Suchergebnisse für ‘renommiert’

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Roger Köppel und seine «Weltwoche»
(drs.ch, Christoph Keller, Audio, 25:52 Minuten)
Seit fünf Jahren gibt es die «Weltwoche» in ihrem neuen Tabloid-Gewand. Das sind fünf wechselvolle Jahre für einen der renommiertesten Titel in der Deutschschweizer Presselandschaft.

Betrüger schafft es mit Fake-Anzeigen in Schweizer Zeitungen
(persoenlich.com, Stefan Wyss)
Das Lifestylemagazin SI Style, die Abendzeitung “heute” und die SonntagsZeitung sind einem Betrüger auf den Leim gegangen. Juan Isidro Casilla schaffte es mit gefälschten Anzeigen in alle drei Titel und richtete damit einen Schaden von über 100’000 Franken an. Dies obwohl der Schwindler nach Intervention der Zeitschrift gay.ch, in der er zuvor Anzeigen platzieren wollte, bereits einmal verhaftet wurde.

“Die wenigsten meiner Mandanten wissen vom Blog”
(politik-digital.de)
Der Rechtsanwalt und Lawblogger Udo Vetter chattete in der Blogsprechstunde über die schlimmsten juristischen Fallstricke beim Bloggen und Rechtsrat per Online-Video. “Politiker sollten wissen, dass das Internet nicht nur aus Terroristen und Pornos besteht”, ärgerte sich der Anwalt.

Web 2.0 fördert den Narzissmus
(telepolis.de, Florian Rötzer)
Nach einer Studie von US-Psychologen sind die Studenten im Jahr 2006 die narzisstischste Generation seit 25 Jahren.

Auf halber Höhe
(taz.de, Julie Siple)
Lange Worte, kurze Texte: Im Vergleich mit der US-“Vanity Fair” fehlt der deutschen Ausgabe des Gesellschaftsmagazins einfach der Tiefgang.

Der Kampf um Deutschlands Leistungselite
(massenpublikum.de)
Es gibt endlich wieder ein Duell – wie früher Oasis gegen Blur, Boris Becker gegen Stefan Edberg oder die Nazis gegen die Kommunisten: Am Kiosk streiten sich derzeit mit der Vanity Fair und der Park Avenue gleich zwei Hochglanz-Magazine um die ?Leistungselite? Deutschlands. Wir wagen den Vergleich – ganz objektiv.

Propaganda mit toten Kindern

“Bild” steht im gegenwärtigen Nahost-Krieg uneingeschränkt hinter der israelischen Armee. Ob das eine gute Voraussetzung für eine Zeitung ist, um ihre Leser unvoreingenommen und umfassend über die Vorgänge im Krieg zu informieren, darüber kann man streiten. Die “Bild”-Zeitung aber geht in ihrer Parteinahme soweit, dass sie Tatsachen verdreht, übertreibt und verfälscht. Und darüber kann man eigentlich nicht streiten.

“Bild” berichtet heute über die vor allem in vielen Blogs aufgeworfenen Zweifel daran, was während und nach dem Angriff der israelischen Armee auf die libanesische Stadt Kana wirklich geschah. “Bild” schreibt:

Hat die Terror-Organisation Hisbollah diese Bilder etwa perfide inszeniert — um mit toten Kindern Propaganda gegen Israel zu machen?

Renommierte Blätter wie “Süddeutsche” und FAZ sprechen von “Propaganda” und “Zweifeln” an den genauen Umständen des Angriffs. Die “Neue Zürcher Zeitung” nennt das Chaos aus Schutt und Leichen vor dem zerstörten Haus “eine bloße Darbietung für angereiste Journalisten!”

Alle drei Zitate aus “renommierten Blättern” sind falsch. SZ und FAZ berichten zwar beide über “Verschwörungstheorien” (SZ) und “Spekulationen” (FAZ) über die Umstände des Angriffs auf Kana. Weder in der SZ, noch in der FAZ tauchen in diesem Zusammenhang jedoch die Wörter “Propaganda” oder “Zweifel” auf.

Und die NZZ spricht zwar von “Propaganda” und “Zweifeln”, nennt das Chaos aber keineswegs selbst, wie “Bild” behauptet, “eine bloße Darbietung für angereiste Journalisten”, sondern zitiert diese Meinung nur — als “Vermutung” von “Beobachtern”.

Den gleichen Trick wendet “Bild” noch einmal an und schreibt:

Die FAZ berichtet über einen noch abscheulicheren Verdacht:

Unter Berufung auf die libanesische Internetseite “Libanoscopie” heißt es, dass die Hisbollah einen Raketenwerfer auf das Dach des Hauses gestellt und behinderte Kinder in das Gebäude gebracht habe.

“Bild” tut so, als habe die FAZ den Vorwurf übernommen, dabei referiert die FAZ ihn nur in indirekter Rede. Warum zitiert “Bild” nicht einfach die Originalquelle? Warum versucht sie, diese Originalquelle über den Umweg der FAZ aufzuwerten, wenn die FAZ keine Aussagen darüber trifft, ob sie dieser Quelle glaubt oder nicht?

Die “Bild”-Redakteure Julian Reichelt und Sebastian von Bassewitz fragen heute: “Wurde die ganze Welt durch die Hisbollah-Terroristen getäuscht?” Ganz anders als die von ihnen zitierten “renommierten Blätter” beantworten sie die Frage aber auch sogleich: “Wie die Terroristen der Hisbollah mit toten Kindern Propaganda machen”, “Auch den Ort ihrer schauderhaften Inszenierung wählte die Hisbollah geschickt”, “Das Kalkül der Hisbollah ging auf”.

Die “Bild”-Zeitung setzt der “Propaganda” der Hisbollah etwas entgegen, das sie “Fakten” nennt, und schreibt:

Fakt ist aber: Ausgerechnet aus Kana feuerte die Hisbollah unmittelbar vor dem jüngsten Angriff 150 Raketen auf Nordisrael — dadurch lenkten die Terroristen den Luftschlag der Israelis bewusst und gezielt auf den symbolträchtigen Ort.

Der zweite Teil dieses “Fakts” ist eine Vermutung. Und der erste Teil ist falsch. Laut Untersuchungsbericht der israelischen Armee wurden aus Kana und der Umgebung “seit 12. Juli” über 150 Raketen abgefeuert, also nicht “unmittelbar vor dem jüngsten Angriff”, sondern seit Beginn des Krieges. Dass die israelische Armee in dieser Hinsicht untertreibt, darf man ausschließen.

“Bild” schreibt weiter:

Fakt ist auch: Obwohl libanesische Behörden anfangs 56 Tote meldeten, fand das Rote Kreuz “nur” 28 Leichen.

Ähnlich hatte die Zeitung bereits gestern formuliert:

Die Menschenrechtsorganisation “Human Rights Watch” korrigierte die Zahl der Opfer, die am Wochenende im Dorf Kana bei einem israelischen Luftangriff getötet wurden, auf 28 Tote. Arabische Quellen hatten von 56 Toten gesprochen.

“Bild” verschweigt nicht nur die massive Kritik, die “Human Rights Watch” bei der gleichen Gelegenheit an dem israelischen Vorgehen geübt hat, sondern vor allem auch, dass laut “Human Rights Watch” die Zahl von 28 Todesopfern eine “vorläufige” Zahl ist. 13 Menschen würden noch vermisst und liegen womöglich unter den Trümmern, die Bergungsarbeiten könnten aber nicht fortgesetzt werden. Der Unterschied zu den ursprünglichen Schätzungen rühre daher, dass mehr Menschen, die sich im Keller des bombadierten Hauses aufgehalten hatten, lebend entkommen seien als angenommen.

“Bild” suggeriert (möglicherweise zurecht), dass ursprünglich bewusst eine zu hohe Opferzahl genannt wurde. Und nennt stattdessen eine Zahl, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu niedrig ist, weil sie die Vermissten komplett verschweigt.

Keine Frage: Es ist fast unmöglich für die Medien, in einem Krieg wie diesem die Wahrheit von den Propagandalügen zu unterscheiden. Aber man kann versuchen, seine Leser so gut wie möglich zu informieren: Man kann Quellen angeben und korrekt zitieren. Man kann es vermeiden, sich Behauptungen einer der Parteien zu eigen zu machen. Man kann Spekulationen und Gerüchte als solche kennzeichnen. Und man kann darauf verzichten, den Verdrehungen der Beteiligten noch eigene hinzufügen.

Aber das müsste man erst einmal wollen.

Danke vor allem an Erich B.!

Wie Hans Leyendecker erfuhr, wie “Bild” arbeitet

Es ist, einerseits, nicht gerade ein Foto, das man als renommierter Journalist und leitender Redakteur der “Süddeutschen Zeitung” (SZ) von sich in der Zeitung sehen will: etwas dümmlich grinsend und mit einem Sturmgewehr in der Hand. Es ist, andererseits, nicht gerade ein Thema, das die Massen bewegt: irgendein peinliches Foto von irgendeinem Journalisten.

Weshalb sich heute morgen viele “Bild”-Leser die Frage gestellt haben dürften, warum ihre Zeitung aus diesem Thema und einem elf Jahre alten Foto einen Seite-2-Artikel erklecklicker Größe gemacht hat (siehe Ausriss). Hans Leyendecker, der “SZ”-Mann auf dem Foto, fällt gegenüber dem “Tagesspiegel” nur diese Antwort ein:

“Ich vermute, dass ich in irgendein Zwielicht gerückt werden soll.”

Er habe in der vergangenen Woche den “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann angerufen und ihn darauf hingewiesen, dass “ein wegen Volksverhetzung verurteilter so genannter Esoteriker, der die Judenvernichtung verharmlost, von ‘Bild’ als so genannter Experte für einen Rückführungstest eingesetzt wurde”. Unmittelbar danach habe sich ein “Bild”-Reporter bei ihm gemeldet und eine “unangenehme Frage” nach dem kompromittierenden Foto gestellt.

Am vergangenen Freitag berichtete die “Süddeutsche Zeitung”, die von Leyendecker auf das Thema aufmerksam gemacht wurde, über den Fall des Volksverhetzers Trutz Hardo als “Bild”-Mitarbeiter. Und heute berichtet “Bild” über Hans Leyendecker.

Ein sachlicher Grund dafür ist nicht offensichtlich, denn die Geschichte ist alt. Dass Leyendecker in Kolumbien mit dem Gewehr fotografiert wurde, hatte im Zusammenhang mit dem Skandal um die Beschattung von Journalisten durch den BND am 27. Mai 2006 schon die “Süddeutsche Zeitung” berichtet. Und auch das Foto selbst ist längst bekannt: Schon am 10. November 1997 hatte es der “Focus” gezeigt. Leyendecker, zuvor beim “Spiegel”, klagte gegen den Bericht.

Um warum veröffentlicht “Bild” dasselbe Foto acht Jahre später noch einmal? Als Drohung, vermutet Leyendecker und fügt hinzu:

Bislang hatte ich nur von solchen “Bild”-Arbeitsweisen gehört.

“Bild”-Chefredakteur Diekmann bestreite jeden Zusammenhang.

Robin Hood für ganz Arme

“Bild” hat sich was ausgedacht. Sie will angeblich die “Rentenlügner” verklagen. Und das macht sie heute zum Seite-1-Aufmacher. Der Text dazu auf Seite zwei beschäftigt sich dann ein wenig mit Norbert Blüm und mit Gerhard Schröder, um mit folgenden Worten zu schließen:

BILD wird eine renommierte Anwaltskanzlei beauftragen, gegen mögliche Versäumnisse und offenkundige Lügen verantwortlicher Rentenpolitiker juristisch vorzugehen! Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!

Offen bleibt allerdings, wen “Bild” eigentlich genau “verklagt” (siehe Ausriss). Norbert Blüm, weil er 1986 Plakate geklebt hat? Oder Gerhard Schröder, weil er 1998 versprach den demographischen Faktor bei der Rentenversicherung abzuschaffen, das tat und dann feststellte, dass das ein Fehler war?

Auch sonst scheint “Bild” in Rechtsdingen nicht allzu firm. So scheint sie den Unterschied zwischen Zivilrecht und Strafrecht nicht so recht zu kennen. Also: Im Zivilrecht würde man tatsächlich jemanden verklagen, doch der Staatsanwalt hätte nichts damit zu tun. Im Strafrecht wiederum kommt zwar der Staatsanwalt zum Einsatz, doch man kann niemanden verklagen (sondern lediglich anzeigen). Aber Schwamm drüber.

Georg Gafrons Kommentar befasst sich mit demselben Thema, und er endet so:

BILD will es genau wissen: Kann man wirklich nichts gegen den jahrelangen, systematischen Rentenbetrug der Politik tun? Darum werden jetzt die Renten-Lügner verklagt!

Und es mag ja ganz rührend sein, wie “Bild” sich hier als “Anwalt des Volkes” inszeniert, aber wir müssen den Kampf “für Sie” (siehe Ausriss) leider bremsen. Denn wir wissen zufällig, wie der Dresdner Notar Peter Horn de la Fontaine die Fragen, die “Bild” hier scheinbar so sehr bewegen, beantwortet.

Frage eins:

Dürfen Politiker uns ungestraft belügen?
Horn de la Fontaine:
Leider ja. Sie können von ihrem Arbeitgeber – den Bürgern – weder haftbar gemacht noch entlassen werden, allenfalls abgewählt werden.

Frage zwei:

Kann ich Politiker wegen ihrer Lügen bei Polizei oder Staatsanwaltschaft anzeigen?
Horn de la Fontaine:
Nein! Es gibt keinen einzigen Paragraphen in unseren Gesetzen, der Lügen von Politikern oder falsche Wahlversprechen unter Strafe stellt. Einzige Ausnahme: Falschaussagen von Politikern vor Gericht oder einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß.

Frage drei:

Kann ich Politiker wegen Lügen bei Gericht verklagen?
Horn de la Fontaine:
Nein. Eine solche Klage würde sofort abgewiesen. Was kein Gesetz verbietet, kann kein Gericht bestrafen.

Damit wäre das dann wohl geklärt.

Na ja, eines vielleicht noch: Wir haben Horn de la Fontaine nicht selbst befragt, damit er die “Bild”-Geschichte gerade rückt. Das hatte “Bild” nämlich schon erledigt. Am 10. November 2005:

Mit Dank an Christian S. für den sachdienlichen Hinweis.

Fortsetzung folgt …

Mehr dazu hier, hier, hier und hier.

Wie “Bild” sich selbst korrigiert

Naja, so ein paar Links am Anfang können natürlich nie schaden. Ebensowenig wie die Information, dass Joachim Huber beim Berliner “Tagesspiegel” Redakteur der Medienseite ist, auf der in der Vergangenheit öfters mal “Bild”-kritische Artikel erschienen sind. Aber es geht auch ohne.

Schließlich ist dies nicht die Geschichte, wie Joachim Huber einmal dafür sorgte, dass die “Bild”-Zeitung auf ihr Seite-1-Girl verzichtet und stattdessen lieber das Foto einer verschleierten Frau gezeigt hatte. Nein, es ist nicht einmal eine Geschichte darüber, wie ein “Tagesspiegel”-Kollege Hubers Susanne Osthoff für den renommierten Grimme-Preis vorgeschlagen hatte und Huber daraus eine Nachricht bastelte, die ihm einigen Ärger einbrachte, zumal Huber selbst in die Grimme-Preis-Jury berufen worden war (siehe Links am Anfang), die am kommenden Samstag erstmals tagt. Und dass “Bild” Hubers Osthoff-Nachricht tags drauf auf der Titelseite brachte (siehe Ausriss), auf den “Tagesspiegel” als Quelle verzichtete und stattdessen lieber sinnentstellend zugespitzt behauptete, für ihre Auftritte “soll sie nun den bedeutenden Grimme-Medienpreis bekommen” – geschenkt. Wer erwartet schon, dass “Bild” sich mit den Regularien der Grimme-Preis-Vergabe vertraut macht, bevor sie darüber berichtet, anstatt zu verschleiern, dass Osthoff ja, wie gesagt, mitnichten nominiert, sondern lediglich vorgeschlagen worden war, was wenig bedeutet, weil über die Nominierungen eine Nominierungskommission entscheidet, und anschließend eine Preis-Jury über die Preisträger?

Nein, dies ist die Geschichte, wie “Bild” eine Falschmeldung korrigiert. Denn am Montag hatte “Bild” berichtet, Huber bleibe trotz seiner umstrittenen Meldung Grimme-Juror (siehe Ausriss links). Genauer gesagt hatte “Bild” ungeprüft eine kleine Meldung aus dem “Focus” übernommen – und anschließend sogar bei diversen Jury-Kollegen Hubers nachgefragt, was die denn eigentlich so davon halten. Das Ergebnis der Umfrage allerdings ist nie erschienen, was unter anderem daran gelegen haben könnte, dass die Meldung von Hubers Jury-Mitgliedschaft bereits überholt war, als der “Focus” erschien – und umso überholter, als “Bild” sie nachdruckte…

… wobei das jetzt eben nicht heißen soll, dass “Bild” die “Focus”-Ente nicht umgehend korrigiert hätte. Im Gegenteil: Bereits am Dienstag stand die Richtigstellung (also dass Huber bereits am Freitag vergangener Woche freiwillig auf seinen Platz in der Jury verzichtet hatte) sogar auf der “Bild”-Titelseite und originellerweise in der “Verlierer”-des-Tages-Rubrik. Dort hieß es:

“Joachim Huber (47), Redakteur des Berliner ‘Tagesspiegel’, zieht sich aus der Jury des Grimme-Preises zurück. Der Journalist hatte ‘exklusiv’ über die angebliche Nominierung von Irak-Geisel Osthoff für den begehrten Medienpreis berichtet – obwohl der Vorschlag von einem ‘Tagesspiegel’-Redaktionskollegen stammte und Huber selbst Mitglied der Grimme-Jury ist. (…)”

PS: Dass Huber über den Osthoff-Vorschlag berichten konnte, hat nichts mit seiner Jury-Mitgliedschaft zu tun. Und dass Huber, anders als “Bild”, niemals fälschlicherweise “über die angebliche Nominierung” Osthoffs berichtet hatte, sondern faktisch korrekt über den tatsächlichen Vorschlag, blieb in “Bild” bis heute unberichtigt.

Allgemein  

Die miesen Geschäfte mit der Angst

Vielleicht erinnert sich ja noch wer an diesen Erfinder, von dem “Bild” ebenso irrwitziger- wie fälschlicherweise und wider besseres Wissen behauptet hatte, er könne aus toten Katzen Benzin machen. Nein? Macht nix. Denn, was “Bild” kann, kann die “Bild am Sonntag” schon lange:**

Vorgestern berichtete die “BamS” doppelseitig mal wieder über die Vogelgrippe und die “miesen Geschäfte mit der Angst”:

“Es gibt Menschen, die von dieser Angst profitieren wollen”, schrieb die “BamS” und berichtete von einem “Luftreiniger” bzw. “Raumluftsterilisator”, vertrieben durch die Pinneberger Firma Kobra Biotechnic. Viroxx heißt das Ding, das (laut “BamS”) “aussieht wie eine rollbare Heizung” und 4980 Euro kostet. “Schon 250 Geräte haben wir verkauft”, zitierte die “BamS” den Geschäftsführer der Firma, Uwe Perbandt, im O-Ton…

… und anschließend den Vogelgrippe-Experten Christian Drosten vom renommierten Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (“kopfschüttelnd”):

“Luftreiniger und ähnliches können Sie als Schutz vor Vogelgrippe oder Influenza vergessen, das ist reine Geschäftemacherei.”

Sein Urteil klingt nicht gut. Und fragt man bei Christian Drosten nach, bestätigt er zunächst: Genau so sei es, und genau so habe er es auch der “BamS” auf Anfrage gesagt. Allerdings sei er vom Leiter der “BamS”-Medizinredaktion, Bernd Schwedhelm, nur pauschal “nach irgendwelchen Geräten zur Luftreinigung gefragt worden”. Vom erwähnten Viroxx-Gerät hingegen sei in dem Telefonat mit Schwedhelm überhaupt keine Rede gewesen. Anderfalls wäre seine Antwort vermutlich anders ausgefallen.

Und so verwundert es auch kaum, dass es nach Erscheinen des “BamS”-Artikels auf der Website der Viroxx-Hersteller heißt, die Darstellung der “Bild am Sonntag” sei “absolut unzutreffend”:

“Bei VIROXX handelt es sich nicht wie dargestellt, um einen herkömmlichen Luftreiniger, sondern um ein Entkeimungssterilisationsgerät. (…) Auf die Frage der Journalistin, wie viele Geräte die Firma schon hergestellt habe und an wen es vertrieben wurde, lautet die Originalantwort “Es handelt sich um ca. 250 Geräte, die ausschließlich an deutsche Fachkliniken, Arztpraxen und Labore vertrieben wurde.” (…) Auch wurde den Journalisten deutlich gesagt, das VIROXX für den Einsatz in Wartezimmern und kleineren Operationssäalen gedacht ist (…).* Es ist uns wirklich unverständlich, wie uns Panikmache vorgeworfen wird und unsere Technologie mit ‘Lutschbonbons’ in den Zusammenhang gebracht werden kann.”

(Außerdem heißt es, von dem Gespräch mit der “BamS” gebe es “einen digitalen Mitschnitt”.)

Und tatsächlich handelt es sich beim Viroxx um ein medizinisches Gerät, das nicht nur TÜV-geprüft und zugelassen ist, sondern dessen Wirksamkeit am Beispiel des SARS Corona-Virus auch von der Universität Marburg zertifiziert wurde (das Gutachten liegt uns vor), weshalb Viroxx-Mann Uwe Perbandt, nachhaltig irritiert, auch nicht versteht, worin sein Geschäft mit der Angst bestehen soll.*

Perbandt berichtet uns außerdem, es habe die niedersächsische Landesregierung (deren Ministerpräsident Christian Wulff den Viroxx-Fabrikanten Bioclimatic noch im Juli 2005 besucht und als innovatives Unternehmen gelobt hatte) nach der offensichtlich grob verfälschenden “BamS”-Veröffentlichung ihre Unterstützung zugesagt. Zudem habe sich der in der “BamS” zitierte Virologe Drosten bei ihm bereits netterweise schriftlich für sein von der “BamS” so sinnentstellend verwendetes Statement entschuldigt. Sogar ein Mitarbeiter aus dem Hause “Bild” habe ihn für die (nach Perbandts Einschätzung) schon jetzt geschäftsschädigende Berichterstattung um Entschuldigung gebeten.

Stattdessen aber, so Perbandt, habe er die Angelegenheit dann doch lieber seinen Anwälten übergeben.

Mit Dank an Daniel S. für den Hinweis.

*) Nachtrag, 15:45:
Tatsächlich bewirbt die Firma Kobra Biotechnic das Viroxx-Gerät auch für den privaten Gebrauch. Den Beweis, dass es sich dafür nicht eigne, bleibt die “BamS” jedoch schuldig.

**) Nachtrag, 19:10:
Wir haben den Vorspann nach Veröffentlichung aufgrund neuer Erkenntnisse gestrichen, da der Vergleich uns nicht mehr angemessen erschien.

Zur Klarstellung:
Wir wissen nicht, unter welchen Bedingungen das Viroxx-Gerät sinnvoll ist. Die Antwort auf diese Fragen müssen wir Vogelgrippe- oder Virologenblogs überlassen. Wir sind das BILDblog, unser Thema ist die Berichterstattung von “Bild”, “BamS” und Bild.de.

Es mag sein, dass die aktuelle Viroxx-Werbung, die das Gerät auch für den Einsatz jenseits von öffentlichen Orten wie Arztpraxen oder Flughäfen empfiehlt, zweifelhaft ist. Ganz sicher aber ist die “Bild am Sonntag”-Berichterstattung zweifelhaft. Als ein Beweis für ein angebliches “mieses Geschäft” mit der Vogelgrippe zitiert die “BamS” einen Experten, der allerdings gar nicht wusste, dass er sich zu Viroxx äußert. Der Eindruck, den die “BamS” erweckt, es handele sich bei dem Gerät um eine Art wirkungslose Attrappe, ist nach unseren Recherchen falsch.

Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn die “Bild am Sonntag” nach vielen Artikeln der “Bild”-Zeitung, die Panik vor der Vogelgrippe verbreiteten, einen Artikel gegen die Panikmache veröffentlicht. Aber auch bei diesem hehren Ziel muss die “BamS” nach unserer Überzeugung journalistische Standards einhalten.

Nicht mal die Renten-Lügen sind sicher

Dass “Bild” weiß, wie der Duden das Wort “Lüge” definiert, wissen wir ja. Aber noch mal zur Erinnerung:

Lüge: bewusst falsche auf Täuschung angelegte Aussage

Gestern nun, präsentierte “Bild” ihren Lesern dies:

Fangen wir mit der, laut “Bild”, 3. “Lüge” an:

Die Rente bleibt sicher

Wir wissen natürlich nicht, ob die Rente sicher bleibt. Aber “Bild” weiß es auch nicht und versteht noch nicht mal, was es mit dem Beitragsentlastungsgesetz auf sich hat und schreibt über die “Lüge”:

Denn die Wahrheit sieht völlig anders aus:
Es droht sogar die Zitter-Rente! Denn: Ab Januar 2006 müssen die Arbeitgeber die Rentenbeiträge schon zum Ende eines jeden Monats zahlen (bisher: Mitte des Folgemonats). Den Rententrägern bleiben nur noch drei Stunden, um festzustellen, ob das Geld für die am selben Tag fällige Auszahlung der Renten ausreicht.

Hä? Die Arbeitgeber müssen früher zahlen, und den Rententrägern bleibt weniger Zeit? Da haben die vier Autoren ja nun offenbar etwas falsch verstanden. Wir wollen es ihnen gerne erklären: Bislang haben die Träger der Rentenversicherung den Arbeitgebern quasi einen zinslosen Kredit gewährt, da sie die Renten schon am Ende eines jeweiligen Monats auszahlten, die Arbeitgeber aber erst zwei Wochen später die Beiträge überwiesen. Inwiefern also die Neuregelung die Rente unsicherer machen soll als bisher, weiß allein “Bild”.

Zur zweiten “Lüge”:

Die Beiträge sind gut angelegt

Und ehrlich gesagt wissen wir auch hier nicht, wie gut die Rentenbeiträge angelegt sind. “Bild” weiß es auch nicht, tut aber so:

Doch die Wahrheit sieht völlig anders aus!
Die Renditen der gesetzlichen Rente gehen “langfristig gegen null”. Das belegt eine Studie des renommierten Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG).

Dass die Rentenversicherungsträger und das Bundessozialministerium das bestreiten, überrascht nicht, und Zweifel an derartigen Dementis sind immer berechtigt. Ebenso darf man aber auch an den Ergebnissen vieler Studien zweifeln, insbesondere, wenn die Möglichkeit besteht, dass sie interessengeleitet sein könnten. Und die besteht. Schließlich wurde die Studie in Auftrag gegeben vom Deutschen Institut für Altersvorsorge. Dessen Gesellschafter sind die Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Bauspar AG, DWS Investment GmbH und Deutscher Herold AG. Kooperationspartner ist die Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG. Und dass diese Gesellschafter ihr Geld auch mit privater Altersvorsorge verdienen, sollte ein kritisches Medium zumindest skeptisch stimmen, und es sollte den Lesern diese Information nicht vorenthalten.

Und nun noch zur ersten “großen Renten-Lüge”:

Die Renten steigen kräftig
(…) Noch im vergangenen Jahr verkündete Sozialministerin Ulla Schmidt: “Wir stellen sicher, daß die nächsten Generationen lebenslang eine Rente erhalten, die jedes Jahr wächst, wenn auch langsamer als heute”

Abgesehen davon, dass man sich fragt, wie “Bild” da die “Lüge” “die Renten steigen kräftig” herausliest, hätte sie vielleicht etwas mehr Augenmerk auf den Teil mit den “nächsten Generationen” lenken sollen, bevor sie folgendes aufschreibt und meint, damit eine große Lüge zu entlarven:

Doch die Wahrheit sieht völlig anders aus: In den letzten Jahren sind die Löhne kaum noch gestiegen – entsprechend fallen die Rentenerhöhungen aus: Nach 2004 und 2005 droht im nächsten Jahr zum dritten Mal in Folge eine Nullrunde. In den kommenden Jahren drohen sogar Renten-Kürzungen!

Sieht man sich nämlich das vollständige Interview an, wird deutlich, dass Schmidt überhaupt nicht bestreitet, dass die heutigen Rentner stärker belastet werden. Sie bestreitet ebenso wenig die “Nullrunden”, die “Bild” anprangert. Schmidts Aussage über eine Rente, “die jedes Jahr wächst, wenn auch langsamer“, bezog sich also wirklich nur auf die “nächsten Generationen”. Die Lüge, die “Bild” da zu “enthüllen” meinte, existiert also gar nicht.

Um das noch mal klar zu stellen: Kaum jemand dürfte Zweifel daran haben, dass es ernsthafte Probleme mit dem deutschen Rentensystem gibt. An der “Bild”-Geschichte mit den “3 großen Renten-Lügen” allerdings, stimmt vor allem eines: Die Wahrheit sieht irgendwie anders aus.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an André K.

Wo bleiben sie bloß?

Kürzlich konnte man sich nach der Lektüre eines “Bild”-Artikels ja nicht sicher sein, ob “Todes-Bakterien vom Mars” bereits akut die Erde bedrohen. Heute nun berichtet “Bild” noch einmal über diese “Killer-Keime” und, siehe da, sie stellt im ersten Absatz klar, dass die Gefahr nicht ganz so akut ist:

In naher Zukunft könnten mit Gesteinsproben aus dem All auch Keime auf die Erde gelangen.

Puh! Damit könnte jetzt eigentlich auch aufatmen, wer sich vor einigen Tagen nicht über die Hintergründe der “Bild”-Geschichte informiert hat – wenn über dem aktuellen Artikel nicht folgende beunruhigende Überschrift stünde:

Killer-Keime vom Mars – Sind sie längst da?

Dazu befragt wird der, laut “Bild”, “renommierte Astrobiologie Professor Chandra Wickramasinghe”, der zwar auch an keiner Stelle des Artikels behauptet, dass die “Killer-Keime” schon auf der Erde seien, dafür aber noch mal unwidersprochen, wie bereits vor einigen Wochen und vergangenes Jahr, seine Theorie zum Besten gibt, dass die Lungenkrankheit SARS und die Rinderseuche BSE aus dem Weltraum kamen. Eine Theorie, die renommierte Wissenschaftler allerdings, wie gesagt, für einen “Scherz” halten.

Hitler

“Hitler” macht sich hierzulande meistens ziemlich gut in einer Überschrift, das Wort “geheim” auch, “UFO” immer. Und “Bild” hatte es am gestrigen Montag geschafft, alle drei Wörter in einer einzigen Schlagzeile unterzubringen und schrieb also:

“Historiker enthüllen: Hitlers geheime UFO-Pläne”

Und natürlich sind – um das vorweg zu sagen – die erwähnten UFOs keine Fortbewegungsmittel Außerirdischer, wie das Wort “UFO” im alltäglichen Sprachgebrauch suggeriert, sondern bloß bombentragende, fürs Radar unsichtbaren, tragflächenlose „Flugkreisel” mit Propeller an der Unterseite, Düsenantrieb und einem Cockpit mit Plexiglas-Kuppel, wie auch “Bild” die Enthüllungen einer Doku des “renommierten TV-Senders ‘Discovery'” zusammenfasste, auf welcher der komplette Artikel beruhte und die, wie “Bild” nicht mal unerwähnt ließ, bloß “neue, größenwahnsinnige Details” zu bieten hat.

Worin genau die neuen “Details” bestehen, machte “Bild” zwar in ihrer Berichterstattung nirgends deutlich. Aber egal, denn Tatsache ist: “Hitlers geheime UFO-Pläne” waren damals, vor ungefähr 60 Jahren, fraglos geheim. Inzwischen sind sie es aber nicht mehr so. Und mehr dazu würde hier auch definitiv zu weit führen – oder noch weiter.

Tatsache ist aber außerdem, dass die Geschichten und Verschwörungstheorien rund um “Hitlers geheime UFO-Pläne” insbesondere in der Neonazi-Szene verbreitet sind und werden, wie man, wenn man will, vielleicht am besten beim “Informationsdienst gegen Rechtsextremismus”* von Margret Chatwin nachlesen kann. Aber auch das führt hier vielleicht zu weit. Schließlich handelte es sich bei der “Bild”-Geschichte doch im Grunde nur um eine Art Programmhinweis (bei dem “Bild allerdings in ihrem Mitteilungsbedürfnis über die “bizarren Wunderwaffen” völlig zu erwähnen vergaß, wann, wo oder wieso der “Discovery Channel” die Doku zeigt/gezeigt hat/zeigen wird), oder? Außerdem ist “Bild” ja heute bereits wieder bei ganz anderen Themen angelangt und berichtet lieber über:

“Hitlers irre Wunder-Waffen”

Mit Dank an Thomas H., Adrian J., Daniel. R., Henrik T., Denis M., Rainer M. und andere für die Hinweise.

Nachtrag, 13:23:
Okay, überall dort im Lande, wo die gestrige “Hitler”-Story sogar die Titelschlagzeile war, stand (anders als z.B. in der Berlin-Ausgabe) offenbar auch ein Hinweis, dass die Doku vom “Discovery Channel” am 18.12. ausgestrahlt werde. Beim “Discovery Deutschland” weiß man davon allerdings auf Nachfrage nichts. Auch im Programmablauf ist nichts dergleichen verzeichnet. Aber das muss ja noch nichts heißen…

Nachtrag, 15:37:
Zum Glück weiß ein “Bild”-Sprecher auf Nachfrage Genaueres: So ging die Berichterstattung in “Bild” offenbar zurück auf eine Veröffentlichung im britischen “Daily Express”, der am 5.12. über die TV-Doku berichtete, die wiederum im britische Spartensender “Discovery Science” am 18.12. um 20 Uhr (Ortszeit) ausgestrahlt werde – womit (nachdem bei Bild.de – Nachtrag, 8.12.2004 – nachträglich sogar der Hinweis “am 18. Dezember im TV” hinzugefügt wurde) wenigstens das soweit geklärt ist.

*) inzwischen leider offline

Nichts Welt bewegendes passiert


Das klingt ja schrecklich! Und was wird dann aus uns Menschen?

Unser blauer Planet – rauben ihm jetzt Ur-Kräfte des Weltalls die Balance? Droht Chaos?
Alarmsignale:
Die Erdachse kippt. (…) Noch rechnen Forscher “nur” mit einer Achs-Kippung von 0,4 Grad, in Millionen Jahren.

Und wenn’s doch schneller geht? Auf die Frage hat “Bild” sich offenbar von dem Forscher Jacques Laskar erzählen lassen:

“Das Verhalten unseres Planeten ist chaotisch, nicht berechenbar”.

So was ähnliches steht auch im ersten Absatz der dem “Bild”-Artikel zu Grunde liegenden Untersuchung, allerdings in anderem Zusammenhang. Und eigentlich rechnen Forscher damit, dass diese 0,4 Grad bereits eine ungewöhnlich rasant ablaufende “Achs-Kippung” darstellen.

Ja, aber:

Die Sonne steckt in den Flegeljahren. Seit Jahrtausenden war sie nicht so “nervös” wie heute, schreiben renommierte Wissenschaftler in der Zeitschrift “Nature”.

Das stimmt. So ähnlich stehts jedenfalls in einer Veröffentlichung in “Nature” vom 28. Oktober 2004. Dort prognostiziert ein internationales Forscherteam allerdings auch einen Rückgang der Sonnenaktivität in wenigen Jahrzehnten.

Und was ist hiermit?

Der Astrobiologe Prof. Chandra Wickramasinghe hat in 41 Kilometern Höhe Massen von bisher unbekannten Mikroorganismen entdeckt: “Das könnten Killerkeime sein!”

Die Theorie von Wickramasinghe, dass die Lungenkrankheit SARS aus dem Weltraum kam, hat “Bild” zwar vergangenes Jahr schon einmal als Sensation präsentiert, unterstützt wird sie aber nur von wenigen Wissenschaftlern. Manche halten sie für einen “Scherz” oder auch für ziemlich unwahrscheinlich.

Ansonsten wertet “Bild” noch Erdbeben, Meteoritenschwärme, derzeit aktive Vulkane und theoretisch mögliche Vulkanausbrüche als Alarmsignale. Was dann auch schon für eine riesige “Bild”-Schlagzeile auf Seite eins und eine große Geschichte auf Seite 12 reicht.

Beruhigend, eigentlich.

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