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Vom “Unwort des Jahres” zu einer Bedrohung für die Meinungsfreiheit

Seit 28 Jahren wird in Deutschland das “Unwort des Jahres” gewählt — sehr zum Gefallen der “Bild”-Zeitung, die seit vielen Jahren gerne darüber berichtet, oft sogar auf der Titelseite.

Ausriss Bild-Zeitung - Unwort des Jahres - Zum Unwort des Jahres 2009 hat eine Jury den Begriff betriebsratsverseucht gewählt. Ein Mitarbeiter einer Baumarkkette hatte das Wort im TV verwendet
(“Bild”, 2010, Titelseite)

Screenshot Bild.de - Gesellschaft für deutsche Sprache - Alternativlos ist das Unwort des Jahres 2010 - Es war Angela Merkels Kommentar zur Griechenland-Hilfe
(Bild.de, 2011)

Ausriss Bild-Zeitung - Döner-Morde ist das Unwort des Jahres
(“Bild”, 2012, Titelseite. Dass sie selbst zur Verbreitung des Begriffs beigetragen hatte, ließ die Redaktion natürlich lieber unerwähnt.)

Ausriss Bild-Zeitung - Schlecker-Frauen Unwort des Jahres?
(“Bild”, 2013, Titelseite)

Screenshot Bild.de - Aus über 1300 Einsendungen gewählt - Sozialtourismus ist Unwort des Jahres
(Bild.de, 2014)

Ausriss Bild-Zeitung - Lügenpresse ist Unwort des Jahres
(“Bild”, 2015, Titelseite)

Ausriss Bild am Sonntag - Jury sucht Unwort 2015
(“Bild am Sonntag”, 2016)

Ausriss Bild-Zeitung - Umvolkung und Rapefugee sind Favoriten - Endspurt für Unwort 2016
(“Bild Frankfurt”, 2017)

Ausriss Bild-Zeitung - Volksverräter Unwort des Jahres
(“Bild”, 2017, Titelseite)

Screenshot Bild.de - Jury aus Sprachwissenschaftlern hat entschieden - Alternative Fakten ist Unwort des Jahres 2017
(Bild.de, 2018)

Ausriss Bild-Zeitung - Unwort des Jahres 2017: Alternative Fakten
(“Bild”, 2018, Titelseite)

Auch über die jüngste Wahl zum “Unwort des Jahres 2018” hat “Bild” vor ein paar Tagen wieder berichtet. Diesmal aber mit einer, nun ja, leichten Änderung im Ton. Die Zeitung schreibt:

Ausriss Bild-Zeitung - Große Debatte um das Unwort des Jahres - Sprach-Polizei verordnet Deutschland Sagbarkeits-Regeln

Die Jury der sogenannten „Sprachkritischen Aktion“ aus Sprachwissenschaftlern hat die Formulierung „Anti-Abschiebe-Industrie“ von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (48) zum „Unwort des Jahres 2018“ gekürt – und löst damit kritisches Nachfragen aus.

Und zwar in erster Linie bei den Autoren des “Bild”-Artikels, Filipp Piatov und Ralf Schuler, die empört fragen: “Wer ist die Sprachpolizei überhaupt?” “Was hat die Sprach-Jury auszusetzen?” Und vor allem: “Wer soll das noch verstehen?”

“Niemand hat diese Jury legitimiert”, zitieren sie einen Sprachprofessor. Die Jury stehe “immer auf der sicheren Seite der politischen Korrektheit”. Diese ganze Sache sei “eine Farce”.

Man dürfe, so das bittere Fazit der “Bild”-Autoren, in diesem Land eben nicht mehr öffentlich sagen, was man möchte:

Nach der Kritik von Sport-Star Stefan Kretzschmar (45) diskutiert Deutschland, ob man eigentlich noch öffentlich sagen kann, was man möchte. Erkenntnis seit gestern: Ja, darf man. Es sei denn, es passt der Sprachpolizei nicht…

Über diese Kretzschmar-Sache hatte “Bild” schon in den Tagen davor groß berichtet:

Ausriss Bild-Titelseite - Darf man nicht mehr sagen, was man denkt? Die Debatte über Meinungsfreiheit geht weiter - was Prominente sagen

Die Antwort dürfte den “Bild”-Lesern spätestens seit dem “Unwort”-Artikel klar sein. Stichwort: Political Correctness! Stichwort: Sprachpolizei!

Jahrelang hielt die “Bild”-Zeitung die Wahl zum “Unwort des Jahres” für eine berichtenswerte Nachricht, sie widmete ihr prominente Plätze auf der Titelseite, machte regelrecht Werbung dafür: Diese Begriffe stehen zur Auswahl! So können Sie Vorschläge einreichen! Das sind die Gewinner!

… und auf einmal ist sie das Werk der “Sprachpolizei”, die mit ihrer “politischen Korrektheit” die Meinungsfreiheit in diesem Land einschränken will.

Ganz neu sind diese Argumente und Begrifflichkeiten freilich nicht. 2017 schrieb die AfD zum Unwort des Jahres, hier schwinge sich “eine Gesellschaft zur Sprachpolizei” auf. 2018 schrieb “Compact”: “Das Unwort des Jahres 2017 steht fest. Na, toll – und jetzt? Was soll dieser Zirkus eigentlich? Will uns die Sprachpolizei hier rhetorisch einnorden? Alles frei nach Orwell: ‘Wer die Sprache beherrscht, beherrscht das Denken?'” Und “Tichy’s Einblick” erklärte vor ein paar Tagen, die Wahl zum “Unwort” diene “Linksintellektuellen” lediglich dazu, “Andersdenkende lächerlich zu machen und zu diffamieren”. Überschrift: “Jährlich meldet sich die linke Sprachpolizei”.

Und “Bild” marschiert — mal wieder — munter mit.

Bild  

Heiligabend im Wandel der Zeit

2003, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Heute nur gute Nachrichten!

2005, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Heute nur gute Nachrichten

2008, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Bild schenkt Ihnen nur gute Nachrichten!

2009, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Heute gibt es nur gute Nachrichten

2011, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Heute gibt es nur gute Nachrichten

2012, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Heute nur gute Nachrichten

2015, Heiligabend unter Kai Diekmann:

Ausriss Bild-Titelseite - Heute nur gute Nachrichten

2018, Heiligabend unter Julian Reichelt:

Ausriss Bild-Titelseite - Vorwurf versuchter Totschlag - DSDS-Star prügelt Fan in Klinik

Warum “Bild” plötzlich gegen das Dschungelcamp hatet

Die “Bild”-Zeitung und das Dschungelcamp: lange Zeit das Traumpaar schlechthin. Sie liebten sich, warfen sich die Bälle zu, pushten sich gegenseitig, fast 15 Jahre lang.

So bekam “Bild” immer zuerst gesteckt, welche Kandidaten in den Dschungel ziehen würden (oder freiwillig aufgaben), erhielt exklusive Einblicke und Interviews mit den Teilnehmern. Im Gegenzug veranstaltete das Blatt während der Camp-Wochen immer ein gewaltiges Spektakel und machte gerade zum Beginn der Staffeln jede Menge Werbung für die RTL-Show, mit Schlagzeilen wie:

BILD-Titelschlagzeile: BILD enthüllt die geheime Dschungel-Bibel - Mitarbeiter dürfen nicht mit Promis sprechen, Handys sind verboten, Tarnkleidung ist Pflicht, Uhren müssen abgeklebt werden
Schlagzeile BILD.de: Heute geht's los! - Last-Minute-Wissen für Dschungel-Fans ... und die, die es noch werden wollen
Schlagzeile BILD.de: Dschungelcamp 2018 - Was Sie jetzt über die Kandidaten wissen müssen!
Schlagzeile BILD.de: BILD-Reporter exklusiv im Dschungelcamp
Schlagzeile BILD.de: Sonja Zietlow - Dschungel-Domina bloggt exklusiv bei Bild.de
Exklusive Fotos aus Australien - Hier starten die Dschungelcamper in den Busch!
BILD-Titelschlagzeile: Glückwunsch, RTL! Dschungel bricht alle Ekel-Rekorde
Schlagzeile BILD.de: Eklig und gut - Faszination Dschungelcamp - Warum lieben wir das Madenspektakel?
Schlagzeile BILD.de: Dschungelcamp 2013 - Dschungel gucken bei BILD.de!
Schlagzeile BILD.de: Die 10 geilsten Dschungelcamp-Momente

Doch in diesem Jahr ist alles anders.

Zum ersten Mal hat die “Bild”-Zeitung kein Team nach Australien geschickt. Und auch der Ton der Berichterstattung hat sich schlagartig geändert. Am vergangenen Dienstag titelte “Bild”:

BILD-Titelschlagzeile: BILD entlarvt ALLE schmutzigen Tricks beim Dschungel-Camp!

Darin listet das Blatt auf, wie viel hinter den Dschungel-Kulissen geschummelt wird, was im Camp alles “Fake” ist, und erklärt, dass die Show in Wirklichkeit für “Weicheier” sei:

Schlagzeile BILD: Weicheier Willkommen! So harmlos ist der RTL-Dschungel

“Diese Show lebt von der Illusion. Tatsächlich ist nichts, wie es scheint”, ätzen die “Bild”-Reporter, die in den Jahren zuvor noch so voller Liebe über das Format geschrieben hatten.

RTL schlug noch am gleichen Tag zurück und veröffentlichte in einer Pressemitteilung sämtliche Fragen von “Bild” und die eigenen Antworten gleich mit:

Die “BILD”-Zeitung kündigt in ihrer heutigen Ausgabe eine “große Enthüllungsserie” zum Dschungelcamp an. Wir “enthüllen” an dieser Stelle schon einmal den umfangreichen Fragenkatalog, den uns BILD dazu am Freitag gestellt hat — und unsere Antworten.

Bei “Bild” mussten sie sich daraufhin den Spott anderer Medien gefallen lassen. Nicht nur, weil RTL ihnen durch die Vorab-Veröffentlichung “in die Parade gefahren” war, sondern auch wegen des Inhalts des Fragenkatalogs. So schreibt “DWDL”:

Manche der Fragen geben ebenso wie einige Antworten durchaus Anlass zum Schmunzeln. Angesprochen auf ein Tempolimit auf dem TV-Gelände, erklärt RTL: “In ganz Australien gibt es Tempolimits.” Und auf die Frage, wie das aktuelle Verhältnis zu den Anwohnern sei, antwortet der Sender einsilbig: “Gut.” Daneben will “Bild” etwa wissen, ob australische Skorpione stechen können, was RTL bejaht. Und warum in der Crew-Bibel vor der Ausrutschgefahr gewarnt wird, kann “Bild” nicht so recht nachvollziehen. Hier klärt RTL auf: “Das Produktionsgelände befindet sich im Regenwald. Von daher kann es bei Nässe teilweise rutschig sein.”

Am Tag darauf legte “Bild” nach:

BILD-Titelschlagzeile: So täuscht RTL die Dschungel-Fans

Und am Tag darauf schon wieder:

BILD-Titelschlagzeile: Psycho-Tricks für die Quote - So fies manipuliert RTL im Dschungel-Camp

Und am Tag darauf, also heute, schon wieder:

BILD-Schlagzeile: RTL-Dschungelcamp liegt direkt neben Büro-Containern - Von wegen Wildnis!

Doch warum jetzt die plötzlichen Attacken auf den einstigen Kuschelpartner?

Nun, vor wenigen Wochen hat RTL seine Website (unter Führung eines ehemaligen “Bild”-Mannes) zu einem Boulevard-News-Portal umgebaut. Damit will die Mediengruppe auch und gerade den “Bild”-Medien Konkurrenz machen. Und war damit schon erfolgreich: Den Namen des neuen Freundes von Helene Fischer hatte die Website von RTL zuerst — die Website von “Bild” musste nachziehen. Auch bei anderen Promi-News musste sich “Bild” dem neuen RTL-Portal geschlagen geben.

Und derart in die Ecke gedrängt, verhält sich “Bild” eben nicht anders als ein wildes Tier im Dschungel.

“Bild” richtet Mittelfinger auf Unfallopfer

Kurz vor Weihnachten fuhr ein 20-Jähriger nahe Aachen (mutmaßlich mit stark überhöhter Geschwindigkeit) in das Auto einer Familie — die Mutter und ihre beiden Kinder starben noch am Unfallort. Zwei Mitfahrer des 20-Jährigen starben ebenfalls.

Doch das Schicksal der Menschen, die bei dem Crash völlig unverschuldet ums Leben kamen, interessiert ihn offenbar nicht.

… schrieb “Bild” gestern, denn:

Ausriss Bild-Zeitung - Marvin H. verursachte Crash mit fünf Toten - Er beleidigt die Opfer mit dem Mittelfinger
Screenshot Bild.de - Fünf Menschen sind tot, weil er ein illegales Rennen fuhr - Marvin zeigt allen den Mittelfinger

(Augenbalken von “Bild”, restliche Unkenntlichmachung von uns. Ob es ein illegales Rennen war, steht im Übrigen noch gar nicht fest.)

Doch das Foto hat er nicht etwa öffentlich gepostet oder an die Hinterbliebenen der Opfer gesendet, wie “Bild” in den Überschriften suggeriert — sondern privat per Whatsapp an Freunde geschickt.

Das erfahren aber nur zahlende Kunden, alle anderen müssen davon ausgehen, dass er den Mittelfinger “allen” zeigt oder gar gezielt “die Opfer beleidigt”. Schaut man sich die Facebookseite von “Bild” an, wird auch klar, dass viele Leser es genau so verstanden haben: Dass er das Foto öffentlich gepostet oder sogar direkt an die Hinterbliebenen geschickt hat. Und dann malen sie sich aus, auf welche Weise sie ihn foltern und ermorden würden, und fragen, ob jemand die Adresse des Krankenhauses hat, damit man die Sache selbst in die Hand nehmen könne.

Dass “Bild” dieses Foto aus einem privaten Chat veröffentlicht, ist übrigens auch insofern bemerkenswert, als “Bild”-Chef Julian Reichelt erst vor wenigen Tagen im Zuge der “Hacker”-Berichterstattung sagte:

Dass wir dabei auch höchst private Daten bis zu Familienfotos oder privaten Chats sichten müssen, gefällt uns selbst nicht. Nutzen werden wir solche sensiblen Daten aber in keinem Fall, nicht jetzt und nicht in Zukunft.

Mit Dank an Feli D. für den Hinweis!

What the Hack!

Über den Diebstahl der Daten von deutschen Politikern und Medienschaffenden war noch kaum etwas bekannt, da hatte “Bild” schon einen Verdacht.

Normalerweise ist das eine Methode der Hacker des russischen, auf Cyberkrieg spezialisierten Militärgeheimdienstes GRU.

Als Urheber oder Unterstützer kämen Staaten wie Russland und China infrage, hieß es zunächst. Besonders Russland steht im Verdacht, seit Jahren massiv Hackerangriffe auf Deutschland zu befehlen. Auch ein Zusammenwirken Russlands mit rechtsextremen deutschen Gruppen sei nicht auszuschließen.

Dass ausgerechnet keine Daten der rechtspopulistischen und kremlnahen AfD veröffentlicht wurden, könnte laut Gaycken auch eine falsche Fährte sein, um die Hintermänner der Attacke im russischen Sektor zu verorten. Oder eben ein Hinweis auf die Beteiligung russischer Kräfte im Hintergrund.

Bei russischen Geheimdiensten heißt solches Material “Kompromat” — Erpressungs-Material.

Dritte Spur: der russische Militärgeheimdienst GRU. Putins Cyberkrieger hackten sich bereits ins Bundestagsnetz. Reste dieser Angriffe könnten jetzt für den erneuten Daten-Angriff genutzt worden sein

Schon 2017 warnte General Michael Hayden, Ex-Direktor der CIA, in BamS vor Hacker-Attacken aus Russland: “Ihr Deutschen solltet euch Sorgen machen!”

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Auch Politik-Redakteur Julian Röpcke kam schon früh auf Russland zu sprechen:

Screenshot eines Tweets von Julian Röpcke: You didn't see me using the word Russia so far as there is no evidence for its involvement so far. But what I can say is that hackers needed months if not years to collect, inspect, categorize and describe the leaked data, pointing at a group of high professionalism.

Die Sprecherin des Chaos Computer Clubs, Constanze Kurz, widerspricht Röpcke heute in der “FAZ”: Es gebe “kaum Indizien dafür, dass es sich um einen großen Hack handeln könnte. Auch deutet nichts darauf hin, dass die Verantwortlichen mit besonderer technischer Expertise vorgegangen wären.”

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Röpcke ist bei “Bild” einer der Hauptautoren in dem Fall, atemlos schreibt und twittert er seit Tagen darüber. Schon wenige Stunden nach Bekanntwerden behauptete er:

Screenshot eines Tweets von Julian Röpcke: The leaked data, which was illegally collected until October 2018 and released December 2018, but just found now, is still publicly available. I searched through it 5 hours last night, read maybe three percent of it and already found cases of corruption and bad political scandals.

Doch selbst heute, über drei Tage später, ist immer noch unbekannt, welche “cases of corruption” und “bad political scandals” Röpcke da entdeckt haben will. Oder ob er sich das einfach nur ausgedacht hat. Das Wort “corruption” nahm er später zurück und ersetzte es durch “nepotism”. Belege bleibt Röpcke aber bis jetzt schuldig. In der gedruckten Ausgabe vom Samstag widersprach ihm selbst das eigene Blatt. Auf die Frage “WIE BRISANT IST DAS MATERIAL?” antwortete “Bild”:

Nach erster Einschätzung sind keine Skandal-Akten dabei.

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Röpckes größter scheinbarer Scoop erschien gestern bei Bild.de:

Screenshot Bild.de - Cyber-Alarm in Deutschland - Die Spur der Hacker - Exklusiv! Bild-Recherchen enthüllen brisante Details

“Bild” habe “Unglaubliches” recherchiert, heißt es da:

BILD-Recherchen führen nun zu einem Hacker, der wahrscheinlich der Urheber der Twitter-Profile [von denen die Daten veröffentlicht wurden] ist.

Doch das, was dann “nach BILD-Informationen” und “laut BILD-Recherchen” “exklusiv” folgt — vieles davon stand mehr als einen Tag zuvor bereits bei “RT”. Darunter auch der Name des “Hackers, der wahrscheinlich der Urheber der Twitter-Profile ist”, die Namen der Plattformen, auf denen er aktiv sein soll, der Name der Person, deren Profilbild er verwendet, und so weiter. Ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang sieht.

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In ihren Artikeln liefern Röpcke und “Bild” dabei immer so viele Details und Screenshots zu den veröffentlichten Daten und den Seiten, auf denen sie veröffentlicht wurden, dass es für die Leserschaft ein Leichtes ist, sie selbst zu finden. Heute schreibt “Bild”:

Allein eine Datei mit dem Namen […] wurde seit Sonntag mehr als 3000 mal aufgerufen. Hinter ihr verbergen sich funktionierende Links zu mehr als 1000 Datensätzen von Politikern und Prominenten. Es ist davon auszugehen, dass sich am Sonntag und Montag abermals Hunderte die illegal erbeuteten Informationen auf ihre Rechner herunter luden.

Kein Wunder. Dank “Bild” wussten sie genau, wonach sie suchen mussten.

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Der größte Witz zum Thema aber kam mal wieder vom “Bild”-Chef persönlich:

Wie geht Bild mit den Daten um? Bild-Chef Julian Reichelt: Es geht um enorme Mengen von Daten, die offensichtlich mit der Absicht verbreitet werden, Politiker als angreifbar, korrupt oder unanständig darzustellen. Dennoch gehört zu unserem journalistischen Auftrag, das Material zu sichten und auszuwerten - nicht in Bezug auf moralische Verfehlungen, sondern mit Blick auf mögliche strafbare Handlungen, illegale Absprachen oder Bestechlichkeit. Das ist unsere Pflicht als freies Medium. Dass wir dabei auch höchst private Daten bis zu Familienfotos oder privaten Chats sichten müssen, gefällt uns selbst nicht. Nutzen werden wir solche sensiblen Daten aber in keinem Fall, nicht jetzt und nicht in Zukunft.

Mit Dank an Moritz H., Michael E. und Benno S.!

Nachtrag, 8. Januar: Heute hat das BKA einen Verdächtigen festgenommen. Es ist nach ersten Erkenntnissen kein russischer Militärgeheimdiensthackerspion, sondern ein 20-jähriger Schüler aus Mittelhessen.

Muslimische Wölfe sofort abschieben! Das Jahr in “Bild”

2018 war kein schönes Jahr für die “Bild”-Zeitung. Sie wurde von der “Titanic” blamiert, musste Jörg Kachelmann Hunderttausende Euro zahlen, wurde neun Mal öffentlich vom Deutschen Presserat gerügt und musste auf der Titelseite eine Gegendarstellung ihrer geliebten Helene abdrucken.

Das Schlimmste aber, und das wird selbst an den Chefetagen nicht spurlos vorbeigegangen sein, waren die Verkaufszahlen. Laut IVW war die letzte Auflagenmeldung von “Bild” die schlechteste seit 64 Jahren. Schon im ersten Quartal dieses Jahres war die verkaufte Auflage um fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen.

Darum musste sich “Bild” dieses Jahr in besonderem Maße auf alte Stärken besinnen. Ein kleiner Rückblick.

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Das Tier des Jahres

Der Wolf. Das Lamm. Und die ewig grausame Geschichte von Tod und Verderben.

Hurz!

Stellte sich später heraus, dass es doch kein Wolf war, ließ “Bild” das natürlich unerwähnt.

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Das Geschlecht des Jahres

Von den “Gewinnern” des Tages auf der Titelseite waren über 80 Prozent — Männer.

Auch von den Verlierern waren über 80 Prozent männlich. Selbst Tiere und Gegenstände tauchten in dem Ranking häufiger auf als Frauen.

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Die Religion des Jahres

Gehen wir doch mal die großen durch. Also. Hinduismus: kam in der Print-“Bild” in diesem Jahr genau einmal vor. Der Buddhismus kam immerhin auf zwei Erwähnungen. Das Judentum kam auf sieben, das Christentum auf 28. Der Islam auf 266.

Und anders als bei anderen Religionen sind beim Islam für “Bild” nur zwei Gefühlsrichtungen zugelassen: Angst und Empörung. Das war auch 2018 nicht anders, und relativierende Fakten blieben dabei selbstverständlich unbeachtet.

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Der Skandal des Jahres

Über 800 Mal hat “Bild” in diesem Jahr das Wort “Skandal” gedruckt, am größten und empörtesten im Frühjahr — beim großen:

Auch “BAMF-Skandal” genannt. BAMF, ihr wisst schon, diese von einer “Skandal-Chefin” geleitete und mit “Skandal-Akten” vollgestopfte “Skandal-Behörde”.

Und als ein paar atemlose Wochen später herauskam, dass der Fall nicht mal ansatzweise so wild war, wie von “Bild” dargestellt, war das der Redaktion wie viele Titelschlagzeilen wert? Genau.

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Der Experte des Jahres

Brauchte “Bild” in diesem Jahr ein knackiges Zitat, war einer sofort zur Stelle:

Prof. Michael Wolffsohn (München) spricht aus, was vielen schwerfällt: “Trump, über den viele lachen, hat mit seiner Strategie mehr erreicht als seine Vorgänger.”

Ob zu Trump, zu Putin, zur Bundeswehr, zum ZDF — das ganze Jahr über versorgte der “Publizist und Historiker” (je nach Bedarf auch mal “Bundeswehr-Historiker” oder “Hochschullehrer des Jahres”) Michael Wolffsohn die “Bild”-Redaktion zuverlässig mit “deutlichen Worten”, auch und am liebsten zu hochkontroversen Themen. Und praktischerweise war er dabei immer einer Meinung mit “Bild”.

Als “Bild” sich darüber beklagte, dass Deutschland sich nicht genug gegen die Gasangriffe in Syrien einsetze, beklagte sich auch Michael Wolffsohn über die “bundesdeutsche Drückebergerei”:

Wolffsohn: “Auf der einen Seite hören wir seit Jahrzehnten ‘Nie wieder Auschwitz!’. Über die damals von deutschem Gas Ermordeten wird heute in Deutschland geweint, gegen die jetzige Auschwitz-Variante wird nichts getan.”

Als “Bild” sich über den Rassismus-Vorwurf von Mesut Özil empörte, empörte sich auch Michael Wolffsohn:

Als “Bild” mit einer Kampagne für Friedrich Merz als CDU-Vorsitzenden kämpfte — Michael Wolffsohn kämpfte mit:

(Fazit: “Den größten Respekt hätten die mächtigsten Machos der Welt vermutlich vor Friedrich Merz.”)

Als “Bild” sich über eine antisemitische Karikatur in der “Süddeutschen Zeitung” echauffierte, wetterte auch Wolffsohn:

Als Michael Wolffsohn dann im Herbst einen Preis von einer Stiftung bekam, ließ die “Bild”-Zeitung im Gegenzug eine Meldung auf der Titelseite springen — und kürte Wolffsohn ein paar Wochen später, Überraschung: zum “Gewinner” des Tages.

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Das Kleidungsstück des Jahres

Socken: 53 Erwähnungen.
Pullover: 70 Erwähnungen.
Bikini: 90 Erwähnungen.
Unterhose: 50 Erwähnungen.

Kopftuch: 133 Erwähnungen.

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Der Irrsinn des Jahres

Das zentrale Thema der wochenlangen Hysterie: Ausländer. Kriminelle Ausländer. Und was alles passieren könnte, wenn wir da nicht sofort etwas tun, und zwar: “Abschieben!”

Wenn sich dann herausstellte, dass sie falsche Vorwürfe verbreitet hatte, gab sich die Redaktion große Mühe, die Korrektur möglichst gut zu verstecken. Oder brachte erst gar keine.

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Das Gefühl des Jahres

… beschreiben die “Bild”-Leser am besten selbst:

Aber kein Wunder, konnten sie doch ein weiteres Jahr Tag für Tag lesen, dass wir überschwemmt werden von Terroristen und Kindsmördern, und dass uns, wenn wir uns nicht bald zur Wehr setzen, die kriminellen Ausländer mit Sicherheit alle umbringen. Wenn uns bis dahin nicht schon die Wölfe gefressen haben.

Nachtrag, 27. Dezember: Der Vollständigkeit halber: Auch wenn in der Collage im Abschnitt “Die Religion des Jahres” ein Beispiel mit “Islamismus” zu sehen ist — bei den 266 Nennungen handelt es sich tatsächlich nur um Nennungen des Wortes “Islam”. Schon klar: Wenn man nach “Islam” sucht, findet man in den Ergebnisse auch Treffer wie “Islamismus” (da steckt ja schließlich die Buchstabenkombination “Islam” drin). Diese Treffer haben wir allerdings nicht mitgezählt.

“Bild” am Rande des Merzinfarkts

Morgen wird darüber abgestimmt, wen die CDU als neuen Vorsitzenden oder neue Vorsitzende haben will. Wen die “Bild”-Zeitung als neuen CDU-Vorsitzenden haben will, steht längst fest.

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In den vergangenen Jahren war es bei “Bild” ziemlich ruhig geworden um Friedrich Merz. Hin und wieder packte die Redaktion nochmal die Steuererklärung-auf-einem-Bierdeckel-Sache aus oder entdeckte Merz “schlank und braun gebrannt” am Rande irgendeiner Veranstaltung, sonst aber trat der CDU-Mann in der “Bild”-Zeitung kaum in Erscheinung.

Bis vor ein paar Wochen. Am 29. Oktober, keine halbe Stunde nach den ersten Gerüchten zu Angela Merkels Rückzug als Parteichefin, meldete “Bild” exklusiv:

“Bild” hatte es — vor allen anderen — “aus dem Umfeld von Friedrich Merz” erfahren.

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In der Print-Ausgabe stellte “Bild” am nächsten Tag die Runde der potentiellen Nachfolger vor. An erster Stelle: Friedrich Merz.

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Am nächsten Tag: der Kandidaten-Check. Oder eher: die Verteilung der Labels. Jens Spahn? Der Homosexuelle. Annegret Kramp-Karrenbauer? Die mit dem Doppelnamen. Friedrich Merz? Der Millionär.

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Am nächsten Tag: Titelseite.

Und im Innenteil, nahezu James-Bond-haft:

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Am nächsten Tag:

Auf der gleichen Seite widmete die Redaktion dem Mozart-Messias noch zwei weitere Schlagzeilen (Jens Spahn bekam immerhin eine):

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Am nächsten Tag: noch ein Kandidaten-Check.

Fazit zu Kramp-Karrenbauer?

Konservatives Familienbild und hartes Durchgreifen, Recht und Ordnung bei Migranten. AKK will keine “Mini-Merkel” sein!

Fazit zu Spahn?

Geförderte auch gefordert werden, Spahn will wirtschaftsliberale Politik, Leitkultur, Recht und Ordnung. Wie Merz ist Spahn der Anti-Merkel.

Fazit zu Merz?

Klare Kante, klare Worte, eigene Meinung! Merz war und ist DER Gegenentwurf zu Kanzlerin Angela Merkel.

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Am nächsten Tag:


Außerdem eine Umfrage. “Wen würden die Deutschen zum CDU-Chef wählen?” Tada:

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Zwei Tage später:

Antwort: Doch, hätte es wohl, aber fragen kann man ja mal.

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In der nächsten “Bild am Sonntag”:

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Am nächsten Tag:

Selbst die Klatsch-Seite schenkte ihm ein paar Zeilen:

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Zwei Tage später:





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Und damit war sie entfacht, die …

Doch “Bild” erklärte die Debatte kurzerhand zu einer “Neiddebatte”, und “Bild”-Kommentatoren forderten:

Wir sollten Friedrich Merz nicht daran messen, was er verdient, sondern daran, ob er die Sorgen und Nöte der Menschen hören und verstehen kann! Das ist es, was wirklich zählt.

Und damit war sie dann schon wieder beendet, die “große Debatte um Millionär Merz”.

Außerdem: So abgehoben ist der ja gar nicht!

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Und so stellte “Bild” weiter die naheliegenden Fragen:

Ergebnis des Experten: “Den größten Respekt hätten die mächtigsten Machos der Welt vermutlich vor Friedrich Merz.”

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Wenig später sprachen die drei Kandidaten Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn auf einer Veranstaltung in Baden-Württemberg. Schlagzeile?

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Kurz darauf veröffentlichte “Bild am Sonntag” eine große Übersicht, auf der aufgelistet wurde, für welchen Kandidaten die 1001 CDU-Delegierten stimmen wollen. Deutlicher Favorit der Befragten: Friedrich Merz.

Noch am selben Tag erklärten einige der Delegierten, sie hätten überhaupt nicht mit “Bild am Sonntag” gesprochen.

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Doch die “Bild”-Medien sind in diesen Wochen nicht nur bemüht, die vermeintliche Popularität, die angeblichen Vorzüge und Stärken ihres Wunschkandidaten hervorzuheben, sondern auch seine möglichen Schwachpunkte zu entkräften.

Als Merz etwa mit einer Lobbyisten-Firma in Verbindung gebracht wurde, die für Saudi-Arabien arbeitet, veröffentlichte “Bild am Sonntag” sogleich ein Statement, in dem Merz beteuerte, er habe “keinerlei Kontakte nach Saudi-Arabien” und auch “keine Gespräche angebahnt oder anbahnen lassen.”

Auch was die Firma BlackRock angeht (“Bild”: die “größte Investmentfirma der Welt!”), für die Merz als Aufsichtsratsvorsitzender und Lobbyist tätig ist, versicherte “Bild” immer wieder, dass da natürlich alles mit rechten Dingen zugehe:

Der ehemalige Unions-Fraktionschef FRIEDRICH MERZ (62) arbeitet für eine renommierte Kanzlei und ist Cheflobbyist des deutschen Ablegers von “BlackRock”. Anders als oft behauptet, ist “BlackRock” kein Unternehmen, das SPD-Legende Müntefering “Heuschrecke” nennen würde. Sein klassisches Geschäftsmodel ist also nicht, Unternehmen zu kaufen, zu zerschlagen und mit Gewinn weiterzuverkaufen. Die größte Investmentfirma der Welt hält aber eine beträchtliche Anzahl von Aktien an Dax-Konzernen.

(“Bild”, 31.10.2018)

“BlackRock ist eine Vermögensverwaltung”

Merz weiß um das (falsche) Image seines bisherigen Arbeitgebers BlackRock als “Finanzhai” und “Heuschrecke”. Menschen vertrauen dem größten Vermögensverwalter der Welt ihr Geld an; es ist kein aggressiver Fonds. Trotzdem: Diese Flanke wird noch öfter attackiert werden.

(“Bild”, 1.11.2018)

Und selbst wenn bei dem Unternehmen was verdächtig ist, heißt das ja nicht, dass auch bei Merz was verdächtig ist:


(“Bild”-Titelseite, 8.11.2018)

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Gestern dann, auf Seite 2 der Bundesausgabe:

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Und heute, einen Tag vor der Abstimmung beim CDU-Bundesparteitag in Hamburg:

(Merz natürlich mit Heiligenschein, die anderen ohne.)

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Und was haben die “Bild”-Medien davon, dass sie sich so für Friedrich Merz ins Zeug legen?

Merz klickt sich gut, das beobachtet man in der Redaktion. Und wenn sich ein Thema gut klickt, dann wird nachgelegt.

schrieb die “taz” vor ein paar Tagen. Doch für “Bild” geht es nicht nur um Klicks oder um Auflage, es geht um viel mehr: Wenn Merz morgen gewinnt, steht er in der Schuld von “Bild”. Dann kann der Chef der “Bild”-Zeitung jederzeit zum Chef der CDU sagen: “Ohne uns wärst du nicht da, wo du bist. Wir haben was gut bei dir.” Kein besonders beruhigender Gedanke.

Woher kam der Mega-Hype um Sturm-Juwel Super-Fiete?

Screenshot Bild.de: 13 Monate kein Tor, nur Stürmer Nr. 3 - HSV Talent Arp zu früh hochgejubelt
(“Bild”, gestern)

Ja, Mensch, wer macht denn sowas?

Screenshot Bild.de: HSV-Fiete ganz groß
(“Bild”, 05.11.2017)

Der Junge ist rich­tig gut. Zu gut für den HSV? Ham­burgs Sturm-Ju­wel Fiete Arp (17) dreht bei der U17-WM in In­di­en auf.

(“Bild”, 17.10.2017)

Jann-Fiete Arp heißt der Stürmer, mit dessen Talent Hamburg seit vielen Jahren niemand Vergleichbaren mehr gesehen hat. Experten sagen ihm eine ganz große Karriere voraus.

(“Bild”, 06.11.2017)

HSV-Idol über Sturm-Juwel – Hrubesch adelt Arp: „Fiete wird ganz oben ankommen

(“Sport Bild”, 02.01.2018)

Ein Bubi als Hoffnungstäger – Nur Trainer Gisdol lässt sich nicht vom Arp-Hype anstecken

(“Sport Bild”, 18.11.2017)

Screenshot Bild.de: Jetzt gibt der HSV Vollgas bei Super-Fiete
(“Bild”, 17.05.2017)

Noch in dieser Woche soll geklärt werden, ob HSV-Sturmjuwel Fiete Arp (18) zu den Bayern wechselt.

(“Bild”, 18.7.2018)

Nach seinem spektakulären Einstand im Herbst 2017 mit zwei Toren in den ersten drei Spielen entwickelte sich ein Mega-Hype um das HSV-Eigengewächs

(“Bild”, 27.2.2018)

Screenshot Sportbild: "Super-Bubi Arp: Erst die WM gewinnen, dann die HSV retten"
(“Sport Bild”, 19.10.2017)

Wende beim größten HSV-Juwel!

(“Bild”, 20.7.2018)

18-jähriges Supertalent – Für den HSV: Arp verzichtete auf 8,5 Mio.

(“Sport Bild”, 23.8.2018)

Screenshot Sportbild: Kampf um HSV-Juewel! Chelsea will Top-Talent Arp
(“Sport Bild”, 12.05.2017)

Für das HSV-Sturmjuwel ist die Partie eine ganz besondere.

(“Bild”, 13.8.2018)

Verliert der HSV nach dem Abstieg sein größtes Juwel an Bayern München?

(“Bild”, 8.3.2018)

Screenshot Bild.de: Super-Fiete: HSV will sofort verlängern!
(“Bild”, 4.11.2017)

Warum das HSV-Juwel Chelsea absagt

(“Bild”, 2.8.2017)

Hamburgs Sturm-Juwel wird seinen bis 2019 laufenden Kontrakt beim HSV nicht verlängern.

(“Bild”, 17.5.2018)

Screenshot Bild.de: Erst Mathe-Abi, dann Werder-Finale - Die Wahnsinns-Woche von HSV-Juwel Arp
(“Bild”, 2.5.2018)

Mit Dank an @WarnenUndMahnen für den Hinweis!

Bild, Bunte  etc.

Bei Schumi nichts Neues

“Wissen Sie, gerade wenn man krank ist, braucht man die Geborgenheit der Familie und Schutz vor Öffentlichem”, sagt Erzbischof Georg Gänswein. Darum würde er “niemals etwas Privates, Vertrauliches” von seinem Besuch bei Michael Schumacher erzählen.

Außer natürlich, die “Bunte” ruft an.

Ausriss Bunte-Titelseite: Exklusiv-Interview - Georg Gänswein - Mein Besuch bei Michael Schumacher - Ich hielt ihn bei den Händen - Man erkennt ihn sofort wieder - Er spürt, dass wir an ihn denken

Oder die “Bild”-Zeitung.

Ausriss Bild-Titelseite: Deutscher Priester hielt Schumis Hände! - Sie waren warm - Ich zeichnete ein Kreuz auf seine Stirn - Man spürt, dass er Begegnungen wahrnimmt

Nun ist es eine Sache, solche Details — von denen die Redaktionen genau wissen, dass Schumachers Familie nicht möchte, dass sie an die Öffentlichkeit gelangen — sofort auf der Titelseite zu drucken. Oft rechtfertigen Medien solche Veröffentlichungen damit, dass Schumacher ja eine öffentliche Person sei, und die Öffentlichkeit somit ein Recht habe zu erfahren, wie es ihm geht.

Bloß liefern die Details in diesem Fall gar keine Antwort auf diese Frage. Denn Gänsweins Besuch fand, wie man sowohl bei der “Bunten” als auch bei “Bild” erst beim Blick in den Innenteil erfährt, nicht vor ein paar Tagen statt oder vor ein paar Wochen, sondern vor zweieinhalb Jahren.

Die Details, die der Erzbischof verrät, sind also nicht nur nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sie sind nicht mal aktuell.

Und trotzdem springen alle auf:

Collage aus Schlagzeilen: Bischof besuchte Michael Schumacher zuhause - Erzbischof spricht über Besuch: Therapeut brachte Michael ins Wohnzimmer - Erzbischof Gänswein berichtet von Besuch bei Michael Schumacher: Sein Gesicht ist fülliger geworden - Erzbischof durfte Schumacher besuchen: Ein Therapeut brachte Michael ins Zimmer - Erzbischof spricht über Begegnung mit Michael Schumacher - Bischof besuchte Michael Schumacher zuhause - Erzbischof Gänswein spricht über Besuch bei Michael Schumacher - Erzbischof Gänswein besuchte Schumi: Fasste ihn an den Händen - Papst-Vertrauter Gänswein: So war mein Besuch bei Michael Schumacher - Erzbischof berichtet von Besuch bei Michael Schumacher - Neue Details - Erzbischof traf Schumi: Man spürt, dass er einen inneren Dialog führt - Erzbischof über Schumacher: Ich saß ihm gegenüber - Erzbischof über Besuch bei Michael Schumacher: So sieht der Formel-1-Champion jetzt aus

Viele Medien deuten die Aussagen Gänsweins nun als Zeichen der “Hoffnung”. “Jetzt gibt es Worte, die Hoffnung machen”, schreibt etwa “DerWesten”. Die “Bunte” selbst schreibt:

Nach dem, was er BUNTE erzählt hat, geht es Michael Schumacher aber deutlich besser, als viele glauben.

Wenn man einem Journalisten, der fragt, wie das Wetter in München ist, antwortet: “Also vor zweieinhalb Jahren schien die Sonne”, wird er einen nur blöd angucken. Wenn es um Michael Schumacher geht, gelten andere Regeln.

Klartext-Klartext über Ausländer

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat vor Kurzem entschieden, dass ein in Deutschland aufgewachsener Türke, der vor sechs Jahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde, ausgewiesen werden muss. Der Mann hatte auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis geklagt, doch das Gericht lehnte seinen Antrag ab.

Der Täter, so das Gericht, zeuge “von einem archaischen Frauenverständnis”, das mit dem deutschen Grundgesetz “nicht in Einklang zu bringen” sei. Die Ausweisung erscheine erforderlich, “um andere Ausländer in vergleichbarer Situation von ähnlichen Delikten abzuhalten.”

Oder in den Worten von “Bild”:

Ausriss Bild-Zeitung - Richterin spricht Klartext-Urteil des Jahres - Vergewaltiger wird zur Abschreckung in die Türkei abgeschoben, weil sein Opfer für ihn eine Schlampe war

Denn bei “Bild” ist das so: “Klartext” ist alles, was gegen Ausländer spricht.

Wenn ein Politiker sagt: “Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer!” Oder: “Das läuft mit den Ausländern falsch!” — dann ist das: “Klartext”.

Collage aus mehreren Bild-Schlagzeilen: Deutschlands mutigster Oberstaatsanwalt - Die Wahrheit über kriminelle Ausländer, Dauer-kriminelle Ausländer ausweisen! Das fordert Deutschlands mutigster Oberstaatsanwalt, Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer, Deutschlands klügster Kopf redet Klartext: Das läuft mit den Ausländern falsch

Wenn eine Schulleiterin sagt, ihre Klassen seien “arabisiert”, dann spricht sie “Klartext”.

Ausriss Bild-Zeitung - Eine Schulleiterin und ein Richter sprechen Klartext - Astrid-Sabine Busse (61) über ihre ersten Klassen - Wir sind hier an der Front. Wir sind arabisiert

Wenn ein Richter zu einer ausländischen Familie sagt:

Screenshot Bild.de - Richter Robert Grain (52) zu einer syrischen Familie - In Ihrer Kultur hat die Frau einen geringeren Stellenwert. Das ist bescheuert

… dann redet er: “Klartext”.

Wenn ein Richter zu einem straffälligen Ausländer sagt:

Screenshot Bild.de - Richter rechnet mit straffälligem Flüchtling ab - Wenn es bei uns so sch... ist, warum sind Sie dann hier?

… dann ist er ein: “Klartext-Richter”.

Wenn Hillary Clinton Angela Merkel rät, die Einwanderung nach Europa einzuschränken, dann ist das eine: “Klartext-Botschaft”.

Screenshot Bild.de - Klartext-Botschaft - Clinton empfiehlt Merkel weniger Einwanderung

Wenn eine Polizistin fragt: “Warum wird ein Marokkaner, der eine Frau vergewaltigt, nicht abgeschoben?” Dann redet sie: “Klartext!”

Ausriss Bild am Sonntag - Eine Polizistin redet Klartext! - Warum wird ein Marokkaner, der eine Frau vergewaltigt, nicht abgeschoben? - Die Justiz und wir sind am Limit, du kannst die Anzeigen auch gleich in den Reißwolf stecken - Über Intensivtäter wird viel zu lange viel zu viel diskutiert

Wer ist für “Bild” ein “Klartext-Politiker”? Thilo Sarrazin.

Screenshot Bild.de - Klartext-Politiker Thilo Sarrazin über Hartz IV - Es wächst eine weitgehend funktions- und arbeitslose Unterklasse heran

Die “Bild”-Kolumne, in der Heinz Buschkowsky auch gegen kriminelle Ausländer wettert, heißt: “Buschkowsky redet Klartext”.

Screenshot Bild.de - Buschkowsky redet Klartext - Warum Rücksicht nehmen auf hungernde Muslime?

Wenn eine Richterin sagt, die meisten Intensivtäter seien Ausländer, dann meint “Bild”:

Screenshot Bild.de - Kriminelle Ausländer - Diese mutige Richterin redet Klartext

“Klartext” ist für die Leute von “Bild” ein Qualitätssiegel. Sie verleihen es aber nicht an den klarsten Text, sondern an den, der am meisten Angst macht.

Aber da sind sie ja nicht die einzigen:

Wahlplakat der AfD: "Klartext zu Deutschland"

Mit Dank auch an den Hinweisgeber.

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