Autoren-Archiv

AfD-Aufschrei, Oktoberfest-Tränen, Seitensprung-Offensive

1. Hier & Jetzt 6: ’10 Jahre Medienwandeldebatte‘, mit Ronnie Grob
(neunetz.fm, Marcel Weiß & Ronnie Grob)
Fast eine ganze Dekade hat Ronnie Grob als Kurator die Medienrubrik “6 vor 9” beim BILDblog mit Empfehlungen bestückt und in dieser Zeit ein unfassbares Wissen über die spezifischen Eigenheiten der Branche und den Medienwandel (und die damit verbundenen Medienwandeldebatten) angesammelt. Im Interview spricht er eine Stunde über die letzten zehn Jahre, neue Geschäftsmodelle und den Status Quo des Journalismus. Persönliche Anmerkung: Als sein Nachfolger bin ich auch nach einem dreiviertel Jahr voller Bewunderung für das, was Ronnie Grob hier auf BILDblog geleistet hat. Respekt, Ronnie!

2. Wo bleibt der Aufschrei?
(spiegel.de, Liane Bednarz und Farhad Dilmaghani)
Die AfD reklamiere demokratische Rechte für sich, um auf legalem Weg an die Macht zu kommen – dann will sie “aufräumen”, “ausmisten” und “Politik nur für das Volk machen”. Wer diese Rhetorik verharmlose, mache sich mitschuldig, finden Liane Bednarz und Farhad Dilmaghani in ihrem Gastbeitrag für “Spiegel Online”.

3. So gehts: Wie Sie den Medien ein Seitensprung-Baby beichten
(schweizamsonntag.ch, Christof Moser)
“Sind Sie ein prominenter Politiker, zelebrieren öffentlich Ihr Ehe- und Familienleben, zeugen dann aber ein außereheliches Baby? Gehen Sie in die Offensive wie Christophe Darbellay!”, so die provozierende Empfehlung von Christof Moser in der “Schweiz am Sonntag”. Dirigiert wurde das Ganze von einem Züricher Medienanwalt, der für seinen Mandanten einen Deal mit dem “SonntagsBlick” aushandelte, der auf mediale Schadensbegrenzung ausgerichtet war.

4. Die Charmeoffensive
(taz.de, Daniel Bouhs)
Google investiert über einen “Innovationsfond” 150 Millionen Euro in den europäischen Medienmarkt. Eine “Charmeoffensive” nennt Daniel Bouhs das Vorgehen, mit dem Google noch mehr Verlage für eine Zusammenarbeit gewinnen will. Auf der – zumindest teilweise öffentlichen – Förderliste würden neben Start-ups auch Traditionshäuser wie die Schweizer “NZZ”, der britische “Telegraph”, der österreichische “Standard”, die “Wirtschaftswoche”, der “Tagesspiegel” und die “Rhein-Zeitung”. Und auch der “Spiegel” habe angekündigt, sich um die Förderung zu bemühen.

5. “Was Facebook tut, unterliegt keiner demokratischen Kontrolle”
(deutschlandradiokultur.de, Ulf Buermeyer & Christian Rabhansl)
“Deutschlandradio Kultur” hat mit dem Verfassungsrechtler und Berliner Richter Ulf Buermeyer gesprochen. Dieser kritisiert, dass Facebook sich deutschen Strafverfolgungsbehörden entziehe. “Und ich denke, wir müssen bei Unternehmen, die so wie Facebook relevant sind für die demokratische Kultur und für den Diskurs in einer Demokratie, bei solchen Unternehmen müssen wir schon darüber nachdenken, ob wir uns da ausschließlich auf letztlich willkürliche Hausregeln und deren ebenso willkürliche Durchsetzung verlassen können oder ob wir hier nicht irgendeine Form von demokratischer Kontrolle brauchen.” Das Bundesjustizministerium müsse auf Facebook einwirken und zumindest einen Deal erwirken, der es den Strafverfolgungsbehörden erlaube, im Bedarfsfall einzuschreiten: “Für mich ist nicht einleuchtend, wieso Facebook in Deutschland nach deutschem Recht Werbung verkauft, aber sich den Strafverfolgungsbehörden weitgehend entzieht und, wie gesagt, nur nach Gutdünken kooperiert.”

6. Wiesn-TV – Bei jeder Werbung möchte man weinen vor Dankbarkeit
(sueddeutsche.de, Johanna Bruckner)
Johanna Bruckner hat sich mehr als vier Stunden Oktoberfest-Live-Übertragung angetan. Ihre Erkenntnis: Söder verliert im Wiesn-Schwanzvergleich. Und das Oktoberfest kann auch ohne Alkohol sehr wehtun.

“Buzzfeed”, Medienhuren, Mehrwert

1. „Die Homepage ist nicht mehr so wichtig“: „Mr. BuzzFeed“ Scott Lamb im Interview
(t3n.de, Carsten Christian)
Seit annähernd zehn Jahren gibt es “Buzzfeed”, eine bunte Mischung aus Blog, Nachrichtenticker und Online-Magazin voller Bilder und Videos und sogenannter “Listicles”. Mittlerweile hat die Seite nach eigenen Angaben mehr als 200 Millionen Leser. Im Interview mit “t3n” erklärt Scott Lamb (Vice President International), was den Erfolg der Seite ausmacht und was sich andere Publisher von “Buzzfeed” abschauen können.

2. Missverständnis oder mangelnde Recherche?
(ndr.de, Janina Kalle)
Da ist wohl etwas schief gegangen: Ein “Spiegel”-Reporter hat eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-Harvestehude besucht und später von Mobbing aus religiösen Gründen berichtet. Dabei hat es sich anscheinend nur um einen relativ profanen Streit um die Nutzung des Badezimmers gehandelt. Die Heimleitung zeige sich jedenfalls überrascht von den Mobbing-Vorwürfen, die Pressesprecherin sehe in dem Ganzen ein Missverständnis.

3. Cheatsheet: Programmierlose ddj tools
(datentaeter.de)
Marie-Louise Timcke studiert Datenjournalismus in Dortmund und ist Leiterin von “Journocode”, ein Projekt rund um “journalistisches Programmieren”. Auf einem “Cheatsheet” hat sie die nützlichsten Tools für Datenjournalisten zusammengestellt: von Recherche und Analyse bis hin zur grafischen Aufbereitung.

4. Gemischtes Doppel #5: Medienhuren
(ostpol.de, Inga Pylypchuk)
In Deutschland wird Medien oft der Kampfbegriff “Lügenpresse” entgegengeschleudert, in der Ukraine werden Journalistinnen und Journalisten oft als “Medienhuren” beschimpft. Anlass sei das Verhalten der TV-Redakteurin Marija Stoljarowa gewesen: Während einer Live-Sendung zum Gedenken an die Toten der Maidan-Revolution im vergangenen Winter sei plötzlich der Regieton eingespielt worden und man hätte hören können, wie Stoljarowa einen Kollegen aufforderte, „endlich diese Scheiße auszuschalten“. Seitdem macht der Hashtag “#Medienhure” die Runde, und alle Journalisten, die mit ihrer Tätigkeit angeblich der Ukraine schaden, werden entsprechend beschimpft. “Alle Presse-Vertreter können jetzt #Medienhuren werden, genauso wie sie in Deutschland #Lügenpresse wurden. Auch unabhängige Medien und investigative Korruptionsbekämpfer werden damit abgestempelt. Dabei ist eine weitere Gemeinsamkeit nicht zu übersehen: Diejenigen, die eine journalistische Verschwörung wittern, gehören in der Ukraine wie in Deutschland meist zum rechten Lager.”

5. Ich habe da einen Wunsch
(facebook.com, Dennis Horn)
Der Journalist Dennis Horn würde gerne den Begriff “Mehrwert” begraben. Wenn es bei Radio und Fernsehen um Online und Social Media ginge, würde stets ein anzustrebender “Mehrwert” ins Spiel gebracht. Dabei sei es einer dieser Begriffe, mit denen die Medien sich selbst in die Tasche lügen würden. “‘Mehrwert’ verhindert, die Stärken der jeweiligen Kanäle auszuspielen. Die wichtigste Frage ist: Was erwarten unsere Nutzer in einem neuen Kanal von uns? Was erwarten sie, wenn sie unser lineares Programm einschalten? Was erwarten sie, wenn sie unsere Website besuchen? Was erwarten sie, wenn sie unserer Facebook-Seite ein ‘Gefällt mir’ spendieren? Was erwarten sie, wenn sie unseren YouTube-Kanal abonnieren? Was erwarten sie, wenn sie uns bei Snapchat folgen? Nicht die Frage, ob der eine Kanal einen Mehrwert für den anderen hat, ist entscheidend — sondern ob ein neuer Kanal eine sinnvolle Ergänzung meiner Medienmarke ist und sie entsprechend stärken kann.”

6. Bedingt reformierbar
(sueddeutsche.de, Hans Hoff & Katharina Riehl)
Die Gebührenzahler investieren eine Menge Geld in die Öffentlich-Rechtlichen. Nun hat der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer gefordert, ARD und ZDF zusammenzulegen. Hans Hoff und Katharina Riehl ordnen das Ganze ein.

PR-Coup, Mediatheken, Falschmedien

1. Lesertäuschung wird bestraft
(tagesspiegel.de, Klaus Beck)
Schleichwerbung bleibt Schleichwerbung, auch wenn man es “Native Advertising” nennt, findet Klaus Beck in seiner “Tagesspiegel”-Kolumne. “Die Täuschung fängt schon beim Begriff an, der ein PR-Coup ist: Werbung in den journalistischen Medieninhalt einzubauen, ist weder neu noch natürlich, sondern eine Kunstform, die längst als Product Placement oder Schleichwerbung bekannt ist. Das erste ist dank EU legal, aber kenntlich zu machen, das zweite immer noch verboten.”

2. Es kann nicht genug Problemzonen geben
(faz.net, Julia Bähr)
Julia Bähr hat sechs willkürlich ausgewählte Frauenzeitschriften auf deren Frauenbild überprüft. Bährs Befund: “Die Dame von Welt ist heute zugleich Bastelfee, Supermodel, Sexgöttin, Karrierefrau und Kuratorin ihrer persönlichen Umgebung. Sie ist blitzgescheit und gerät über kleine rosa Glitzerdinger aller Art aus dem Häuschen.”

3. Mehr Angebot, längere Abrufzeiten: Online-Chef des ZDF möchte Mediathek verbessern
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
“Netzpolitik” macht auf einen Deutschlandfunkbeitrag aufmerksam, in dem es um die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen geht. Diese würden beim Zuschauer oftmals für Frust sorgen, hauptsächlich wegen der komplizierten und undurchsichtigen Regelungen und der kurzen Verweildauer der Beiträge. ARD und ZDF seien mit der Situation auch nicht zufrieden und würden über neuen Modellen brüten, so der Online-Chef des ZDF. In dem Zusammenhang stellt “Netzpolitik”-Autor Markus Reuter die Frage, warum die öffentlich-rechtlichen Sender nicht viel häufiger Creative Commons Lizenzen nutzen würden, um die Inhalte freier zugänglich zu machen.

4. In der dunklen Welt der Falschmedien
(bernerzeitung.ch, Christian Zeier)
Immer mehr selbsternannte Newsportale bringen bewusst falsche Nachrichten in Umlauf, die abertausende Male in den Netzen geliket werden und sich viral verbreiten. Christian Zeier wurde über eine Bekannte eine dieser Falschmeldungen in die Timeline gespült. In seinem Artikel schreibt er über die Parallelnachrichtenwelt von angeblichen Newsportalen, die auf Ideologie statt Fakten setzen würden. Und von der Schwierigkeit, die Dinge richtig zu stellen.

5. Ausländische Journalisten vor Überwachung durch den BND schützen
(reporter-ohne-grenzen.de)
“Reporter ohne Grenzen” hat eine Petition zum Schutz von ausländischen Journalisten vor der Überwachung durch den BND gestartet. Die Organisation fordert den Deutschen Bundestag gemeinsam mit zahlreichen nationalen und internationalen Medien, Verbänden und Menschenrechtsorganisationen auf, den Entwurf des BND-Gesetzes umgehend zu überarbeiten. Die beteiligten Medien und Organisationen würden die globale Massenüberwachung des BND für einen Verstoß gegen die Menschenrechte halten und in der Überwachung von Journalisten einen schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit sehen.

6. „Indianische Wunderdiät“ oder „Der Schmu des Manitu“?
(noemix.twoday.net, Michael Nöhrig)
“nömix” hat eine indianische Wunderdiät entdeckt, die in der Tat manches Wunder bereithält. Es beginnt bei der angeblichen Reporterin “Esther Fischer”, die auf anderen Webseiten als Gas-Wasser-Elektro-Installateurin sowie als Teppich-Reinigungsfee wirkt. Und es endet mit Zutaten, die es… Ach lesen Sie am besten selbst.

Deutungswelten, Verfettung, VG-Wortlos

1. “Poppers Traum ist in Gefahr”
(zeit.de, Philip Faigle & Sascha Venohr)
Der Forscher Gerret von Nordheim (Institut für Journalistik der TU Dortmund) hat 80.000 Tweets nach dem Münchener Amoklauf ausgewertet. In den Stunden nach dem Anschlag hätten sich relativ schnell zwei parallele Netzwerke – sogenannte Cluster – gebildet. In dem einen vor allem die Münchener Polizei und traditionelle Medien wie “Spiegel”, “Tagesschau” und “Zeit”, in dem anderen Accounts von Politikern der AfD und andere Vertreter des rechten Spektrums. Beide Netzwerke seien als in sich geschlossene, parallele Deutungswelten fast völlig isoliert voneinander gewesen: “Während in der einen Welt noch debattiert wurde, wer der Täter war, wurden in der anderen Welt schon die Medien und die Politik für den Amoklauf verantwortlich gemacht und fremdenfeindliche Deutungsmuster bedient.”

2. „Im Journalismus hat sich irgendwann eine Verfettung breit gemacht.“
(40stunden.de, Julia Kottkamp & Romy Geßner)
“Spiegel”-Reporter Cordt Schnibben im Interview über die eigene Vita und die Motivation von Journalisten. Und mit offenen Worten über die Branche: “Im Journalismus hat sich irgendwann eine Verfettung breit gemacht, vor allem in der Wochen- und Monatspresse und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Man konnte toll Essen gehen und super Reisen machen. Irgendwann haben manche Journalisten aufgehört, die Vorzüge, die man in diesem Beruf hat, als Bedingung dafür zu begreifen, gut zu recherchieren und gekonnt zu erzählen. Wenn man sich davon belästigt fühlt, dass der Chefredakteur mit einem Thema anruft, weil man es sich in seinem privilegierten Leben so schön gemütlich gemacht hat, dann wird es natürlich pervers. Irgendwann kippt dann dieser Beruf. Das ist leider in den letzten Jahren bei vielen Leuten passiert.”

3. Wenn der Interviewgast es sich anders überlegt…
(wdr.de, Audio, 9:05 Min.)
Audio-Interview mit dem “Monitor”-Chef Georg Restle über das Autorisieren von Fernsehinterviews und die Versuche der Einflussnahme von Gesprächspartnern aus der Politik. Anlass ist der Streit zwischen der “Deutschen Welle” und türkischen Regierungsvertretern über ein von Michel Friedman geführtes Interview mit dem türkischen Sportminister.

4. Planlos zerstritten: VG Wort vorerst handlungsunfähig
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Das befremdliche Schauspiel um die Rückzahlung der zu Unrecht den Verlegern zugeschanzten VG-Wort-Erlöse entwickelt sich zum kuriosen Mehrakter. Auf der fünfstündigen VG-Wort-Versammlung in München wurde beschlossen, die Angelegenheit auf den November zu vertagen. Anlass war ein kurzfristig ins Spiel gebrachter Kompromissvorschlag der VG-Wort, dessen Folgen sich nach Ansicht der Kritiker auf die Schnelle nicht abschätzen ließen. Stefan Niggemeier war auf der Versammlung und erzählt vom Sitzungsverlauf.

5. Der beleidigte Waidmann
(faz.net, Jochen Zenthöfer)
Die Posse um den “Rabaukenjäger” hat mit einem Freispruch des Journalisten ihr vorläufiges Ende gefunden. Ein Journalist des „Nordkurier“ hatte einen CDU-Kommunalpolitiker als Rabaukenjäger betitelt, weil dieser mit dem Auto ein totes Reh an einem Seil über eine Straße geschleift hatte. Darauf hatte der Jagdpächter den Journalisten wegen Beleidigung verklagt und zunächst Recht bekommen. Nun wurde die Verurteilung in der Revisionsinstanz aufgehoben und der Journalist vom Oberlandesgericht Rostock freigesprochen.

6. Scheck ohne Deckung
(konkret-magazin.de, Kay Sokolowsky)
Denis Scheck gilt als der “bekannteste Literaturkritiker der Republik” (“Taz”) und ist in Hörfunk und Fernsehen mit eigenen Sendungen präsent. Nun moderiert Scheck auch noch das wöchentliche Kulturmagazin “Kunscht!” im “SWR”. Kay Sokolowsky erklärt in einer scharfzüngigen Abrechnung, warum er “Deutschlands berühmtesten Buchverkäufer” schon in dessen Sendung “Druckfrisch” kaum zu ertragen findet und Schecks Textproduktion für die Tonne sei.

VG Showdown, Paralympics, Gedeckwarnung

1. Showdown im Hofbräukeller
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Es ist schon ein seltsames Schauspiel, das die VG Wort (“Gema der Autoren”) da bietet: Jahrelang hat man den Urhebern Millionen von Euros vorenthalten und das Geld stattdessen an die Verlage ausgeschüttet. Nachdem diese Praxis vom BGH als rechtswidrig eingeordnet wurde, korrigiert man den Fehler nicht, sondern sucht geradezu verzweifelt nach einem Weg, diese Praxis beizubehalten. Für Samstag hat die VG Wort eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Stefan Niggemeier bringt Licht in die Sache und erklärt die unterschiedlichen Interessenlagen.

2. Keine Gedeck-Interviews!
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband warnt vor Interviews mit der Schauspielerin Martina Gedeck. Diese bestehe auf inakzeptablen Interviewvereinbarungen. Der DJV-Bundesvorsitzender kritisiert insbesondere folgende Klausel: „Sofern Zitate auf dem Titel der Zeitung, in der Überschrift, in Unterüberschriften, Zwischenüberschriften oder Bildunterschriften bzw. in Falle der Hervorhebung durch Fettdruck im Fließtext verwendet werden, sind diese auch konkret mit Künstler abzustimmen.“ Welche Über- und Unterschriften der Journalist wähle, gehe die Interviewpartnerin jedoch nichts an, so der DJV-Bundesvorsitzender. Ebenso sei es nicht hinnehmbar, dass die Schauspielerin bei der Bildauswahl gefragt werden müsse.

3. Paralympics in Rio 2016 – Medienberichte
(leidmedien.de)
Anlässlich der Paralympics in Rio hat sich “Leidmedien” angeschaut, wie Journalistinnen und Journalisten über das Event berichten und in einer Übersicht besonders gelungene oder diskussionswürdige Artikel zusammengestellt. Außerdem gibt es praktische Tipps für die Berichterstattung über die Paralympics.

4. Jeder dritte Online-Leser kommt über Social Media oder Push
(persoenlich.com)
In der Schweiz wird das Mediennutzungsverhalten regelmäßig über den “Media Use Index” (MUI) abgefragt. Das Online-Portal der Schweizer Kommunikationswirtschaft “persoenlich.com” stellt die wichtigsten Erkenntnisse daraus vor. Danach habe die Internetnutzung per Tablet den Gebrauch von Tageszeitungen eingeholt, das Smartphone werde zum Messenger und Shopping-Tool, Snapchat und Instagram würden Facebook überholen, die News-Medien ihre Titelseiten verlieren und Streaming das klassische Fernsehen überholen.

5. Der alte und der neue Präsident
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Bevor sich Medienkolumnistin Ulrike Simon in den verdienten Urlaub verabschiedet, nimmt sie uns nochmal dorthin mit, wo sich die Medienfürsten, Zeitungstycoone und Honoratioren treffen. Im konkreten Fall war dies die Verabschiedung des Präsidents des Bundesverbands deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Helmut Heinen und der erste Auftritt seines Nachfolgers Mathias Döpfner beim BDZV.

6. Xing – hartnäckig wie Herpes
(spiegel.de, Tom König)
Tom König hat seinen Xing-Account längst gekündigt, alle Newsletter deaktiviert und auch ansonsten alle Verbindungen zu dem Business-Netzwerk gekappt. Dennoch spammt ihn die “Online-Plattform für das Social-Networking neuer und bestehender Business-Kontakte” mit unerwünschten Nachrichten und Werbemails zu. “Vermutlich gibt es nur eine Möglichkeit, den Mails von Xing zu entrinnen. Man muss seinen Computer anzünden, seinen Wohnsitz abmelden und Mönch in einem Himalaja-Kloster werden. Aber wer weiß? Vermutlich würde selbst dort nach einigen Jahren ein lächelnder tibetischer Postbote auftauchen mit einem Telegramm aus der Heimat. Und darin stünde dann, in dicken schwarzen Lettern: “Peter N. wartet noch immer auf Ihre Antwort.””

Schleichwerber, Selbstverletzer, Graslutscher

1. Journalismus im Ausverkauf
(dossier.at)
Die Redaktion von “Dossier” behauptet im Besitz von internen E-Mails zu sein, die belegen würden, dass die Tageszeitung “Österreich” regelmäßig Schleichwerbung verbreitet hat. Der Herausgeber der Zeitung, Wolfgang Fellner, hätte beispielsweise eine mehrwöchige Serie an redaktionellen Berichten über einen seiner größten Werbekunden veranlasst. Auch von Gefälligkeitsinterviews für Firmenchefs ist die Rede. Und den Unternehmen sei die Entscheidung überlassen worden, ob Sie „klassische Werbung“ oder doch lieber positive Berichterstattung kaufen wollten. Juristisch seien die aufgezeigten Fälle verjährt, doch Gegenwart und Zukunft sehen, was dies Thema anbelangt, laut “Dossier” düster aus: “Solange die Behörden das Gesetz so schlampig, wenn nicht gar fahrlässig vollziehen wie bisher, so lange wird das System Fellner funktionieren. So lange wird er in Österreich zu haben sein, der Journalismus im Ausverkauf, wie man auch anhand der Ausgabe vom 2. September 2016 vermuten kann.”

2. Chlorgasangriff auf Aleppo?
(blog.tagesschau.de, Michael Wegener)
In Aleppo soll es einen Chlorgas-Angriff des syrischen Regimes mit rund 80 Opfern gegeben haben. Die Tagesschau hat entsprechendes Bild- und Videomaterial gesichtet, es jedoch nicht verwendet. Im Blog erklärt Michael Wegener, warum man sich so entschieden hat und welcher technischen Mittel man sich bediene, um die Authentizität von Videomaterial zu prüfen.

3. Laut MOPO: Schweres ‚Sichselbstverletzen‘ aufgrund von ‚Übersehen‘
(inside-ottensen.de)
Das Stadtteilblog “Inside Ottensen” macht am Beispiel eines Berichts der “Hamburger Morgenpost” über einen Unfall auf ein verbreitetes Problem aufmerksam: Radfahrern würde in vielen Unfallberichten durch die Verwendung bestimmter Formulierungen unterschwellig eher die Schuld zugewiesen als Autofahrern.

4. Roland Tichy startet Monatsmagazin zum Meinungsportal
(horizont.net, Roland Pimpl)
Seit geraumer Zeit betreibt der ehemalige “Wirtschaftswoche”-Chef Roland Tichy die Internetseite “Tichys Einblick”, eine “liberal-konservative Meinungsseite” wie er sie nennt. Nun setzt der streitbare Publizist zum Sprung Richtung Print an. Im Oktober erscheint erstmals “Tichys Einblick” als Monatsmagazin mit einer Auflage von 70.000 Heften, zum Copypreis von 8 Euro für rund 100 Seiten. “Horizont”-Autor Roland Pimpl stellt die Frage, warum Leser Geld für ein paar Texte auf Papier bezahlen sollten, wo es doch auf Tichys Portal diese und noch viel mehr Beiträge gratis gebe. Der Herausgeber selbst spricht von einem “Fanartikel”, zum Sammeln oder zur Auslage im Ärzte-Wartezimmer. Pimpl dazu: “Betriebswirtschaftlich formuliert, will Tichy mit seinem Heft die hohe Zahlungsbereitschaft einer kleinen Zielgruppe für eine besondere Darreichungsform eigentlich kostenloser Inhalte abschöpfen.”

5. Media Startup Fellowship
(vocer.org, Thilo Kasper)
Das VOCER Innovation Medialab und das Media Lab Bayern starten gemeinsam ein neues Förderprogramm. Gesucht werden “innovative Teams, die Ideen für neue Medienangebote und Geschäftsmodelle in der Multichannel Distribution umsetzen wollen”. Die Gewinner des Auswahlverfahrens will man mit dem Media Startup Fellowship vier Monate lang mit 10.000 Euro, Mentoring, Business-Coaching und Workshops unterstützen. (Es geht um “Lean-Startup-Methoden”, um das Entwickeln einer Roadmap, “Insights in die Branche gebende Medien-Mentoren”, ein “Prototyping-Budget” und ein “Comitment”. Nur, ob auch ein Denglisch-Kurs enthalten ist, ist leider nicht ersichtlich. Und nicht vergessen: “Wenn ihr Technologie macht, habt ihr Coder dabei, macht ihr Content, kennt ihr euch im Storytelling aus.”)

6. Ich habe den Bericht über den veganen Selbstversuch im aktuellen SPIEGEL gelesen, damit Ihr es nicht tun müsst.
(graslutscher.de, Jan Hegenberg)
Der “Spiegel” hat in der aktuellen Ausgabe eine Reportage über vegane Lebensweise abgedruckt. Genauer gesagt war es ein Selbstversuch, bei dem Autorin Barbara Rupp sieben Tage auf Fleisch, Käse, Leder, Wolle, Milch und Honig verzichtet hat. Verbunden mit der Frage: “Und wenn wir alle Veganer wären? Wo kämen wir da hin?” Der Blogger und “Graslutscher” Jan Hegenberg hält das Ganze für eine “Aneinanderreihung absurd arrangierter Selbsterfahrungsberichte” und schlechter Recherche und kommt zu dem Schluss: “Jemand, der sich nach vier Tagen veganer Ernährung ernsthaft als besserer Mensch vorkommt, obwohl er laut eigener Aussage schon das Steak für die Zeit nach dem Versuch deponiert hat, der wirkt einfach vollkommen unglaubwürdig. Ihrer eigenen Projektion eines veganen Dummkopfes kann sie vermutlich einfach selbst wenig abgewinnen.”

Verfassungsschutz, Beschlagnahme, Symbolfoto

1. kontertext: Sautreiben.
(infosperber.ch, Felix Schneider)
In der “kontertext”-Kolumne hat Felix Schneider die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern zum Anlass genommen, an die Symbiose zwischen Politik und Medien zu erinnern. Die AfD hätte mit drei Themen gepunktet: Migration, Islam, Merkel. Alle drei seien tendenziell auch Hauptthemen in den Medien. Manchmal wäre es jedoch besser zu schweigen, so Schneider: “Wir brauchen einen Journalistenpreis, der nicht geschriebene Artikel und nicht gesendete Beiträge auszeichnet. Belohnt werden müsste, wer sich an der Burka-Debatte nicht beteiligt, wer Merkel nicht anschwärzt, wer nicht von der Flüchtlingskrise spricht. Das wäre, angesichts des ökonomischen und politischen Drucks, der auf den Medien lastet, schon viel, denn im Journalismus hat sich eine Ethik des Mitmachens etabliert: Dabei sein ist alles!”

2. DIE WELT begeistert durch schlagfertige Posts im Netz
(netzpiloten.de, Jennifer Eilitz)
Die Social-Media-Redaktion der “Welt” ist für ihren gewitzten und schlagfertigen Umgang mit Trollen und Hetzkommentaren bekannt. Im Interview erklärt Niddal Salah-Eldin (Head of Social Media) wie die “Welt” in Sachen Community-Management vorgeht: “Wir wollten Rassisten, Hetzern und Trollen nicht das Feld überlassen, sondern den Bereich zurückerobern. Wenn man Nutzer, die nur zündeln, provozieren und hetzen wollen, nicht Grenzen aufzeigt, vergiften sie das gesamte Klima. Das wollten wir nicht zulassen. Es ist nun mal so: Eine positive und vitale Community bekommt man nicht geschenkt, man kann sie auch nirgendwo kaufen – man muss sie sich verdienen. Jeder bekommt die Community, die er sich erarbeitet.”

3. Marilys Liste
(taz.de, Kaija Kutter)
Wie sich jetzt herausstellt, wurde die “taz”-Fotografin Marily Stroux 28 Jahre lang vom Hamburger Verfassungsschutz observiert. Woher man das weiß? Nun, sie hat über einen Anwalt nachfragen lassen, ob es beim Hamburger Verfassungsschutz eine Akte über sie gibt. Drei Jahre hat die Behörde gebraucht, um ihre Anfrage zu bearbeiten. Nun ist die Antwort da. Laut Verfassungsschutz sei Marily Stroux eine „bedeutende Person innerhalb der linksextremistischen Szene“. Stroux findet das gleichzeitig zum Lachen und zum Fürchten: „Das macht was mit mir. Ich fühle mich verfolgt.“

4. “Zeit Magazin Mann” haut opulent auf den Putz.
(turi2.de, Jens Twiehaus)
Jens Twiehaus hat sich den neuen Magazinableger der “Zeit” angeschaut. “Mann” heißt das Ganze und soll für 8,50 Euro je Exemplar mit einer Auflage von 60.000 Stück ans gleichnamige Zielobjekt gebracht werden. Der Luxus triefe auf allen Seiten, so Twiehaus: ““Mann” positioniert sich als Magazin, das bei seinen Lesern untenrum mit dem Sexappeal des Geldes für Bewegung sorgt.”

5. Türkische Behörden konfiszieren Deutsche Welle-Videomaterial
(dw.com, Martin Muno )
Die “Deutsche Welle” hat den türkischen Minister für Jugend und Sport in dessen Ministeriumsräumen interviewt. Dabei stellte Interviewer Michel Friedman auch Fragen zum vereitelten Putschversuch im Juli, zu den danach erfolgten Massenentlassungen und Verhaftungen, zur prekären Lage der Presse in der Türkei sowie zur Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft. Unmittelbar nach der Aufzeichnung des TV-Interviews hat ein Mitarbeiter des Ministeriums das Material beschlagnahmt. DW-Intendant Peter Limbourg dazu: “Das stellt einen neuen eklatanten Verstoß gegen die Pressefreiheit in der Türkei dar. Was wir hier erleben, erfüllt den Tatbestand der Nötigung durch die türkische Führung. Das hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun. Es darf nicht sein, dass ein Minister bereitwillig ein Interview gibt und dann auf derartige Weise dessen Ausstrahlung verhindern will, weil ihm die Fragen nicht gepasst haben. Wir fordern die türkische Seite zur unverzüglichen Herausgabe unseres Videomaterials auf. Zudem prüfen wir mögliche rechtliche Schritte.”

6. Fake-Foto bringt Stader AfD in Erklärungsnot
(ndr.de)
Die AfD Stade hat die Wahlkampfbroschüre zum Thema “Innere Sicherheit” mit einem schockierenden Bild illustriert. Darauf ist ein schwarzgekleideter Mann zu sehen, der mit dem massiven Holzstiel einer Fahne auf einen zu Boden stürzenden Polizist eindrischt. Die Jacke des Schlägers trägt den Schriftzug “Antifaschistische Aktion”. Die AfD Stade hat das Bild mit “Rechtsstaat am Boden” beschriftet. Wie sich nun erweist, stammt das Bild nicht von einem Polizeieinsatz in Stade, es stammt noch nicht einmal aus Deutschland. Das Foto zeigt Ausschreitungen bei Protesten in Griechenland und das Logo der “Antifaschistischen Aktion” wurde nachträglich per Photoshop ins Bild montiert. Darauf angesprochen argumentiert die AfD Stade, bei dem Bild habe es sich lediglich um ein “Symbolfoto” gehandelt.

Liveaufgezeichnet, Zuckerkram, Filterblasen

1. Die Sprachartisten vom Bayerischen Rundfunk
(fair-radio.net, Lennart Hemme)
In den Frühnachrichten bei Bayern 1 sollte alles klingen wie ein Live-Gespräch. Live war hier allerdings nur die Anmoderation, wie “Fair Radio” aufdeckt. In verschiedenen Nachrichtensendungen hätte derselbe Reporter “live” berichtet – mit derselben aufgezeichneten „Antwort“. Leider kein Einzelfall, das Ganze scheint System zu haben. Mit den Vorwürfen konfrontiert, versucht sich der Bayerische Rundfunk zunächst mit identischen Manuskripten herauszureden, doch die Analyse im Schnittprogramm beweist “alle Atmer, alle Pausen, alle Betonungen sind auf die Tausendstelsekunde identisch.”
UPDATE: Der Bayerische Rundfunk bestätigt nach Angaben von “Fair Radio” nun die Recherchen und spricht von einem Verstoß gegen Grundsätze. Man werde die Regeln “intern nochmals in Erinnerung rufen”.

2. Sind die Autoren so reich, dass sie ihr Geld verschenken können?
(wolfgangmichal.de)
Die VG-Wort trifft sich am Wochenende in München. Es geht um die Rückzahlung der Gelder, die laut Bundesgerichtshof zu Unrecht an die Verlage ausgeschüttet wurden. Die VG-Wort-Oberen wollen, dass die Autoren zugunsten der Verleger auf das Geld verzichten. Wolfgang Michal fehlt dafür jegliches Verständnis: “Es gehört nicht zu den Aufgaben der VG Wort, den Autoren berechtigte Vergütungsansprüche auszureden oder Verzichtsformulare aufzusetzen. Ginge es mit rechten Dingen zu, wäre es die Aufgabe der VG Wort, Irrtümer der Vergangenheit anzuerkennen und das den Verlagen unter Vorbehalt überwiesene Geld im Rahmen der üblichen Zahlungsfristen zurückzufordern. Dieses Vorgehen wäre die VG Wort den 179.000 Autoren schuldig. Stattdessen schlägt sie sich auf die Seite der Verlage und tut alles, um die Rückzahlung an die Autoren so schwer und langwierig wie möglich zu gestalten.”

3. “Mutterblues”-Autorin Silke Burmester: “Nur wenn du peinlich bist, bist du gut”
(kress.de, Anna von Garmissen)
Die vielen als “Kriegsreporterin” bekannte Silke Burmester hat kürzlich ihre Medienkolumne in der “taz” beendet. Nach sieben Jahren unermüdlichen Kampfs in einer “Branche der Schisser und Anpasser” hatte sie “keine Lust mehr, den Kopf hinzuhalten”. Nun hat sie ein Buch geschrieben. “Mutterblues” handelt vom Schmerz der Mütter, wenn das Kind aufhört Kind zu sein. Im Interview mit “Kress” erzählt sie, wie es zu dem Buch gekommen ist, über Schwierigkeiten und Vorteile ihrer journalistischen Tätigkeit und dem Konzept für ein neues Print- und Onlinemagazin, an dem sie gerade basteln würde.

4. US-Zeitungsverleger streichen “Zeitung” im Namen
(sueddeutsche.de)
Eine Meldung mit Symbolkraft: Der Verband der nordamerikanischen Zeitungsverleger, die “Newspaper Association of America”, benennt sich in “News Media Alliance” um. Grund sei die stark gesunkene Zahl von Zeitungen im Verband. Mit der Umbenennung öffne sich der Verband digitalen Portalen wie zum Beispiel “Buzzfeed”, “Mic” oder “Vice”.

5. “Fernsehwerbung kostet immer mehr”
(haz.de, Ulrike Simon)
Ulrike Simon hat mit einem mächtigen Kunden der Medienindustrie gesprochen. Uwe Storch heißt er und ist Mediachef des Süßwarenherstellers Ferrero. Sein Werbeetat für Nutella, Duplo, Mon Chérie, Tic-Tac und Co.: Mehr als 400 Millionen Euro und das jedes Jahr aufs Neue. Der überwiegende Teil entfalle dabei auf klassische TV-Spots. Fernsehen sei nach wie vor ein reichweitenstarkes Medium, hätte jedoch an Kraft verloren: “Wenn in absoluten Zahlen weniger und immer die gleichen Menschen den einzelnen Spot sehen, müssen wir entsprechend mehr Spots schalten, um die Reichweite stabil zu halten. Dadurch steigen unsere Kosten. Um es auf den Punkt zu bringen: Fernsehwerbung kostet immer mehr, leistet aber immer weniger.”

6. Von wegen Algorithmen: Unsere Filterblasen sind pure Handarbeit
(t3n.de, Mario Sixtus)
Mario Sixtus schreibt über das Filterblase genannte Phänomen, dass Internetseiten über spezielle Algorithmen dem Benutzer nur Informationen anzeigen, die mit den bisherigen Ansichten des Benutzers übereinstimmen und ihn in einer “Blase” isolieren würden. Sixtus sieht das Problem vor allem auf der anderen Seite des Bildschirms: “Weder Facebooks Sortier-Ranking „Edge“ noch Googles Versuche der individualisierten Ergebnisausgabe kleben die Filterblasen dicht. Die Bubbles sind pure Handarbeit. Algorithmen sind bislang schlicht zu dumm für die Herstellung solch filigraner Filtergebilde und werden das auf absehbare Zeit auch bleiben.”

Medienselbstkontrolle, Digitalradio, Kinderlied

1. Hinterher sind nicht alle schlauer
(faz.net, Ursula Scheer & Michael Hanfeld)
Vor einem Jahr, am 4. September 2015, öffneten Deutschland und Österreich ihre Grenzen für die Flüchtlinge. Mehr als eine Million Menschen kamen ins Land. Ursula Scheer und Michael Hanfeld lassen in der “FAZ” das vergangene Jahr Revue passieren und geben ihre Sicht auf die jeweilige Berichterstattung wieder, von der monatelangen wohlwollenden Berichterstattung bis hin zu Wegduckreflexen und Phasen der medialen Ernüchterung.

2. Twitter statt Presserat?
(de.ejo-online.eu, Susanne Fengler)
Susanne Fengler ist Professorin für internationalen Journalismus an der TU Dortmund und beschäftigt sich in einem längeren Artikel mit dem Thema Medienselbstkontrolle in Europa. Sie spricht sich im Eigeninteresse der Branche für Standards aus: “Was spräche dagegen, die Vergabe staatlicher und auch privater Anzeigenaufträge davon abhängig zu machen, dass die betreffende Redaktion einen Ethikkodex entwickelt, einen Newsroom-Blog installiert, einen Ombudsmann eingesetzt oder einen „Correction Button“ für die Nutzer installiert hat, kurz: sich in welcher Form und mit welchem Ergebnis auch immer um media accountability bemüht?”

3. Google gibt die Daten frei
(taz.de, Nina Monecke)
Der von Google gelöschte Blog des US-Autors Dennis Cooper geht wieder online. Allerdings nicht bei Google, sondern unter eigener Adresse. Google hatte den Blog ohne Begründung vom Netz genommen und den Google-Account mit 14 Jahren Mail-Verkehr gleich mit deaktiviert. Ein wochenlanger Rechtsstreit folgte. Nun will Google dem Schriftsteller seine Daten zuschicken. Bis Coopers Blog wieder vollständig sei, werde es noch ein wenig dauern. Zum Verhängnis soll Cooper übrigens ein Bild geworden sein, dass nach zehn Jahren von einem User als angeblich “kinderpornographisch” gemeldet worden war. Ein Vorwurf, den Cooper vehement abstreitet.

4. NZZ, (K)alter Krieg & die nützlichen Idioten 2016
(infosperber.ch, Jürgmeier)
“Infosperber”-Kolumnist Jürgmeier geht mit der “NZZ” ins Gericht. “Kalter Krieg” reloaded, übertitelt er seinen Artikel und schachtelsatzt dem Schweizer Traditionsblatt seine Kritik um die Ohren: “Wer jene, die im (durchaus nötigen) Kampf gegen islamistische & andere fundamentalistische Religionen beziehungsweise Ideologien auf gelebte Freiheit, Gleichheit & Brüderlichkeit (sowie Schwesterlichkeit) setzen, als «Anhänger einer Therapie- und Verständniskultur» diffamiert und ihnen «verblendete Wehrlosigkeit» unterstellt, greift zum einen auf die Kalte-Kriegs-Formel vom «nützlichen Idioten» zurück und beweist zum anderen, dass er oder sie nicht wirklich an die Kraft der so gern & oft beschworenen europäischen Werte der Aufklärung sowie der universellen Menschenrechte glaubt.”

5. Die Schwäche des Radios ist die Schwäche von DAB+
(dwdl.de, Hans Hoff)
Seit Jahren werde über das Digitalradio in Deutschland gestritten, doch woran liegt es, dass sich DAB+ einfach nicht durchsetzen will, fragt Hans Hoff in seiner neuen Kolumne. Es gäbe einige Kritikpunkte, doch Hoff sieht noch ein ganz anderes Problem: “Ich glaube ja, dass die Krux ganz woanders liegt, nämlich in der Tatsache, dass Radiomacher landauf, landab auf dem besten Wege sind, das Radio abzuschaffen, also zumindest das öffentlich-rechtliche mit Restbeständen von Anspruch? Sie sagen natürlich nicht, dass sie es abschaffen wollen. Sie richten es vielmehr still und leise zugrunde.”

6. Kann denn Singen Sünde sein?
(rp-online.de, Tobias Jochheim)
Zu Ehren ihres syrischen Mitschülers sangen die Erstklässler einer Volksschule im Hinterland von Salzburg ein arabisches Kinderlied. “FPÖ” und “Kronen Zeitung” erklärten die nette Geste zum Skandal, nutzten es für Stimmungsmache und forderten lautstark eine “Überprüfung des Vorfalls”. Tobias Jochheim weist in seinem Beitrag darauf hin, dass sich eine Überprüfung erübrige, denn der Lehrplan für Volksschulen sehe interkulturelle Bildung ausdrücklich als übergeordnetes “Allgemeines Bildungsziel” vor. (Wo “österreichische und ausländische Kinder gemeinsam unterrichtet werden”, seien “im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem jeweils anderen Kulturgut (…) insbesondere Aspekte wie Lebensgewohnheiten, Sprache, Brauchtum, Texte, Tradition, Liedgut usw. aufzugreifen”.) Hier ginge es um eine Form von aufgebauschter Skandalberichterstattung, bei der das Medienhaus und die FPÖ voneinander profitieren würden.

Live-Justiz, Aufmerksamkeitswellen, Cover

1. Live-Übertragung in Gerichten
(blog.tagesschau.de, Frank Bräutigam)
Die “FAZ” ist vor einigen Tagen unter der Überschrift “Recht im Zirkus” kritisch auf die Pläne für mehr Fernsehen im Gerichtssaal eingegangen. Reinhard Müller schrieb in seinem Kommentar: “Das wird zu einer Live-Justiz führen – mit Showmastern, Clowns und Opfern.” Der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam sieht das anders und erläutert im Blog der “Tagesschau”, worum es aus seiner Sicht wirklich geht.

2. Kölner Sonderrolle in der medialen Eskalationsspirale
(welt.de, Christian Meier)
“Welt”-Medienredakteur Christian Meier hat sich mit den Aufmerksamkeitswellen nach Terroranschlägen oder anderen Schreckensnachrichten beschäftigt. Das mediale Interesse hielte normalerweise nicht lange an. Es gebe aber auch Ausnahmebeispiele wie die Kölner Silvesternacht. Generell warnt Meier vor einer medialen Eskalationsspirale. Es bestünde die große Gefahr, dass Ereignisse überinterpretiert werden würden. “Die Beschäftigung mit den laufenden Herausforderungen unserer Gesellschaft findet mittlerweile 24/7 statt, ohne Atempause. Das wird so bleiben. Dennoch ist eine Einsicht nötig: Überfordern wir uns nicht.”

3. Zunehmende Einflussnahme Chinas
(reporter-ohne-grenzen.de)
Anlässlich der bevorstehenden Wahl zum Legislativrat in Hongkong fordert “Reporter ohne Grenzen” die Behörden der chinesischen Sonderverwaltungszone zu einer Kehrtwende in Sachen Medienpolitik auf. Zensur, willkürliche Lizenzvergaben und die Benachteiligung unliebsamer Medien hätten zu einem stetigen Verfall der Pressefreiheit geführt. „Die Selbstzensur in Hongkongs Medien entsteht nicht im luftleeren Raum: Medieneigentümer, Chefredakteure und wichtige Anzeigenkunden schaffen ein Klima der Einschüchterung gegen kritische Journalisten“, so ROG-Vorstandssprecher Rediske. Die Hauptverantwortung für die Repressalien liege jedoch bei der politischen Führung in Peking, deren unsichtbare Hand immer öfter in Hongkonger Redaktionen hineinregiere.

4. Vorwürfe gegen Asylzentrum Kreuzlingen entkräftet
(srf.ch)
Auf der Webseite des “Schweizer Radio und Fernsehen” (SRF) wird über einen bereits des Längeren bekannten Vorgang berichtet, der mittlerweile von offizieller Stelle untersucht wurde. Ein deutscher Journalist hätte sich im Asylzentrum Kreuzlingen als Asylsuchender ausgegeben. Später hätte er die Zustände in einem Zeitungsartikel kritisiert, worauf das Staatssekretariat für Migration die Vorwürfe untersuchen ließ. Der offizielle Schlussbericht entlaste das Sicherheitspersonal, gebe aber auch Empfehlungen, z.B. zur Weiterbildung des Sicherheitspersonals.

5. Kritische Fragen nicht mehr zeitgemäß
(taz.de, Ralf Leonhard)
Seit 45 Jahren gibt es in Österreich das sogenannte “Pressefoyer”, bei dem Kanzler und Vizekanzler der Presse für Fragen jeder Art zur Verfügung standen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat die Institution nun abgeschafft und will sie durch einen Blog ersetzen. Journalistengewerkschaft und Presseverbände würden die Entscheidung in einem gemeinsamen Kommuniqué bedauern, so Ralf Leonhard in der “taz”.

6. Lead Awards: Jury-Vorsitzender kritisiert Blattmacher
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Im Oktober werden wieder die Lead-Awards verliehen. In diesem Jahr sei es der Jury schwergefallen, überhaupt ein paar Magazin-Cover zu finden, die eine Nominierung verdient hätten. Im Haus der Photographie in Hamburg kann man sich auf 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche alle von der Lead Academy nominierten Arbeiten ansehen. Ulrike Simon hat sich den Jury-Vorsitzenden und ehemaligen “Tempo”-Chef Markus Peichl für einen Rundgang geschnappt. Von einer “mauen Auswahl” und “Notlösung” ist die Rede und von den eigentlich notwendigen Tugenden von Covermachern: „Mut. Unverfrorenheit. Selbstvertrauen“.

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