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Bei Anruf Witwenschütteln

Am vergangenen Sonntag stürzte ein Kletterer in den Südtiroler Alpen ab und starb noch vor Ort. Der Mann lebte zwar schon seit mehreren Jahren in Österreich, er war aber gebürtiger Kölner. Und so griff die Köln-Redaktion der “Bild”-Zeitung die Geschichte am Montag auf:

Es war nur eine kleine Meldung, 15 Zeilen lang, beschränkt auf die wichtigsten Fakten. Für “Bild”-Verhältnisse also ein ausgesprochen ordentlicher Umgang mit einer so traurigen Nachricht, und wir wunderten uns schon, warum das Blatt nicht — wie sonst — Fotos des Verstorbenen zeigt oder Angehörige und Bekannte belästigt hat, um an Zitate zu kommen, oder sonst irgendwie Privatsphären missachtet hat.

Was wir nicht wussten: Während wir noch rätselten, liefen in der “Bild”-Redaktion in Köln schon die üblichen Post-mortem-Recherchen. Und so konnten “Bild” und Bild.de (kostenpflichtig als “Bild-plus”-Artikel) gestern eine deutlich opulentere Aufmachung der Geschichte präsentieren:


(Unkenntlichmachung durch uns.)

Schon der erste Absatz gibt die Sensationsgier vor:

Er liebte die Berge, das Klettern, die Höhe. Doch sein Hobby wurde für ihn nun zur Todesfalle!

Und auch sonst haben die “Bild”-Mitarbeiter mal wieder unter Beweis gestellt, was sie alles Schreckliches so können. Da wäre zum Beispiel das Foto von Christian V., das “Bild” und Bild.de groß und unverpixelt zeigen. Es stammt von der Homepage der Praxis, in der der Mann gearbeitet hat. Die “Bild”-Medien haben einfach seine Arbeitskollegen weggeschnitten und das Foto veröffentlicht.

Oder der Anruf in der Praxis:

Einen Tag danach erreicht BILD eine Arbeitskollegin von Christian V. […]. Sie erzählt unter Tränen: “Wir sind alle so geschockt. Christian war ein begeisterter Kletterer, viel in den Bergen unterwegs. Das ist alles so schlimm.”

Witwenschütteln am Telefon. Was denkt man sich als “Bild”-Reporter wohl nach diesem Gespräch? “Geil, die weint! Das nehm’ ich.”?

Als er in den Südtiroler Alpen abstürzte, war Christian V. übrigens mit seiner Frau und einer Freundin unterwegs. “Bild” schreibt:

Christians Ehefrau, die den Absturz wohl direkt miterlebte, wird nun psychologisch betreut.

Wenn man das weiß und dennoch eine solche Geschichte druckt, hält man sein eigenes Verhalten womöglich auch noch für völlig normal.

Nachtrag, 14:50 Uhr: Inzwischen haben wir die Praxis erreicht, in der Christian V. gearbeitet hat. Wir wollten wissen, ob dort jemand der “Bild”-Zeitung erlaubt hat, das Foto zu nutzen. Antwort: “Nein.” Es habe nicht mal eine Anfrage gegeben.

Nur zur Erinnerung: Die Identität eines Opfers sei “besonders zu schützen”, sagt der Pressekodex. Für das Verständnis eines Unglücks sei “das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich.” Zwar könne das Foto eines Opfers “veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben”. Aber das dürfte in diesem Fall eben nicht so gewesen sein.

Neben diesen presseethischen Grundsätzen dürfte “Bild” mit der Veröffentlichung des Fotos auch das Urheberrecht des Fotografen missachtet haben. Als Quelle nennt die Redaktion lediglich das notorische “PRIVAT”.

Falsches über die Fälscher

Im Internet gibt es momentan ein wenig Aufruhr wegen eines Fotos, das die AfD in einem Flyer zum Thema “Innere Sicherheit im Landkreis Stade” veröffentlicht hat. Es zeigt eine Person, die gerade dabei ist, mit einer Fahne auf einen auf den Boden fallenden Polizisten einzuprügeln. Was das Foto besonders pikant macht — und vermutlich auch der Grund sein dürfte, warum die AfD es ausgesucht hat: Auf dem Rücken des Prüglers prangt das Logo der “Antifaschistischen Aktion”. Zum Foto schreibt die AfD Stade: “Rechtsstaat am Boden” und wirbt so für ihre rechtspopulistischen Positionen in Sicherheitsfragen. Eine Quellenangabe für das Bild gibt es nicht.

Nun kann man relativ schnell erkennen, dass es sich dabei um eine schlecht ausgeführte Bildmanipulation handelt und das “Antifa”-Logo lediglich reinmontiert ist. Und mit etwas mehr Aufwand findet man auch heraus, dass die Originalaufnahme (natürlich ohne “Antifa”-Logo) nicht von heute und nicht aus der Region um Stade stammt, sondern aus dem Jahr 2009 und bei Demonstrationen in Griechenland entstand. Urheber ist der Fotograf Milos Bicanski. Die Facebookseite “Hooligans Gegen Satzbau” hat sich diese Recherchemühe gemacht.

Die durchaus berechtigten Reaktionen im Internet lauten nun in etwa: “Ha, die ‘Lügenpresse’-Schreier von der AfD nutzen ein manipuliertes Foto, um Stimmung zu machen.” Medien nahmen sich den Fall ebenfalls vor. Das “Stader Tageblatt” berichtete sehr früh:

Stern.de sprang auf:

Mopo.de titelte:

Und die “taz” schrieb auf ihrer Internetseite dazu:

Für die “taz” ist klar, wer hinter der Bildmanipulation steckt: Lars Seemann, stellvertretender Vorsitzender der AfD Stade:

Auf dem Rücken des Schwarzgekleideten prangt ein Antifa-Logo. Nur, dass das Antifa-Logo da gar nicht hingehört — Seemann hat es per Bildbearbeitung in das Bild geschummelt.

Und damit verstoße die AfD “gleich gegen drei Paragrafen des Urheberrechts”:

Sie verschwieg den Namen des Urhebers, vervielfältigte das Foto ohne das Einverständnis des Künstlers und veränderte es ohne dessen Zustimmung.

Den Namen des Urhebers verschwiegen — völlig korrekt.
Das Foto ohne dessen Zustimmung vervielfältigt — ebenfalls korrekt.
Das Bild verändert — leider falsch.

Denn die “Antifa”-Manipulation ist schon älter als der AfD-Flyer und bereits auf anderen rechten Seiten aufgetaucht (auf eine Verlinkung zu den Knallköpfen verzichten wir bewusst). In einer Stellungnahme auf ihrer Homepage schreibt die AfD Stade, dass es sich bei dem Foto auf dem Flyer um ein “seit Jahren im Weltnetz” befindliches Bild handele. Wir würden zwar eher “Internet” dazu sagen, aber im Grunde stimmt die Aussage. Der NDR schreibt:

Tatsächlich stammt die Bildmanipulation nicht von der AfD, sondern wurde schon zuvor von rechtsgerichteten Web-Auftritten verbreitet.

Das ändert natürlich nichts daran, dass die AfD hier gegen Urheberrecht verstößt. Und es ändert auch nichts daran, dass sie auf dubiose Weise ein gefälschtes Foto für ihre populistischen Zwecke einsetzt. Aber es bringt in der nötigen kritischen Auseinandersetzung mit der AfD auch nichts zu behaupten, dass die “Lügenpresse”-Schreihälse ein Foto fälschen, damit selber falschzuliegen und diesen Leuten dadurch neues Futter für eine vermeintliche Medienverschwörung gegen ihre Partei zu liefern.

Mit Dank an Bernd für den Hinweis!

Mit Bindestrich und ohne Würde

“Bild” und Bild.de geben Personen gerne neue Namen. Knackig müssen sie sein, so richtig griffig und auf jeden Fall mit Bindestrich. So wird eine 21-jährige Russin, die bei Instagram über vier Millionen Follower hat, zum “Russen-Model”. Ein Vietnamese, der bei Olympia im Schießen Gold holt, zum “Pistolen-Vietnamesen”. Und ein Seemann, der auf Rügen lebt, zum “Rügen-Fischer”. “Lausitz-Luder”, “Mucki-Wiese”, “Abwehr-Grieche”, “Malle-Jens” — tagtäglich erfinden die “Bild”-Medien neue Bindestrich-Gebilde.

Auch für Lane Graves. Der kleine Junge wäre am Samstag (Bild.de schreibt fälschlicherweise von Sonntag) eigentlich drei Jahre alt geworden. Seine Familie versammelte sich vorgestern mit vielen Freunden und Nachbarn auf einem Footballfeld in ihrer Heimatstadt Omaha im US-Bundesstaat Nebraska, um Lanes Geburtstag zu feiern, allerdings ohne ihren Sohn. Der wurde im Juni beim Sandburgenbauen im “Walt Disney World Resort” von einem Alligator ins Wasser gezogen und starb.

Die Feier war sehr emotional, Lanes Eltern hielten Reden und sprachen über die Zeit mit ihrem Sohn. Fotografen waren vor Ort, viele Medien in den USA berichteten. Und auch Bild.de. In ihrem Drang, Menschen mit möglichst einfallsreichen Spitznamen zu versehen, machten die Mitarbeiter aus Lane Graves, dem Jungen, der durch einen Alligator ums Leben gekommen ist, den “toten Alligator-Jungen”:


(Unkenntlichmachung durch uns.)

Das ist so herz- und würdelos, dass man sich gar nicht vorstellen kann, dass das niemandem bei Bild.de vor Veröffentlichung aufgefallen ist.

Und dazu ist es sprachlich-inhaltlich auch noch so schief. Wenn ein Mann aus Bangladesch durch eine seltene Krankheit warzenähnlichen Wucherungen bekommt, die ein wenig aussehen wie Baumrinde, dann nennen die “Bild”-Medien ihn “Baum-Mann”. Immer noch platt, aber inhaltlich nicht völlig daneben. Doch Lane Graves hatte selbstverständlich nichts von einem Alligator. Er hatte das schreckliche Pech, von einem getötet zu werden. Lane Graves war kein “Alligator-Junge”. Er war ein ganz normales Kind.

Bild  

Und arbeitslos ist er auch noch

Vor dem Landgericht im rheinland-pfälzischen Frankenthal wird derzeit ein Fall verhandelt, der einige Zutaten für eine ordentliche “Bild”-Geschichte mitbringt: ein Todesfall, Messerstiche in Brust und Hals, Drogen sollen im Spiel gewesen sein. Und dann ist da noch der Angeklagte, der zwar geständig ist, der aber auch sagt, dass er in der Situation der Tat nicht gewusst habe, ob er sich gerade in einem Traum befinde. Das LSD, das er und das Opfer zuvor genommen hatten, soll daran schuld sein.

Na, dann mal los, Rhein-Neckar-Redaktion der “Bild”-Zeitung:

Für Oliver A. (22) war es “einfach nur ein Scheiß-Tag”. Henry L. (25) musste diesen Tag mit dem Leben bezahlen. Der junge Mann verblutete nach Messerstichen in Brust und Hals.

Seit gestern steht der Arbeitslose (Spitzname “Bob”) wegen Totschlags vorm Landgericht.

Immerhin: Etwas Anonymisierung hat “Bild” dem Angeklagten im Artikel vom vergangenen Freitag mit einem schwarzen Augenbalken gewährt. Aber was soll die Sache mit dem “Arbeitslosen” in der Überschrift? Für die Tat an sich ist dieser Umstand nichtig. Uns sind zumindest keine Statistiken bekannt, die zeigen, dass Menschen ohne Arbeit eine stärkere Veranlagung dazu haben, “im LSD-Rausch” “zum MESSER-KILLER” zu werden, als Klempnerlehrlinge oder Realschullehrer oder Investmentbanker. Warum also diese Betonung? Wahrscheinlich war einfach noch Platz in der Titelzeile. So aber bildet “dieser Arbeitslose” mit dem “LSD-Rausch” und dem “MESSER-KILLER” einen unheilvollen Dreiklang.

Neben dem Angeklagten geht es in dem Text auch um das Todesopfer Henry L. Im Gegensatz zu Oliver A. zeigt “Bild” ihn jedoch ohne jegliche Anonymisierung:


(Unkenntlichmachung durch uns.)

Als Quellenangabe für das Fotos findet man am Rand des Artikels lediglich den Vermerk “PRIVAT”, was normalerweise so viel heißt wie: Urheber nicht gefragt, Abgebildeten oder dessen Angehörige nicht gefragt, bei Facebook zusammengeklaubt. In diesem Fall könnte es auch sein, dass sich irgendjemand aus der Redaktion an der kleinen Gedenkstätte für Henry L. am Tatort bedient hat. Besser macht es das nicht.

Für Sie geklickt (8)

Wir haben unsere Clickbait-Taskforce wieder für Sie klicken lassen, um herauszufinden, was sich hinter den vielversprechenden Überschriften und Teasern tatsächlich verbirgt. Dadurch können Sie Lebenszeit und Gehirnzellen sparen.

Heute: die vergangene Woche auf der Facebookseite der “Bravo”.

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Sie musste ins Krankenhaus und die Kartoffel entfernen lassen.

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Ungeduldig sein.

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Es sind sogar fünf “krasse Geheimnisse”:
1. Im ersten “High School Musical”-Film singt Zac Efron nicht selber.
2. Die “East High School” gibt es tatsächlich.
3. “Disney” hatte geplant, einen vierten “High School Musical”-Film zu drehen.
4. Ashley Tisdale hat einige ihrer Film-Outfits selbst kreiert.
5. Für Zac Efron hatte “High School Musical” das beste Drehbuch überhaupt.

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Nein.

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Weil die Hälfte Deiner Freunde Dich eigentlich gar nicht mag.

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Beim Waffelverkauf des Schulbasars rastete sie aus und warf mit Teiglöffel und Kochmütze um sich und schrie den ersten Kunden an, der ausgerechnet der Vater ihres “EX-FREUNDES” war.

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Sie ist bereit für eine neue Beziehung.

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1. Sich verstellen
2. Den Anderen ändern wollen
3. Den Anderen für selbstverständlich nehmen
4. Seine Freunde vernachlässigen
5. Sich selbst vernachlässigen
6. Die Sache zu schnell angehen
7. Auf jeden Ratschlag hören

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Die richtige Liebeserklärung von der falschen Person.

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Killer: die plötzlich auftretende “Touch Disease” — dann funktioniert der Touchscreen nicht mehr.
Dagegen tun: hoffen, dass die “Touch Disease” nicht auftritt.

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Penisschaft mit leichtem Druck etwa in der Mitte umfassen, die Hand vorsichtig rauf und runter bewegen.

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Die “2-2-2-Regel”: Alle zwei Wochen einen romantischen Abend miteinander verbringen, alle zwei Monate einen Wochenendtrip machen, mindestens alle zwei Jahre zusammen in den Urlaub fahren.

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Sie waren nämlich kein Liebespaar, sondern beste Freunde.

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Sie hat die vielleicht längste Zunge der Welt, mit der sie womöglich bis zu ihren Augen kommt.

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Abzock-Masche: falsche Gutscheine.
Schützen: nicht anklicken.

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1. Zweisamkeit
2. Vertrautheit
3. Geheimnisse anvertrauen können
4. Stolz aufeinander sein können
5. Gefühle

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Den BH zu oft waschen.

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Umarmen.

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Kniebeugen.

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Kakerlaken.

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Nein.

Bitte. Keine Ursache.

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Übrigens: Wenn es Sie interessiert, wie erfolgreich das Clickbait der “Bravo” ist, können Sie das in manchen Fällen nachprüfen. Einfach die Short-URL nehmen, die die Redaktion hin und wieder als Link in den Facebook-Posts verwendet — zum Beispiel http://goo.gl/jWe9vN — und ein .info dranhängen. Also so: http://goo.gl/jWe9vN.info.

Mit Dank an nikita für den Tipp!

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Völlig versemmelt

Man hört und liest momentan so wenig über den Prozess gegen Beate Zschäpe und den “Nationalsozialistischen Untergrund”, dass man fast meinen könnte, er wurde eingestellt oder wegen der sommerlichen Temperaturen auf November verlegt oder es gab schon ein Urteil und niemand hat es mitbekommen. Dabei läuft er immer noch, erst gestern war wieder ein Verhandlungstag.

Und dass es durchaus relevante Entwicklungen gibt, über die man berichten kann, auch rund um den NSU-Prozess, zeigt die München-Redaktion der “Bild”-Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe:

Ja, genau.

Seit Beginn des Verfahrens gegen Beate Zschäpe (41) gibt’s im Sicherheitsbereich vor der Zuschauerempore im zweiten Stock belegte Brötchen, Kuchen und Schokolade. Gezahlt wird in eine Kasse des Vertrauens — eigentlich. Laut einer Gerichtssprecherin wurden immer wieder Snacks gegessen, aber nicht gezahlt.

Immerhin mehrere Tausend Euro Schaden seien für den Caterer dadurch bereits entstanden. Nun hätte man natürlich wissen können, dass der Dreiklang Viele Journalisten unter den Zuschauern — Essen — Bezahlung auf Vertrauensbasis keine besonders gute Voraussetzung für volle Catererkassen ist. Aber dieses Ausmaß des Beschisses, das ist doch sowas von schlimm, ja, also fast so schlimm wie …

Nicht nur die Angeklagten im NSU-Prozess sind kriminell. Nein, leider gibt’s auch unter den Zuhörern Straftäter!

Liebe Mitarbeiter der Münchner “Bild”-Zeitung, natürlich kann man ein paar Semmeldiebe mit der mörderischsten Nazi-Bande der jüngeren Vergangenheit vergleichen und zu dem Ergebnis kommen, dass es sich eben nicht nur bei den Rechtsterroristen mit ihren Morden und Bombenanschlägen und Raubüberfällen um Straftäter handelt, sondern auch bei den Plünderern der Gebäcktafel und des Süßigkeitenregals im Oberlandesgericht München. Man könnte es aber auch sein lassen und ernsthaft über diesen wichtigen Prozess berichten.

Hallöchen Voyeurchen

Stellen Sie sich mal vor, Sie sind Redakteur bei der “Bild”-Zeitung. Okay, vielleicht etwas heftig …

Stellen Sie sich mal vor, Sie sind Redakteur bei einer Zeitung. Am Mittwochmittag erreicht Sie die Mail eines Lesers, in der er Ihnen Fotos eines Liebespaares anbietet. Das Paar knutscht auf einer Wiese mitten in Bremen, und als sich die Frau über den Mann beugt, um ihn weiter zu küssen, rutscht ihr Rock hoch. Man kann auf den Fotos ihren Hintern und ihren Tanga gut erkennen. Es dürfte sich bei den Leuten nicht um Prominenten handeln. Der Leser schreibt Ihnen noch:

“Die beiden waren so mit sich beschäftigt, dass sie die nur wenige Meter entfernt sitzenden anderen Menschen überhaupt nicht mehr wahrgenommen haben. Ich würde das als schweres Fummeln bezeichnen!”

Welcher Gedanke gehen Ihnen als Blattmacher durch den Kopf?

Mögliche Reaktion 1:
“Moment mal! Das ist doch aber gar nicht in Ordnung, einer Frau unter den Rock zu fotografieren. Klar, man könnte jetzt sagen: Selbst schuld, wenn die zwei da in aller Öffentlichkeit so eine Nummer abziehen. Aber reicht es nicht, dass die Leute drumherum das Ganze gesehen haben? Und die beiden konnten ja auch nicht wissen, dass da irgendein notgeiler Passant direkt sein Handy zückt, Fotos macht und für ein paar Euros das Material an eine Zeitung verkauft. Ich will nicht alles noch peinlicher für das Liebespaar machen und Fotos von nackten Hintern groß in meiner Zeitung mit einer hohen Auflage veröffentlichen. Die Leute auf den Fotos haben schließlich auch eine Würde. Und die will ich ja nicht mit den Füßen treten.”

Mögliche Reaktion 2:
“Boah! Geil! Geiel!! GEIEL!!! Ein nackter Arsch! Darauf habe ich heute den ganzen Tag gewartet. Das bringen wird groß, ach was, riesengroß. Und gleich mit drei Fotos. Dann müssen unsere Leser morgen auch gar nicht auf ihren Lieblingspornoseiten nach Voyeur-Filmen suchen. Und dann packen wir noch ein paar gute Wortspiele dazu. Sowas wie: ‘Hallöchen Popöchen!’ oder ‘Heißes Wetter, heiße Show’. Das wird der Knaller! Vielleicht können wir daraus ja auch eine Serie machen. Morgen schicken wir erstmal den Praktikanten los und lassen ihn nach der Alten fahnden: ‘Ich bin der geile Arsch von der Wiese.’ Und dann suchen wir noch andere Leute, die schon mal jemanden in der Öffentlichkeit geküsst haben. Und dazu bringen wir noch ein Interview mit Nacktschnecke Micaela Schäfer. Vielleicht zeigt die uns ja auch noch ihre Hupen — Jackpot! Ich liebe meinen Job! Genau für solche Geschichten bin ich Journalist geworden!”

Für welche Variante sich die Bremen-Redaktion der “Bild”-Zeitung und Bild.de entschieden haben?


(Nur der Vollständigkeit halber: Unkenntlichmachungen durch uns.)

Mit Dank an basti!

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Das ist doch wohl ein schlechter Witz

Neben Persönlichkeitsrechtsverletzungen, dumpfem Patriotismus und ein wenig Hetze gegen Minderheiten darf in einer typischen “Bild”-Ausgabe eins nicht fehlen: schlechte Witze. Jeden Tag gibt es eine kleine Humor-Ecke im Blatt, gekennzeichnet durch ein :-)-Emoticon. Mal sind es zwei Kalauer, mal drei, mal vier. Eines haben sie jedenfalls alle gemeinsam: Sie sind sehr, sehr dämlich.

So einen Witz findet man da zum Beispiel:

VATER-SOHN-WITZ
Vater und Sohn gehen spazieren. Plötzlich grüßt der Kleine einen wildfremden Mann. Fragt der Vater: “Wer war denn das?” — “Einer vom Umweltschutz. Er fragt Mutti immer, ob die Luft rein ist …”

Oder so einen:

GÄRTNER-WITZ
Sitzen zwei Gärtner im Garten. Saft der eine: “Pflanzen soll man gut zureden, damit sie schön wachsen.” Darauf der andere: “Gut, dann beschimpfe ich jetzt das Unkraut!”

Oder so einen:

URLAUBS-WITZ
“Ich habe gehört, ihr fahrt dieses Jahr doch nicht nach Argentinien?” — “Nein, das ist falsch. Nicht nach Argentinien sind wir im letzten Jahr gefahren. Dieses Jahr fahren wir nicht nach Hawaii!”

Das ist also der Humor, den die “Bild”-Zeitung ihren Leserinnen und Lesern zutraut.

Zu den “Bild”-Scherzen kommen wir gleich noch mal. Jetzt erstmal kurz zurück zu unserem Blogeintrag von vergangenem Samstag: Da hatten wir darüber geschrieben, dass “Bild” zwei Gegendarstellungen des Musikers Herbert Grönemeyer abdrucken musste. Es ging um eine “Bild”-Titelgeschichte aus dem Mai dieses Jahres. Das Blatt hatte geschrieben, Grönemeyer habe seine 28-jährige Freundin geheiratet. Die war aber gar nicht 28, sondern älter. Außerdem hatte “Bild” behauptet, dass die Trauung auf dem “Anwesen ‘La Fabrique'” stattgefunden habe. Auch das war falsch. Also musste die Redaktion diese zwei Gegendarstellungen von Herbert Grönemeyer veröffentlichen:


(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns.)

Gegendarstellung
Auf der Titelseite der “Bild”-Zeitung vom 12. Mai 2016 heißt es: “JA-WORT MIT J… (28) IN FRANKREICH Grönemeyer heiratet seine junge Freundin!”
Hierzu stelle ich fest: Meine Partnerin ist nicht 28. Sie ist mehrere Jahre älter.
Berlin, den 12. Mai 2016 — Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Schertz für Herbert Grönemeyer
Anmerkung der Redaktion: Herbert Grönemeyer (60) hat recht. Vor Gericht hat er angegeben, seine Partnerin sei acht Jahre älter als von BILD behauptet.

Gegendarstellung
In der “Bild”-Zeitung vom 12. Mai 2016 schreiben Sie auf Seite 4 in einem Artikel mit der Überschrift “Männer heiraten heimlich“:
“Am vergangenen Wochenende sollen der Sänger und seine Lebensgefährtin (…) Gäste zur Trauung auf das Anwesen ‘La Fabrique’ (…) im südfranzösischen Ort Saint-Rémy-de-Provence eingeladen haben.”
Hierzu stelle ich fest: Es hat keine Trauung zwischen mir und meiner Lebensgefährtin auf dem Anwesen ‘La Fabrique’ stattgefunden.
Berlin, den 12. Mai 2016
Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Schertz für Herbert Grönemeyer

Auch am vergangenen Samstag gab es wieder eine :-)-Ecke in “Bild”, dieses Mal direkt unter der zweiten Gegendarstellung abgedruckt:

Die drei Witze gehen so:

ANWALT-WITZ
“Ich weiß nicht, was Sie haben”, wundert sich der Scheidungsanwalt. “Ihr Mann ist doch für sein Alter noch sehr rüstig!” “Für sein Alter schon”, meint die junge Frau. “Aber nicht für meins!”

HELLSEHER-WITZ
Die Kartenlegerin ist besorgt, als sie in die Karten von Frau Müller schaut: “Ihr Mann wird sterben!” Die Reaktion: “Ich weiß. Mich interessiert, ob sie mich schnappen und zu was ich verurteilt werde.”

ARZT-WITZ
Ein alter Mann beim Arzt: “Meine 50 Jahre jüngere Frau ist schwanger! Wie kann das sein?” Doktor: “Stellen Sie sich vor, Sie laufen im Wald, sehen ein Reh, nehmen Ihren Stock und tun so, als ob Sie das Reh erschießen wollen. Das Reh fällt tot um. Was denken Sie?” “Da hat ein anderer geschossen!” “Richtig!”

Jetzt kann es Zufall sein, dass die Leute von “Bild” genau für den Tag, an dem sie die Gegendarstellungen eines älteren Mannes abdrucken mussten, der eine jüngere Frau geheiratet hat, drei Witze über ältere beziehungsweise sterbende Männer und jüngere beziehungsweise mordende Frauen rausgesucht haben. Oder aber sie sind beleidigte Nachtreter, die mit einer berechtigten Beschwerde und einer gerichtlichen Entscheidung nicht gerade souverän umgehen.

Für Sie geklickt (7)

Unsere Clickbait-Taskforce ist wieder für Sie losgezogen, um zu schauen, was hinter den vollmundigen Versprechen in Titel und Teasern wirklich steckt. So sparen Sie kostbare Zeit, Lebensfreude und Gehirnzellen.

Heute: das vergangene Wochenende auf der Facebookseite von “Focus Online”.

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Er kriegt eins übergebraten.

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Föhnen. Abziehen. Reste entfernen. Fertig.

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Den Rest einer kleinen Dentalbürste, die zur Reinigung des Zahnzwischenraums genutzt wird.

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Sie können Störgeräusche im Bordfunk verursachen.

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Schottland.

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Sie hat sie wieder ausgespuckt.

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Eine Videokamera.

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Sie arbeitet viel im Haushalt.

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Schaden: Statt des richtigen Mindesthaltbarkeitsdatums ließ er “Mother Fucker Day” auf 200.000 Bierdosen drucken. Die Firma musste die Dosen zurückrufen. Reaktion: Er wurde zum “Mitarbeiter des Monats” ernannt, weil die Sache den Kunden super gefallen hat.

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Glasflaschenverbot.

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1. Es hilft bei Verdauungsproblemen.
2. Es hat einen hohen Salzgehalt.
3. Es kann Akne und andere Hautprobleme bekämpfen.
4. Es kann als Ersatz für eine Haarspülung eingesetzt werden.
5. Es kann die Körpertemperatur regeln.

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Grillkohle, weil gutes Wetter.

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Sie besitzt Uterus und Vagina doppelt.

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Vielleicht ja, vielleicht nein.

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Er war zu betrunken, um zu pusten. Die Polizisten haben dann eine Blutentnahme angeordnet.

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Die sogenannte Reibeisenhaut entsteht, wenn die Haarfollikel durch Keratin-Ablagerungen verstopft werden. Okay.

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Mit einer Diät und Fitnesstraining.

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Nein.

Bitte. Keine Ursache.

Bild  

“Blitz-Heilungen” kann nicht mal “Bild” voraussehen

Wenn die Leute bei “Bild” eines können, dann — so sagt man gemeinhin — Fußball (“Aber der Sportteil …”). Die Reporter sind stets nah dran an den Vereinen, geben vor, Interna zu kennen, horchen in die Körper der Spieler. Geht ja auch gar nicht anders, wenn man eine tägliche Fußballzeitung herausbringen will.

Ende vergangener Woche hat das Blatt mal wieder einen Nachweis seiner Fähigkeiten im Kerngeschäft geliefert.

Die Ruhrgebiets-Ausgabe der “Bild”-Zeitung (in der Fußballberichterstattung unter anderem für den BVB zuständig) am Freitagmorgen so:

Der DFB am Freitagnachmittag so:


(Hervorhebung durch uns.)

Die Ruhrgebiets-Ausgabe der “Bild”-Zeitung am Samstag so:

Mit Dank an XY @VM_83!

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