posthum das Verdienstkreuz 1. Klasse, worüber “Bild” wiederum groß berichtete.
Im Februar berichtete der “Spiegel” erstmalig, dass Brunner “den ersten Fausthieb setzte” — eine Meldung, die auch auchvonanderenMedien interessiert aufgenommen wurde. “Bild” versteckte eine kleine Meldung auf Seite 3 und bemühte sich sofort um eine Einordnung in den Helden-Kontext:
Jetzt geht die Staatsanwaltschaft München davon aus, dass Brunner zwar zuerst zuschlug – aber nur aus Notwehr, um dem Angriff der Jungs zuvorzukommen (“SZ”).
“Bild” und Bild.de konzentrierten sich (außer einem Hinweis darauf, dass dem “Münchner S-Bahn-Held Dominik Brunner” ein Denkmal gesetzt werden soll) lieber auf den Prozess, der im Juli begann, und liefen gleich zu Beginn zu Höchtsleistungen auf: Die Schwestermedien eröffneten ihre Prozessberichterstattung, indem sie auf die “besondere Zurückhaltung”, die der Pressekodex bei der Berichterstattung über Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Jugendliche fordert, verzichteten (BILDblog berichtete).
Dann ging es los: Rührselig zitierte Bild.de eine SMS, die auf Brunners Handy eingegangen sei, als dieser schon tot war (“Der tote S-Bahn-Held erhielt einen Herzensgruß für seinen letzten Weg”). Aus der “Ex-Freundin”, die ihm diese Nachricht geschickt hatte, wurde dann kurze Zeit später seine “Lebensgefährtin”.
Ein 18-Jähriger, der vorab in einem eigenständigen Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter räuberischer Erpressung zu einem Jahr und sieben Monaten Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden war (“Bild”: “Gericht lässt 1. Täter laufen”), wurde bei Bild.de zum “Anstifter der Schläger”, der sich aus diesem Grund kein Urteil über die Situation erlauben dürfe:
Christoph T.: “Für mich ist dieser ausschlaggebende Punkt der Schlag von Herrn Brunner” – das sagt ausgerechnet der Anstifter der Schläger!
Dass der junge Mann beim tödlichen Angriff auf Brunner gar nicht dabei war und schon deshalb nur bedingt als Zeuge taugt, ist Bild.de immerhin aber auch noch aufgefallen:
Der Anstifter hat Dominik Brunner zwar nie gesehen – doch ohne ihn wäre der Mord am S-Bahnhof Solln am 12. September 2009 wohl nie geschehen!
Dann wiederholte der S-Bahn-Führer im Zeugenstand seine Aussage, dass Brunner den ersten Schlag gesetzt habe und die Situation erst daraufhin eskaliert sei (ein Umstand, von dem “Spiegel Online”-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen irritierenderweise annahm, er sei “erst jetzt, zu Prozessbeginn, der Öffentlichkeit mitgeteilt” worden). Zusammen mit dem Obduktions-Ergebnis, nach dem Dominik Brunner einen vergrößerten Herzmuskel hatte und letztlich an Herzversagen gestorben sei, ergab sich plötzlich ein etwas anderes Bild und viele Medien fragten sich selbstkritisch, ob sie nicht voreilig über die Situation am S-Bahnhof Solln geurteilt hätten. Viele, aber natürlich nicht alle.
“Bild” fand diese neuen Töne “unglaublich!”, und reagierte erschüttert auf die Medienberichte:
ZUM HELDEN HOCHSTILISIERT? ANGEBLICH TOTGETRETEN? PRÜGELNDER KAMPFSPORTFREUND?
Die Wahrheit ist: Nichts ist anders seit dem Wochenende! Nur, dass dem Opfer nun sogar im Grab die Ehre genommen werden soll.
Wohl weil die Verklärung Brunners andernorts ins Stocken geraten war, packte Tanit Koch noch eine Schüppe Poesie drauf:
Er hat diesen Bürgersinn nicht etwa mit seinem Leben bezahlt – es wurde ihm geraubt. (…)
Dominik Brunner starb nicht, weil er ein vergrößertes Herz hatte.
Der S-Bahn-Held starb, so erkennt die “Süddeutsche Zeitung” zu Recht an, weil er ein “großes Herz” hatte.
Franz Josef Wagner schließlich wusste es sowieso wieder besser als alle anderen und schrieb dem “lieben Held Dominik Brunner” ins Jenseits, “gegen Ihr Herzflimmern mussten Sie Mittel nehmen”. Gegen einen Herzfehler, von dem Brunner selbst Zeit seines Lebens nichts geahnt hatte.
Die Linie blieb also klar und das, was in anderen Medien “Präventivschlag” hieß, wurde bei Bild.de zum “Abwehrschlag” umdeklariert und taucht in der “Chronologie der tödlichen S-Bahn-Attacke”, wie sie heute noch online steht, gar nicht auf:
Der Mann steigt mit den Jugendlichen aus, die beiden Angreifer folgen ihnen. Plötzlich greifen sie den Mann an, er fällt zu Boden, sie treten weiter auf ihn ein.
Die Aussage des S-Bahn-Führers über Brunners Erstschlag ließ “Bild” erst mal unter den Tisch fallen und schrieb erst darüber, als ein “Lügenforscher” die Aussage “relativiert” hatte — gegenüber der Münchener Boulevardzeitung “tz”, wohlgemerkt, nicht gegenüber dem Gericht.
Der Beschreibung Brunners als “sozial besonders engagiert” setzte “Bild” die “kaputte Kindheit” und das “verpfuschte Leben des zweiten Brunner-Totschlägers” entgegen, dem die Zeitung nicht mal seine vor Gericht gezeigte Reue abnahm:
Sebastian L. behauptete: “Es tut mir auf jeden Fall wahnsinnig leid, es hätte nicht passieren müssen. Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen.”
Selbst Details der Gewalt, die eigentlich für sich sprechen, hat “Bild” noch zugespitzt: Wenn der Angeklagte Markus S. “einen Schlüsselbund aus der Tasche und als Waffe zwischen die Finger” nimmt, ist das nicht nur “schlimm” oder “brutal” oder wie immer man das nennen würde, für die Schlagzeilenmacher bei “Bild” ist es “Der Schlüssel-Trick des S-Bahn-Schlägers”.
Über die erste Aussage dieses Angeklagten wusste Bild.de zu berichten:
Kein Mitleid, keine Reue, keine Tränen. Nein! Seine ersten Worte in dieser Verhandlung sind der blanke Hohn: “Ich habe einen Hass auf die Polizei.” Ungläubiges Kopfschütteln im Gerichtssaal.
(In der Bildunterschrift und der URL übrigens: “Ich hasse die Bullen.”)
Harte Worte, die aber trotzdem niemanden außer den “Bild-Reporter erschüttert zu haben scheinen: Für das Zitat findet sich keine einzige andere Quelle.
Auch mit einem anderen Detail stand “Bild” etwas alleine da:
Der damals 18-jährige Markus S. habe zweimal gerufen: “Ich bring’ dich um! Ich bring dich um!”, während er auf Brunner eingetreten und geschlagen habe, sagte die 16-jährige Schülerin, die das Ganze vom Bahnsteig gegenüber verfolgt hatte, vor dem Landgericht München aus.
Bei der Polizei hatte Vera B. drei Tage nach der Tat ausgesagt, dass einer der Täter zu Dominik Brunner gerufen hätte: “Ich bringe dich um!” Nun kann sie dies aber nicht mehr ganz sicher bestätigen.
Es sind letztlich eher Kleinigkeiten, die “Bild” anders wiedergibt als die meisten anderen Medien. Die Brutalität, mit der die Schläger vorgingen, zeigt sich auch daran, dass das Gericht mit seinen Urteilen nur knapp unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft blieb. Aber es sind viele Kleinigkeiten, mit denen “Bild” das Gesamtbild verzerrt — immer darauf bedacht, das früh gezeichnete Bild vom “S-Bahn-Helden” nicht zu beschädigen.
Über den “Kachelmann-Prozess” wird in “Bild” übrigens die Journalistin Alice Schwarzer berichten — weil sie eine “voreingenommene Berichterstattung” der “anderen Leitmedien” befürchtet.
Mit Dank an die vielen, vielen Hinweisgeber in den letzten Monaten.