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Was nicht passt, wird Passlack gemacht

Wenn zu einem Thema schon so gut wie alles berichtet wurde, muss man ganz schön was konstruieren lange nachdenken, um doch noch einen neuen Aspekt zu finden. Nehmen wir als Beispiel das Finale um den DFB-Pokal zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund heute Abend. “Bild” und Bild.de hatten am Mittwoch beziehungsweise Dienstagabend einen Artikel mit einem ganz eigenen Dreh dazu veröffentlicht:

BVB-Bubi Passlack will sein persönliches Double holen - Holt dieser Dortmunder in einer Woche mehr Titel als Bayern in einer Saison?

Zum Hintergrund: BVB-Profi Felix Passlack (noch bis übermorgen 18 Jahre alt) hat am Montag bei den A-Junioren seines Vereins mitgespielt und im Finale um die Deutsche U19-Meisterschaft den FC Bayern München geschlagen. Das ist Titel Nummer eins. Heute Abend kann er mit den BVB-Profis den DFB-Pokal gewinnen. Das wäre Titel Nummer zwei.

Also, die Frage, die “Bild” und Bild.de stellen:

Holt dieser Dortmunder in einer Woche mehr Titel als Bayern in der gesamten Saison?

Der Rekordmeister konnte sich in diesem Jahr nur die Schale in der Liga holen.

Das stimmt nicht. “Der Rekordmeister”, also der FC Bayern München, hat nicht nur “die Schale in der Liga”, also die Deutsche Meisterschaft, geholt, sondern zu Saisonbeginn auch den DFL-Supercup. 2:0 gewannen die Bayern am 14. August 2016 gegen Borussia Dortmund. Beim Supercup stehen sich der Meister und der Pokalsieger aus der Vorsaison gegenüber; sollten Meister und Pokalsieger identisch sein, spielen Meister und Vizemeister gegeneinander. Der DFL-Supercup gilt als der erste Titel, der in der jeweils neuen Fußball-Saison ausgespielt wird.

Das alles klingt nach Erbsenzählen und Haarespalten? Sicher, etwas. Aber eine Redaktion, die direkt über dem großen Artikel zum Titelsammler Felix Passlack verkündet …

Bester Sportteil aller Tageszeitungen

… sollte solche Details durchaus kennen.

Mit Dank an David K. für den Hinweis!

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Nichts ist so alt wie die “Bild”-Zeitung von heute

Am frühen Morgen (Mitteleuropäische Zeit) des 26. Dezember 2016 verloren die Footballer der Denver Broncos 10:33 gegen die Kansas City Chiefs.

90 Tage später ist diese Nachricht auch in der Ruhrgebiet-Redaktion der “Bild”-Zeitung angekommen. Das Blatt schreibt heute im Sportteil (mit falschem Ergebnis):

Vermutlich hat jemand beim Zusammenwürfeln des Inhalts ein altes Meldungsbein komplett auf die Seite kopiert und drucken lassen. In den anderen kurzen Sportnachrichten ist zum Beispiel zu lesen, dass bei den Fußballern von Eintracht Frankfurt eine Vertragsverlängerung mit Torwart Lukas Hradecky “bereits im Januar-Trainingslager” klappen könnte, und dass die Spieler des FC Montpellier Strafen zahlen werden müssen, wenn sie mit Übergewicht aus dem Weihnachtsurlaub zurückkommen.

Mit Dank an Timm H. für den Hinweis!

BILDblog hält Winterschlaf (11)

Zack — schon wieder ist ein Jahr (fast) vorbei. Wie schon in der Vergangenheit, machen wir hier jetzt für ein paar Tage Pause. Im Januar 2017 sind wir mit neuen Beiträgen wieder für Sie da!

Ein großer Dank geht an alle Leser! Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten, ein paar schöne freie Tage und einen guten Start ins neue Jahr. Ein besonders großer Dank geht an all jene, die uns in diesem Jahr mit Hinweisen versorgt haben. Leider schaffen wir es zeitlich nie, allen nachzugehen. Vielen aber schon. Und deswegen geht ein ganz besonders großer Dank an diese Personen, deren Hinweise zu Blogeinträgen geführt haben:

@19Rhyno04, @Alyama1, @BalderHelix, @coralandmauve, @dienetzpilotin, @diet_mar, @EFCRODGAU1999, @gabrielvetter, @griboe, @Hasi_Goreng, @herrnkoenig, @HoechDominik, @i_am_fabs, @im_fo, @JimmyRuppa, @KaiOliverKraft, @levinuzz, @macerarius, @mir70, @moethe, @Pertsch, @Pilzeintopf, @ralfheimann, @SteffiinneSonne, @StrohhutPirat, @TanteEla74, @TypischerTyp,@vierzueinser, @VM_83, @Wasserbanane, Alex, Alexander B., Alexander K., Alexander M., Arnd Z., Axel B., Bas Tian, basti, Ben F., Ben, Bernd, Bernhard W., Boris R., C. F., Carsten N., Chris H., Christian H., Conny S., Daniel N., Daniel, David S., Dominik H., Dominik N., Eiko M., Eugen F., Fab, Fabian S., Florian G., Florian, flurfunk-dresden.de, Gabriel M., Gero D., Götz M., Hanuš G., Hauke H., Helena, henry, Herma R., Ingolf L., Jan H., Janna H., Jannis C., Jens L., Johanna, Johannes K., Johannes R., Jonas J., Jonas, Jörn J., Julian H., Julius A., Kai, Katja, Lars B., Lennart, Lukas H., Lutz K., Marcus D., Markus E., Markus M., Martin S., Martin, Matthias K., Matthias M., Michael H., Michael W., Michel M., Micky B., Moritz D., Moritz K., nikita, Nold, Ole, Pascal S., Patrick B., Peter U., Philip W., Philipp S., pwco, Ralf H., Roland B., Rosemarie H., Samuel G., Sander, Sascha K., Sebastian M., Sebastian S., Sebastian, Sinisa M., Sisi T., Stefan K., Stefan N.,Stefan W., Susanne G., Thomas N., Thomas R., Thomas S., Thorsten H., Tobias N., Torben W., Totte, Uwe K., Volker S., Yannik S.

Sollte es in der Zwischenzeit irgendwo medial richtig knallen, unterbrechen wir natürlich unseren Winterschlaf. Außerdem präsentieren wir Ihnen nach Weihnachten jeden Tag ein Best-of aus zwölfeinhalb Jahren BILDblog.

Und damit Ihnen der Lesestoff auf keinen Fall ausgeht, haben wir eine Übersicht mit all unseren Beiträgen aus diesem Jahr zusammengestellt. Klicken Sie sich doch mal durch:

» Terror-Alarm ohne Gewehr
» Nicht alles, was hitler ist, ist verboten (3)
» Heinz Hermann Thiele trinkt keine Entschlackungstees
» Verzettelte Drohungen
» SO kannst Du vortäuschen, dass Du ein journalistisches Portal bist
» Wer hat’s gemunkelt?
» Gute Vorsätze
» Die Opfer der „Bild“-Zeitung
» “Ich dachte, es gibt ethische Grenzen
» Sag mal Klettergerüst
» Wie der „Focus“ jahrelang über kriminelle Ausländer geschwiegen hat
» Die „Welt“ verheimlicht, dass nichts verheimlicht wurde
» Linke Nummer mit Mutti
» Das muss man sich mal vorstellen
» Presserat billigt nacherzählten Terror-Fehlalarm
» “BILD wird jede Chance nutzen, um mir zu schaden”
» “Bild”-Online-Chef: “BILDblog marschiert für Pegida”
» Das Schweigerkartell
» Bei Schwarzarbeit macht den Griechen keiner was vor
» “Ebenso böswillig wie falsch”
» Sie helfen
» So viel Klartext muss sein
» Medien ermitteln: Es war menschliches Versagen!
» Katastrophenjournalismus heute — eine Anleitung
» Aber der Sportteil!
» Journalismus-Irrsinn: Berichten mit Augenmaß!
» Wie gemein! Wer setzt solche Gerüchte in die Welt?
» Foto: Privat
» Völker, klaut die Signale
» Opferfotos bei Facebook klauen — was hält Mark Zuckerberg davon?
» Geier Sturzflug (2)
» “Blick” macht 15-Jährigen zum Dopingsünder
» Peter Lustig war kein Kinderhasser
» Persönlichkeitsrechte? Ehrensache!
» Sein Wort in ihren Ohren
» Der Minister, die Schauspielerin und die Medien
» Bei „Yahoo“ kann man noch ungestört „Todesstrafe für Ausländer“ fordern
» Sehen alle gleich aus (12)
» Gestreckter Stoff mit Hitler
» „Bild“ macht friedliche Moslems zu radikalen Islamisten
» Wenn die „Bild“-Zeitung erscheint, stirbt ein Promi
» 1+1+1+1+1=2
» Bild dir dein Frauenbild
» Der ehrenhafte Julian Reichelt und die grausamen Fotos aus Syrien
» „Der allergrößte Teil der Medien hat sich sehr gut verhalten“
» Wie gut ist „Bild“ wirklich?
» Clickbait aus Leidenschaft
» Die Anschläge von Brüssel im Breaking-News-Modus
» Schnell, schneller, „Focus Online“
» Heute anonym XXVI
» So sieht Journalismus heute aus
» Presserat hält „Galgenmann“-Fotos für unzulässig
» Medien tappen in gigantische Superrattenfalle
» Die grausame Wahrheit über die „Huffington Post“
» „Eigentlich ist es noch viel krasser“
» Nazi-Skandal Reloaded
» Jeder zehnte Journalist berichtet falsch über kriminelle Flüchtlinge
» Bild.de befördert Edward Snowden zum Russen-Spion
» Der Tod eines Toreros in Zeitlupe
» „Focus Online“ fällt auf einen 85 Jahre alten Witz rein
» „Focus Online“ klaut einen erfundenen Asteroiden
» „Extrem drastisches Video“, munter retweetet
» Wie „Bild“ mit „Sex-Mob-Alarm“ Vorlagen für rechte Hetzer liefert
» Die bigotten Hüter des Urheberrechts
» Falsches Spiel des Jahres
» Genies unter sich
» Das besondere „Bild“-Mitgefühl
» „6 vor 9“-Sonderausgabe: Amoklauf in München
» Das Attentat von München und die Medien
» „The European“ wärmt den „Sex-Mob-Alarm“ auf
» Foto-Tumult im Freibad
» Bild.de macht den Deutschen Angst
» Mit gefälschten Tweets zum Schweinsteiger-Wechsel
» Hinterher ist Bild.de immer schlauer
» Dirk Hoerens halbe Hartz-Wahrheit über Ausländer
» Kokain im alten Zopf
» Dirk Hoerens nächste halbe Hartz-Wahrheit über Ausländer
» Verfahrene Verbotsfantasien
» Was, wenn Bild.de den Flüchtlingsdeal platzen lässt?
» Wolf, Du hast die Gans gestohlen
» „500 Euro Bild-Zeitung-Leserreporter? Hör auf jetzt!“
» Überschriften sind kein Kinderspiel
» Heinz Buschkowsky und das falsche „Pokémon“-No-Go im Islam
» Burgerjournalismus beim „Express“
» „Bild“ sucht den verschwundenen Chinesen. Wir suchen mit.
» Und wer denkt mal an uns?
» Bild.de und die offizielle Nominierung für den Friedensnobelpreis
» „Bild“ urlaubt mit Rainer Wendt in sicheren Herkunftsländern
» „Bild“ schon wieder am Grab von Andreas L.
» Das Phantom der Burka
» 25 lesenswerte Medienreflexionen zu #Rio2016
» Es war nicht ihr Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strandburkini
» Den Papageien zum Kolumnisten machen
» Durchfall! Kollaps! Schenkelklopfer!
» Der „Express“ erklärt Köln zum Kriegsgebiet
» Herbert Grönemeyer hat keine 28-Jährige geheiratet
» „Blitz-Heilungen“ kann nicht mal „Bild“ voraussehen
» Das ist doch wohl ein schlechter Witz
» Hallöchen Voyeurchen
» Völlig versemmelt
» Und arbeitslos ist er auch noch
» Mit Bindestrich und ohne Würde
» Falsches über die Fälscher
» Bei Anruf Witwenschütteln
» Lach- und Unsachgeschichten
» Auch mal die andere Seite zeigen
» Telling Lies
» Die nackte Halbwahrheit
» Des Kaisers neuer Name
» Ob rot, ob braun, Bild.de schreibt nur über blonde Frau’n
» Diagnose: eine ernst zu nehmenden Computerspielwerbesucht
» Die Rügen-Könige aus dem Axel-Springer-Hochhaus
» „So wird aus positiv plötzlich negativ“
» „Pixel-Irrsinn“-Irrsinn bei Bild.de
» Einen wichtigen Punkt vergessen
» Das falsche Senegalesen-Zitat von Andreas Scheuer und die Medien
» Zum „Sex-Killer“ erklärt
» „Bild“ zeigt private Fotos von getöteten Menschen
» „Wir helfen“ – beim rechten Verwirrspiel
» Besondere Aufmerksamkeit
» „Die Moral der Moralapostel“
» Das Oktoberfest in den Medien
» Linke Nummer mit der/die ComputerIn
» Recherchieren? „An einem Sonntag ein bissl schwierig“
» „Bild“ wühlt in Gerwald Claus-Brunners In­tim­sphä­re
» „Focus Online“ fällt auf Simpsons-Wiesn-Witz mit Schwarzenegger rein
» Krankgeschrieben
» Was für eine Katastrophe
» Aus dem Gerichtssaal auf die Titelseite
» Heute beginnt das Kandidatinnen-Vergessen
» „Das war noch nicht die Pointe“
» „Völlig absurd!“
» Gabor Steingart und „Bild“ pöbeln im Geistersupermarkt gegen die EU
» Uwe Böhnhardts DNA war nicht an Peggys Skelett
» „Österreich“ sprach mit Bob Dylan, als es die Zeitung noch gar nicht gab
» Tatsachsenbehauptung
» Die Horror-Clown-PR-Kampagne von Bild.de
» „Spiegel Online“ widerlegt Propaganda-Vorwurf mit Propaganda
» Mit „Bild mobil“ jetzt nicht das Mindeste bekommen
» So eine Erde kann man schon mal übersehen
» Bild.de schiebt Wladimir Putin ein britisches Kriegsschiff unter
» Bild.de wärmt einen Grusel-Clown in altem Frittenfett auf
» „6 vor 9“-Sonderausgabe: US-Wahl
» We are BILDblog. And we don’t approve this message.
» Prinz Harry wehrt sich gegen den britischen Boulevard
» D’oh!
» Wie haben die Fake-Promis reagiert?
» Atomkoffer! Trump! Apokalypse!
» Donald Trump will weiter einen Einreisestopp für Muslime
» Antworten auf kritische Fragen? Nicht mit Nikolaus Blome
» Spannerfotos von Kindern? Das wird man ja wohl noch andeuten dürfen
» Lob im Tarnanzug
» Hohe Fehlerquote
» „Die Sensation liegt in der Luft“
» „Bild“ spricht Reisewarnung für Bochum aus
» Schlecht, schlechter, Geschlechtertrennung
» ARD-Fusions-Irrsinn bei „Bild“
» Opfer bringen
» Ein Einschub voller Verachtung
» Alfred Draxlers 84 Cent zu den „Zwangsgebühren“
» ÜBER
» „Bild“ beschneidet Foto und Urheberrecht
» Herbert Grönemeyer wurde immer noch nicht auf „La Fabrique“ getraut
» Im Westen leider viel Neues
» „Bild“ bietet Rainer Wendt Plattform für Generalverdacht
» Die Fotobeschaffer von Hameln
» „Bild“ der Frau
» Warum neu recherchieren, wenn’s anderswo schon falsch steht?
» Stilecht ohne Recherche
» Nichts ist so alt wie die falsche Burkini-Meldung von vor vier Monaten
» Thilo Sarrazins falsche Fakten über Flüchtlinge
» Fehlierer des Tages
» „Merry Christmas“ über Aleppo
» Wo ein Kläger, da eine Unterlassungserklärung
» „Bild“ liefert falsches Futter für Islamhasser und rechte Hetzer
» Der Anschlag von Berlin und die Medien
» Absage von Wagner
» „6 vor 9“-Sonderausgabe: Anschlag in Berlin

Alle Ausgaben unserer werktäglichen “6 vor 9”-Linkliste finden Sie hier. Die Arbeitsnachweise unserer Clickbait-Taskforce hier. Die “Perlen des Lokaljournalismus” hier. Benedikt Franks Kolumne “Mut zur Wirrheit” über das “Compact”-Magazin hier. Johannes Krams Kolumne “Politically Correct!” hier. Ralf Heimanns Kolumne “Im Abseits” hier. Und Leo Fischers “Bildbetrachtung” hier.

Viel Spaß damit!

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“Blitz-Heilungen” kann nicht mal “Bild” voraussehen

Wenn die Leute bei “Bild” eines können, dann — so sagt man gemeinhin — Fußball (“Aber der Sportteil …”). Die Reporter sind stets nah dran an den Vereinen, geben vor, Interna zu kennen, horchen in die Körper der Spieler. Geht ja auch gar nicht anders, wenn man eine tägliche Fußballzeitung herausbringen will.

Ende vergangener Woche hat das Blatt mal wieder einen Nachweis seiner Fähigkeiten im Kerngeschäft geliefert.

Die Ruhrgebiets-Ausgabe der “Bild”-Zeitung (in der Fußballberichterstattung unter anderem für den BVB zuständig) am Freitagmorgen so:

Der DFB am Freitagnachmittag so:


(Hervorhebung durch uns.)

Die Ruhrgebiets-Ausgabe der “Bild”-Zeitung am Samstag so:

Mit Dank an XY @VM_83!

Wer nicht für “Bild” werben will, muss gegen Flüchtlinge sein (3)

Dass Fans des Hamburger SV dem FC St. Pauli Respekt zollen und sich wünschen, ihr Verein würde genauso handeln wie der Kiezklub, kommt nicht häufig vor. Auch nicht, dass Anhänger des FC Schalke 04 und von Borussia Dortmund voller Neid auf die kleineren Nachbarn VfL Bochum und MSV Duisburg schauen. “Bild”-Chef Kai Diekmann hat mit seinen zwei Pöbeltweets zu St. Paulis Entscheidung, sich nicht als Werbetransmitter der “Wir helfen”-Aktion benutzen zu lassen, also das geschafft, was sonst nur Reizthemen wie Stadionverbote oder zu hohe Ticketpreise schaffen: Er hat Fans vereint, die sich sonst nicht besonders leiden können, mitunter sogar regelrecht bekriegen.

Es waren nämlich vor allem die Anhänger der deutschen Fußballvereine, die seit Mittwoch mächtig mobil machten. Fangruppen forderten die Vereinsbosse in offenen Briefen auf, sich der “Bild”-Hermes-DFL-Werbekampagne zu verweigern. Viele Fans haben bei Twitter das Hashtag #BILDnotwelcome tagelang in den sogenannten Trending Topics gehalten. Manche von ihnen kündigten dabei recht drastische Maßnahmen an.

Und ihr Protest hatte Wirkung: Bis zum Ende des vergangenen Spieltags in der 1. und 2. Bundesliga hatten sich zehn Vereine dem FC St. Pauli angeschlossen. Manche verzichteten ebenfalls komplett auf das “Wir helfen”-Logo, andere klebten nur das darin beinhaltete “Bild”-Logo ab; alle elf spielen in der 2. Liga, damit gab es lediglich sieben Zweitligisten, die sich der “Bild”-Aktion komplett angeschlossen haben. In der 1. Liga waren es alle 18 Klubs.

Unabhängig davon, ob ihr Verein mit oder ohne “Wir helfen”-Aufnäher auf dem Spielfeld stand, haben viele Fangruppen ihren Protest aus dem Internet auf die Stadionränge getragen. In Nürnberg zum Beispiel …



(Danke an @Ilja_FCN)

… oder in Paderborn durch die Gästefans aus Karlsruhe …


(Danke an @Doering_Stefan)

… oder beim SC Freiburg, wo die Heimfans Transparente mit “Refugees welcome — Bild nicht” und “Erst die Hetze angefacht — wird’s mit Fußball wieder gut gemacht?” hochhielten …



(Danke an Fotografin Friederike Bauer und @HulaLena)

… oder in Darmstadt …


(Danke an @DaTagblatt-Fotograf Arthur Schönbein)

… oder in Köln …


(Danke an @Lollipop2701 und die #SektionTwitter)

… oder in Mainz …



(Danke an @ne_ratte)

… oder in München, wo die 1860-Fans “Scheinheiligkeit und Doppelmoral als PR-Strategie — das bringt nur Blöd #BILDnotwelcome” aufs Banner schrieben …


(Danke an @Komissarov95)

… oder in Bremen durch die Gäste aus Ingolstadt …


(Danke an fuba tour)

… oder in Stuttgart …




(Danke an die Cannstatter Kurve)

… oder auf beiden Seiten beim Spiel zwischen dem VfL Bochum und Fortuna Düsseldorf …


(Danke an @mistadangee)



(Danke an turus)

… oder in Wolfsburg durch die Fans von Hertha BSC Berlin …


(Danke an La Familia)

… oder bei der Partie Union Berlin gegen Greuther Fürth von beiden Fanlagern …



(Danke an @NN_Online-Redakteur @chribenesch)

… oder mit Stickern beim BVB:


(Danke an @Doering_Stefan)

In Dortmund gab es bereits beim Spiel in der Europa League am Donnerstagabend Proteste gegen “Bild”. Die Fans auf der legendären Südtribüne hatten zahlreiche Banner gespannt:





(Danke an @schwatzgelbde)

Damit stellten sich genau die Fans mit Zitaten aus der neuen “Bild”-Imagekampagne gegen das Blatt, die noch vor wenigen Tagen von “Bild” für die neue Imagekampagne instrumentalisiert wurden:

Nun liest man derzeit immer wieder, dass Kai Diekmann genau das wollte: Aufmerksamkeit, für sich, für “Bild”, für die “Wir helfen”-Aktion.

Klar, mit seiner Twitterei zum FC St. Pauli dürfte er genau darauf ausgewesen sein. Jedenfalls wären so seine unsinnig-steilen Thesen zum Kiezklub zu erklären (weitere Erklärungsversuche: Warnschuss für mögliche Wackelkandidaten, bloß nicht auch noch abzuspringen; spezielles Weltbild: Wer nicht mit “Bild” kooperiert, kann nicht ganz sauber sein). Aber dieses Mal scheint der Aufmerksamkeitsprofi Diekmann die Folgen falsch eingeschätzt zu haben. Die Heftigkeit und die Vielfältigkeit der Reaktionen dürften auch für ihn überraschend gewesen sein. Unzählige Medien berichteten, kleinere Blogs, die großen Onlineportale, selbst die “Tagesthemen”. Und bei so gut wie allen Beiträgen konnte man das Unverständnis über die Äußerungen des “Bild”-Chefs herauslesen und -hören. In Interviews durften Sprecher von Faninitiativen ihren Ärger darüber äußern, dass ihr Verein möglicherweise mit Diekmanns Blatt paktiert, und sich über den scheinheiligen Wandel der “Bild” beim Thema Flüchtlinge auslassen.

Der sonst so tweetselige Diekmann wurde in der Folge auffallend still und twitterte stundenlang überhaupt nichts. Auch dem “Spiegel” wollte er nichts sagen. Gut möglich, dass er mit nur zwei Kurznachrichten eine ganze Menge zerstört hat — nicht nur beim Verhältnis zu den Fußballvereinen, sondern auch am mühsam aufgebauten Image der freundlichen “Bild”.

Damit sich der Schaden einigermaßen in Grenzen hält, schwenkte die Redaktion in ihrer Berichterstattung schnell um: Während sie am Donnerstag noch vorwurfsvoll-beleidigt meldete

… war sie bereits einen Tag später ganz handzahm und einsichtig:


Wir helfen — das haben alle Vereine bereits vorher schon mit zahlreichen Aktionen und Projekten bewiesen. Die Bundesliga ist Meister im Helfen. […] Beispiel St. Pauli: Sach- und Geldspenden des Vereins, seiner Mitarbeiter und Fans. Aktionen beim Test gegen Dortmund. Die Warmmach-T-Shirts und Refugees-Welcome-Banner werden versteigert. Profis besuchen Flüchtlingslager. Es gibt Trainingsangebote für die Kinder.

Nur zur Erinnerung: Das schreibt das Blatt, dessen Chefredakteur zwei Tag zuvor noch polterte, beim FC St. Pauli seien “#refugeesnotwelcome”, und den Verein in die Nähe der AfD rückte.

Wie heuchlerisch dieser neue “Bild”-Ton vom Freitag ist, zeigt auch ein Blick in die anderen Regionalausgaben:

Einen Tag später, als bei einigen Klubs noch nicht endgültig feststand, ob sie sich an der “Wir helfen”-Kampagne beteiligen oder nicht, ging das Gutwettermachen auf der Titelseite weiter:

Und das Erstligaduell am Freitagabend zwischen dem FSV Mainz 05 und der TSG Hoffenheim nutzte die Redaktion für ihre Samstagsausgabe so:

Also alles wie gehabt: Die Bundesliga steht im Mittelpunkt, genauso die “Bild” selbst mit ihrer “Wir helfen”-Aktion. Die Flüchtlinge, um die es eigentlich gehen soll, bleiben eine Randerscheinung.

Eine Überraschung gab es dann aber doch noch: Die “Bild am Sonntag” titelte im Sportteil mit Blick auf die Spiele in Liga eins und zwei:

Dabei klopfte sie ganz sicher auch sich selbst und ihrem Schwesterblatt auf die Schultern. Aber immerhin: Die Flüchtlinge haben es in die Überschrift geschafft.

Damit war heute allerdings direkt wieder Schluss, als Kai Diekmann das redaktionelle Sagen zurück hatte — bei “Bild am Sonntag” ist er lediglich Herausgeber –, und seine “Wir helfen”-Aktion wieder die wichtigste Rolle in diesem Schmierentheater bekam:

Mit Dank an alle Fotografen für die Bilder aus den Stadien!

Nachtrag, 22. September, 13:29 Uhr: Auch die Fans des FC Schalke 04 haben sich am Wochenende per Banner zur “Bild”-Aktion geäußert …


(Danke an die Cannstatter Kurve)

… genauso wie die des 1. FC Kaiserslautern.

Mit Dank an Johannes S. für den Link.

Im Kleinermachen ist “Bild” ganz groß

Momentan ist in den großen europäischen Fußballligen Sommerpause, die Mannschaften bereiten sich in Trainingslagern und Testspielen auf die kommende Saison vor. Und vor allem ist Transferzeit! Das bedeutet für die Medien: wilde Wechselgerüchte, angebliche Transfer-Hämmer und reichlich Möglichkeiten für falsche Berichte.

Gestern schrieb die “Bild”-Zeitung:

Und bei Bild.de hieß es entsprechend:

Es geht um Stürmer Mario Gomez, der bisher beim italienischen Erstligisten AC Florenz spielte, und um den Verein, für den er in der anstehenden Saison auflaufen wird: Beşiktaş Istanbul. Dass Gomez nach Istanbul geht, galt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als sicher, in der Hinsicht konnte “Bild” also nichts mehr verbocken. In allen anderen Hinsichten haben es die Sportexperten aber problemlos hinbekommen.

Es fängt schon an mit der Grafik zur Ablösesumme:

Dazu heißt es:

Gestern in Florenz die abschließenden Verhandlungen mit seinem Ex-Klub Fiorentina (kassiert rund 6 Mio Ablöse), heute Vormittag die Unterschrift und der Flug in die Türkei.

Das Problem dabei: Der AC Florenz hat Mario Gomez nicht nach Istanbul verkauft, sondern nur ausgeliehen. Daher ist es uns auch ein Rätsel, wie die Autoren Kai Psotta und Phillip Arens auf die “6 Mio Ablöse” kommen. Aber vielleicht ist “Bild”-Mann Arens einfach nicht nur gut im Trauernde-Menschen-nicht-in-Ruhe-lassen, sondern auch im Zahlenausdenken.

Ebenfalls falsch ist das Gehalt von Gomez in Istanbul, das die Autoren nennen:

Jetzt wollte ihn Florenz loswerden. Auch, weil sich sein Gehalt von geschätzten 4 Mio Euro netto pro Jahr auf rund 5 Mio erhöht hätte (Vertrag bis 2017). In Istanbul soll er laut italienischen Medien rund 5,5 Mio netto kassieren. Finanziell geht es nicht abwärts …

Und ob es das geht. Mario Gomez wird im kommenden Jahr 3,5 Millionen Euro verdienen. Die Aussage im Teaser, dass sein Gehalt “immer größer” werde, ist also falsch.

Überhaupt: Woran “Bild” und Bild.de den “Gomez-Absturz” erkennen wollen, verraten sie nicht. Es scheint aber mit den Vereinen zu tun zu haben, bei denen der Stürmer bisher gespielt hat beziehungsweise nun spielt — und die “immer kleiner” werden sollen.

Nun ist es nicht ganz einfach, den AC Florenz mit Beşiktaş Istanbul zu vergleichen, also einen Erstligisten aus Italien mit einem aus der Türkei. Aber gut, versuchen wir’s. Nur: Was heißt “kleiner” bei Fußballvereinen?

Für Kai Psotta und Phillip Arens ist es offenbar ein Kriterium, in welchem europäischen Wettbewerb beide Klubs in der nächsten Saison antreten werden:

Gomez in Istanbul. Europa League statt Königsklasse.

Stimmt, Beşiktaş wird in der Europa League spielen. Allerdings hat sich der AC Florenz in der vergangenen Saison auch nicht für die “Königsklasse” Champions League qualifiziert, sondern ebenfalls nur für die Europa League. In Hinblick auf den europäischen Wettberwerb hat der Wechsel nach Istanbul für Mario Gomez also keine Veränderung bewirkt.

Andere Vergleiche, mit denen sich die “Absturz”-These überprüfen ließe, nennen die beiden Autoren nicht. Daher hier mal ein paar Vorschläge:

Facebook-Fans
Beşiktaş Istanbul hat bei Facebook etwa 5,5 Millionen Anhänger und damit mehr als dreimal so viele wie der AC Florenz.

Stadiongröße
Noch in diesem Jahr wird Beşiktaş in die Vodafone Arena einziehen. Nach der Fertigstellung wird das Stadion 41.903 Plätze haben. Bis das soweit ist, tritt das Team im Atatürk Olimpiyat Stadı mit 76.092 Plätzen an.

Im Stadio Artemio Franchi in Florenz kommen 47.282 Fans unter.

Titelsammlung
Beşiktaş gewann bisher 13 Mal den Meistertitel in der türkischen Süper Lig. Dazu kommen neun Pokalsiege und acht Superpokalsiege.

Der AC Florenz wurde in seiner Vereinsgeschichte zweimal italienischer Meister, sechsmal Pokalsieger und einmal Superpokalsieger. Dazu kommen ein Sieg im Europapokal der Pokalsieger und einer beim Mitropacup.

Marktwert des Kaders
Laut dem Onlineportal transfermarkt.de (das auch zum Axel-Springer-Verlag gehört) beläuft sich der Gesamtmarktwert des Profiteams von Beşiktaş Istanbul auf 126,5 Millionen Euro, der des AC Florenz auf 108,78 Millionen Euro. Solche Marktwerte sind durchaus mit Vorsicht zu genießen. Aber auch sie sprechen nicht für die “Absturz”-Überschrift von “Bild” und Bild.de.

In der Online-Version des Textes ist die Passage zum Gehalt von Mario Gomez inzwischen übrigens geändert (“In Istanbul verdient er laut Klub-Info 3,5 Mio.”), genauso die Aussagen zur Ablösesumme (“Am Donnerstagmorgen gab Besiktas die Verpflichtung offiziell bekannt: Zunächst leihen die Türken Gomez nur aus, besitzen aber eine Kaufoption.”). Das Teaserbild hat die Redaktion ebenfalls aktualisiert:

In der “Bild”-Zeitung von heute geht es auch noch einmal um Gomez’ Türkei-Wechsel:

Kein Wort davon, dass im Sportteil vom Tag davor von einer Ablösesumme die Rede war. Aber was interessiert schon der Fehler von gestern? Gerade in der aufregenden Transferzeit.

Sibel Kekilli will nicht mit “Bild” sprechen

Sibel Kekilli hat kein besonders gutes Verhältnis zur “Bild”-Zeitung, und das verwundert wenig, wenn man weiß, was das Blatt der Schauspielerin vor zehn Jahren angetan hat.

Zwei Tage nachdem der Film „Gegen die Wand“, in dem Kekilli die Hauptrolle spielt, den Goldenen Bären gewonnen hatte, breitete “Bild” wochenlang genüsslich ihre Vergangenheit als Pornodarstellerin aus. Kekilli sagte danach gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Die ‘Bild’-Zeitung sagt mir zum Beispiel: Wir wollen jetzt an deine Eltern ran. Aber wir können sie in Ruhe lassen, wenn du uns ein Interview gibst. Ich laß mich ganz bestimmt von denen nicht erpressen.“

Die “Bild”-Berichterstattung wurde später vom Presserat mit einer Rüge belegt (die “Bild” erst zwei Jahre später unauffällig abdruckte) und vom Berliner Kammergericht als unzulässiger “Eingriff in die Würde eines Menschen“ bezeichnet (Genaueres s. Kasten).

Seitdem hat Sibel Kekilli der „Bild“-Zeitung (mit zwei Ausnahmen) keine Interviews mehr gegeben und würde es nach eigener Aussage auch nicht mehr tun. Darum waren wir auch etwas überrascht, als wir vor gut drei Wochen lasen:

Jetzt erzählt Sibel Kekilli BILD bei der Berlinale, wie ihr neues Leben in Hollywood läuft und wie es weitergeht.

Unser Verdacht war zuerst, dass „Bild“ sich das Interview (das wortgleich auch in der „B.Z.“ erschienen ist) in guter alter Sportteil-Tradition aus den Antworten von einer allgemeinen Pressekonferenz zusammengestückelt hat, doch inzwischen wissen wir, dass es doch ein wenig anders war:

Die Reporterin selbst erinnert sich offenbar anders. In einer Anmerkung schiebt die Redaktion hinterher:

Mit Dank auch an Christian M. und Bernhard W.

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Männer die Macher, Frauen die Objekte – über Sexismus in “Bild”

Seit vier Monaten setzt sich die Kampagne “StopBildSexism” gegen Sexismus in der “Bild”-Zeitung ein und fordert in einer Online-Petition die Abschaffung des “Bild-Girls” und den Verzicht auf sexistische Berichterstattung (bisher wurde die Petition über 34.000 Mal unterzeichnet). In einem BILDblog-Gastbeitrag erklären die beiden Initiatorinnen — Kristina Lunz studiert in Oxford Global Governance and Diplomacy, Sophia Becker arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Bundestag im Bereich Außenpolitik –, warum sie die Kampagne gestartet haben und wogegen sie dort eigentlich kämpfen.

***

Das “Bild-Girl” ist ein wahres Politikum. Immer wieder werden wir gefragt, was denn eigentlich das Problem sei, da diese Frauen das doch alle freiwillig machen würden. In der Tat, alle “Bild-Girls” lassen freiwillig die Hüllen fallen, sie scheinen selbstbewusst und mit sich und den Fotos im Reinen. Ja, die “Bild”-Zeitung erfüllt ihnen sogar einen lang ersehnten Wunsch. “Ich lasse mich gerne fotografieren”, sagt zum Beispiel “Bild-Girl” Jessica, und “Bild-Girl” Alina verrät: “Es ist mein Traum, in den Playboy zu kommen.” Wieso können wir also nicht einfach den freien Willen dieser Frauen akzeptieren? Ist das der neue Feminismus, der anderen Frauen vorschreiben will, was sie zu tun und zu lassen haben? Was soll diese Prüderie? Was ist denn so schlimm an ein paar Brüsten in einer Boulevardzeitung? 

Das Problem mit dem “Bild-Girl” liegt im Kontext. Täglich blickt es uns lasziv von den Seiten einer Tageszeitung entgegen, die 2,1 Millionen Mal verkauft und von zirka fünfmal so vielen Menschen gelesen wird. Es räkelt sich neben Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Sport und suggeriert somit, dass es sich auch hier um die Abbildung der Realität handelt. Die Nachricht, die das “Bild-Girl” sendet, ist: Frauen sind immer verfügbar und ausschließlich für die männliche Bedürfnisbefriedigung da.

Das “Bild-Girl” ist jedoch bei weitem nicht das größte Problem. Es ist eigentlich nur die Spitze des Eisbergs, denn der Sexismus schlägt einem aus fast jedem Artikel über Frauen entgegen. Die weibliche Hälfte der Bevölkerung wird in “Bild” fast ausschließlich auf ihr Äußeres und ihre Sexualität reduziert. Frauen werden im Vergleich zu Männern als schwach, verwundbar und passiv dargestellt. Sie werden objektifiziert und sexualisiert. Artikel über Frauen zeigen sie entweder als Pendant zu einem Mann, berichten über ihren Körper und ihre Kleidung oder zeigen Frauen als Opfer. Dafür gibt es jeden Tag unzählige Beispiele.

Besonders pervers ist, wie “Bild” Fälle von Gewalt gegen Frauen benutzt, um den Voyeurismus und die Sensationslust der Boulevardpresse zu befriedigen. Unter dem Deckmantel des Journalismus und der Anteilnahme mit den Opfern und ihren Angehörigen werden Geschichten wie die von Tuğçe A. oder Maria P. bis ins kleinste Detail, ohne Rücksicht auf ihre Privatsphäre, ausgeschlachtet. 

So berichtete “Bild” zum Beispiel empört über einen Spanner in einer Sonnenbank. Die Verurteilung des Täters nahm “Bild” als Anlass, selbst ein Foto abzudrucken, das die nackte Geschädigte zeigt. Ein weiteres Beispiel findet sich in der Berichterstattung zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das die Kündigung eines Mannes für unzulässig erklärte, der einer Reinigungskraft in seinem Betrieb an die Brust gefasst hatte. “Bild” gibt sich empört über diesen Sexismus und druckt gleichzeitig als Aufmacher das Bild eines weiten Ausschnitts über den Artikel. 

BILDblog hat vor einigen Tagen aufgezeigt, wie “Bild” sich seit Monaten am Buch und Film “50 Shades of Grey” ergötzt. Diese Berichterstattung ist auch ein treffendes Beispiel für den Sexismus und Voyeurismus, der täglich im Blatt zu finden ist. Im Artikel „BILD zeigt den Busen, auf den die Welt wartet“ druckte “Bild” schon vor Kinostart, bevor Screenshots veröffentlicht werden durften, ein Oben-ohne-Foto von Dakota Johnson, der Hauptdarstellerin des Films. Das Foto entstand jedoch vermutlich ohne Einwilligung der Schauspielerin während ihres Urlaubs. “Bild” behandelt Frau Johnson damit, als sei ihr Körper ein öffentliches Gut, das jedem zugänglich gemacht werden darf.

Männer hingegen werden in “Bild” grundsätzlich anders dargestellt: ob als Sportler, Staatsmänner oder Wirtschaftsbosse — Männer bekommen eine Berichterstattung, die sie als vollständige Person wahrnimmt, als Mensch mit Charakter, Interessen und Ideen.

Der anderen Hälfte der Bevölkerung wird diese respektvolle Berichterstattung nicht zuteil, was beispielsweise sehr eindringlich in der Ausgabe vom 11. Februar deutlich wurde: Männer diskutieren über Politik, Frauen werden zum Lustobjekt.

Wenn Sie auf Bild.de gehen, werden Sie feststellen, dass die große Mehrheit an Artikeln über Frauen diese auf ihren Körper und ihre Sexualität reduziert und die nebenstehenden Abbildungen ebenfalls die Frau ausschließlich zum Objekt degradieren. Ein kleiner Auszug von Artikeln vom 18. Februar, die ebenfalls mit Fotos von Frauen werben, auf denen diese auf ihr Äußeres reduziert oder sexualisiert dargestellt werden:











Eine ähnliche Zusammenstellung von Bild.de-Artikeln über einen Zeitraum von vier Tagen hinweg, die Frauen thematisieren, machten wir Anfang Februar:

Man kann dieses kleine Experiment jeden Tag machen und wird immer wieder das gleiche, diskriminierende Muster entdecken: Männer die Macher, Frauen die Objekte. Besonders auffällig ist dies im Sportteil der “Bild”-Zeitung, der ebenfalls von Männern dominiert wird. Es ist nicht so, als gebe es in Deutschland nicht genügend erfolgreiche Sportlerinnen — die sportlichen Leistungen von Frauen werden in “Bild” einfach nicht ansatzweise so gewürdigt wie die sportlichen Leistungen von Männern. Wenn Frauen es dann mal in den Sportteil schaffen, dann beispielsweise nicht etwa, weil sie erfolgreiche Tennisspielerinnen, sondern eben die Freundinnen mit Modelmaßen von berühmten Fußballern sind.

Deutschlands einflussreichste Zeitung zeichnet also ein klares Bild und bietet kaum Plattformen, respektvoll über Frauen als eigenständige Persönlichkeiten zu berichten, da sie keine Daseinsberechtigung über die sexuelle Bedürfnisbefriedigung von Männern hinaus zu haben scheinen. So wird in den Millionen von Haushalten, in denen “Bild” gelesen wird, allen — auch Mädchen und Jungen von klein an — ein klares Rollenbild vermittelt und damit die gläserne Decke verstärkt.

Denn Forschung und Wissenschaft haben gezeigt, dass sexualisierte Darstellungen in den Medien auch Implikationen für das wahre Leben haben und beschreiben die Verbindungen zwischen Objektifizierung, Dehumanisierung und Gewalt. So beobachten Puvia und Vaes, dass wenn Frauen objektifiziert werden, sprich: auf ihren Körper reduziert und als Objekt dargestellt, dann werden ihnen von Männern sowie von Frauen menschliche Eigenschaften abgesprochen, sie werden also dehumanisiert. Die Forscher Rudman und Mescher fanden zudem heraus, dass Männer, die Frauen als Objekt — also dehumanisiert — betrachteten, eine größere Neigung zu Vergewaltigungen und sexueller Gewalt im Allgemeinen zeigen. Auch Dr. Linda Papadopolous, die Autorin des Berichts „Sexualisation of young people” des britischen Innenministeriums legt dar, wie die sexuelle Objektifizierung als eine von vielen Formen der Unterdrückung von Frauen zu weiteren Benachteiligungen wie Diskriminierung am Arbeitsplatz und sexueller Gewalt führt.

Massenmedien beeinflussen bewusst und unbewusst unsere Meinungen und Werte. Sie formen unsere Normalität und geben uns Verhaltensrichtlinien vor. Deshalb ist es so gefährlich, wenn Deutschlands einflussreichste Zeitung täglich Frauen diskriminiert, auf ihren Körper reduziert und ihren Wert an ihrer Sexualität misst. Dieser Blick auf Frauen wird — bewusst oder unbewusst — von Leserinnen und Lesern übernommen und in ihr tägliches Leben übertragen.

Angesichts der vielen Fälle von Gewalt gegen Frauen in Deutschland geht es hier weit über ein paar nackte Brüste in einer Boulevardzeitung hinaus. Laut einer Studie der Bundesregierung (PDF) werden knapp 60 Prozent der Mädchen und Frauen in Deutschland im Laufe ihres Lebens mindestens einmal sexuell belästigt, und etwa 40 Prozent haben seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren.

Frauen sind, genauso wie Männer, mehr als die Summe ihrer Körperteile und Sexualität. Sie leisten ebenso herausragende Dinge und ihre Taten verdienen es, beachtet zu werden. Wir, unsere Freundinnen, Schwestern und alle Frauen sind ebenso vielfältig, sportlich, top ausgebildet, stark und kreativ wie Männer. Frauen sind keine Vorlagen zur sexuellen Bedürfnisbefriedigung, so wie es die Kommentare von “Bild”-Lesern und -Leserinnen unter den “Bild-Girls” suggerieren:

Deshalb haben wir, die zehn Männer und Frauen hinter “StopBildSexism”, uns vor vier Monaten zusammengetan, um diese Form der Diskriminierung zu bekämpfen. Wir verlangen eine respektvolle Darstellung aller Menschen in Deutschlands einflussreichsten Medien und allen voran in “Bild”. Wir wollen mehr erfolgreiche Frauen und weniger Gewaltopfer sehen. Eigentlich ist unsere Forderung extrem simpel: Wir wollen, dass “Bild” über Frauen ebenso berichtet wie über Männer: über ihre Arbeit in Bereichen wie Sport, Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Alle Quoten dieser Welt werden uns nicht die Gleichberechtigung bringen, so lange Deutschlands einflussreichste Medien ein eindimensionales, schwaches und passives Bild von Frauen verbreiten.

Unsere Kritiker greifen selten zu echten Argumenten. Persönliche Angriffe („Ihr müsst wohl arg unzufrieden mit eurem Sexleben sein“, „Ihr seid nur neidisch und habt sicher kleine Brüste.”) paaren sich mit einer vermeintlich heroischen Verteidigung der Meinungsfreiheit („Ihr wollt die Zensur!“) und einem beängstigenden Fatalismus („Wenn es euch stört, kauft halt die Zeitung nicht.“ „Was regt ihr euch so auf, das Bild-Girl gab es doch schon so lange ich denken kann.“)

Davon werden wir uns sicher nicht abhalten lassen, denn „der gefährlichste Satz einer Sprache ist: ‚Das haben wir schon immer so gemacht.’” (Grace Hopper). Wir stellen den Status Quo in Frage und akzeptieren nicht, dass Sexismus eine Form von Diskriminierung ist, die in unserer Gesellschaft noch immer heruntergespielt und belächelt wird. “This has never been about being ‘offended’, but being affected by it”, wie die britische Abgeordnete Stella Creasy das “Page 3 Girl” in der “Sun” einmal kommentierte. Es geht um die Konsequenzen der oben beschriebenen Darstellung von Frauen in unseren Massenmedien, die uns am Ende alle betreffen.

Natürlich führt das Durchblättern einer “Bild”-Zeitung nicht unverzüglich zur Belästigung einer Frau. Wir werden jedoch täglich mit Hunderten solcher Bilder konfrontiert. Ob wir es wollen oder nicht, diese Darstellungen beeinflussen unsere Wahrnehmung und tragen dazu bei, dass Leistungen von Frauen in unserer Gesellschaft schneller belächelt werden, dass Sexismus als Witz abgetan werden kann und dass eine Fixierung auf das Aussehen von Frauen Normalität ist. Dies, verbunden mit der Degradierung und Objektifizierung, kann eben auch zu sexueller Belästigung und Gewalt beitragen.

Wir stellen nicht in Frage, dass Frauen sich freiwillig dazu entscheiden können, Nacktfotos aufzunehmen. Uns geht es auch nicht um die einzelnen “Bild-Girls”, um ihre Motivation oder Gründe. Alle Menschen können ihr Leben so gestalten, wie sie möchten, so lange sie damit nicht die Freiheit anderer einschränken. Das gehört zu den Grundlagen unserer Demokratie. Zu den Grundwerten unserer Demokratie gehört jedoch auch, das Menschen weder aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft, ihrer Religion, ihrer Sexualität noch aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden. Doch das findet jeden Tag in der “Bild”-Zeitung statt.

Selma Jacobi, Audi, Kimchi

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “‘Tatort’-Kommissarin wird nach Nazi-Opfer benannt”
(tagesspiegel.de, Sonja Álvarez)
Eine neue “Tatort”-Kommissarin soll den Namen Selma Jacobi tragen, nach einer Frau, die 1943 im Ghetto Theresienstadt starb. Die verantwortliche Leiterin des HR-Fernsehspiels, Liane Jessen, wird im Artikel wie folgt zitiert: “Wir tun hier etwas Gutes. ‘Tatort’-Kommissare sind schließlich die modernen Helden unserer Zeit, und wir lassen Selma Jacobi als Heldin wiederauferstehen. Das hätte ihr sicher gefallen.”

2. “Audis Pep-Scoop: Wie aus einer PR-Story eine weltweite Sportnews wurde”
(meedia.de, Alexander Becker)
Ein Interview mit Pep Guardiola im Geschäftsbericht 2013 von Audi. “Je wichtiger das Thema Content-Marketing wird, desto häufiger werden wir schon bald solche exklusiven Interviews und Berichte auf PR-Plattformen von Unternehmen lesen, statt in den Sportteilen der großen Medienmarken. Denn längst gilt auch für Unternehmen: Content is King.”

3. “Geht es noch öffentlicher als über Twitter?”
(de.globalvoicesonline.org, Jillian C. York)
Eine Diskussion um die Frage, wie öffentlich Tweets sind und was Medien damit machen können: “Mit der immer größeren globalen Verbreitung von Twitter und anderen sozialen Medien müssen Journalisten lernen, vorsichtiger mit ihnen umzugehen.”

4. “Ödnis als Tarnkappe”
(textdump.antville.org, gHack)
“Der zuverlässigste Schutz für zeitgenössische Cracker und Fracker, die sich so ein richtig großes und saftiges Stück vom Kuchen abschneiden wollen”, bleibe die Langeweile, glaubt gHack: “Es gibt einfach nichts langweiligeres als juristische Fitzeleien, steuerrechtliche Feinsinnigkeiten und EU-Richtlinien. Und genau dort setzen die Experten der Ödnis an. Sie manipulieren mit opaken Formulierungen den Fluss der Geldströme, sichern sich die leckersten Jobs und Aufträge, oft genug unter den Augen der Öffentlichkeit.”

5. “Kimchi und Käsebrot”
(freitag.de, Ji-Hun Kim)
Ji-Hun Kim schreibt über sein Leben in Deutschland: “Es klingt absurd, aber in Korea bin ich Ausländer auf den zweiten Blick und nach einigen Wochen wünsche ich mir nichts sehnlicher als ein doppelt gebackenes Vollkornbrot mit Butter und Käse.”

6. “Awesomely fake trick shot video shows you can’t trust anything anymore”
(sploid.gizmodo.com, Video, 1:49 Minuten)

Bild  

Vim Vomlands Finderwahnsinn

Seit vergangenem August läuft in “Bild” die Serie “50 Jahre Bundesliga”, in der die Sportredaktion jede Woche zurückblickt: Bunte Anekdoten, “legendäre Fotos” und die jeweilige Abschlusstabelle sollen den Leser an längst vergangene Bundesligaspielzeiten erinnern.

Die gestrige Rückschau auf die Saison 2000/2001 fiel ein bisschen ausführlicher aus als sonst, was damit zusammenhängen könnte, dass es eigentlich nur am Rande um Fußball ging — und hauptsächlich um “Bild”:

BILD-Reporter Vim Vomland: So jagte ich Daum durch Amerika

Detailliert beschreibt Vim Vomland, über viele Jahre der ganz persönliche Christoph-Daum-Beauftragte von “Bild”, wie das damals war, als Christoph Daum das Land verließ, nachdem seine Haarprobe positiv auf Kokain getestet worden war.

Und mit “detailliert” meinen wir so was:

21. Oktober: Ich, der BILD-Reporter, telefoniere gegen 13 Uhr mit Daums Lebensgefährtin Angelika. Sie sagt einen ungeheuerlichen Satz:

“Der Test bei Christoph ist so, als hätte er eine Lkw-Ladung genommen.” Ihre Worte dröhnen in meinen Ohren.

Um 13.45 Uhr fliegt Daum mit dem Lufthansa-Jumbo in der First-Class auf Platz 83 C von Frankfurt nach Miami.

Vomland flog damals hinterher (“Nur mit einem grauen Anzug, ohne Gepäck, aber mit BILD-Fotograf Andreas Pohl”) und versuchte alles, um den frisch entlassenen Trainer von Bayer Leverkusen zu finden.

Doch erst hatte er kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu:

24. Oktober: Daum feiert seinen traurigsten Geburtstag (den 47.). Wir spüren sein Versteck auf. Das Privat-Resort “Windstar”. Ich bekomme Einlass in die Anlage unter dem Vorwand, eine Mitgliedschaft im Golf-Club kaufen zu wollen. Doch in der Villa eines Freundes ist von Daum nichts zu sehen. Wir mieten uns im “Hilton” auf Marco Island, 30 Kilometer südlich von Naples, ein.

Was wir nicht ahnen konnten: Daum wohnt in dem Augenblick nur 100 Meter in einer Strand-Villa entfernt. Als Calmund erfährt, wo die BILD-Reporter absteigen, lässt er Daum durch die Hotel-Tiefgarage vom gemeinsamen Freund Mark Dillon wegbringen. Von Naples ins neue Versteck nach Orlando Altamonte Springs.

Und so beschreibt Vomland, wie tagelang erst nichts und dann wenig passierte:

2. November: Bei mir klingelt um 11.18 Uhr das Handy. “What’s up Maria? – Was gibt es Maria?” Es ist Christoph Daum! Er gehört zu den wenigen, die meinen Taufnamen kennen. Daum: “Mir geht es gut, mich findet keiner.” Auf meinen Vorschlag (“Lass uns treffen!”) antwortet er: “Ich weiß nicht. Mach es gut. Kopf hoch.”

Vomlands hyperaktive Berichterstattung über den “flüchtigen” Daum sorgte schon damals für Erheiterung bei anderen Journalisten, wie zeitgenössische Texte von “Spiegel Online” und der “Berliner Zeitung” zeigen.

Es gab dann aber doch noch ein Happy End:

3. November: [“Daum-Freund” Mark] Dillon ruft an: “Christoph will dich sehen. Aber allein. Halte dich in der Church Street in Downtown Orlando bereit.”

In dem Vergnügungsviertel tippt mir Dillon um 12.47 Uhr auf die Schulter. Durch den Hinterausgang eines Irish Pub geht es über Feuerleiter, Treppen, Hinterhöfe, Parkplätze zu Dillons Auto. Dort werden mir die Augen verbunden. 25 Minuten später halten wir.
Über eine Hintertreppe landen wir in einem Büro im 1. Stock. Da sitzt Daum und lacht: “Mensch, Maria, wo ist dein Problem?”
BILD hat Daum gefunden!

“Gefunden”, so so.

Man kann sich das gut vorstellen, wie Vim Vomland bei einer Treibjagd durch den Wald pflügt, haufenweise unwichtige Details an die Redaktion durchgibt und am Ende dann mit verbundenen Augen von einem Eichhörnchen zum Hirschen geführt wird. Der Hirsch sagt: “Ich habe auf Dich gewartet”, und Vomland ruft: “Ha! Gefunden!”

Alternativ wäre man gerne dabei gewesen, in der Kindheit von Vim Vomland, als er mit den Nachbarskindern Verstecken gespielt hat und immer “Hab dich”, gerufen hat, wenn die anderen Kinder nach Stunden aus ihrem Versteck krochen.

Wirklich ergiebig war das Interview nicht, wie Vomland auch zwölfeinhalb Jahre später noch andeutet:

30 Minuten reden wir über Calmund, seine Kinder, seine US-Zeit, seine nächtliche Hotel-Flucht. Daum: “Vim, sage allen, dass es mir gut geht. Ich hoffe, wir sehen uns unter erfreulicheren Bedingungen wieder.”

Tatsächlich hat Daum damals offenbar so wenig gesagt, dass Vomland seinen Text in “Bild” vom 4. November 2000 mit banalen Details strecken musste. Aber das konnte er damals schon gut:

Der verschollene Daum. Hockt da, hinter einem Holztisch auf einem der sechs grauen Stühle. Füllt irgendwie den ganzen beigefarbenen Neun-Quadratmeter-Raum. Hinter ihm ein Fenster mit Markise. Daum trägt ein hellblaues Hemd (Button down), eine pinkfarbene Krawatte, eine dunkelblaue Sommerhose, graue Slipper. Sein Gesicht ist gebräunt. Und: Sein Haar ist um etwa die Hälfte kürzer als zuletzt in Leverkusen.

Die tatsächlichen Antworten Daums damals lassen sich in etwa so zusammenfassen: “Dazu sage ich nichts”, “Mehr dazu nicht”, “Du kannst mit mir reden, aber dazu kein Kommentar.”

Dafür erklärte “Bild” damals das besondere Verhältnis zwischen Daum und Vomland:

Christoph Daum (47) und Vim Vomland (45) – der Trainer und der BILD-Reporter aus Köln. Sie kennen sich schon seit dem Winter ’76. Damals waren sie beide Studenten der Sporthochschule Köln. In der Mensa kamen sie erstmals ins Gespräch. Als Daum Jugendtrainer beim 1. FC Köln war, berichtete Vomland als junger BILD- Mitarbeiter über diese Spiele. Und später über Daums Aufstieg. Intensiv wurde der Kontakt ab Juli 1996: Daum wechselt zu Bayer Leverkusen. Den Klub, über den Vomland fast täglich berichtet. Der Reporter war dabei, als Daum am Tag vor seinem 45. Geburtstag bekannte: “Vim, ich verlasse meine Familie.” Der Reporter erlebte Daum nach dem Unterhaching-Desaster: “Er fiel in sich zusammen. Er tat mir leid.” Jetzt war Vomland der erste Journalist, der Daum nach seiner überstürzten Abreise nach Florida gesprochen hat.

Sogar die “Welt” bezeichnete Vomland damals als Daums “zu Berühmtheit gelangten Spezi”.

Heute schreibt Vim Vomland noch immer für den Sportteil von “Bild”, nur Christoph Daum scheint er seit 2011 nicht mehr gefunden zu haben.

Mit Dank auch an Matthias M.

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