Suchergebnisse für ‘spiegel online’

Rundfunkbeitrag legal?, Selfie-Forschung, Naidoo und das Gift

1. Ist der Rundfunkbeitrag verfassungskonform?
(sueddeutsche.de, Carolin Gasteiger)
Heute wird in Karlsruhe über vier Verfassungsbeschwerden gegen den Rundfunkbeitrag entschieden. Carolin Gasteiger stellt die Kläger und ihre Beweggründe vor und erklärt, welche Folgen das Urteil haben könnte.

2. “Die großen Sender haben ihr Publikum jahrelang nicht gut behandelt”: Kalkofes bittere Bilanz der vergangenen zehn Fernsehjahre
(meedia.de, Nora Burgard-Arp)
Bei “Meedia” zieht Oliver Kalkofe Bilanz der vergangenen zehn Fernsehjahre und rechnet mit den Fernsehsendern ab: “Die großen Sender haben ihr Publikum jahrelang nicht gut behandelt — und das zahlt sich jetzt zurück. Die Zuschauer wechseln zu den Streamingdiensten. Das heißt, die Fernsehanstalten müssen sich jetzt besinnen und anfangen, auch inhaltlich anders zu denken. Erfolg neu definieren, und zwar nicht mehr nur über diese imaginäre, nicht existente Quote, die einfach nur ein Schätzwert ist und die auf einem Fernsehverhalten basiert, das in dieser Form seit 30 Jahren nicht mehr existiert. Nur dann haben sie eine Chance.“

3. Man muss das Gift benennen
(spiegel.de, Andreas Borcholte)
Das Landgericht Regensburg hat einer Klage des Mannheimer Popsängers Xavier Naidoo stattgegeben, mit der dieser sich gegen eine Äußerung wehrte, nach der er Antisemit sei (“das ist strukturell nachweisbar”). Andreas Borcholte kommentiert die Entscheidung: “Xavier Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden, obwohl seine Texte antisemitische Klischees enthalten. Zu den Risiken und Nebenwirkungen muss man keinen Arzt oder Apotheker befragen, um zu ahnen, dass mit dieser juristischen Dialektik viel Spielraum für all jene entsteht, die in ihren Songtexten oder sonstigen Kunstwerken mit Ressentiments, kruden Theorien und Hass zündeln wollen.”

4. Jeder ist abhängig vom Rechts­staat
(lto.de, Klaus F. Gärditz)
In einem Gastbeitrag für “Legal Tribune Online” beschäftigt sich der Jurist Klaus F. Gärditz mit dem Phänomen der Justizverweigerung als mediale Selbst-Inszenierung. Aus politischem Opportunismus würden gerichtliche Entscheidungen ignoriert. Dies untergrabe das institutionelle Vertrauen in die Institutionen des Rechtsstaats, von deren Funktionieren im Ernstfall alle abhängig seien.

5. UN müssen Journalisten retten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Mehrere Dutzend Journalisten sitzen im Südwesten Syriens auf der Flucht vor der Regierungsarmee fest: Die Grenze zu Israel ist geschlossen, Jordanien nimmt keine syrischen Flüchtlinge mehr auf und der Grenzübergang zu Jordanien ist seit Anfang des Monats unter Kontrolle der syrischen Armee. “Die UN und die Nachbarländer müssen sofort die Evakuierung der 69 eingeschlossenen Journalisten in die Wege leiten”, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. “Jede Stunde zählt. Den Journalisten droht Lebensgefahr, wenn sie in die Hände der Regierungstruppen gelangen.”

6. Die Macht des Selfies
(deutschlandfunk.de, Stefan Koldehoff, Audio, 5:22 Minuten)
Die Wissenschaftlerin Kristina Steimer leitet das neugegründete Selfie-Forschungsnetzwerk in München, das an das Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft angegliedert ist. Das Selfie sei mehr als ein Produkt narzisstischer und aufmerksamkeitssüchtiger Millennials: “Ich glaube, dass diese Zuschreibung eher eine Art von Kapitulation ist, vor der Komplexität und Unüberschaubarkeit des Selfie-Phänomens.” Mit dem “Deutschlandfunk” hat Steimer über die verschiedenen Aspekte der Selfie-Forschung gesprochen.

Mit nicht existenten Mordaufrufen Stimmung machen. Oder soll man es lassen?

Ich ärgere mich gerade. Ich ärgere mich über Journalisten angesehener Medienhäuser, die von einem Mordaufruf gegen sie berichten, den es nicht gibt. Ich ärgere mich über Journalisten, die ihre Redlichkeit und das Vertrauen in ihre Verlage beschädigen und damit Kollegen beleidigen, die tatsächlicher Verfolgung ausgesetzt sind. Die manipulative, weil Mitleid- und Solidarität-triggernde Empörungs-Tweets absetzen, welche den Verdacht nahelegen, dass sie mit dem Mittel der Täter-Opfer-Umkehr von eigenen Fehlern ablenken wollen. Und ich ärgere mich über Journalisten, die all das Mordaufruf-Gerede nachplappern, weil es ihnen in ihr Weltbild passt.

Doch der Reihe nach.

Die Wochenzeitung “Die Zeit” veröffentlichte vergangenen Donnerstag ein Pro & Contra zur Frage der Legitimität privater Seenotrettung von Geflüchteten. Massive Kritik gab es vor allem für die in der Überschrift formulierte Frage “Oder soll man es lassen?”, wohl auch, weil aus ihr nicht klar hervorging, dass mit “es” nur die private Seenotrettung gemeint war und nicht die Seenotrettung im Allgemeinen:

Ausriss Die Zeit - Oder soll man es lassen?

In einem “SZ”-Kommentar kritisiert Heribert Prantl die “Zeit”. Man dürfe Menschen nicht als Sache betrachten und behandeln. So ein Pro & Contra sei vielleicht gut gemeint, aber nicht gut. Es relativiere die Menschenwürde:

Wer sich auf eine solche Denkweise einlässt, der landet bei der Folter und bei der Todesstrafe.

Auch die Publizistin Ingrid Brodnig beanstandet die Fragestellung. Diese sei ein Beispiel für “False Balance” im Journalismus: Journalisten seien darauf gedrillt, “beide Seiten” zu beleuchten. Dies führe im schlimmsten Fall dazu, dass menschenfeindliche Positionen denkbare Optionen werden:

Es ist ein Irrtum, dass ausgewogener Journalismus bedeutet, man gibt allen Meinungen Raum — egal wie menschenfeindlich oder faktenfern sie sind. Dieses Streben nach “alle Seiten müssen vorkommen” kann im Journalismus dazu führen, dass wir plötzlich Menschenrechte infrage stellen.

Bei “Deutschlandfunk Kultur” kritisiert Journalistik-Professor Klaus-Dieter Altmeppen die von der “Zeit” gewählte Form des Beitrags:

Man kann diese Frage natürlich stellen, aber dann muss sich die “Zeit” auch die Frage gefallen lassen, was das denn soll, diese Frage zu stellen.

Es sei ganz einfach eine Frage von Humanität und Menschenwürde, Leben zu retten. Und da gebe es kein Contra.


Doch hier soll es nicht vornehmlich um die inhaltliche Bewertung des “Zeit”-Artikels gehen, sondern um die Legende vom Mordaufruf gegen “Zeit”-Redakteure.

Der Versuch einer Chronologie - 12. Juli 2018, 12:04 Uhr

Auf Twitter reagiert “Titanic”-Chefredakteur Tim Wolff auf die vielerorts als unanständig und inhuman empfundene “Zeit”-Überschrift mit einer gespiegelten, ebenso unanständigen und inhumanen Gegenfrage samt Pro-Contra-Abstimmung:

Screenshot des Tweets von Tim Wolff - Zeit-Mitarbeiter auf offener Straße erschießen? Wahlmöglichkeiten: Pro und Contra

(Mittlerweile wurde der Tweet von Twitter gelöscht. Zunächst war Wolff mehrfach mitgeteilt worden, dass Beschwerden vorlägen, denen man jedoch nicht stattgegeben habe. Inzwischen hat Twitter offenbar seine Meinung geändert, den Tweet gelöscht und Wolff mit einer zwölfstündigen Sperre belegt.)

12. Juli 2018, 13:55 Uhr

Der renommierte Medienmanager und ehemalige Chefredakteur von “Zeit Online” Wolfgang Blau kommentiert:

Screenshot des Tweets von Wolfgang Blau - Zwei Wochen nach dem Amoklauf bei der Capital Gazette schlägt der Chefredakteur des Magazin Titanic vor, Journalisten zu erschießen und einer Autorin das Gesicht mit heißem Wasser zu verbrühen. Und sagt, dann bestimmt das sei Satire. Nein, das ist Aufruf zum Mord.

Nun ist es aber recht offenkundig, dass der Wortlaut des Tweets von Tim Wolff einen derartigen Mordaufruf nicht hergibt. Nur zur Erinnerung: Der “Titanic”-Chefredakteur reagierte mit einer ungehörigen Gegenfrage auf eine aus der Sicht von vielen ungehörige Frage (die, was wir am 12. Juli noch nicht wissen, der verantwortliche Redakteur später selbst als Fehler bezeichnen wird).

Die gespiegelte Gegenfrage stellt vor allem ein rhetorisches Mittel dar. Sie ist ein Vergleich, der verdeutlichen soll, wie unverschämt die Denkweise ist, die einer solchen Frage zugrunde liegt. Vielleicht ist es daher noch nicht mal Satire, sondern nur sehr zugespitzte Gegenrede. Man kann Wolffs Gag gut finden oder auch nicht. Was er auf jeden Fall nicht ist: ein ernst gemeinter Mordaufruf. Und das ist jedem klar, der soweit alphabetisiert ist, dass er aus einem Zusammenhang sinnentnehmend lesen kann.

Das Märchen vom Mordaufruf macht unter Journalisten dennoch weiter die Runde.

12. Juli 2018, 15:05 Uhr

Nun lässt die Chefredakteurin der “Deutschen Welle” ihrer Empörung freien Lauf:

Screenshot des Tweets von Ines Pohl - Was soll das? Schaut Euch mal um in der Welt, solche Aktionen sind weder lustig noch öffnen sie irgendwelche Perspektiven. Das ist schlicht Aufruf zum Mord. Pfui!

12. Juli 2018, 21:31 Uhr

Und “FAZ”-Redakteur Philip Plickert schreibt:

Screenshot des Tweets von Philip Plickert - Zeit-Redakteurin fragt, ob die private Seenotretter im Mittelmeer nicht auch Schlepperei ermuntern und ob dieses Retten von Migranten wirklich richtig ist. Dafür gibt es jetzt Tötungsaufrufe gegen Zeit-Mitarbeiter. Sagt viel über unsere Refugees-Welcome-Fanatiker.

Hier ließe sich einiges anmerken: Zum Setzen des Wortes Seenotretter in Anführungszeichen und der dadurch deutlich gemachten Unterstellung, es handele sich gar nicht um eine Rettung, oder zum diffamierenden Ausdruck “Refugees-Welcome-Fanatiker”. 
Doch bleiben wir bei der Legende von den “Tötungsaufrufen gegen “Zeit”-Mitarbeiter”.

12. Juli 2018, 21:38 Uhr

Nur wenige Minuten später twitterte der verantwortliche “Zeit”-Redakteur Bernd Ulrich:

Screenshot des ersten Tweets von Bernd Ulrich - Ich habe heute am eigenen Leib mitbekommen, wie es ist, wenn die flüchtlingsfreundliche Gemeinde ins Gefecht zieht. Arsch offen, Zeit-Redakteure töten? Zivilisationsbruch, die Zeit aus dem Diskurs raus, mit Kaffee verbrühen, maßlose Enttäuschung.
Screenshot des zweiten Tweets von Bernd Ulrich - ich kann besser erspüren, warum Leute aus Trotz weiter nach rechts gehen. Ich bin kein fragiles Gemüt, bei mir wird das nicht passieren. Aber man sollte schon mal überlegen, ob Humanismus mit nichthumanem Sprechen erreicht werden kann. Gute Nacht Freude

Auch hier könnte man einiges anmerken, zum Beispiel zum selbstmitleidigen und passiv-aggressiven Duktus und dem abschätzigen Gerede von der “flüchtlingsfreundlichen Gemeinde”, die gegen Ulrich und die “Zeit” angeblich ins “Gefecht” gezogen sei. Zur Wortwahl und Rechtschreibung, die wohl Emotionalität und Nachdenklichkeit signalisieren soll. Oder zu dem kühnen Vorwurf, dass derartige Kritik für den Rechtsruck in Deutschland verantwortlich sei. Hier soll es jedoch nur um die Bemerkung “Zeit-Redakteure töten?” gehen, die sich auch bei Ulrich wiederfindet.

13. Juli 2018

Und die beim Deutschen Journalisten-Verband einzieht. Dort kommentiert Hendrik Zörner im hauseigenen Blog:



Geht’s noch? Da ersaufen im Mittelmeer täglich Menschen, die Armut und Unterdrückung in ihren Heimatländern entkommen wollen. Hierzulande entspinnt ein Blatt eine akademische Diskussion über das Für und Wider von Humanität. Und unter dem Deckmantel der Satire wird ein kaum verdeckter Mordaufruf in die Welt gesetzt.

Noch einmal: Beim Tweet des “Titanic”-Chefredakteurs handelte es sich eindeutig nicht um einen Mordaufruf. Tim Wolff erklärt seine Technik mit folgenden Worten:

Ich kenne keine andere Methode, so jemanden in dieser kalten Routine der Bestätigung der mörderischen Verhältnisse zu stören, als ihn kurz spüren zu lassen, wie es sich anfühlt, wenn die eigene körperliche Versehrtheit öffentlich lässig verhandelt wird.

Bleibt die Frage, ob es sich bei der viral gestreuten Mordaufruf-Legende um Vorsatz oder Fahrlässigkeit handelt. Echte Sorgen scheinen sich die Empör-Journalisten jedenfalls nicht gemacht zu haben: Von dem naheliegenden Gang zur Polizei und dem Stellen einer Anzeige ist nichts bekannt. Auch nicht bei der “Titanic”, bei der wir extra nochmal nachgefragt haben.

Tichys Fehlblick, Geh sterben!, 100.000 erfundene Rehkitze

1. Wie „Tichys Einblick“ fast einen Skandal beim ZDF-“Politbarometer” aufdeckte
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ein Stamm-Autor des rechten Online-Magazins “Tichys Einblick” meint einen Skandal um das ZDF-Politbarometer aufgedeckt zu haben, doch der eigentliche Skandal ist, dass es keiner ist. Oder um Stefan Niggemeier zu zitieren: “Es handelt sich dabei, freundlich formuliert, um ein Missverständnis.”
Weiterer Lesehinweis: Der Ex-CDU-Politiker Friedrich Merz lehnt die Annahme des Ludwig-Erhard-Preises ab (turi2.de). Er wolle nicht mit dem Stiftungsvorsitzenden Roland Tichy auf einer Bühne stehen. Nach der Absage von Merz seien die Journalisten Rainer Hank, Ursula Weidenfeld, Ulric Papendick und Nikolaus Piper aus der Jury des Preises zurückgetreten, denen nach der Absage von Merz anscheinend aufgefallen ist, für wen sie da in der Jury sitzen.

2. Beliebt, bedroht, beschossen – Leben mit Morddrohungen
(ennolenze.de)
Enno Lenze ist Verleger, Autor und Journalist, aber auch Museumsdirektor und politischer Aktivist. Und er zahlt für sein Engagement einen hohen Preis: Derzeit hätten 581 Personen angekündigt, ihn töten zu wollen. (“Wie sie die Reihenfolge festlegen wollen, ist mir unklar — aber wäre für mich dann ja auch das gleiche.”) In einem Blogbeitrag beschreibt Lenze, was das für ihn im Alltag bedeutet, ob in Berlin oder in Kriegsgebieten wie der Autonomen Region Kurdistan.

3. Twitter sperrt meinen Account für zwölf Stunden
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Rechtsanwalt Thomas Stadler ist wegen eines Tweets zu Horst Seehofer (“Geh endlich sterben, menschenverachtender Zyniker”, verbunden mit einem Link) mit einer zwölfstündigen Twitter-Sperre belegt worden. Zu Unrecht wie er findet: “Mein Tweet bewegt sich äußerungsrechtlich ganz klar im zulässigen Bereich. Mit dem Tweet habe ich Seehofer keinesfalls den Tod gewünscht. Es handelt sich vielmehr um eine drastische Aufforderung endlich zu verschwinden, ähnlich einer Formulierung wie “Fahr zur Hölle”. Der Tweet setzt sich mit kontroversen politischen Aussagen des Innenminsters auseinander und stellt somit eine Kritik an öffentlichen Äußerungen eines Spitzenpolitikers dar.” Stadler hat seinen Beitrag mittlerweile zweimal aktualisiert und um Bemerkungen zu Debattenkultur und Meinungsfreiheit ergänzt.

4. David Berger: Ein Theologe im Kampf gegen „Islamisierung” und „Nanny-Medien”
(correctiv.org, Caroline Schmüser)
Der Blog “Philosophia Perennis” ist ein Leitmedium der rechten Szene und in Kreisen der sogenannten “alternativen Medien”. Im Mai habe es die Seite auf Platz 18 der Seiten mit den meisten Social-Media-Interaktionen geschafft, noch vor n-tv.de, taz.de oder Tagesspiegel.de. Die Plattform fällt besonders durch spekulative Berichterstattung, Falschmeldungen und AfD-Nähe auf. Hinter der Seite steckt David Berger, ein katholischer Theologe, der gewissermaßen zum Islamhasser konvertiert ist. “Correctiv” hat die Hintergründe um Person und Seite recherchiert.

5. Drei Pressemitteilungen und eine Abschiebung
(keienborg.de)
Der Jurist Marcel Keienborg ist Spezialist für Asyl- und Aufenthaltsrecht und hat deshalb besonders aufmerksam registriert, dass vergangene Woche ein Tunesier abgeschoben wurde, obwohl ein Gericht die Abschiebung untersagt hatte. In einem Blogbeitrag widmet er sich den Pressemitteilungen, die zu diesem Thema vom Verwaltungsgericht veröffentlich wurden. Der Vorgang sei in jeder Beziehung ungeheuerlich: “Wenn Behörden sich nicht mehr verpflichtet fühlen, Gerichten gegenüber vollständige und wahre Angaben zu machen, was eben auch eine gewisse Sorgfalt bei der Lektüre der eigenen Akten voraussetzt, ist letztlich die Effektivität der gerichtlichen Kontrolle der Behörden insgesamt in Frage gestellt.”

6. Unser Hospitant ist Landwirt. Und er hat sich gefragt, ob eigentlich die immer wieder genannte Zahl stimmt, dass jedes Jahr 100 000 Bambis gekillt werden.
(twitter.com/vierzueinser, Jonas Jansen)
Erik Hecht ist für die “FAZ” der Frage nachgegangen, woher die jährlich in den Medien auftauchende Zahl von 100.000 von Mähdreschern getöteten Rehkitzen stammt. Die Antwort ist verblüffend: Die “Deutsche Wildtier Stiftung” habe sie nach eigenen Angaben irgendwann mal erfunden. Der Wert sei viel zu hoch. Die Hälfte sei wohl wahrscheinlicher, “wenn überhaupt”.

Unanständige Fragen, Rätselhaftes Verschwinden, Digitaler Nachlass

1. “Zeit” gerät nach Pro-und-Contra zur Seenotrettung in die Kritik
(sueddeutsche.de, David Denk)
Die “Zeit” hat mit einem Pro und Contra zur Frage der Legitimität privater Seenotrettung massive Kritik ausgelöst. Dabei ging es um die in der Überschrift formulierte Frage “Oder soll man es lassen?” und die “Contra”-Position der “Zeit”-Korrespondentin Mariam Lau. In der Digitalausgabe wurde die Überschrift mittlerweile in “Gut? Oder nur gut gemeint?” geändert. Die Redaktion will darin jedoch kein Eingeständnis eines Fehlers sehen, dem lägen nur “technische Gründe” zu Grunde …
In einem “SZ”-Kommentar kritisiert Heribert Prantl die “Zeit”. Man dürfe Menschen nicht als Sache betrachten und behandeln. So ein Pro und Contra sei vielleicht gut gemeint, aber nicht gut. Es relativiere die Menschenwürde. “Wer sich auf eine solche Denkweise einlässt, der landet bei der Folter und bei der Todesstrafe.”
Vor allem auf Twitter wurde der Beitrag intensiv diskutiert. Hier drei Threads, die verschiedene Aspekte beleuchten: Simon Hurtz kritisiert den Text von Mariam Lau, plädiert jedoch für mehr Argumente und weniger Furor: “Bringt es uns wirklich weiter, wenn wir die Zeit jetzt als bürgerliche Bild-Zeitung bezeichnen oder den Untergang des Journalismus heraufbeschwören? Das ist doch genau das angebliche Sprechverbot, das Rechte immer beklagen.” Julian Pahlke von “Jugend Rettet” reagiert mit einer eindringlichen Tweetabfolge über das Sterben im Mittelmeer, wie er es selbst als Augenzeuge erlebt habe: “Der Tod im Mittelmeer ist nicht, wie man immer glaubt, ein lautes Ereignis. Er kommt langsam und wird immer ruhiger. Er ist gerade deshalb so dramatisch weil er so ruhig ist.” Und laut Ingrid Brodnig illustriere die Frage der “Zeit” das Problem der “False Balance” im Journalismus. Journalisten seien darauf gedrillt, “beide Seiten” zu beleuchten. Dies führe im schlimmsten Fall dazu, dass menschenfeindliche Positionen denkbare Optionen werden: “Es ist ein Irrtum, dass ausgewogener Journalismus bedeutet, man gibt allen Meinungen Raum — egal wie menschenfeindlich oder faktenfern sie sind. Dieses Streben nach “alle Seiten müssen vorkommen” kann im Journalismus dazu führen, dass wir plötzlich Menschenrechte infrage stellen.”
Im Blog der “Zeit” haben sich die verantwortlichen Chefredakteure Sabine Rückert und Bernd Ulrich mit einer Art Stellungnahme an die Leser gewandt: “Wir bedauern, dass sich einige Leser in ihrem ethischen Empfinden verletzt gefühlt haben, und dass der Eindruck entstehen konnte, die ZEIT oder auch Mariam Lau würden einer Seenotrettung generell eine Absage erteilen.”
Das Bedauern der “Zeit”-Verantwortlichen scheint sich jedoch hauptsächlich auf sich selbst zu beziehen: Auf Twitter klagt Bernd Ulrich selbstmitleidig und passiv-aggresiv über die “flüchtlingsfreundliche Gemeinde”. Und trägt dazu bei, dass sich das Märchen von “Mordaufrufen” gegen “Zeit”-Redakteure verbreitet, was sich augenscheinlich auf “Titanic”-Chefredakteur Tim Wolff bezieht, der jedoch keineswegs zu irgendeiner Tötung aufgerufen, sondern eine unanständige Frage mit einer unanständigen Gegenfrage satirisch gespiegelt hat.
Nachtrag, 12:24 Uhr: Bernd Ulrich schreibt “nach einmal Drüberschlafen” bei Twitter: “Die Überschrift war ein, war mein Fehler” und kündigt einen eigenen Text zum Thema in der nächsten Ausgabe an.

2. EU-Politiker Axel Voss nutzt auf Facebook urheberrechtlich geschützte Fotos und verrät uns nicht, ob er sie bezahlt hat
(buzzfeed.com, Karsten Schmehl)
Axel Voss sitzt für die CDU im EU-Parlament und hat dort das neue und strengere Urheberrecht vorangetrieben. Das neue Gesetz soll unter anderem Plattformen dazu zwingen, urheberrechtlich geschütztes Material mittels Uploadfilter zu blocken und damit ein Veröffentlichen durch Unberechtigte unmöglich zu machen. “BuzzFeed News” hat sich bereits vor ein paar Tagen auf dem Facebook-Profil des Politikers umgeschaut und dort zahlreiche urheberrechtlich geschützte Bilder entdeckt. Auf Nachfragen, ob und wie eine Lizenzierung dieser Bilder erfolgt sei, reagierte das Büro des Politikers ausweichend. Doch nun passiert gerade ein Wunder: Wie auf magische Weise verschwinden immer mehr Einträge von Voss’ Facebook-Seite, bei denen derartige Bilder verwendet wurden.

3. „Mehr Kontrolle von außen“
(taz.de, Frederic Valin)
Die “taz” hat mit dem ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt gesprochen. Es geht um die aktuelle Fußball-WM, die Vergabe an Katar, diverse Substanzen und seine Entscheidung, nicht nach Russland zu fahren. Seppelts Resümee: “Die Doping- und Korruptionsskandale der vergangenen Jahre haben Spuren hinterlassen. Sport ist bei weitem eben nicht der schöne Schein, den uns die Hochglanzbilder vorgaukeln. Auch im Fußball nicht. Nur, weil die Menschen die WM im Fernsehen gucken, heißt das noch lange nicht, das sie goutieren, was die Fifa macht. Einschaltquoten sind kein ethisches Argument.”

4. “Wie würde es im Netz aussehen, wenn es uns nicht gäbe?”
(golem.de, Jennifer Fraczek)
Die rund 40.000 Mitglieder der Facebook-Gruppe #ichbinhier schreiben Erwiderungen auf Hasskommentare. Im Interview mit Golem.de erklärt der Gründer der Online-Initiative Hannes Ley, wie er die Idee aus dem Netz in die echte Welt bringen will: “Unser Ziel ist es, ein Konzept für die Lehrerbildungsinstitute (LBI) zu entwickeln.”

5. Face­book-Chats sind auch nur Briefe
(lto.de, Bastian Biermann)
Der Bundesgerichtshof hat ein wichtiges Urteil zum sogenannten digitalen Nachlass gefällt und Eltern, die nach der Todesursache ihrer 15-jährigen Tochter suchen, Zugriff auf deren Facebook-Account gewährt. Damit habe das Gericht den digitalen Nachlass dem analogen gleichgestellt, so Bastian Biermann in seiner Einordnung des Urteils. Im Sinne der Rechtsklarheit sei es jedoch wünschenswert, dass der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung zum digitalen Erbe treffe. Bis es soweit ist, rät Biermann zu Vorsorgemaßnahmen zu Lebzeiten.

6. Speechless Speech: Mark Zuckerberg
(webtapete.de)
Zum Wochenausklang noch etwas Leichtes: Der für seine “Musicless”-Videos (hier ein Beispiel) bekannte Sounddesigner und Vertonungskünstler Mario Wienerroither hat Mark Zuckerberg vertont.

Tickender Nachbar, Blockierer im Amt, Trumps 487 Beleidigungsziele

1. Wissen Sie, wie Ihr Nachbar tickt?
(zeit.de)
“Zeit Online” und zehn Medienpartner aus Print, Online und Fernsehen starten die Aktion “Deutschland spricht” unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Die Medienhäuser wollen am 23. September Zehntausende Menschen mit unterschiedlichen Ansichten miteinander ins Gespräch bringen. Dem voraus geht ein Matching, bei dem einige Ja-Nein-Fragen beantwortet werden müssen.

2. Sie sind so frei
(kontextwochenzeitung.de, Josef-Otto Freudenreich)
Eigentlich ist die “Eßlinger Zeitung” ein ziemlich gewöhnliches Regionalblatt. Ungewöhnlich ist jedoch das, was ihre Freien machen: Sie streiken seit dem 28. Juni für eine bessere Bezahlung. Und viele Leser und Leserinnen unterstützen sie dabei. Josef-Otto Freudenreich berichtet von dem ungewöhnlichen und eher seltenen Vorgang und lässt einige Protagonisten zu Wort kommen.

3. Die Blockierer im Amt
(taz.de, Ralf Leonhard)
Ist in Österreich die Pressefreiheit in Gefahr? Das kann man zumindest befürchten, wenn man Ralf Leonhards Beitrag in der “taz” liest, wonach die Regierungsparteien FPÖ und ÖVP daran arbeiten, Journalisten die Arbeit erheblich zu erschweren. Dies geschehe durch professionelle Inszenierung und “Message Control”.

4. Überallmedium
(sueddeutsche.de)
Die Deutschen hören werktags mehr als vier Stunden Radio. Das sagt jedenfalls die Media-Analyse, die von der Medien- und Werbewirtschaft durchgeführt wurde.

5. „Steile Lernkurve“
(message-online.com, Volker Lilienthal)
Jörg Schmitt ist als “Koordinator Investigativ” beim Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” beschäftigt. Im Gespräch mit “Message”-Herausgeber Volker Lilienthal erklärt er, warum das Magazin erst im vergangenen Jahr ein eigenes Investigativ-Team aufbaute, was grenzüberschreitende Recherche mit der Globalisierung zu tun hat und warum die Zeit der einsamen Wölfe im Recherche-Journalismus vorbei ist.

6. The 487 People, Places and Things Donald Trump Has Insulted on Twitter: A Complete List
(nytimes.com, Jasmine C. Lee & Kevin Quealy)
Die “New York Times” hat eine Liste mit allen Menschen, Dingen und Orten erstellt, die von Donald Trump auf Twitter seit der Verkündigung seiner Kandidatur beleidigt, beschimpft und verächtlich gemacht wurden. Es sind derzeit 487 Einträge vorhanden …

Sprache der Flüchtlingspolitik, Kalte Liebe für Brexit, Lothars Siegtreffer

1. Monsterworte
(spiegel.de, Georg Diez)
Georg Diez schreibt über die Sprache der Flüchtlingspolitik: “Sie denken sich immer neue Monsterworte aus, diese Politiker, um ihre Verantwortung zu verschleiern, schreckliche, technokratische, sterile, bürokratische Maßnahmenworte, Umsetzungsworte, Tatenworte ohne Taten, denn es ist allein die Fiktion von Autorität, die in Worten wie “Masterplan” steckt oder “Ausschiffungsplattform” oder “Ankerzentren” — schlimmer noch, es sind Worte, die einen Rechtsbruch in abwaschbare Sprache verkleiden und so tun, als sei dieser tatsächliche Rechtsbruch die geeignete Maßnahme, um einen fiktiven Rechtsbruch zu bekämpfen.”
Weiterer Lesetipp: Bei “Flüchtlingsforschung gegen Mythen” diskutieren WissenschaftlerInnen Behauptungen aus der Flüchtlingsdebatte. Aktuell in der siebten Ausgabe.

2. Gegendarstellung
(martinsonneborn.de)
Gibt es im Europaparlament immer mehr Fraktionen und Fraktionslose, wie die “FAZ” einen CDU-Abgeordneten zitiert? Martin Sonneborn, fraktionsloses Mitglied im EU-Parlament (Die Partei), widerspricht dem in seiner “Gegendarstellung” und räumt mit aus seiner Sicht weiteren Lügen und Mythen auf.

3. Die kalte Liebe der Medien gegenüber dem Brexit
(nzz.ch, Felix Simon)
Europäische Medien zeichnen sich in Bezug auf den Brexit vor allem durch leidenschaftslose Distanz aus, schreibt Felix Simon. Laut einer neuen Studie würden Fernsehsender, Zeitungen und Online-Medien in acht europäischen Ländern neutral und faktenbasiert berichten — was sich von der Berichterstattung einiger grosser Zeitungen der Insel nicht unbedingt behaupten lasse.
Weiterer Lesetipp: Nach 26 Jahren im Amt tritt der englische Journalist Paul Dacre als Chefredakteur des konservativen Boulevardblatts “Daily Mail” zurück: Eine Pro-Brexit-Stimme wird leiser (nzz.ch, Rolf Hürzeler)

Und für Brexit-Interessierte die aktuelle Meldung: Brexit-Minister David Davis tritt zurück (spiegel.de)

4. Stichwortgeber für die rechte Blase
(taz.de, Lalon Sander)
“Bild” ist oft Stichwortgeber für die rechte Blase, übernimmt jedoch auch Meinungen von dort. Ein Beispiel dafür sei “Bild”-Boss Julian Reichelt höchstpersönlich, der mit seinen Tweets immer wieder Lautsprecher und Stichwortgeber für Deutschlands Rechte sei, so Lalon Sander in seiner “Right Trash”-Kolumne.

5. “Sie sollten Gott danken, dass es hier in Deutschland kein Fox News gibt”
(deutschlandfunkkultur.de, Mike Herbstreuth & Teresa Sickert, Audio, 15:59 Minuten)
Der US-Journalismusforscher Jay Rosen untersucht, wie sich das deutsche und das US-amerikanische Mediensystem voneinander unterscheiden. Zurzeit befindet er sich zu Studienzwecken in Deutschland. Bei “Deutschlandradio Kultur” spricht er über seine Eindrücke und Erkenntnisse: “Egal ob Sie religiös sind oder nicht, sollten Sie Gott danken, dass es hier in Deutschland kein Fox News gibt.”
Weiterer Lesetipp: Auf “Der rechte Rand” geht es aktuell um die Printversion des rechtskonservativen Onlineblogs “Tichys Einblick”. (der-rechte-rand.de, Robert Andreasch)

6. Siegtreffer
(twitter.com/LMatthaeus10, Lothar Matthäus)
“Bild” kritisiert den ehemaligen Fußballspieler Lothar Matthäus dafür, Putin die Hand geschüttelt zu haben, und der macht keine langen Worte, sondern antwortet mit einem Foto. In der Fußballsprache würde man wohl sagen: Siegtreffer!

Zwiebelfeinde, Aktenuneinsicht, Urheberrechtsreform-Überraschung

1. „Zwiebelfreunde“-Durchsuchungen: Wenn Zeugen wie Straftäter behandelt werden
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Die Generalstaatsanwaltschaft München hat in einer breit angelegten Polizeiaktion die Räume des Dresdner Vereins “Zwiebelfreunde” und die Wohnungen von Vorstandsmitgliedern durchsuchen lassen. Anscheinend hatte ein Spendenaufruf auf der Vereinswebsite gereicht, um die bayerische Polizei bei Tagesanbruch durch die Wohnungstür marschieren zu lassen. Netzpolitik.org sprach nach dem Einsatz mit den Betroffenen, die sich zu Unrecht kriminalisiert sehen.
Weiterer Lesehinweis: Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert das Vorgehen der bayerischen Strafverfolgungsbehörden gegen die Netzaktivisten aufs Schärfste. Es sei absolut unverhältnismäßig und auch als Angriff gegen Anonymität im Internet anzusehen, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. “Das Vorgehen schüchtert Netzaktivisten, aber auch Journalisten ein, die sich für sichere Kommunikation im Internet einsetzen. Die Behörden müssen alle beschlagnahmten Geräte und Dokumente sofort zurückgeben und die Hintergründe ihres Vorgehens erklären.”

2. GIZ verweigert Akteneinsicht
(journalist-magazin.de, René Martens)
Der Journalist Andreas Maisch wollte Einblick nehmen in interne Prüfberichte der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz beantragte er Akteneinsicht in die entsprechenden Dokumente. Hintergrund: Maisch recherchiert und schreibt über Korruption in der Entwicklungshilfe. Die GIZ und ihr Auftraggeber, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, mauern jedoch und lehnen die Einsicht ab. Maisch hat mit Hilfe des Deutschen Journalisten-Verbands 2016 Klage eingereicht, über die dieses Jahr entschieden werden soll.

3. EU-Parlament bremst Urheberrechtsreform aus
(spiegel.de, Markus Böhm)
Das Europaparlament hat die EU-Urheberrechtsreform wegen Bedenken etlicher Abgeordneter vorerst zum Stillstand gebracht. Netzaktivisten und Tech-Verbände freuen sich, Presseverlage und Vertreter der Musik- und die Filmbranche reagierten verärgert. Markus Böhm fasst die derzeitige Stimmungslage zusammen und gibt einen Ausblick auf die weitere Entwicklung.
Weiterer Lesehinweis: Jannis Brühl kommentiert auf Süddeutsche.de: “Die Debatte um die Upload-Filter ist ein Test: Die Demokratie der Zukunft wird sich von autoritären Systemen nicht nur durch Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit unterscheiden, sondern auch dadurch, welche Software sie auf ihre Bürger loslässt. An diesem Donnerstag hat das EU-Parlament den Test bestanden — vorerst.”

4. Vorm G20-Massencornern LKA greift zu – Radiosender FSK vom Netz genommen
(mopo.de)
Der linke Hamburger Radiosender “Freies Sender Kombinat” (FSK) ist nach einem LKA-Zugriff online nicht mehr zu erreichen. Die FSK-Verantwortlichen sprechen von einem Eingriff in die Presse- und Rundfunkfreiheit und fordern die sofortige Rückgabe des Servers. Der Vorgang ist insofern bemerkenswert, als dass es bereits in der Vergangenheit bei Radio FSK zu verbotenen Polizeiaktionen gekommen war. So habe die Hamburger Polizei eingestehen müssen, dass ein Undercover-Einsatz einer Beamtin von 2003 bis 2006 rechtswidrig war.

5. Nach “SZ”-Rauswurf: “Abendzeitung” verpflichtet Karikaturisten Dieter Hanitzsch
(kress.de, Bülend Ürük)
Nach seinem Rauswurf bei der “SZ” zeichnet der 85-jährige Karikaturist Dieter Hanitzsch ab sofort für die “Abendzeitung München”. Hanitzsch werde sich bei seiner Arbeit vor allem auf die Münchner und die bayerische Politik konzentrieren.

6. “Es gibt keinen redlichen rechten Schriftsteller”
(zeit.de, Wiebke Porombka)
Im österreichischen Klagenfurt haben die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur begonnen. In seiner Auftaktrede hat sich der Schriftsteller Feridun Zaimoglu gegen den Rechtsruck in Europa ausgesprochen: “Der Rechte ist kein Systemkritiker, kein Abweichler und kein Dissident, er ist vor allem kein besorgter Bürger. Wer die Eigenen gegen die Anderen ausspielt und hetzt, ist rechts. Punkt. Wer für das Recht der Armen streitet, ist ein Menschenfreund. Punkt. Es gibt keinen redlichen rechten Intellektuellen. Es gibt keinen redlichen rechten Schriftsteller.” Den ganzen Text zur Rede gibt es hier.

Journalismus als Luxus, Claudia Roths Hassmacher, Kriegsfotografie

1. “Alle, Herr Dobrindt!” – Geschichte einer Fake News
(zdf.de, Florian Neuhann)
Aus einem ironischen Zwischenruf von Claudia Roth in einer Bundestagsdebatte haben rechte Blogs, der Leiter des Parlamentsbüros der “Bild”-Zeitung und der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt handfeste Fake News gemacht. Und damit bewirkt, dass auf Claudia Roth noch mehr Hass herunterprasselt als ohnehin schon.

2. Digitaler Journalismus: Die fünf wichtigsten Grundregeln der Verifikation
(innovation.dpa.com, Stefan Voß)
Die Nachrichtenagentur dpa greift bei der Katastrophenberichterstattung auf eigene Korrespondenten und Angaben offizieller Stellen, aber auch auf Informationen aus den Sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook oder Instagram zurück. Doch die Netze sind auch eine Quelle für Desinformationen, Manipulationen und Irrtümer. Stefan Voss zeigt anhand von praktischen Beispielen, wie bei der dpa geprüft wird, ob ein Bild bzw. eine Information falsch oder echt ist.

3. Journalismus: bald nur noch ein Luxus der Wohlhabenden
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Ist Journalismus bald nur noch ein Luxus der Wohlhabenden? Diese Frage stellt Medienbeobachter Thomas Knüwer und führt einige Argumente an, die für diese These sprechen könnten. Hoffnung machen ihm derzeit die von der Wirtschaft finanzierten Medien: “T-Online, also ein Content Marketing-Projekt, könnte zu einer Art Leuchtturm der Medien werden. Das ist unendlich lustig — und unendlich traurig. Genauso wie das Gefühl, dass ausgerechnet Verlage derzeit eine der größten Gefahren für die liberale Demokratie darstellen.“

4. Ein Gerücht, 23 Tote
(spiegel.de, Laura Höflinger)
200 Millionen WhatsApp-Nutzer soll es in Indien geben. Für viele Inder sei die App die Hauptquelle für Unterhaltung, Kommunikation und Information, wie Laura Höflinger berichtet. Und das mache die Nutzer des Instant Messengers anfällig für Falschinformationen und Gerüchte, die regelmäßig zu Gewalt und Toten führen würden.

5. Kriegsfotografinnen
(arte.tv)
Bei “Arte” gibt es gleich drei sehenswerte Produktionen zum Thema Krieg und Kriegsfotografie. Der obige Link führt zu einer Doku über Frauen, deren Kriegsfotos in den letzten hundert Jahren um die Welt gingen und immer noch gehen. Die Kriegsfotografin Christine Spengler stellt darin die Fotos berühmter Kolleginnen vor und berichtet über ihre Zeit als Brennpunktfotografin.
Im Spielfilm “Louder than Bombs” geht es um den Tod einer Kriegsfotografin (Isabelle Huppert) und die Auswirkungen, welche der Tod der Mutter auf den hinterbliebenen Vater und dessen zwei Söhne hat.
Und in “War Diary” dokumentiert der deutsche Reporter Carsten Stormer den Krieg in Syrien. “Ich bin ein Augenzeuge. Ein Chronist eines Krieges. Alles, was Sie sehen werden, habe ich selbst erlebt.” Ein erschütterndes, bewegendes und äußerst sehenswertes Filmdokument.

6. #Journalismus zum Fremdschämen gestern bei @ndr @das_rotesofa
(twitter.com/sduwe, Silvio Duwe)
Silvio Duwe hatte ein Erlebnis der besonderen Art, als er die NDR-Fernsehsendung “DAS” sah: “Die selbsternannte Kräuterexpertin Caroline Deiß durfte von heilsamen Fabelwesen und Kontakten in eine andere Welt fabulieren. “DAS” verkauft diesen geballten Blödsinn als Gesundheitstipps. Ein Thread.”

Das Seemannsgarn der Rechten, Kein Recht auf Vergessen, Hetzersperre

1. Ich war selbst an Seenotrettungen beteiligt – Glaubt nicht diesen 6 Lügen der Rechten
(volksverpetzer.de, Johann Pätzold)
Johann Pätzold war selbst an Seenotrettungen beteiligt und weiß insofern, wovon er spricht, wenn er kompakt und gut lesbar mit den sechs am stärksten verbreiteten politischen Mythen dazu aufräumt. Seine persönliche Geschichte hat Pätzold in längerer Form hier aufgeschrieben.

2. Kein Recht auf Vergessen
(taz.de, Christian Rath)
Die zwei Halbbrüder, die 1993 wegen Mordes an dem bekannten bayerischen Schauspieler Walter Sedlmayr zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurden, haben ihre Klage beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof verloren: Die Online-Archive von Rundfunkanstalten und anderen Medien sind nicht verpflichtet, nachträglich die Namen der beiden 2007 und 2008 aus der Haft entlassenen Männer zu tilgen.

3. Google muss Ein-Sterne-Negativ-Bewertung löschen
(zeit.de)
Online abgegebene Ärzte-Bewertungen sind immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Im vorliegenden Fall muss Google eine Ein-Sterne-Bewertung streichen lassen, die auch bei Google Maps erscheint. Die nicht näher begründete Bewertung sei geeignet, das Ansehen des Arztes negativ zu beeinflussen.

4. Verbrechen gegen Journalisten verfolgen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die künftige mexikanische Regierung auf, Verbrechen gegen Journalisten konsequenter zu verfolgen: “Die Kultur der Straflosigkeit führt dazu, dass die Täter sich zu immer neuen Verbrechen gegen Journalisten ermutigt fühlen. Pressefreiheit ist nur gewährleistet, wenn Journalisten in Sicherheit und ohne Angst vor Gewalt arbeiten können.” Hintergrund sind die vielen Gewalttaten gegen Journalisten vor der anstehenden Präsidentschaftswahl. Zwischen Januar und Mai 2018 seien 45 Journalisten in Zusammenhang mit ihrer Wahlberichterstattung angegriffen worden. Fünf Medienschaffende seien gewaltsam ums Leben gekommen.

5. Facebook darf Hetzer aussperren
(spiegel.de)
Ein Facebook-Nutzer hat in mindestens hundert Fällen unter anderem Postings von Politikern und Medien mit folgendem Satz kommentiert: “Flüchtlinge: So lange internieren, bis sie freiwillig das Land verlassen!” Als er von Facebook für 30 Tage gesperrt wurde, klagte er dagegen mit dem Standardargument aller Hasskommentierer: Er mache nur vom Grundrecht der Meinungsfreiheit Gebrauch. Das Landgericht Karlsruhe hat seinen Antrag jedoch zurückgewiesen, die Sperre war rechtens. 


6. Wohnungen statt Zeitungsredaktionen
(fr.de, Claus-Jürgen Göpfert)
Claus-Jürgen Göpfert schreibt über einen bevorstehenden Einschnitt in der Frankfurter Stadtgeschichte: Das alte Zeitungsviertel steht vor der Auflösung. 2021 wird die “FAZ” mit ihren rund 1000 Beschäftigten ins Europaviertel umziehen. Doch der Umbruch vom früheren Industrieviertel hin zum modernen Dienstleistungsquartier sei schon jetzt in vollem Gange.

ORF-Diskussion, Mission Heimlich?, “Distracted Boyfriend”-Meme

1. ORF: Keine Kritik auf Social Media
(brodnig.org)
Die Journalistin und Buchautorin Ingrid Brodnig hat aufgeschrieben, warum ihr die aktuellen Social-Media-Pläne des ORF nicht behagen. Grundsätzlich habe sie keine Probleme mit Social-Media-Guidelines, “die konkreten Formulierungen im aktuellen Entwurf sind aber so weitreichend, dass ich ein Missbrauchspotenzial fürchte, welches dazu führen kann, dass die Meinungsfreiheit und auch die öffentliche Debatte auf Facebook und Twitter leiden.”
Weiterer Lesehinweis: Der Kommentar von Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung “Falter”: Ein Knickserl vor der FPÖ (zeit.de)

2. Wie „Spiegel TV“ sich neu erfinden will
(haz.de, Imre Grimm)
Nach 30 Jahren geht es mit “Spiegel TV” auf dem gewohnten Sendeplatz bei RTL zu Ende. Wie geht es mit dem erfolgreichen politischen Magazin weiter? Chefredakteur Steffen Haug sowie Redaktionsleiterin und Moderatorin Maria Gresz erläutern ihre Pläne.

3. Faktencheck: Falschnachrichten über Migranten der Aquarius – Warum dieses Foto aus dem Kontext gerissen ist
(correctiv.org, Cristina Helberg)
Der katholische Theologe und Publizist David Berger wusste auf seinem rechtspopulistischen Blog “Philosophia perennis” Empörendes zu berichten: Angeblich hätten Flüchtlinge von Bord des Schiffes “Aquarius” Kleidung in den Müll geworfen, die das Rote Kreuz ihnen gegeben hat. Der Haken bei der Geschichte: Sie stimmt nicht.

4. So groß ist die Welt
(freitag.de, Klaus Raab)
In Raúl Krauthausens Talkshow “face to face” reden Gäste mit und ohne Behinderung über ihr Leben. Nun hat der nimmermüde Inklusionsaktivist, der unter anderem die “Sozialhelden” gegründet und die Landkarte mit rollstuhlgerechten Orten “Wheelmap” initiiert hat, den Grimme-Online-Award für seine Sendung bekommen.

5. Unbemerkt verabschiedet?
(faktenfinder.tagesschau.de, Konstantin Kumpfmüller)
Während der Fußball-WM wurden verschiedene unpopuläre Gesetze verabschiedet, ob mehr Geld für Parteien oder schärfere Regeln beim Urheberrecht. Steckt dahinter eine Strategie, um Diskussionen zu vermeiden? Spoiler: Ganz so einfach ist es wohl nicht.

6. Die Frau aus dem “Distracted Boyfriend”-Meme ist immer geschockt – und es ist so witzig!
(bento.de, Steffen Lüdke)
Kaum jemand, der das Bild auf Social Media noch nicht gesehen hat: Er und sie Händchen haltend, aber er dreht sich nach einer anderen um, was bei seiner Partnerin entsprechend für Empörung sorgt. Das Bild dient unzähligen Memes zur Verbreitung von mehr oder weniger einschlägigen Verrats- und Untreuebotschaften. Ein Twitternutzer hat sich die Mühe gemacht, in den anderen Stockfotos der Frau zu stöbern. Das Ergebnis ist schockierend!

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