Suchergebnisse für ‘youtube’

YouTube-Sexismus, Humorjournalismus, Pokemonismus

1. Die deutsche YouTube-Szene ist sexistischer als jede Mario-Barth-Show
(broadly.vice.com, Marie Meimberg)
Marie Meimberg ist genervt von all den in kleine Videos gepressten Geschlechterklischees und dumpfen Vorurteilen aus dem vorletzten Jahrhundert, die auf YouTube Millionenfach geklickt werden: “Das zieht sich in der deutschen YouTube-Szene durch alle Altersklassen und Content-Genres, betrifft Menschen, die ich privat mag und solche, die ich auch privat ziemlich scheiße finde. Von den 16-jährigen Zwillings-Lochis bis hin zur 32-jährigen Joyce Ilg, von einer Kelly aka MissesVlog bis hin zu ImbaTorben—überall findet man sie, die Videos, die den wirklich wichtigen Fragen der Menschheit nachgehen: „Was Männer an Frauen geil finden” oder „Was Frauen nie sagen, aber denken” oder was „Männer von Frauen nicht wissen”, wie Frauen streiten oder lügen … und völlig egal, ob hier ein YouTuber oder eine YouTuberin vor der Kamera steht, was dabei rauskommt, ist wirklich sexistischer Klischeescheiß vom allerfeinsten.”

2. Realsatire.de und der „Humorjournalismus“
(get.torial.com, Tobias Lenartz)
Eine neue Satireseite hat sich dem “Humorjournalismus” verschrieben. Crowdfundingunterstützt will man sich all der Geschichten annehmen, die bereits Realsatire seien. Tobias Lenartz hat sich die Seite näher angeschaut und lässt die Macher zu Wort kommen. Bislang sei die Updatefrequenz sowie die Zahl längerer Stücke noch recht übersichtlich. Doch das solle sich nach Angaben der Realsatirebetreiber ändern. Man wolle die crowdgefundete Summe in Autoren investieren und strebe an, in Zukunft ein längeres, gut recherchiertes Stück pro Tag und einige kürzere Geschichten, Fotos und Links zu veröffentlichen.

3. Ist das jetzt wirklich lustig oder werden wir alle gefoppt?
(br.de, Lisa Altmeier )
Zu den Dingen, die auf Facebook besonders gerne geteilt werden, gehören Screenshots von aberwitzigen Konversationen. Der Verdacht liegt nahe, dass diese meist gefaket sind. Lisa Altmeier hat einen dieser viral so erfolgreichen Dialoge einer Expertin für Scripted Reality zur Begutachtung vorgelegt, die ihren Verdacht prompt bestätigt. Altmeier fragt sich, warum die Bildchen so erfolgreich sind und kommt zu dem Schluss: “Wir alle finden es geil, berieselt zu werden und einfach mal laut loszugröhlen. Wir fühlen uns ein Stück schlauer, wenn wir uns mit den vermeintlich Dümmeren vergleichen. Oder wir erkennen unsere eigene Verpeiltheit in den Dialogen der anderen wieder. Die naive Person ist also in Wahrheit nicht Carmen aus dem Transformers-Dialog, sondern wir selbst.”

4. Wenn der Krieg zur Gewohnheit wird
(ostpol.de, Alice Bota)
Alice Bota ist Moskau-Korrespondentin der “Zeit” und fand sich im siebten Jahr ihres Berufslebens im Krieg wieder, wie sie ihren Artikel beginnen lässt. Bota war im Frühjahr 2014 in den Osten der Ukraine gereist und lernte ab dem Zeitpunkt nicht nur etwas über den Krieg, sondern auch über Journalismus, eigene Versäumnisse, Meinungshoheiten in Talkshows und die Hartnäckigkeit gängiger Narrative. “Die Kritik an der Ukraine-Berichterstattung, von manchen Medienjournalisten fast neurotisch betrieben, war übrigens keine Hilfe, mit der eigenen Fehlerkultur umzugehen, weil sie entweder diffus blieb oder sich an handwerklichen Fehlern abarbeitete, die zwar ärgerlich, aber eben nicht intentional waren. Dabei hätten wir eine Debatte darüber gebraucht, was wir Reporter nicht abbilden und warum nicht. Doch in einer Atmosphäre, in der Reporter als Kriegshetzer, Propagandahuren und Agenten verhöhnt werden, fällt es schwer, laut über die eigenen Schwächen nachzudenken.”

5. Ein “Shooting” ist keine “Schießerei”
(sueddeutsche.de, Jörg Häntzschel)
Deutschen Beobachtern, die über die Polizeigewalt in den USA berichten wollen, fehlen die geeigneten Worte, konstatiert Jörg Häntzschelt und stellt einige der unzureichenden Begriffsübertragungen vor. Besonders bizarr sei der “Amoklauf”, mit dem oft die “school shootings” übersetzt würden: “Damit lassen sich die Tatmotive in eine so unzugängliche Zone der Täterpsyche verlegen, dass sich die Suche nach rationalen Erklärungen eigentlich erübrigt. In den USA spricht man in solchen Fällen auch von mass shootings und mass killings, doch “Massentötung” ist uns so unheimlich, dass wir sie allenfalls für die Opfer der Massentierhaltung verwenden. Und “Massenmord”? Darin waren wir Deutschen mal sehr gut. Wir wollen das Wort am liebsten gar nicht mehr verwenden.”

6. Pokémon Go: Der Hype um den Hype
(wuv.de, Markus Sekulla)
Pokémon Go ist eine Woche online. Laut W&V-Kolumnist Markus Sekulla Zeit für einen (nicht ganz ernst gemeinten) Rückblick.

Youtuber vs. “Bild”, Grönemeyer, Cinema Perverso

1. Machtlos gegen Flüchtlingsgerüchte?
(ndr.de, Bastian Berbner, Video, 7:24 Minuten)
Michael Würz jagt abgeschlagenen Köpfen und angeblichen Vergewaltigungen hinterher — und findet nie Handfestes. Das liegt nicht daran, dass der Redakteur des “Zollern-Alb-Kuriers” schlampig recherchiert, im Gegenteil: Er findet ständig heraus, dass an den Gerüchten über die Flüchtlinge in Meßstetten nichts dran ist. Ein Beitrag von Bastian Berbner über Facebook-Verleumdungen und den Umgang der Medien mit ihnen.

2. Das Ringen um Vertrauen und Glaubwürdigkeit
(deutschlandfunk.de, Benjamin Dierks, Audio, 18:16 Minuten)
“Lügenpresse, Lügenpresse!” Diese Parole steht stellvertretend für eine besorgniserregende Entwicklung: Immer mehr Menschen haben immer weniger Vertrauen, dass Journalisten wahrheitsgemäß berichten. Der “Deutschlandfunk” hat Wissenschaftler und Medienmacher gefragt, woran das liegt, welche Rolle das Internet dabei spielt, was Journalisten dagegen tun können und inwiefern die veränderten Rahmenbedingungen auch Chancen bieten.

3. Abgemahnter Youtuber will Bild.de verklagen
(golem.de, Friedhelm Greis)
Bild.de sperrt Adblock-Nutzer aus, Youtuber erklärt, wie man die Sperre umgehen kann, Axel-Springer-Verlag verschickt eine Abmahnung, Youtuber weigert sich, eine Unterlassungserklärung abzugeben. So die Vorgeschichte in Kurzform (siehe Link Nummer 2 und Link Nummer 1). Jetzt die nächste Runde: Der Youtuber Tobias Richter geht in die Offensive und plant eine sogenannte negative Feststellungsklage gegen Springer. Helfen soll dabei eine (inzwischen erfolgreiche) Crowdfundingkampagne.

4. Im Auftrag von…
(taz.de, Daniel Bouhs)
Im April 2014 schrieben zwei “Spiegel”-Journalisten: “Beim Spiegel ist die Offenheit für das neue Format begrenzt: Werbung, die aussieht wie ein Text der Redaktion, wird es nicht geben.” Anderthalb Jahre später fällt dieses kategorische Nein längst nicht mehr so deutlich aus. Beim “Spiegel”-Ableger “Bento” sollen Native Ads für Einnahmen sorgen und möglicherweise auch den Weg für Sponsored Content beim Mutterschiff bereiten. Bei “Spiegel Online” heißt es auf Anfrage zwar, es gebe “derzeit keine konkreten Pläne” — eine klare Absage ist das aber nicht mehr. Damit ist der “Spiegel”-Verlag nicht alleine, auch bei “Zeit Online” und dessen Beiboot “Ze.tt” sollen Werbetreibende “Geschichten erzählen” dürfen, “um ihre Marke zu stärken oder Produkte zu verkaufen”.

5. Warum wir nicht über Grönemeyers Tour-Pläne berichten
(derwesten.de)
Anlässlich seines neuen Albums geht Herbert Grönemeyer auf Tour. Darüber wollte er mit Journalisten reden, die dafür “eine schriftliche Vereinbarung unterzeichnen [sollten], die dem Künstler im Extremfall einen massiven Eingriff in die Berichterstattung ermöglichen würde.” Die “WAZ” sieht darin einen “deutlich über die gängige Autorisierungspraxis hinausgehenden Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit” und verzichtet auf die Berichterstattung.

6. Cinema Perverso
(arte.tv, Oliver Schwehm, Video, 58:30 Minuten, verfügbar bis 29.1.2016)
Nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete die Bahn an größeren Bahnhöfen eigene Kinos für die Reisenden, in denen eher speziellere Filme liefen wie “Nackt und zerfleischt”, “In der Gewalt der Riesenameisen”, “Das Blutgericht der reitenden Leichen” oder “Heiße Katzen in der grünen Hölle”. Die Arte-Doku wirft einen Blick in “die wunderbare und kaputte Welt des Bahnhofskinos” und erklärt zum Beispiel, warum für den US-Streifen “Die Todesgruft des Dr. Jekyll” Szenen in Bielefeld nachgedreht werden mussten.

Youtuber gegen Springer, N-Wort, Deutschstunde

1. Abgemahnter Youtuber fordert Bild.de heraus
(golem.de, Friedhelm Greis)
Die Chronologie: “Bild” sperrt Adblock-Nutzer aus, Youtuber veröffentlicht Anleitung, um Adblock-Sperre zu umgehen, “Bild” mahnt Youtuber ab. Jetzt will Tobias Richter, eben jener Youtuber, das Spiel aber nicht mitspielen und wird auf Anraten seines Anwalts keine Unterlassungserklärung abgeben und die geforderten 1800 Euro Abmahnkosten nicht zahlen. Wie es nun weitergeht, ist unklar: Auf “Golem”-Anfrage sagte der Axel-Springer-Verlag, den bisherigen Statements in den Verfahren um die Werbeblockersperre und den Prozessen gegen Adblock Plus sei nichts hinzuzufügen.

2. Europäer informieren sich am liebsten online (und im TV)
(ejo-online.eu, Caroline Lees, Übersetzung von von Anna Carina Zappe)
TV vor Print, prozentual mehr Smartphonenutzer in der Türkei als in Deutschland — das “Reuters Institute for the Study of Journalism” hat den Nachrichtenkonsum in Europa untersucht. Caroline Lees fasst die Ergebnisse der Studie (PDF) zusammen, genauso wie Shan Wang beim “NiemanLab”. Zum Thema: Rainer Stadler über die “Mediennutzung von Jungen” in der Schweiz.

3. Das N-Wort. Eine Faszinationsgeschichte (PDF)
(merkur-zeitschrift.de, Matthias Dell)
“Der eitle Jahrmarktbudenbetreiber Plasberg, der das rätselhafte Glück hatte, an einem besonders tiefen Tiefpunkt der öffentlich-rechtlichen Polit-Talkshow für einen kritischen Journalisten gehalten zu werden, spricht nicht nur, wie Herrmann, das N-Wort aus, er hat auch keine Scheu, Ranga Yogeshwar auf rüde-unhöfliche Weise vors Loch seiner frivolen Gaudi an der Reizwortproduktion zu schieben.” Matthias Dell mit einer Neun-Seiten-Abrechnung zum “Hart aber fair”-Auftritt von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, dem “N-Wort” und der aus Herrmanns Fauxpas entstandenen Diskussion.

4. Sechs Wege um Falschmeldungen zu entlarven
(netzpiloten.de, Pete Brown)
Passend zur gestern verlinkten ARD-Dokumentation “Alles Lüge oder was? Wenn Nachrichten zur Waffe werden” (siehe Link Nummer 2) haben die “Netzpiloten” einen hilfreichen Ratgeber von Pete Brown übersetzt (hier das englische Original). Der Mitgründer von “Eyewitness Media” stellt sechs kostenlose Werkzeuge vor, mit denen man überprüfen kann, ob Fotos, Videos und Nachrichten möglicherweise gefälscht sind.

5. Deutschstunde
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Dirk Kurbjuweit, Katja Lange-Müller und Ingo Schulze)
8 Uhr morgens, 10. Klasse, Deutschunterricht. Besprochen wird irgendein moderner Roman von einem Schriftsteller, den keiner kennt. Die halbe Klasse schläft. Soweit der Alltag. Doch was passiert, wenn der Autor plötzlich im Klassenzimmer sitzt? Das “SZ Magazin” hat Dirk Kurbjuweit, Katja Lange-Müller und Ingo Schulze in Klassen geschickt, die gerade ihre Romane durchnehmen.

6. Quiz: Erkennen Sie diese Medien an ihren Mediadaten?
(vocer.org, Mark Heywinkel)

Polizei in Sachsen, Drohungen aus Bangladesch, Youtube als Reiseführer

1. Polizei tut nichts
(djv.de, Hendrik Zörner)
Als am Mittwoch Journalisten in Dresden von Demonstranten angeschrien und bedrängt wurden, reagierten die anwesenden Polizisten zunächst gar nicht und führten dann die Journalisten weg. Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken kritisiert das scharf: “Dass es in Sachsen offenbar einen rechtsradikalen Mob gibt, ist schon schlimm genug. Dass die Polizei ihn gegenüber Journalisten gewähren lässt, ist bemerkenswert.” Bereits am Montag waren Journalisten bei einer Pegida-Demonstration in Dresden angegriffen worden, dabei wurde ein MDR-Reporter getreten, einem Reporter der “Dresdner Neueste Nachrichten” wurde ins Gesicht geschlagen.

2. Islamisten bedrohen Blogger in Deutschland
(reporter-ohne-grenzen.de)
In Bangladesch wurde eine Todesliste mit den Namen von 21 Bloggern, Autoren und Aktivisten veröffentlicht, auf der auch sechs in Deutschland lebende Blogger stehen. Dahinter steckt vermutlich die islamistische Gruppe “Ansarullah Bangla Team”, die in diesem Jahr bereits vier brutale Morde an säkularen Bloggern verübt haben soll. Christian Mihr, Geschäftsführer von “Reporter ohne Grenzen”, fordert: “Die Regierung Bangladeschs sollte Journalisten besser schützen, Religions- und Meinungsfreiheit garantieren und die Mörder der Blogger bestrafen.”

3. The Cost of Mobile Ads on 50 News Websites
(nytimes.com, Gregor Aisch, Wilson Andrews und Josh Keller, englisch)
Blockieren oder nicht blockieren? Das ist die Gretchenfrage des Online-Journalismus — die halbe Branche diskutiert seit einigen Wochen, was von Adblockern zu halten ist. Die “New York Times” überlässt die moralische Debatte anderen und visualisiert Ladezeiten und Datenverbrauch der 50 größten US-News-Seiten — einmal mit Adblocker, einmal ohne. Die Ergebnisse sprechen für sich. Brian X. Chen erklärt, wie die Datenjournalisten dabei vorgegangen sind, und zieht ein persönliches Fazit des Tests.

4. fiene & peter kloeppel
(danielfiene.com)
Peter Kloeppel ist seit 30 Jahren bei RTL. Sein geballtes Wissen über die Branche hat er in Daniel Fienes Radiosendung “Was mit Medien” mitgebracht. Fiene hat aus Kloeppels Aussagen “ein paar persönliche Highlights ausgesucht”. Die komplette 33-Minuten-Sendung gibt’s bei “DRadio Wissen”.

5. Wie mich YouTube als Reiseführer enttäuschte
(hermsfarm.de, Herm)
Herm will am Wochenende nach Prag. Statt klassisch in den Reiseführer zu gucken, schaut er bei Youtube nach Anregungen für seinen Städtetrip — und findet wackelige Bilder, Erfahrungsberichte über Brust-OPs und viele Beautytipps.

6. Neues vom medizinisch-technischen Symbolbild-Spezialisten
(noemix.twoday.net, nömix)

Heidenau, Leserinnen, Youtuber

1. Was Medien aus #Heidenau lernen können
(marckrueger.tumblr.com, Marc Krüger)
Am Freitagabend eskalierte die rechtsradikale Gewalt in Heidenau. Bei Twitter war der Hashtag #Heidenau Trending Topic, in den klassischen Medien tauchte das Thema bis Samstag dagegen kaum auf. Ein Grund: Die Nachrichtenagenturen berichteten erst spätabends – und die sind für viele Journalisten auch im Jahr 2015 noch die wichtigste Quelle. Ist das noch zeitgemäß? Nein, glaubt Marc Krüger: “Agenturhörigkeit und das absolute Vertrauen in die Vollkommenheit der Texte sind mittlerweile ebenso fehl am (Nachrichten)Platz wie das Glorifizieren von Twitter als einzig wahre Quelle […] Nachrichten sind auch nicht nur dann wichtig, wenn Agenturen sie als ‘Eil’ kennzeichnen.”

2. Hereinspaziert, klicken und liken!
(medienwoche.ch, Ronnie Grob)
Im zweiten Teil der Serie über die Veränderungen des Journalismus durch das Internet macht sich Ronnie Grob Gedanken über die Finanzierung von Netzinhalten. Wer heutzutage Geld verdienen wolle, sei “dazu gezwungen, viele Leser zu vielen Interaktionen zu bringen, und das passiert nicht mit ausgewogenem, vernünftigem Journalismus. Sondern mit Emotionen, Sex, Kriminalität, Satire, Gerüchten, Überzeichnungen, Halb- und Unwahrheiten. Das Träumen von einer anderen Welt ist zwar nach wie vor erlaubt, doch die Realität des ‘Journalismus’ online sieht so schlimm aus wie Focus.de oder Huffingtonpost.de. Portale, die für einen Klick oder ein Like wohl auch ihre Großmutter verkaufen würden.”

3. Wenn sich Männer nicht mitgemeint fühlen
(blogs.taz.de, Lalon Sander)
Viele Medien verwenden ganz selbstverständlich das generische Maskulinum. Wenn sie von “Lesern” sprechen, sollen sich die Leserinnen natürlich mitgemeint fühlen. Aber was passiert, wenn man das Ganze umdreht? Lalon Sander hat das bei der “taz” ausprobiert und in einem Artikel über E-Mail-Verschlüsselung von Absenderinnen und Empfängerinnen geschrieben. Die Reaktionen der Facebook-Nutzerinnen und -Nutzern zeigen: Drei Buchstaben können für ganz schön viel Empörung sorgen.

4. Letters: Mario Vargas Llosa Responds
(nytimes.com, Mario Vargas Llosa)
Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa beschwert sich in einem Leserbrief, dass in einer Buchrezension der “New York Times” mehrere Falschinformationen über ihn stehen: Weder habe er einen Twitter-Account, noch exklusive Fotos über eine neue Liebesbeziehung an ein Magazin verkauft. “I am flabbergasted to learn that this kind of gossip can work its way into a respectable publication such as the Book Review.”

5. Nehmt Youtuber ernst!
(tagesspiegel.de, Tim Klimeš)
Tim Klimeš ärgert sich über die Häme und die “ablehnenden Anspannung”, mit der viele klassische Medien Youtubern begegnen. “Wenn ich mich nun an meinen Schreibtisch setze, einen Text schreibe, mit dem ich nicht einmal versuche zu verstehen, wie solche Videos erfolgreich werden können, wenn ich stattdessen einen Eimer Häme über dieser neuen Kultur ausküble, dann gewinne ich vielleicht ein paar Fans auf Twitter und werde in einem Branchendienst zitiert. Was ich verliere, ist die Glaubwürdigkeit bei denjenigen, die meine Berichterstattung in den nächsten Jahren noch für voll nehmen sollen.”

6. “vermutlich Rechte”
(twitter.com/morgenpost)
Dass sie achtsam mit Sprache umgehen, wird besonders von denen erwartet, die damit arbeiten. Wie zuvor bereits “Spiegel Online” mit der “Asylgegner”-Bezeichnung hat sich nun die Nachrichtenagentur dpa mit ihrer Überschrift “Randale zwischen Linken und vermutlich Rechten” scharfe Kritik eingefangen. Dpa-Nachrichtenchef Froben Homburger erklärt, warum der Text so verschickt wurde.

Drohung gegen Blogger, PR bei Youtube, Troll-Nähkästchen

1. Eine Kapitulationserklärung
(tagesspiegel.de, Heinrich Schmitz)
Heinrich Schmitz bloggt seit Jahren über politische Themen, doch seit er und seine Familie massiv von Rechten bedroht wurden, gibt er nun auf. In seiner Erklärung fragt er: “Kann der Wunsch, der Gesellschaft zu dienen wirklich wichtiger sein, als die Pflicht, die Familie vor Angriffen zu schützen? Ja, das hätte ich vielleicht sogar zugunsten der Gesellschaft und damit zugunsten meiner geliebten Autorentätigkeit entschieden, wenn ich das Gefühl gehabt hätte, dass ‘die Gesellschaft’ selbst irgendwie mitzieht und allen extremistischen Bestrebungen ein klares STOPP entgegensetzt. (…) Da passiert aber verhältnismäßig wenig bis gar nichts.” Siehe auch: Interview mit Heinrich Schmitz (spiegel.de).

2. How one journalist found hidden code in a Google report and turned it into a story
(onlinejournalismblog.com, Paul Bradshaw, englisch)
Vergangenes Jahr hat der EuGH Google dazu verdonnert, das sogenannte Recht auf Vergessenwerden umzusetzen und unter bestimmten Voraussetzungen Links aus den Suchergebnissen zu entfernen. Seitdem veröffentlicht Google regelmäßig einen Transparenz-Report und teilt mit, wie es mit den Löschanträgen umgeht. Normalerweise finden sich darin nur allgemeine Daten, etwa die Gesamtzahl der Anträge und der Prozentsatz der entfernten Links. Die Guardian-Journalistin Sylvia Tippmann hat im Quellcode der Seite jedoch versteckte, deutlich detailliertere Informationen entdeckt – und daraus eine große Geschichte gemacht. Jetzt erklärt sie, wie sie dabei vorgegangen ist.

3. Die vermeintliche Wahrheit
(message-online.com, Julia Dziuba und Thilo Hopert)
Eigentlich wollte Julia Dzubia eine Glosse schreiben: “Studentin schaut sich eine Woche ausschließlich ‘RT International’ an und berichtet hierüber. Russland beziehungsweise Putin toll, Ukraine/Westen böse, haha.” Wenn es da nicht ein kleines Problem gegeben hätte: “Wirklich lustig ist es nicht.” Und so ist aus der geplanten Glosse ein nachdenkliches Stück über Propaganda, vermeintliche Objektivität und journalistische Deutungshoheit geworden. Thilo Hopert hat das Gleiche mit “Fox News” gemacht – und kommt zu diesem Ergebnis: “Wer FoxNews schaut, ist […] anders informiert -tendenziös, unausgewogen und überfrachtet mit der Angst und dem Patriotismus einer hochkonservativen Weltanschauung.

4. Push it: A look behind the scenes of a New York Times mobile alert
(niemanlab.org, Joseph Lichterman, englisch)
Was passiert alles im Hintergrund, bevor und während eine Redaktion eine “Push-Nachricht” rausjagt? Joseph Lichterman wirft einen Blick hinter die Kulissen großer US-Medien. Im ersten Teil der Serie erzählt Karron Skog, wie es bei der “New York Times” abläuft: “It’s been a process to train editors’ and reporters’ brains that this isn’t print. You can go back as many times as you want and add in extra grafs. But we’ve gotten pretty good at getting these three sentences out.”

5. Grauzone mit Abmahnrisiken
(lto.de, Jonas Kahl)
Jonas Kahl beobachtet, dass in Youtube-Videos zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung oftmals nur sehr halbherzig getrennt wird. Dadurch befänden sich die Macher in einer “rechtlichen Grauzone, in der es – noch – keine Abmahner, aber erhebliche Abmahnrisiken gibt.” Der Rechtsanwalt erklärt, welche Paragraphen für die Bestimmungen für Produktplatzierung oder Schleichwerbung am wichtigsten sind.

6. 10 Former Internet Trolls Explain Why They Quit Being Jerks
(kotaku.com, Patricia Hernandez, englisch)
Wer andere im Netz nervt oder sie sogar terrorisiert, kann ganz unterschiedliche Gründe für sein Verhalten haben. Patricia Hernandez hat zehn Trolle gefragt, warum sie irgendwann aufgegeben haben, Quälgeister zu sein. Vom Anime-Hasser über den Besserwisser bis zum Trolljäger: manche sind älter geworden, andere einsam – besser fühlen sie sich nun alle.

Snapstream, CEN, YouTube

1. “Der Medienmanipulator als Agent Provocateur: Schwarze Schafe sind noch lange keine Wölfe”
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Torsten Dewi denkt nach über die moralische Empörung über Provokationen: “Und so lassen wir uns von denen, die angetreten sind, uns zu provozieren, provozieren. Wir lassen uns am Nasenring durch die öffentliche Diskussion ziehen, während wir glauben, die Richtung vorzugeben.”

2. “Warum die ‘Heute Show’ neidisch nach Amerika blickt”
(sueddeutsche.de, Hakan Tanriverdi)
Hakan Tanriverdi stellt Snapstream vor, eine Suchmaschine für das Fernsehen: “Warum gibt es so einen Dienst in den Vereinigten Staaten, aber nicht in Deutschland? Es liegt an der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC). Sie hat im Jahr 1999 vorgeschrieben, dass fast alle Sendungen untertitelt sein müssen, akkurat und möglichst synchron: Das zielte natürlich nicht auf die Zweitverwertung durch Firmen wie Snapstream, sondern auf Menschen, die schlecht hören oder ganz taub sind. Selbst die Macher von Live-Sendungen stehen in der Pflicht, müssen live transkribieren.”

3. “The King of Bullsh*t News”
(buzzfeed.com, englisch)
Die Storys der Central European News (CEN) mit Hauptsitz im britischen Canterbury: “They’re often bizarre, salacious, gruesome, or ideally all three: If you’ve read a story about someone in a strange country cutting off their own penis, the chances are it came from CEN.”

4. “‘Es wird viel gelogen'”
(ostpol.de, Othmara Glas)
Ein Interview mit Jutta Sommerbauer zur Berichterstattung aus der Ukraine: “Man kann physisch nur auf einer Seite der Front sein. Je nachdem welche Seite das ist, sind bestimmte Informationen zugängig. Da wird viel gelogen. Oft stecken propagandistische Absichten dahinter. Eine verlässliche Berichterstattung ist nicht immer einfach. Wenn man sich unsicher ist oder bestimmte Fakten nicht verfügbar sind, sollte man das dem Leser jedoch auch so kommunizieren.”

5. ” Das Geschäft mit den Youtube-Stars”
(faz.net, Michael Ashelm und Julia Löhr)
Die Vermarktungsgesellschaften hinter YouTube-Inhalten arbeiten wie wie Plattenfirmen in der Musikindustrie, schreiben Michael Ashelm und Julia Löhr: “Die reichweitenstärksten Netzwerke kommen auf mehr als 500 Millionen Zugriffe im Monat und sind damit de facto große Online-TV-Sender.”

6. “Landwirtin sauer: Spiegel erschleicht sich Interview”
(topagrar.com, Alfons Deter)
Landwirtin Anneli Wehling fühlt sich von einer “Spiegel”-Journalistin überrumpelt: “Wehling legte in der lockeren Unterhaltung freimütig ihre Sicht der Dinge dar: Dass es sicherlich Fehlentwicklungen gebe und sich alle Verbände mal an einen Tisch setzen müssten, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. ‘Im Gespräch am Rande mit der Journalistin habe ich mich schon kritisch über die Ausrichtung der Landwirtschaft und auch über Kostendruck auf den Betrieben geäußert und was diese Entwicklung treibt. Aber nicht in der Form, wie im Spiegel zitiert wird, sondern so dass ich auch dazu stehen kann! Hier bin ich offensichtlich sehr blauäugig auf billigen Journalismus gestoßen, der nur seine reißerische Story brauchte!’, so Wehling gegenüber top agrar online.”

Youtube, Druckstückfremdeln, Eiffelturm

1. “Cheaper bandwidth or bust: How Google saved YouTube”
(arstechnica.com, Ron Amadeo)
Anlässlich des 10-jährigen Youtube-Jubiläums erinnert Ron Amadeo daran, dass Youtube es beinahe nicht geschafft hat: “Survival for the site was a near-constant battle in the early days. The company not only fought the bandwidth monster, but it faced an army of lawyers from various media companies that all wanted to shut the video service down. But thanks to cash backing from Google, the site was able to fend off the lawyers. And by staying at the forefront of Web and server technology, YouTube managed to serve videos to the entire Internet without being bankrupted by bandwidth bills.”

2. “DRUCKSTÜCKFREMDELN”
(christophkappes.de, Christoph Kappes)
Christoph Kappes hat nach längerer Zeit mal wieder ein gedrucktes Magazin in der Hand und stellt fest, dass er verlernt habe, Magazine zu lesen: „Und noch mehr: das Teilen (sharen) ist mir eine so selbstverständliche Handlung geworden, dass ich gar nicht weiß, warum ich Print lesen soll, kann ich doch diese wichtige Funktion damit gar nicht vornehmen. Warum soll ich lesen, was ich nicht teilen kann? Warum soll ich lesen, was ich nicht kopieren kann, was ich nicht kommentieren kann […].”

3. “Journalismus als Katastrophe”
(getidan.de, Georg Seeßlen)
Georg Seeßlen beobachtet eine boulevardisierung der seriösen „bürgerlichen Presse“:

Die Nachricht wird an drei emotionale Zentren gebunden. Das Private (die Geschichte eines tragischen Menschen vielleicht, die Vorführung der Opfer und ihrer Angehörigen), das Allgemeine (was machen „wir“ jetzt mit unserer Flugangst?, die Rückkopplung zu anderen Katastrophen im kollektiven Gedächtnis, „unsere“ Sicherheit) und schließlich, besonders perfid, das Nationale. Das furchtbare Unglück der Germanwings „rührt am Selbstverständnis des Konzerns – und der Nation“. So die Zeit. Das Eindringen in die Privatsphären möglichst vieler Menschen und das Aufblähen zum „Selbstverständnis einer Nation“ sind offensichtlich die beiden emotionalen Pole, zwischen denen nahezu alles möglich ist, was aus dem Wörterbuch des unmenschlichen Journalismus denkbar ist.

4. “Die neue Unübersichtlichkeit”
(taz.de, René Martens)
René Martens über teilweise unübersichtliche und intransparente Kooperation von öffentlich-rechtlichen Medien und privaten Verlagen: „Beim Thema IS arbeitete das Politmagazin [Report] aus München bisher nicht nur mit der Zeit zusammen, sondern mehrmals mit der FAZ, die gern gegen den NDR/WDR/SZ-Verbund wettert. FAZ und Report waren Anfang 2014 die Ersten, die über Islamisten berichteten, die aus Deutschland in den Krieg nach Syrien zogen. Der IS-Terror scheint zu Kooperationen zu motivieren.“

5. “Lügenpresse? Nö, wenn schon Lügeninformant!”
(alvar-freude.de, Alvar Freude)
Alvar Freude meint, dass die SPIEGEL-Redakteurin im Falle Seibert Media (siehe 6vor9 von gestern) weniger die Firma falsch darstellen wollte, als auf eine Informantin (m/w) reingefallen sei, die sauer auf das Unternehmen sei.

6. “Can someone photoshop the Eiffel Tower under my finger?”
(buzzfeed.de, Karsten Schmehl)

LeFloid lässt Putins 9/11-Bombe auf Youtube hochgehen

Das ist LeFloid:

LeFloid ist einer der bekanntesten deutschen Youtuber und gewissermaßen eine Kreuzung aus Nachrichtensprecher und Flummi. Zweimal pro Woche kommentiert er auf seinem Kanal — Motto: „Action News. Aber hart!“ — kurz und knallig das Zeitgeschehen, oft albern, oft plakativ, immer flott geschnitten und hunderttausendfach angeklickt. Gut fünf Minuten hibbelt er durchs Video und spricht mal über bunte, mal über trockene Themen, über Sebastian Edathy („Kinder-PorNOPE NOPE NOPE!!“) und das Freihandelsabkommen („Verhurt man bald unser Gesundheitssystem?“), über Power Rangers und Pegida, über Tattoo-Fails und private Spionage-Abwehr, über Terror-Finanzierung und bescheuerte Kindernamen.

Vergangene Woche ging es um Wladimir Putin und den 11. September:

Putin droht mit Beweisen für die 9/11 Verschwörung der US Regierung!

Meine Fresse! Fast 14 Jahre sind die Anschläge vom 11. September jetzt her, es rankt sich Verschwörungstheorie um Verschwörungstheorie. Und ausgerechnet der russische Präsident Putin will die Bombe jetzt platzen lassen: In seiner aktuellen politischen Situation fühlt er sich anscheinend genug ans Bein gepinkelt, um jetzt die schweren Geschütze auszufahren: (…) die endgültigen Beweise, die die Täterschaft für die Anschläge auf das World Trade Center vom 9/11 nicht irgendwelcher Terroristen, sondern der damaligen US-Regierung einwandfrei und glasklar belegen würden. Hahaha! What the Fuck!

Er sagt, russische Satellitenbilder hätten absolut unumstößliche Beweise dafür, und zudem hätte er Informanten, die sich mit dem „Inside Job“ – der Sprengung des World Trade Centers, ausgeführt durch die USA – auskennen würden. (…)

Was meint Ihr? Kommt es zum verschwörungstheorempolitischen Super-GAU? Oder ist das Ganze, wie in der Weltpolitik so oft, doch nur heiße Luft?

Heiße Luft. Ziemlich sicher. Aber nicht von Putin, sondern von LeFloid.

Schauen wir uns das mal näher an. Als Quelle gibt LeFloid diesen Artikel an:

Da hätten eigentlich schon beim bloßen Anblick die Alarmglocken schrillen müssen, aber lassen wir die Äußerlichkeiten mal weg und gucken auf den Inhalt. In der Überschrift findet sich zwar noch ein angebliches Zitat Putins, im Text taucht es dann aber nicht mehr auf. Auch sonst liefert der Artikel keinerlei Belege. Er verweist lediglich auf einen Text der russischen Plattform Pravda.ru:

Dort ist allerdings gar keine Rede davon, dass Putin persönlich so etwas gesagt habe. Es heißt nur, “Russland” plane eine solche Veröffentlichung, aber auch dafür gibt es keine Belege. Stattdessen beruft sich das Portal auf einen weiteren Artikel, diesmal aus den USA, veröffentlicht im Portal SecretsOfTheFed.com:

Der wiederum ist eine Kopie dieses Artikels:

Und der wiederum eine Kopie dieses Artikels:

Dort ist dann auch nur noch die Rede von nicht näher benannten „Analysten“, die angeblich über mögliche Veröffentlichungspläne „spekulierten“. Belege? Zitate? Nichts.

Es gibt noch unzählige andere Plattformen, die die Geschichte verbreiten und sich gegenseitig als Quelle angeben, keine davon liefert auch nur annähernd Beweise. Vor sechs Monaten hat sich ein Reddit-User mal auf die Suche nach dem Ursprung dieser Geschichte begeben und einen inzwischen neun Monate alten Artikel als Auslöser der Story ausgemacht:

Der ist allerdings auch eine Kopie — und zwar von diesem Artikel der amerikanischen Plattform “Veterans Today”. Da spricht der Autor dann auch nicht mehr von irgendwelchen Analysten, sondern wirft selbst die Frage in den Raum, ob die russische Regierung wohl darüber nachdenke, irgendwelche 9/11-Beweise zu veröffentlichen.

Bei “Veterans Today” kriegt man übrigens neben maßgefertigten Waffen vor allem jede Menge judenfeindliche Theorien und Spekulationen über 9/11, das JFK-Attentat, Auschwitz und so weiter. Auch der Autor, der diese Putin-Sache in die Welt gesetzt hat, ist ein offenkundig antisemitischer Verschwörungstheoretiker, der unter anderem den Holocaust anzweifelt und die “Zionisten” für 9/11 und den Anschlag auf „Charlie Hebdo“ verantwortlich macht.

Der meistgelesene Artikel auf der Seite ist passenderweise dieser hier:

Er bezieht sich auf Pravda.ru, die russische Plattform vom Anfang, die sich wiederum auf SecretsOfTheFeds bezieht, die sich wiederum …

Und so schließt sich der Desinformationskreis: Aus der Frage eines Verschwörungstheoretikers wurde eine Spekulation amerikanischer “Analysten”, dann eine Ankündigung “Russlands” und schließlich ein Zitat von Putin persönlich. So landete die Story dann auch bei LeFloid, der sie ungeprüft nachplapperte.

Über eine Million Mal wurde das Video schon angeklickt. Zum Vergleich: Das ist so viel wie die verkauften Auflagen der “Bravo”, der “FAZ”, der “taz”, des “Handelsblatts”, des “Hamburger Abendblatts”, des “Tagesspiegels” und der “Welt” zusammen. Damit hat LeFloid unter jungen Menschen eine Reichweite und Meinungsmacht wie kaum ein Journalist, und es ist sehr löblich, dass er das nutzt, um seine Zuschauer auch an komplexe politische Themen ranzuführen, sie zum Nachdenken und Diskutieren anzuregen. Aber das macht es auch so gefährlich, wenn er solchen Unfug in die Welt setzt.

Mit Dank an Frank K., Katharina K. und @tubewart.

Nachtrag, 26. Februar: LeFloid hat bei Facebook eine Richtigstellung veröffentlicht:

Ukraine, YouTube, SRF3

1. “Picture power: Pausing the moment”
(bbc.com, Phil Coomes, englisch)
Eine Analyse eines Fotos, das am Rande einer Protestkundgebung in London aufgenommen wurde. Im Vergleich dazu die Videoaufnahme (youtube.com, Video, 1:01 Minuten).

2. “Rückblick auf ein besonderes Jahr für den Kriegs- und Krisenjournalismus”
(heise.de/tp, Malte Daniljuk)
Malte Daniljuk blickt zurück auf den Journalismus rund um die Ereignisse in der Ukraine: “Die massive und konsonante Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt hat – erstens – keineswegs dazu geführt, dass das Publikum die intendierte Lesart verinnerlichte, sondern sie hat das Vertrauen in die traditionellen Massenmedien, auch das Selbstvertrauen innerhalb der Medienapparate, massiv geschädigt. (…) Das Publikum hat es – zweitens – gelernt, eigene Sichtweisen effektiv öffentlich vorzubringen. (…) Die etablierten Medien haben sich – drittens – als unfähig und unwillig erwiesen, oppositionelle Lesarten auch nur ansatzweise zu integrieren, um etwa eine ausgehandelte Position zurückzugewinnen.”

3. “Der Westen als Auslaufmodell”
(nzz.ch, Markus Ackeret)
“Im Westen finden sich immer mehr, die westliche Werte selbst für Heuchelei halten”, warnt Markus Ackeret: “‘RT deutsch’ wird zur glaubwürdigeren Quelle als ein etabliertes Medium, obwohl der Fernsehkanal das ohnehin schwierige Kriterium der ‘Objektivität’ von vornherein nicht erfüllt. Dass es einen Sender wie diesen nur geben kann, wo Meinungsfreiheit, Pluralismus und eine freiheitliche politische Ordnung herrschen, entgeht den Applaudierenden.”

4. “Exklusiv: Was Youtuber wirklich verdienen”
(guruticker.blogspot.de)
Eine Rechnung zu den Einkünften von YouTube-Kanälen: “Wenn ein Youtuber also von seinen Videos leben möchte, braucht er konstant mindestens 200.000 Klicks auf seine Videos – und muss mehrmals die Woche etwas veröffentlichen.” Siehe dazu auch “Inside Youtube” (wired.de, Anja Rützel).

5. “Ein offener Brief an Michael Schuler, Leiter der Fachredaktion Musik beim Schweizer Radio und Fernsehen”
(facebook.com/kuttimc)
Der Musiker Kutti MC beklagt die Musikauswahl des öffentlich-rechtlichen Schweizer Rundfunks: “Nur zu Randzeiten bieten Sie minimale Einblicke in die lebendige, originelle Schweizer Musikszene. Auf diese gönnerhafte Alibiübung stützen Sie sich dann auch jeweils in Ihren unbeschwerten Interviews. Das SRF3-Musiktagesprogramm hat keine Tiefen, keine Höhen, keine Ausbrüche, keine Brüche, keine Vision.”

6. “The Sun had 7ft safe with 30 years of ‘eye-popping’ unprintable stories, court told”
(theguardian.com, englisch)

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