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Zur Rückkehr von Marion Horn

Im November 2019, als klar war, dass Marion Horn den Axel-Springer-Verlag verlassen wird, hatten wir hier im BILDblog einen kritischen Blick auf Horns Schaffen als Chefredakteurin der “Bild am Sonntag” veröffentlicht: Zum Abschied von Marion Horn.

Was von uns als Rückschau auf die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme gedacht war, könnte nun als Vorschau dienen: Gestern wurde bekannt, dass Marion Horn zum Springer-Verlag zurückkehrt, als Vorsitzende der Chefredaktionen der “Bild”-Gruppe. Daher veröffentlichen wir unseren Beitrag von damals unverändert hier noch einmal: Zur Rückkehr von Marion Horn.

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Marion Horn war nicht mal ein halbes Jahr im Amt, da zeigten sich selbst hartgesottene Islamhasser beeindruckt. So schrieb das Hetzportal “Politically Incorrect” im März 2014 verblüfft:

Ja was ist denn in die BILD am SONNTAG (BamS) gefahren? (…) Gleich zwei mal packt das Springer-Blatt das heiße Thema Islam an – und zwar in einer Deutlichkeit, die es in sich hat.

Schon auf dem Titelblatt prangt die unmissverständliche Headline: “Islam-Rabatt für Jolins Mörder”. Ohne Fragezeichen!

Tatsächlich behauptete die “Bild am Sonntag” gemeinsam mit den anderen “Bild”-Medien ohne Fragezeichen, in Deutschland gebe es einen “Islam-Rabatt”, also mildere Strafen vor Gericht, wenn es sich bei den Straftätern um Muslime handelt.

Titelseite BILD am Sonntag: Islam-Rabatt für Jolns Mörder

In Wahrheit kam eine Studie, die die “Bild”-Medien als vermeintlichen Beleg für den in Deutschland vorherrschenden “Islam-Rabatt” anführten, sogar zum genau gegenteiligen Schluss: Deutsche Strafgerichte würden sogenannte Ehrenmörder “nicht milder als andere Beziehungstäter” behandeln, “sondern sogar strenger.”

Der zweite Artikel in der “Bild am Sonntag”, über den sich “Politically Incorrect” damals so freute, war ein Interview mit einem deutsch-türkischen Schriftsteller – große “BamS”-Überschrift: “‘Islam gehört zu uns wie die Reeperbahn nach Mekka'”.

Fazit der Fremdenfeinde:

“Zum Regieren brauche ich BILD, BamS und Glotze”, sagte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder vor zehn Jahren. Wenn die oben erwähnten Artikel eine intensive und schnörkellose Debatte über die Gefahren des Islam in Deutschland auslösen, könnte die BamS vom heutigen 30. März 2014 eine nicht zu unterschätzende Katalysator-Funktion gehabt haben.

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So ging sie also los, Marion Horns Karriere als Chefredakteurin der “BamS”. Und nun, gut sechs Jahre später, geht sie zu Ende: Wie der Axel-Springer-Verlag in dieser Woche mitteilte, verlässt Horn die “Bild am Sonntag”.

Mit “Kompetenz und Leidenschaft” habe sie als Chefredakteurin “insbesondere die investigative und politische Relevanz von BILD am SONNTAG geprägt”, sagte Springer-Chef Mathias Döpfner.

Werfen wir zum Abschied also einen Blick zurück auf ihr glorreiches Werk.

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Als erste Frau an der Spitze der “BamS”, als bekennende “schlimme Feministin” ging es ihr immer auch darum, ein Zeichen zu setzen: für Frauen, gegen Sexismus. Klischees und stereotype Rollenbilder seien ihr zuwider, sagte sie mal, und dagegen kämpfe sie an:

Wir versuchen bei “BamS”, andere Frauenbilder zu zeigen.

Zum Beispiel solche:

Ein großes Foto in der

Herzogin Kate war im Mai 2014 “dem Wind sei Dank” das Kleid hochgerutscht, wodurch ihr Po entblößt wurde.

Der Windhauch des royalen Helikopters bei der Landung in den australischen Blue Mountains sorgte für diesen kurzen, aber magischen Moment.

Diesem “magischen Moment” widmete die “Bild am Sonntag” unter Feministin Horn fast die ganze letzte Seite.

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Im Juli 2014 veröffentlichte die “BamS” neben den anderen “Bild”-Medien zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die beim Abschuss eines Flugzeuges über der Ukraine ums Leben gekommen waren.

Eine Erlaubnis der Angehörigen hatte die Redaktion nicht eingeholt. Die Veröffentlichung wurde später auch vom Presserat kritisiert.

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Wenige Tage später entschied sich Marion Horn für den Abdruck eines islamfeindlichen Kommentars ihres damaligen Stellvertreters Nicolaus Fest. “Der Islam stört mich immer mehr”, schrieb er darin, ihn störe “die weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund”, “die totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle” und vieles mehr. Der Islam sei wohl “ein Integrationshindernis”, was man “bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen” solle.

Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.

Nach massiver Kritik verließ Fest die “Bild am Sonntag”. Horn entschuldigte sich mehr oder weniger – und blieb.

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Im Monat darauf verkündete die “Bild am Sonntag” exklusiv, Schauspieler Henning Baum habe das Ende seiner Serie “Der letzte Bulle” bestätigt. Noch am selben Tag teilte sein Management mit, das Zitat in der “BamS” sei frei erfunden.

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Zwei Wochen später berichtete die “Bild am Sonntag” über den Mord an einem 14-jährigen Mädchen und druckte im Artikel ein Foto des vermeintlichen Täters, das die Redaktion bei Facebook geklaut hatte:

Tatsächlich hatte der Abgebildete überhaupt nichts mit der Tat zu tun.

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Im Dezember 2014 fragte die “Bild am Sonntag” empört:

Haben wir nicht alle Lichter am Baum?

Denn in Berlin-Kreuzberg, so die Behauptung der “BamS”, müsse der Weihnachtsmarkt neuerdings “Winterfest” heißen. Auf “dem Altar der politischen Korrektheit” werde “die christliche Tradition geopfert”, insinuierte das Blatt.

In Wahrheit stimmte die Geschichte gar nicht: “Wie die Märkte sich nennen, ist uns total egal”, erklärte das zuständige Bezirksamt auf unsere Nachfrage. Die “Bild am Sonntag” hatte sich das Weihnachtsmarktverbot ausgedacht – und lieferte den besorgten Bürgern und Islamhassern einmal mehr neue Munition.

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Im darauffolgenden Frühjahr berichtete die “BamS”, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft Franz Beckenbauer wegen der WM-Vergabe an Russland und Katar als Zeugen befragen wolle. Die Schweizer Bundesanwaltschaft teilte auf unsere Nachfrage mit, dass das Quatsch sei. Die Geschichte in der “Bild am Sonntag” sei sogar “mehrfach falsch”. Die Redaktion habe nicht mal bei ihr nachgefragt.

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Im Monat darauf schrieb die “BamS” auf ihrer Titelseite, Angela Merkel habe in Bayreuth einen “Kollaps” erlitten.

Angela Merkel - Kollaps in Bayreuth
Zwei Stunden nach diesen Fotos kippte Merkel um

Die Meldung des angeblichen Schwächeanfalls verbreitete sich rasend schnell, doch kurz darauf brachte die Nachrichtenagentur AFP folgende (wortwörtliche) Breaking News:

Regierungssprecher: Merkel bei Wagner-Festspielen nicht kollabiert – Kein Schwächefall – Stuhl der Kanzlerin brach zusammen

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Im August 2015 wurde in Schleswig-Holstein die Leiche eines Mannes gefunden, der Suizid begangen hatte. Daraufhin bat die Polizei die Medien darum, die Fotos, die sie zur Fahndung veröffentlicht hatte, “aus der Berichterstattung zu nehmen”.

Die “Bild am Sonntag” ignorierte nicht nur die Bitte der Polizei, sondern lieferte möglichen Nachahmern auch gleich noch den genauen Ort des Suizids:

Von dieser Brücke sprang ein Vater in den Tod

(Wenn du selber Probleme hast, depressiv bist oder über Suizid nachdenkst, kansst du dich jederzeit unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 an die TelefonSeelsorge wenden.)

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Anfang 2016 druckte die “Bild am Sonntag” zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die bei einem Zugunglück in Bad Aibling gestorben waren.

Diesen 11 Opfern schuldet ihr die Wahrheit! (dazu 11 Porträtfotos)

Eine Zustimmung der Angehörigen lag wieder nicht vor, und wieder wurde die Veröffentlichung vom Presserat kritisiert.

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Wenige Monate später druckte die “Bild am Sonntag” zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die bei einem Anschlag auf ein Einkaufszentrum in München getötet worden waren.

Titelseite der

Eine Zustimmung der Angehörigen lag wieder nicht vor, und wieder wurde die Veröffentlichung vom Presserat kritisiert.

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Im September 2016 druckte die “Bild am Sonntag” einen Gastkommentar des Fußballers Arne Friedrich. Der meldete sich kurz darauf bei Twitter zu Wort und erklärte, die Redaktion habe in seinem Kommentar rumgepfuscht. Als Beweis schickte er einen Screenshot seines Originaltextes mit:

Negative Überschrift eingesetzt, Textteile weggelassen, so wird aus positiv plötzlich negativ. @HerthaBSC @bild Daumen-nach-unten-Emoji

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An Ostern 2017, nachdem ein Mann einen Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verübt hatte, titelte die “Bild am Sonntag”:

Gott sei Dank -BVB-Bomben zündeten eine Sekunde zu spät

Wie sich später herausstellte, war auch diese Geschichte Unsinn. Die Bundesanwaltschaft teilte in einer Pressemitteilung mit, die Sprengsätze seien “zeitlich optimal gezündet” worden.

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Anfang 2018 behauptete die “Bild am Sonntag”:

4 von 5 Flüchtlingen fallen bei Deutsch-Test durch

Doch auch diese Schlagzeile war falsch. Tatsächlich ergab die Statistik, dass nicht “4 von 5 Flüchtlingen” bei ihrem Deutsch-Test durchfallen, sondern dass vier von fünf Flüchtlingen, die Analphabeten sind, nicht das Sprachniveau B1 erreichen. Insgesamt schafften nicht nur 20 Prozent einen Abschluss, wie von “BamS” behauptet, sondern 76 Prozent.

Auch diese falsche Schlagzeile war eine willkommene Vorlage – nicht nur für andere Medien, sondern vor allem für rechte Hetzer.

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Wenige Wochen später schrieb die “Bild am Sonntag”:

Weil Behörde Asylantrag zu spät bearbeitete - 7300 Euro im Monat für Flüchtlingsfamilie

Was in der Überschrift schon mal nicht klar wurde: Dabei handelte es sich nicht um eine drei- oder vierköpfige Familie, sondern um eine Mutter mit neun Kindern. Zudem wurden die 7300 Euro für die zehnköpfige Familie nicht bar ausgezahlt, sondern ein Großteil wurde schon vorher abgezogen, um die Kosten für die Unterbringung in einem Asylwohnheim inklusive aller Nebenkosten zu begleichen. Auch die Dauer der Bearbeitung war entgegen der “BamS”-Behauptung komplett irrelevant. Und auch sonst gab sich die “Bild am Sonntag” große Mühe, in dem Artikel möglichst viel Irreführendes und Falsches unterzubringen.

Tatsächlich hätte jede deutsche Mutter mit neun Kindern im selben Alter als Sozialhilfeempfängerin genauso viel und dieselben Leistungen bekommen wie die Flüchtlingsfamilie. Davon war in der “Bild am Sonntag” allerdings nichts zu lesen.

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Als im Dezember 2018 über die Nachfolge von Angela Merkel an der Spitze der CDU abgestimmt werden sollte, veröffentlichte die “Bild am Sonntag” eine Liste von 1001 Delegierten und verriet, für welchen Kandidaten/welche Kandidatin sie jeweils stimmen würden. Allerdings erklärten daraufhin etliche der angeblich Befragten, sie hätten überhaupt nicht mit der “Bild am Sonntag” gesprochen.



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Sechs Jahre war Marion Horn Chefredakteurin der “Bild am Sonntag”. Sechs Jahre, in denen ihr Blatt Unwahrheiten in die Welt setzte, Persönlichkeitsrechte verletzte und den Hass gegen den Islam befeuerte. Die Liste ließe sich noch viel weiter fortsetzen, mit Schleichwerbung, geheuchelter Selbstkritik oder politischen Kampagnen.

Oder wie man beim Axel-Springer-Verlag sagt: “Kompetenz und Leidenschaft”.

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Buschmann muss “Libra” stoppen, “Impulse”, Nuhr ein Erzählmuster

1. Buschmann lässt umstrittenen Justiz-Infodienst einstellen
(tagesspiegel.de, Jost Müller-Neuhof)
Bundesjustizminister Marco Buschmann muss den erst im vergangenen Jahr gestarteten Online-Informationsdienst für juristische und rechtspolitische Nachrichten “Libra Rechtsbriefing” stoppen. Grund dafür sei ein vom Ministerium selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, nach dem “Libra” als Verstoß “gegen den Verfassungsgrundsatz der Staatsfreiheit der Presse” bewertet wird. Diesem Grundsatz zufolge darf der Staat keinen Journalismus betreiben.

2. Auf Augenhöhe mit dem Mittelstand
(journalist.de, Nikolaus Förster)
Eine spannende Geschichte hat Nikolaus Förster, Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins “Impulse”, zu seiner Übernahme des Magazins vor zehn Jahren zu erzählen: “Es war der Moment der Wahrheit: Am 9. Januar 2013, abends um 22.08 Uhr, unterschrieb ich nach monatelangen Verhandlungen den Management-Buy-out-Vertrag und übernahm Impulse. 14 Jahre lang hatte ich für Gruner+Jahr gearbeitet, zunächst im Entwicklungsteam der Financial Times Deutschland, als Reporter, Kommentarchef, Ressortleiter, ab 2009 schließlich an der Spitze des Unternehmermagazins Impulse. An diesem kalten Januarabend Anfang 2013 aber, als hunderte Kolleginnen und Kollegen bereits ihre Kündigung erhalten hatten, weil Gruner+Jahr sich dazu entschieden hatte, ihre Wirtschaftsmediengruppe zu zerschlagen, wechselte ich die Rollen: vom angestellten Chefredakteur zum unabhängigen Unternehmer.” In seinem Text beschreibt Förster, wie es gelang, “Impulse” wieder profitabel zu machen, und was er im Lauf der Zeit gelernt hat.

3. Dieter Nuhr und die Angst vorm gesellschaftlichen Wandel
(dwdl.de, Peer Schader)
Bei “DWDL” beschäftigt sich Kolumnist Peer Schader ausführlich und anhand von vielen Zitaten mit den Erzählmustern des Kabarettisten Dieter Nuhr. Sein Fazit: “Nein, Dieter Nuhr ist genauso wenig Nazi wie ein ‘Opfer der Grünen Sekte’, auch wenn er auf Twitter abwechselnd so bezeichnet wird. Er will bloß eine Welt zurück, in der ihm die klimaverklebten veganen Fahrradfahrer:innen mit den Gendersternchen nicht ständig durch ihre schiere Präsenz diktieren, wie sein wochenaktuelles Stand-up-Programm auszusehen hat, wo deswegen dann kein Raum mehr für geistreiche Witze über die wirklich wichtigen Themen unserer Zeit bleibt.”

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4. Schaut, wie süß wir sind: Selenskyj, Madonna und die Fotos des Monats
(uebermedien.de, Hendrik Wieduwilt)
Hendrik Wieduwilt analysiert bei “Übermedien” regelmäßig Nachrichtenbilder: Wie wirken sie? Und warum? Was ist inszeniert? Und von wem? Diesmal mit dabei: Kriegsbilder aus dem Hubschrauber, Begegnungen mit Wolodymyr Selenskyj, Ursula von der Leyen in Blau-Gelb und diverse Fototricks.

5. “Sparen ist bei uns Alltagsgeschäft”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Helmut Hartung hat sich mit Yvette Gerner, Intendantin von Radio Bremen, über die Zukunft des Senders unterhalten und nachgefragt, ob sich durch einen Zusammenschluss mit einer oder mehreren anderen ARD-Anstalten Geld sparen ließe. Gerner verneint: “Bei Radio Bremen gibt es nicht mehr viel zu sparen. Ginge es wirklich um Einsparungen, wäre bei einem Zusammenschluss keine echte Fusionsrendite drin, da wir besonders kostengünstig produzieren.”

6. Aufhören, wenn’s am schlimmsten ist
(taz.de, Carolina Schwarz)
“taz”-Redakteurin Carolina Schwarz war lange Fan von “Deutschland sucht den Superstar”, doch die Liebe ist erloschen. Ohne Dieter Bohlen funktioniere “DSDS” zwar nicht – mit ihm aber auch nicht mehr. Schwarz’ Rat an die Senderverantwortlichen: “Das einzig Richtige wäre, DSDS abzusetzen und sich einzugestehen, dass man aufhören sollte, wenn es am schlimmsten ist.”

Erdbeben, Staatstheater suspendiert Ballettchef, ChatGPT soll zahlen

1. Das eigene Versagen vertuschen
(taz.de, Wolf Wittenfeld)
Wolf Wittenfeld beschreibt die “offizielle Propaganda” der türkischen Regierung nach dem Erdbeben und zeigt, wie diese versucht, das Bild zu vermitteln, Präsident Recep Tayyip Erdoğan tue alles, um den Opfern zu helfen. Kritiker, die den offiziellen Verlautbarungen widersprechen, würden verhaftet, die Berichterstattung werde eingeschränkt. Sein Ziel erreiche der Staat laut Wittenfeld damit jedoch nicht, denn “so sehr die Regierung ihr geschöntes Bild der Lage durchzusetzen versucht, die Versäumnisse im Anschluss an das Beben und auch die Versäumnisse bei der Kontrolle von Bautätigkeiten zuvor sind einfach zu groß, um sie unter der Decke halten zu können.”

2. Nach Hundekotattacke: Staatstheater Hannover suspendiert Ballettchef
(rnd.de)
Wie gestern in den “6 vor 9” berichtet, kam es am Wochenende am Rande einer Ballettpremiere zu einem Eklat: In der Pause nach dem ersten Stück soll der Direktor des Staatsballetts Hannover die “FAZ”-Tanzkritikerin Wiebke Hüster zunächst verbal, dann auch körperlich und mit Tierkot angegriffen haben. Nun sei der Ballettdirektor vom Theater suspendiert und mit einem Hausverbot belegt worden, “um Ballettensemble und Staatstheater vor weiterem Schaden zu schützen.” In einem Video-Statement äußert sich der Direktor des Balletts in einer Art und Weise, die den Verdacht aufkommen lässt, dass weder Einsicht noch Reue vorhanden sind.

3. Verlage fordern Lizenzgebühren für Chatbot-Nutzung
(golem.de, Friedhelm Greis)
Da KI-Programme wie ChatGPT mit unzähligen Presseinhalten trainiert wurden und bei der Bewältigung von Aufgaben immer wieder auf journalistische Texte zurückgreifen, liegt der Gedanke nahe, die Verlage, von denen diese Inhalte hergestellt wurden, auch am wirtschaftlichen Erfolg der Software zu beteiligen. Friedhelm Greis fasst bei “Golem” die aktuellen Überlegungen und Schwierigkeiten zusammen.

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4. Google startet Kampagne gegen Fake News über ukrainische Geflüchtete
(spiegel.de)
Google startet in Deutschland eine Videoaufklärungskampagne gegen mögliche Vorbehalte gegenüber ukrainischen Flüchtlingen. Bisher hatte sich der Konzern bei seinen Aufklärungsaktionen auf Polen, Tschechien und die Slowakei konzentriert. Die Kampagne basiert auf Untersuchungen von Psychologen der britischen Universitäten Cambridge und Bristol, die ein Konzept zur Vermeidung von Fehlinformationen (“Prebunking”) entwickelt haben.

5. Honorarerhöhungen – freie Fotograf*innen reduzieren ihre Angebote an die dpa
(dju.verdi.de, Matthias von Fintel)
Der Deutsche Journalisten-Verband und Verdi fordern von der dpa höhere Honorare für freie Fotografinnen und Fotografen. Um dem Verlangen Nachdruck zu verleihen, soll der aktuelle Output reduziert werden: “Vor allem die gestiegenen Aufwendungen für Anreisen zu Terminen, Technik und auch gestiegene Lebenshaltungskosten bringen die Kolleginnen und Kollegen nun dazu, dass sie in dieser Woche bis auf weiteres ein reduziertes Angebot für Bildlieferungen der dpa offerieren.”

6. Das Geschäft der Regenbogenpresse mit Daniel Küblböck
(twitter.com/topfvollgold, Mats Schönauer, Video: 1:27 Minuten)
Yellow-Press-Kritiker Mats Schönauer von “topfvollgold” hat sich genauer angesehen, wie die Regenbogenpresse mit Daniel Küblböck Kasse macht. Natürlich zulasten des verstorbenen Künstlers, seiner Familie und all der Leserinnen und Leser, die mit den erfundenen Geschichten hinters Licht geführt werden.

Bild.de lässt mögliche Täter-Uhr stehen bleiben

In der Nacht auf den 3. Oktober ist im bayerischen Hohenaschau eine 23-jährige Frau getötet worden. Etwa um 2:30 Uhr soll sie einen Club verlassen und sich auf den Heimweg gemacht haben. Bereits kurz darauf, spätestens um 3 Uhr, soll es zu dem Verbrechen gekommen sein. Die Polizei sucht noch nach Tatverdächtigen und setzt dabei auch auf eine Armbanduhr: Die Beamten fanden ein markantes, überwiegend aus Holz gefertigtes Modell am mutmaßlichen Tatort, das Armband aufgerissen. Ganz in der Nähe lag auch ein Ring, den das Opfer am Abend noch getragen hatte. Ob die Uhr mit der Tat in Verbindung steht, ist nicht klar. Die Polizei sucht aber nach dem Besitzer.

Am Mittwoch waren Fall und Uhr auch Thema in der ZDF-Sendung “Aktenzeichen XY… Ungelöst”. Hans-Peter Butz, Leiter der eingesetzten Sonderkommission, war zu Gast im Studio.

Und dann konnte Bild.de gestern auch noch berichten:

Screenshot Bild.de - Mordfall Hanna bei Aktenzeichen XY ungelöst - Um 2:39 Uhr blieb diese Uhr stehen - Sie wurde in der Nähe des Tatorts gefunden
(Unkenntlichmachung durch uns.)

“Bild”-Reporter Jörg Völkerling schreibt:

Butz im Gespräch mit XY-Moderator Rudi Cerne: “Es ist möglich, dass die Uhr beim Kampf mit dem Täter abgerissen wurde.” Auffällig: Die Zeiger blieben bei 2.39 Uhr stehen!

Das lässt den Zusammenhang von Uhr und Tat noch klarer erscheinen: Die Tatzeit liegt zwischen 2:30 Uhr und 3 Uhr, die Zeiger der gefundenen Armbanduhr sollen laut Bild.de um 2:39 Uhr stehen geblieben sein – Treffer!

Das Problem dabei: Die Uhr ist, anders als von Völkerling behauptet, gar nicht stehen geblieben. Schon in der ZDF-Sendung konnte man auf zwei verschiedenen, eingeblendeten Fotos erkennen, dass sich der Sekundenzeiger zwischen beiden Aufnahmen bewegt hat:

Screenshot Aktenzeichen XY ungelöst - Zu sehen sind zwei verschiedene Fotos der Uhr, auf denen der Sekundenzeiger unterschiedliche Stellungen hat

Auf Nachfrage bestätigte uns ein Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Oberbayern Süd:

Die Stellung der Zeiger der Uhr spielt, wie wir bereits bei Veröffentlichung der Fotos erwähnt haben, keine Rolle. Die Uhr war zum Zeitpunkt des Fundes funktionstüchtig, lief also. Das Foto entstand am Tag nach dem Fund der Uhr, zufällig zu einer Zeit, die mit der – von Medienvertretern vermuteten – Tatzeit übereinstimmen könnte.

(Hervorhebungen im Original.)

Oder anders gesagt: Die “Bild”-Redaktion stiftet bei einen Verbrechen, bei dem sowieso noch vieles geklärt werden muss, zusätzliche Verwirrung.

Mit Dank an Stefan für den Hinweis!

Chatkontrolle, Owning the libs, Cyber-Angriff auf “Heilbronner Stimme”

1. Chatkontrolle darf so nicht in Kraft treten
(netzpolitik.org, Anna Biselli & Andre Meister)
Einige zivilgesellschaftliche Organisationen monierten bereits, dass die geplante EU-Verordnung zur Chatkontrolle tief in Grundrechte eingreife und von den Gerichten gekippt werden könnte. Zu dieser Einsicht ist nun auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags im Rahmen eines Gutachtens gekommen. netzpolitik.org hat die Ausführungen der Experten eingeordnet und das Gutachten im Volltext angehängt.

2. Kontrolle komplett
(taz.de, Jürgen Gottschlich)
Die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat ein neues Mediengesetz verabschiedet, das vorsehe, dass Menschen, die “falsche oder irreführende Informationen über die innere und äußere Sicherheit des Landes” verbreiten oder durch ihre Nachrichten “die öffentliche Ordnung stören sowie Angst und Panik in der Bevölkerung verbreiten”, für bis zu drei Jahren in Haft kommen können. Journalistenorganisationen, Anwaltsvereine und Amnesty International seien entsetzt.

3. “Heilbronner Stimme” erscheint nach Cyber-Angriff nicht gedruckt
(sueddeutsche.de)
Die “Heilbronner Stimme” ist Opfer einer Cyberattacke geworden und erscheint am heutigen Montag nicht als gedruckte Ausgabe. Etliche Systeme der Stimme Mediengruppe seien bei dem Angriff in der Nacht auf Freitag verschlüsselt worden. Dem Unternehmen liege ein Bekennerschreiben vor, das auf einen Erpressungsversuch hindeute.

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4. Owning the libs mit Dieter Nuhr
(setup-punchline.de, Bernhard Hiergeist)
Anhand der Kabarett- und Comedysendung “Nuhr im Ersten” erklärt Bernhard Hiergeist die aus den Vereinigten Staaten bekannte “owning-the-libs”-Strategie: “Mit ‘owning the libs’ wird vor allem in den USA die Strategie bezeichnet, gesellschaftspolitisch liberal gesinnte Politiker:innen um jeden Preis zu ärgern, zu brüskieren oder (bei ihrer politischen Arbeit) zu sabotieren. Egal wie sinnvoll die Projekte oder Ansichten, sei es, Schulen oder Zufahrtsrampen für Rollstuhlfahrer zu bauen, die Grundsicherung und Löhne zu erhöhen oder Minderheiten zu schützen: Wenn es von der falschen Seite kommt, ist es abzulehnen und zu trollen. Ohne Wenn und Aber. Nuhr im Ersten hat das einfach auf Comedy übertragen.”

5. Wir haben eine Stichprobe von gut 5.000 Accounts untersucht
(twitter.com, Kontraste)
Das Politmagazin “Kontraste” hat eine Stichprobe von gut 5.000 Twitter-Accounts untersucht, die seit Beginn des Kriegs in der Ukraine Tweets von Sahra Wagenknecht geteilt haben. Man habe feststellen wollen, welche Inhalte diese Nutzerinnen und Nutzer sonst noch geteilt haben: “Am häufigsten wurde der #Querdenker-Ideologe Stefan Homburg geteilt. 56 % der Nutzer retweeteten ihn. Tweets des rechtsradikalen YouTubers Niklas Lotz teilten 44 %. Und von Alice #Weidel, der #AfD-Fraktionsvorsitzenden, waren es 32 %.” Mehr dazu gibt es in dem dazugehörigen “Kontraste”-Beitrag (Video: 8:44 Minuten).

6. Gemälde im Kanzleramt könnte ungewöhnliche Kosten verursachen
(spiegel.de)
Wenn Olaf Scholz im Kanzleramt eine Pressekonferenz abhält, ist hinter dem Podium ein großformatiges Gemälde des Malers Ernst Wilhelm Nay (Titel: “Augenbilder”) zu sehen. Zu Zeiten von Angela Merkel im Kanzleramt sei das Bild durch einen blauen Hintergrund mit Bundesadler verdeckt gewesen – darauf habe man nun verzichtet, “um einen anderen optischen Eindruck zu erreichen”. Ein Eindruck, der für Medien und Medienschaffende teuer werden könnte: “Laut der VG Bild-Kunst, die für die Wahrnehmung der Rechte zuständig ist, dürfen Fotos der Pressekonferenzen, auf denen ‘Augenbilder’ zu sehen ist, im Rahmen aktueller Berichterstattung online nur sechs Wochen gezeigt werden. Anschließend müssten sie entweder käuflich lizenziert oder gelöscht werden.”

KW 39/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich (langes) Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Mildes Urteil nach Nazi-Angriff auf Journalisten
(ndr.de, Zapp, Julian Feldmann, Video: 15:36 Minuten)
Vor vier Jahren kam es in Thüringen zu einem heftigen Zwischenfall: Als zwei Fotografen vor dem Haus eines NPD-Politikers fotografierten, wurden sie von zwei Neonazis angegriffen und schwer verletzt. Eines der Opfer erlitt einen Schädelbruch, das andere einen Messerstich ins Bein. Nach einem langwierigen Verfahren kam es nun zu einem Urteil, das sowohl von den Opfern als auch von Außenstehenden als verstörend mild empfunden wird. Julian Feldmann ist ins thüringische Fretterode gereist und hat mit einem der Opfer sowie dem Sprecher des Landgerichts gesprochen.

2. Markus Feldenkirchen in der “Hörbar Rust”
(ardaudiothek.de, Bettina Rust, Audio: 1:22:43 Stunden)
In der “Hörbar Rust” begrüßt Bettina Rust den Journalisten Markus Feldenkirchen, der im Hauptstadtbüro des “Spiegel” arbeitet und den “Spiegel”-Video-Talk “Spitzengespräch” moderiert. Darüber hinaus ist Feldenkirchen auch als Gast von TV-Talkshows und als Sachbuchautor (“Die Schulz-Story”) bekannt. Im Gespräch mit Bettina Rust geht es um seinen Werdegang, beginnend mit seiner “phantastischen Jugend” bis hin zur Jetztzeit.

3. Warum sollten sich Medienschaffende regelmäßig mit Medienrecht auseinandersetzen, Dr. Gabriele Stark?
(newsfluence.podigee.io, Eva-Maria Schmidt, Audio: 23:29 Minuten)
In der aktuellen “Newsfluence”-Folge erklärt die auf Medienrecht spezialisierte Juristin Gabriele Stark, wie sich Journalistinnen und Journalisten vor unnötigen Abmahnungen und teuren Strafen schützen können und welche Rechte sie kennen und beachten müssen.

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4. Wieso werden Werkstätten für behinderte Menschen in den Medien kaum kritisiert?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 15:33 Minuten)
Beim RBB-Hörfunksender Radio Eins sprachen vergangene Woche Menschen mit und ohne Behinderung täglich über Themen wie Barrierefreiheit und die Frage, wie inklusiv der RBB selbst ist. Dabei trafen der Aktivist Raul Krauthausen, der mit seinem Verein “Sozialhelden” für mehr Teilhabe kämpft, und Beatrix Babenschneider, eine ehemalige Werktstatträtin, aufeinander. Das Publikum der Diskussion sei offenbar fast ausschließlich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Werkstätten für Menschen mit Behinderung besetzt gewesen. Das habe für eine erhebliche Schieflage gesorgt, so die vielgeäußerte Kritik in den Sozialen Medien. Holger Klein hat sich mit Raul Krauthausen über das Thema ausgetauscht.

5. Interviews freigeben – Fluch oder Segen?
(talkingdigital.de, Kristin Dolgner & Sachar Klein & Giuseppe Rondinella, Audio: 35:01 Minuten)
Bei “Talking Digital” geht es um den Freigabeprozess von Interviews: “Warum haben solche gescheiterte Interviews in den vergangenen Jahren gefühlt zugenommen? Warum überhaupt hat sich diese Autorisierungspraxis nur in Deutschland durchgesetzt? Was sind Vor- und Nachteile? Und warum machen Medien gescheiterte Interviews selbst zum Thema?”

6. “Markus Lanz” vom 29. September 2022
(zdf.de, Markus Lanz, Video: 1:16:05 Stunden)
Das neue Buch von Philosoph Richard David Precht und Soziologe Harald Welzer (“Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist”) kam in den bisherigen Rezensionen (“FAZ”, “Übermedien”, “Frankfurter Rundschau”, “Stern”) nicht allzu gut weg. In der Talksendung von Markus Lanz diskutierten die beiden Buchautoren mit der “Spiegel”-Journalistin Melanie Amann und dem “Welt”-Journalisten Robin Alexander. Ein bemerkenswertes Aufeinandertreffen.

KW 34/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Instagram – Das toxische Netzwerk
(arte.tv, Olivier Lemaire, Video: 1:26:34 Stunden)
Anfangs war es nur eine kleine App zum Teilen von Fotos, mittlerweile nutzen eine Milliarde Menschen Instagram. Was so vermeintlich positiv und harmlos daherkommt, hat seine Tücken, wie eine Arte-Doku filmisch analysiert: “Die ungebremste Inszenierung der eigenen Person, die im Ozean des Konsums illusorisch Glück verspricht, beeinflusst das Leben der Menschen schleichend. Die Flut an Bildern schlägt in Übersättigung um, in eine nie endende Pornografie aus Klamotten, Gegenständen, Essen und muskulösen, sonnengebräunten, eingeölten Körpern.” Der Film geht der Frage nach, welche Einflüsse Instagram auf Individuum und Gesellschaft hat.
Weiterer Gucktipp: Beim öffentlich-rechtlichen Jugendkanal “funk” gibt es einen zehnminütigen Beitrag über Douyin, das chinesische TikTok: “Warum Douyin in China so erfolgreich ist, und wie die kommunistische Partei vorgeht, wenn sich User zum Beispiel kritisch gegenüber der Regierung äußern.”

2. Publizist, Aktivist, Nonkonformist
(deutschlandfunk.de, Stefan Koldehoff, Audio: 54:52 Minuten)
Günter Wallraff gilt vielen als Legende des Investigativjournalismus. Er schlich sich in Industrieunternehmen ein, schlüpfte in verschiedene Rollen und Identitäten und war “der Mann, der bei ‘Bild’ Hans Esser war”. Im Deutschlandfunk spricht Wallraff über seine bekanntesten Recherchen, zum Beispiel in der “Bild”-Redaktion oder bei McDonald’s, und gibt Einblick in sein Inneres: “Ich fühle mich Menschen nahe, die geächtet sind.”
Transparenzhinweis und Werbung in eigener Sache: 44 Jahre nach seinem eigenen Buch über “Bild” hat sich Wallraff für “Ohne Rücksicht auf Verluste”, das Buch meiner BILDblog-Kollegen Mats Schönauer und Moritz Tschermak, ausgesprochen: “Eine überzeugende und erschütternde Beweisführung.”

3. Das neue YouTube für Rechte?
(deutschlandfunkkultur.de, Vera Linß & Tim Wiese, Audio: 7:05 Minuten)
“Lange konnten rechtsextreme Inhalte auf Plattformen wie YouTube und Facebook ungehindert veröffentlicht werden. Gesetzesänderungen erschweren das nun. Menschen aus dem rechten Spektrum suchen nach Alternativen und werden fündig”, schreibt die Redaktion von Deutschlandfunk Kultur zu einem Gespräch mit Paula Matlach, Analystin beim ISD Germany. Matlach untersucht dort die Verbreitung von Desinformation und extremistischen Ideologien in deutsch- und englischsprachigen Ländern. Im Interview spricht Matlach über die von Rechten und Rechtsradikalen immer öfter genutzte Youtube-Alternative Odysee.
Weiterer Hörtipp: Im “Übermedien”-Podcast geht es um den radikalen Frauenfeind Andrew Tate: “Gut vier Millionen Follower hatte er auf Twitter, noch mehr auf Insta, bei Tiktok wurden seine Clips rund zwölf Milliarden Mal aufgerufen, und auf Google wird häufiger nach ihm gesucht als nach Kim Kardashian und Donald Trump zusammen! Wer ist dieser vor Ego platzende Muskelmann namens Andrew Tate? Und was macht ihn so erfolgreich?” Holger Klein spricht darüber mit Samira El Ouassil (uebermedien.de, Audio: 23:03 Minuten).

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4. Rebecca Barth, Journalistin, berichtet u.a. für die ARD aus der Ukraine
(medienmacherin.podigee.io, Freddie Schürheck, Audio: 51:59 Minuten)
Beim “Medienmacherin”-Podcast trifft Freddie Schürheck die Journalistin Rebecca Barth, die unter anderem für die ARD aus der Ukraine berichtet. In dem Gespräch geht um Barths journalistische Arbeit im Kriegsgebiet, ihre Verarbeitungsstrategien und die Frage, was sie immer wieder in die Ukraine zurückzieht.

5. Morde in Mexiko: Frei berichten trotz Lebensgefahr?
(ndr.de, Zapp, Anna Mundt & Lisa Maria Hagen, Video: 26:15 Minuten)
Mexiko gilt für Medienschaffende als eines der gefährlichsten Länder der Welt. “Was passiert da? Und wie kann man in einem solchen Land noch frei berichten?” Für ihren “Zapp”-Beitrag haben Anna Mundt und Lisa Maria Hagenin Mexiko Angehörige von Opfern getroffen, sie thematisieren die kritikwürdige Politik des Präsidenten und zeigen, “wie unzureichend das staatliche Schutzprogramm für Journalist:innen ist.”

6. Klare Vision statt Trends und Hypes – mit Podigee-Gründer Mati Sójka
(omrmedia.podigee.io, Vincent Kittmann, Audio: 30:11 Minuten)
2013 hatten Mati Sójka und Ben Zimmer eine brillante Geschäftsidee: Sie gründeten die Podcast-Hosting-Plattform Podigee. Zunächst beherbergten sie nur einige wenige Hörformate, nun seien es etwa 15.000 aktive Podcasts mit insgesamt rund 150 Millionen Downloads pro Monat. Im aktuellen “OMR”-“Podtalk” unterhält sich Vincent Kittmann mit Podigee-Gründer Sójka über dessen Unternehmen und die Podcast-Welt.
Passender Hörtipp dazu: Im Podcast “turi2 Clubraum” ist Sebastian Esser zu Gast, der mit Steady ein Finanzierungsportal anbietet, das auch für die Vermarktung von Podcasts genutzt werden kann (Aline von Drateln & Markus Trantow, Audio: 44:20 Minuten). Auch hier ein Transparenzhinweis: Wir vom BILDblog nutzen ebenfalls Steady.

Vorwürfe gegen Intendantin, Doomscrolling, Interessenkonflikt

1. Untersuchung gestartet
(sueddeutsche.de)
Nach Vorwürfen von “Business Insider” (“Verschwendung von Gebührengeldern? Spesen für Dinnerabende und dubiose Beraterverträge bringen ARD-Chefin Patricia Schlesinger in Bedrängnis”) hat die Intendantin des öffentlich-rechtlichen Rundfunkfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, eine “unabhängige Untersuchung” gestartet. Parallel prüfe der RBB rechtliche Schritte gegen aus seiner Sicht falsche und verzerrende Formen der Berichterstattung.

2. Markus Gabriel: Ein Philosoph schrumpft zum Sprücheklopfer
(infosperber.ch, Rainer Stadler)
Neulich behauptete Philosophieprofessor und Bestsellerautor Markus Gabriel in einem Interview unter anderem, dass es “geradezu unmoralisch sei, auf Twitter zu sein”. Rainer Stadler ist anderer Meinung. Auf Twitter sei es wie im Alltagsleben: “Wer die Gesellschaft von Raufbolden und Taugenichtsen möglichst meidet und entsprechende Verhaltensregeln beachtet, kann auch auf Twitter einen gewinnenden Austausch mit Zeitgenossen erfahren.” Stadlers Fazit: “Mit seiner Tirade gegen Twitter erinnert Gabriel indessen mehr an einen Boulevardjournalisten minderer Qualität, der eine so steile wie belanglose These formuliert in der Hoffnung, ein bisschen Aufmerksamkeit zu erheischen. Das ist keine Aufklärung, sondern zum Gähnen langweilig.”

3. Was du gegen Doomscrolling tun kannst
(hateaid.org)
Doomscrolling oder Doomsurfing bezeichnet laut Wikipedia “das exzessive Konsumieren negativer Nachrichten im Internet”. Warum verfallen wir dem Doomscrolling? Was hat es mit dem “Negativity Bias” auf sich? Und wie können wir der Negativ-Spirale entgehen? Zu diesen Fragen hat die Beratungsstelle HateAid einige Tipps und Informationen zusammengestellt.

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4. Luxemburg bleibt eine verschlossene Auster
(faz.net, Jochen Zenthöfer)
Luxemburg will sich laut einem Rundschreiben von Regierungschef und Medienminister Xavier Bettel gegenüber Journalistinnen und Journalisten auskunftsfreudiger zeigen. Jochen Zenthöfer hat sich beim Luxemburger Journalistenverband erkundigt, wie die Versprechen dort ankommen. Dort sei von einem “Mikrofortschritt” die Rede. Hinsichtlich der Informationsrechte gebe es ei­nen großen Nachholbedarf.

5. Kennzeichnung für veränderte Fotos – eine fragwürdige Scheinlösung
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
In Sozialen Medien und in der Werbung wird viel mit Retuschen und Beauty-Filtern gearbeitet, die vor allem Frauen und Mädchen noch schöner, noch perfekter aussehen lassen. Sollte man für derlei bearbeitete Bilder eine Kennzeichnungspflicht einführen, damit sich die Betrachtenden nicht von einem unrealistischen Schönheitsideal blenden lassen? Thomas Knüwer hält dieses Vorgehen für einen Irrweg: “Diese Kennzeichnungspflicht ist eine typische Linearlösung für ein komplexes, vernetztes Problem.”

6. Und nun live nach Sylt zur Hochzeit von Franca Lehfeldt und Christian Lindner
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und “Welt”-Chefreporterin Franca Lehfeldt haben gestern auf Sylt geheiratet. “Übermediens” Glaskugel-Beauftragter Boris Rosenkranz sagte voraus, wie in verschiedenen Medien darüber berichtet werden wird.
Weiterer Lese- und Hörtipp: “Ich kann mir wenig deutlichere Interessenkonflikte vorstellen als diesen”, sagt Daniel Drepper, Vizechef der Recherchekooperation von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” sowie Vorsitzender der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche: “Christian Lindner ist nicht irgendein FDP-Politiker, sondern der wichtigste FDP-Politiker Deutschlands.” Interessenkonflikte im Journalismus (deutschlandfunk.de, Pia Behme & Stefan Fries, Audio: 6:13 Minuten).

Umgang mit Assange, Biotop in der Potse, Text-zu-Quatsch-Generatoren

1. Auslieferung: Warum sich Medien so schwer mit Julian Assange tun
(freitag.de, Wolfgang Michal)
Wikileaks-Gründer Julian Assange soll tatsächlich in die USA ausgeliefert werden. Eine Nachricht, die bei den großen Leitmedien in Deutschland auf erstaunlich wenig Interesse getroffen sei, wie Wolfgang Michal findet: “Warum engagieren sich die Presseverlage, die eine Zeit lang von Wikileaks profitierten und sich in Assanges Weltruhm sonnten, so wenig für ihren ehemaligen Partner? Was hält die ‘vierte Gewalt’ davon ab, ein Zeichen eindeutiger Solidarität zu setzen?”

2. Nannen-Preis heißt jetzt “Stern”
(faz.net)
Ein Rechercheteam des öffentlich-rechtlichen Jugendportals “funk” veröffentlichte im Mai ein Video, das sich mit Henri Nannen beschäftigt, dem Gründer, langjährigen Herausgeber und Chefredakteur des Magazins “Stern”. Dabei ging es insbesondere um Nannens Rolle in der Nazizeit. Wenige Tage später reagierte der aktuelle “Stern”-Chefredakteur mit einer Stellungnahme und versprach: “Wir werden der Sache auf den Grund gehen!” Nun hat das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr, zu dem der “Stern” gehört, mitgeteilt, den Nannen-Preis diese Woche als “Stern Preis” zu verleihen – um “die Debatte um Henri Nannens Vergangenheit zu entschärfen”.

3. Böhmermann, Kebekus und der Siegeszug der Public Impact Comedy
(dwdl.de, Peer Schader)
“Der vom Feuilleton einst gefürchtete ‘Hedonismus des Oberflächlichen’ ist (teilweise) durch eine Art Public Impact Comedy ersetzt worden, die Entertainment vorgaukelt – aber Hintergrund und Aufklärung transportiert.” In seiner neuen “DWDL”-Kolumne beschäftigt sich Peer Schader mit “Comedy, die jenseits ihres Unterhaltungsanspruchs fest an die eigene Wirkung glaubt”.

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4. Das Biotop in der Potse
(tagesspiegel.de, Rüdiger Schaper)
Das Berliner Stadtmagazin “tip” feiert dieses Jahr seinen 50. Geburtstag. Rüdiger Schaper war dort in den 1980er- und 1990er-Jahren Redakteur und freier Autor und erinnert sich zurück: “Berüchtigt waren die Produktionswochenenden. Der Umfang des Hefts lag bei 280 Seiten, und die Druckvorlagen mussten sonntags über die Transitautobahn auf den Weg nach Westdeutschland gebracht werden, wie das in jenen Jahren hieß. Layout und Alkohol, Schlussredaktion und Bier waren Synonyme. Das war im Tageszeitungsbetrieb damals nicht anders. Es wurde getrunken, geraucht und früh gestorben. Der Alkoholismus hat in der ‘Tip’-Belegschaft seine Opfer gefordert.”

5. Sollte Herkunft in TV und Radio hörbarer sein?
(deutschlandfunk.de, Pia Behme, Audio: 33:36 Minuten)
Muss es immer Hochdeutsch sein? Oder darf regionale Herkunft in TV und Radio hörbar sein? Sollten Medien mehr Dialekt zulassen? Oder geht das zu Lasten der Verständlichkeit? Darüber sprechen ein Deutschlandfunk-Hörer, der Linguist Jannis Androutsopoulos, Christoph Wittelsbürger vom Deutschlandfunk-Sprecherensemble und Pia Behme aus der Dlf-Medienredaktion.

6. Die Text-zu-Quatsch-Generatoren
(spiegel.de, Jörg Breithut)
Auf Twitter begegnen einem seit einigen Tagen künstlich generierte Neun-Bild-Kacheln mit allerlei surrealen Szenen, beispielsweise Darth Vader beim Rasenmähen. Jörg Breithut ordnet den Trend und die technologische Einwicklung dahinter ein. Die KI-Modelle seien mehr als reine Spaßmaschinen. Für Laien werde es immer leichter, Foto-Fakes zu erstellen, so ein von ihm befragter Informatikprofessor.

Passionsgeschichte, Rosen­krieg im Liveti­cker, “Nowaja Gaseta Europa”

1. Kein Krieg im russischen TikTok-Feed
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
TikTok zeigt seinen russischen Nutzerinnen und Nutzern eine Welt, in der der Krieg in der Ukraine keine Rolle spielt. Was bereits das Ergebnis einer Analyse war, wurde nun durch ein Experiment bestätigt: Journalisten aus Norwegen haben zwei Bots auf die Reise durch einen ukrainischen beziehungsweise russischen TikTok-Feed geschickt. Sebastian Meineck erklärt, was es damit auf sich hat und welche Schlüsse naheliegen.

2. “Nur die Aufmerksamkeit der Welt kann vor Putin schützen”
(deutschlandfunk.de, Marina Weisband, Audio: 4:24 Minuten)
Deutschlandfunk-Kolumnistin Marina Weisband fragt sich, ob sie ihren Followern Kriegsbilder zumuten kann und inwieweit sie damit eventuell die Würde der Opfer verletzt. Sie findet keine allgemeingültigen und eindeutigen Antworten, aber eine persönliche Haltung zu dem schwierigen Thema: “Ich persönlich denke nicht, dass das Foto eines toten Kindes ihm seine Würde nimmt. Ich denke, es nimmt die Würde derjenigen, die es umgebracht haben. Die Menschen in der Ukraine betteln darum, diese Bilder um die Welt gehen zu lassen. Denn nur die Aufmerksamkeit der Welt kann sie vor Putin schützen.”

3. Neue Stimme gegen Russlands Krieg
(tagesspiegel.de, Claudia von Salzen)
Zwei Wochen nach dem Ende der kremlkritischen “Nowaja Gaseta” startet im lettischen Exil die “Nowaja Gaseta Europa”. Mit der Einstellung sei die Zeitung einer möglichen gerichtlichen Schließung in Russland zuvorgekommen. Die Aufsichtsbehörde des Landes hatte die Berichterstattung des Blatts über den Krieg in der Ukraine wiederholt beanstandet.

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4. DFB-Deal mit Bwin: Geld statt Moral!
(ndr.de, Fritz Lüders, Video: 7:51 Minuten)
Für das Medienmagazin “Zapp” kommentiert Fritz Lüders die zunehmende Sportwetten-Werbung im deutschen Fußball: “Immer mehr Menschen leiden an Spielsucht und werden dadurch in den finanziellen Ruin oder sogar in die Kriminalität getrieben. Der DFB hätte durch einen auslaufenden Vertrag mit ‘Bwin’ jetzt endlich aus diesem düsteren Geschäft aussteigen können. Doch stattdessen macht er alles noch viel schlimmer und verpasst eine große Chance.”

5. Rosen­krieg im Liveticker
(lto.de, Lucas Brost)
Rund um den Fußballprofi Mats Hummels spielt sich derzeit eine Art öffentliche Seifenoper mit aktuellen, verflossenen und womöglich zukünftigen Partnerinnen ab, die auf den jeweiligen Social-Media-Kanälen stattfindet. Der Jurist Lucas Brost erzählt, worum es im Einzelnen geht und welche medienrechtlichen Konsequenzen das Schauspiel für die Betroffenen hat: “Durch ihre Beiträge haben sich die Beteiligten gegenüber der Presse geöffnet. Sowohl Céline Bethmann, Cathy Hummels und Lisa Straube, als auch Mats Hummels selbst müssen aufgrund ihres Verhaltens eine Berichterstattung über ihr Beziehungsleben hinnehmen.”

6. „Die Passion“: Die Andreasbouranisierung der Bibel
(web.de, Christian Vock)
Gestern gab es bei RTL ein Event zu bestaunen, das in den Sozialen Medien für allerlei Spott sorgte. Der Sender inszenierte die Passionsgeschichte als Live-Ereignis, unter anderem mit Alexander Klaws als Jesus und Thomas Gottschalk als Erzähler. Christian Vock erkennt die Mühe des Senders an, ist jedoch nicht überzeugt: “Wenn sich Annett Möller für einen Zwischenbericht mit den Worten meldet ‘Wir haben jetzt die Rüttenscheider Schlemmermeile verlassen’, dann ist der Prozessionszauber nur in dem Moment schneller verflogen als am Essener Willy-Brandt-Platz das McDonalds-M im Hintergrund mit dem RTL-Kreuz um die Wette leuchtet.”

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