Archiv für September 10th, 2010

9/11, immer wieder neu

Unter den Medien weltweit ist es zu einer lieb gewonnenen Tradition geworden, kurz vor dem 11. September in Sendungen, langen Artikeln und Klickstrecken an die Anschläge von New York und Washington im Jahr 2001 zu erinnern. In der Hoffnung, das Unbegreifliche irgendwie begreifbar zu machen, spielen besonders bisher unveröffentlichte Bilder eine wichtige Rolle.

Solche “noch nie gezeigten Video-Aufnahmen” hat auch Bild.de entdeckt. Oder genauer: Glaubt Bild.de entdeckt zu haben.

Terror-Anschläge auf das World Trade Center: Neue Videos vom 11. September aufgetaucht

Da wäre zum Beispiel diese Einstellung eines Kameramanns am Fuß der Türme:

Die steht seit drei Jahren auf YouTube:

Oder der Mann, der in der Fassade steht und mit seinem Jackett winkt (“Der verzweifelte Kampf um sein Leben”):

Seit Mai 2007 auf YouTube:

Mit Dank an Boerries K. und Manuel E.

Bild  

Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten

Thilo Sarrazin, dieser Teufelskerl! Stößt man eben eine “Diskussion” (deutsch für: “Summe gleichzeitig stattfindender Monologe”) an und schon fluppt es in Deutschland:

In der Diskussion um mangelnde Integration von Ausländern fordert jetzt der erste Politiker die Aufnahme der “deutschen Sprache” ins Grundgesetz. (…)

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zu BILD: “Der Schutz der deutschen Sprache gehört im Grundgesetz verankert. (…)”

Das mit den Ordnungszahlen sollte “Bild” bis zur Grundgesetzänderung vielleicht noch etwas üben, denn “der erste Politiker”, der das fordert, ist Dobrindt mitnichten: Im Juli 2008 hatte sich Bundestagspräsident Norbert Lammert für eine Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz ausgesprochen, im Dezember 2008 gab es einen CDU-Parteitagsbeschluss zum Thema und im Oktober 2009 legten CDU/CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag fest, das Grundgesetz entsprechend zu erweitern.

Mit Dank an Patrick G. und Theo.

Europalandzone

Es gibt gute Neuigkeiten. Auf der Startseite empfing Bild.de seine Leser am Donnerstagabend mit folgender Nachricht.

Deutschland jetzt Spitze in Europa Die Wirtschaft boomt nicht nur, sie wird auch immer konkurrenzfähiger. In Euroland sind wir jetzt Spitze. BILD.de erklärt die Gründe.

Und weiter:

Deutschland jetzt Spitze in Europa - Neues Ranking vorgestellt: Weltweit liegen wir jetzt auf Platz 5

Im Text heißt es:

Deutschland ist zur wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaft in der Eurozone aufgestiegen. Die Deutschen jagten den Finnen den Spitzenplatz unter den Euroländern ab.

Also: Deutschland ist Spitzenreiter nicht nur in Europa, sondern auch in der “Eurozone” und ist dazu noch Spitze im “Euroland” — das wiederum aus vielen Euroländern besteht. Alles klar? Überhaupt: Alles, was mit “Euro” beginnt muss doch irgendwie das Gleiche sein, oder?

Nicht wirklich: Ein Blick in die Tabellen des World Economic Forum zeigt die Lage etwas klarer:

Deutschland steht zwar an erster Stelle der Länder der “Eurozone” — also der Länder, in denen man mit dem Euro bezahlt. In Europa gibt es jedoch noch einige Länder, die sich der Gemeinschaftswährung nicht angeschlossen haben. Da zwei von denen laut World Economic Forum noch wettbewerbsfähiger sind als Deutschland, liegen wir in Europa allenfalls an dritter Stelle.

Mit Dank an Frank J.

Diekmann, Döpfner, Google

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Kai Diekmann
(jetzt.sueddeutsche.de, Hans Leyendecker und Marc Felix Serrao)
“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann gibt einen aus seiner Sicht “grossen Fehler” von “Bild” zu: “Auf einem Demo-Foto von Jürgen Trittin fälschlich Schlagstock und Bolzenschneider erkannt zu haben, das war schon ziemlich bescheuert.” Geschehen ist das im Januar 2001, Diekmann erwähnt das Beispiel gerne immer wieder (BILDblog berichtete).

2. “Mangelnde Qualitätskontrolle bei Closed-Access-Zeitschriften”
(heise.de/tp, Peter Mühlbauer)
Eine PR-Agentur bringt Mediziner dazu, ihren Namen unter vorgefertigte Texte zu setzen. Gedruckt werden diese zwischen 1997 und 2003 unter anderem in den Elsevier-Zeitschriften “American Journal of Obstetrics and Gynecology” und “International Journal of Cardiology”. Siehe dazu auch “Questions over ghostwriting in drug industry” (nature.com, Ewen Callaway, englisch).

3. “Journalisten erfüllen Erwartungen nicht”
(akademie-fuer-publizistik.de, Kristin Marquart)
Eine Umfrage unter 1001 Deutschen ergibt, dass 62 Prozent von ihnen Journalisten für manipulativ halten. “Fast die Hälfte der Befragten (44 Prozent) ist zudem der Meinung, dass die Medien sich zu sehr mit Nebensächlichkeiten beschäftigen – und nicht die Themen und Probleme aufgreifen, die die Menschen in Deutschland wirklich bewegen.”

4. “Mathias Döpfner über das Netz”
(taz.de, Günter Bartsch)
Günter Bartsch notiert, dass Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Verlags, allen Ernstes behauptet, “die Pressefreiheit werde durch das Internet selbst bedroht, sozusagen durch eine schlechte Angewohnheit des Internets: die ‘Gratis-Kultur'”.

5. “BP, Google und der Zürcher ‘Tages Anzeiger'”
(yourposition.ch, Lukas Stuber)
Hat BP Google tatsächlich dazu gebracht, seine Ergebnisse gegen Bezahlung anzupassen? Oder hat BP nur Google AdWords geschaltet?

6. “Das Alphabet laut Google Instant”
(netzfundbuero.de, Tom Hillenbrand)
Von A wie Amazon bis Z wie ZDF.