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“Bild” macht sich einen Sport aus Beleidigungen

Die Sache war “Bild” auch außerhalb des Reviers eine große Ankündigung oben auf der Titelseite (Ausriss rechts) wert: Die “Bild”-Reporter Christian Kitsch und Peter Wenzel berichteten, dass Marcelo Bordon, der Kapitän von Schalke 04, nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund im Kabinengang ausgerastet sei:

Der Brasilianer beleidigte Schiri Lutz Wagner (45, Hofheim) als “Hure”. Schimpfte zuerst Richtung Journalisten: “So ein Schiri. Fragt ihn, was los ist.” Dann brüllte er zweimal das Wort “puta”, portugiesisch für Hure.

Es scheint sich um eine exklusive Information der “Bild”-Zeitung gehandelt zu haben. Sie machte Furore. Am nächsten Tag konnte “Bild” melden, dass der DFB nun “wegen der Pöbel-Attacken” gegen Bordon ermittle, zeigte noch einmal die eigenen Schlagzeilen vom Vortag und wiederholte:

Bordon hatte Schiri Lutz Wagner im Kabinengang auf Portugiesisch als “Hure” beleidigt.

Aber irgendwann im Lauf des gestrigen Mittwochs verschwanden die beiden Artikel und ein weiterer zum Thema kommentarlos aus dem Online-Angebot der “Bild”-Zeitung. Es scheint, als hätte “Bild” schon vor der heute stattfindenden Verhandlung des DFB nicht mehr an die eigene Geschichte geglaubt; womöglich half ein bisschen Druck durch den Verein nach (ohne Not löscht Bild.de nach unserer Erfahrung auch falsche Artikel nicht). Üblicherweise bietet “Bild” in solchen Fällen an, quasi zum Ausgleich ein großes, freundliches Stück zu bringen.

Einen Anlass hätte “Bild” morgen dazu ohnehin. Denn der DFB-Kontrollausschuss hat das Verfahren gegen Bordon (ebenso wie eines gegen seinen Mitspieler Mladen Krstajic) heute mangels Beweisen eingestellt. Bordon bestritt den von “Bild” erhobenen Vorwurf. Der Manager von Schalke 04, Andreas Müller, sagte, die als Beweismittel ausgewerteten Fernsehbilder hätten deutlich gemacht, “dass Marcelo absolut nichts gesagt hat, was als Beleidigung aufgefasst werden kann. Er hatte sich völlig unter Kontrolle.”

Für die Fußballzeitung “Kicker” ging es in dem Verfahren gegen die Schalker Spieler heute auch um eine grundsätzliche Frage. Der “Kicker” kommentierte (noch vor der Entscheidung):

Sicher, der Kontrollausschuss muss ermitteln, wenn Bild titelt: “Bordon beleidigt Schiri als Hure.” Und wenn aus Krstajics Aussage “zum Schluss haben wir neun gegen 14 gespielt” ein “klarer Vorwurf der Parteilichkeit” abgeleitet wird. Dass Krstajic Referee Lutz Wagner bei dessen erwiesenen Fehlentscheidungen damit Absicht unterstellte, ist freilich ebenso konstruiert wie Bordons Attacke.

Als Bordon und Kollegen Richtung Kabine stapften, fiel aus deren Kreis das Wörtchen “puta”, das “Hure” bedeutet. Wem der Fluch und ob er überhaupt einem konkreten Adressaten galt, bleibt Interpretation. (…) Der Tatbestand der Beleidigung lässt sich so nicht erfüllen. Konkretere Angriffe auf Unparteiische gab es schon zuhauf, die nur nicht Gegenstand journalistischer “Anklage” wurden. (…) Der Ausgang des “Falls” Bordon/Krstajic beantwortet also auch die Frage, ob im deutschen Fußball die Gewaltenteilung zwischen Medienmacht und Sportgerichtsbarkeit weiter intakt ist.

Die Einstellung der Verfahren gegen die Schalker Spieler war nicht die einzige Niederlage, die “Bild” heute vor dem Sportgericht erlitt. Der Kontrollausschuss stellte auch das Verfahren gegen den Trainer des VfL Osnabrück, Claus-Dieter “Pele” Wollitz, ein. Der DFB teilte mit:

Wollitz stand unter dem Verdacht, sich unsportlich geäußert zu haben. In einer Stellungnahme an den Kontrollausschuss bestreitet er diesen Vorwurf.

Auch in diesem Fall war es die “Bild”-Zeitung, die den Verdacht geäußert hatte (natürlich auch in diesem Fall als Tatsachenbehauptung) und die Ermittlungen des DFB auslöste. Sie berichtete gestern unter der Überschrift “Ganz übel! Wollitz beschimpft Oral” über einen Auftritt Wollitz’ vor den Kameras des DSF:

Im gleichen Filmausschnitt wütet der herum und schreit in Richtung FSV-Trainer Tomas Oral “Was ist das denn für’n Wichser?”. Der Ausschnitt liegt BILD vor.

Uns auch (Szene ab 6:00), nur wären wir uns nicht so sicher, das Wollitz darin das sagt, was “Bild” sagt, was er sagt. Und der DFB erklärte nun bündig:

Nach Auswertung der vorliegenden Beweismittel hat sich der Tatverdacht nicht bestätigt.

Mit Dank an Joern T., Torsten B., Tobias L. und Irene!

“Nur” im Sinne von “auch”

Wenn Schalke 04 heute Abend im Uefa-Cup gegen APOEL Nikosia antritt, wird das Fußballspiel hierzulande nicht im Fernsehen zu sehen sein. Und bei Bild.de ebenso wenig. Obwohl es dort immerhin einen Live-Ticker gibt, wie Bild.de vollmundig ankündigt:

"Nix TV! Schalke nur bei BILD.de"

“Nur” ist hier indes im Sinne von auch zu verstehen. Denn einen Live-Ticker gibt es beispielsweise bei sport1.de

…bei t-online.de

… oder bei sportal.de

… und sicher auch noch woanders. Besonders hervorzuheben wäre vielleicht noch diese ominöse Seite:

Mit Dank an Bernd V. und HerrSalami für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 0:30 Uhr. Er war dann aber doch etwas Einmaliges, der Live-Ticker von Bild.de. Reporter Peter Wenzel kann nämlich in die Zukunft sehen. Unmittelbar nach Ende des Spiels berichtete er:

Nach dem lockeren Kick gegen Nikosia war die Rückreise für die Schalker Profis umso anstrengender. Busfahrt zum Airport Larnaca. Von dort vier Stunden im Flieger nach Münster. Eine kurz Nacht nach erfolgreichem Spiel.

Mit Dank an Pierre!

Heiße Spuren für alle!

Heute kochen wir uns eine heiße Spur. Das ist kinderleicht. Man nehme:

  • einen Kriminalfall, der die Menschen gerade bewegt
  • einen Verdächtigen in einem anderen Kriminalfall
  • ein Telefon

Nun rufen wir bei der Polizei an und fragen sie nicht, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Verdächtige in dem einen Kriminalfall etwas mit dem anderen Kriminalfall zu tun hat, sondern nur, ob sie einen Zusammenhang ausschließen kann. Weil es zum Wesen solcher Ermittlungen gehört, möglichst wenig auszuschließen, wird die Antwort vermutlich “Nein” lauten, und, voilà: Wir haben unsere exklusive Spur, heiß gemacht durch eine Formulierung wie: “Die Polizei bestätigte, einen Zusammenhang nicht ausschließen zu können.”

Ein ähnliches Rezept hat “Bild” schon nach dem Mord an der achtjährigen Michelle aus Leipzig angewandt, als sie immer wieder ein Phantomfoto aus einem anderen Fall zeigte und als möglichen Täter und “heiße Spur” präsentierte — was nach den Worten des Polizeipräsidenten die Ermittlungen “erheblich behinderte”.

Gestern kochte sich “Bild” aber schon wieder eine mögliche “heiße Spur” zusammen. In Lyon war im Zusammenhang mit dem Mord an einem elfjährigen Jungen eine Frau festgenommen worden. Deutsche Ermittler im Fall der sogenannten “Phantomkillerin”, die unter anderem im vergangenen Jahr in Heilbronn eine Polizistin tötete, überprüften die DNA der französischen Frau — routinemäßig.

“Wenn Sie mich fragen, ist die Spur noch nicht einmal lauwarm, geschweige denn heiß”, sagte ein Polizeisprecher der “Badischen Zeitung”. Allerdings wäre es fahrlässig, eine solche Spur nicht abzugleichen — das werde bei jedem Gartenhauseinbruch so gemacht.

Das ist aber natürlich keine “Bild”-Geschichte. Eine “Bild”-Geschichte wurde es dadurch, dass sich “Bild”-Redakteur Bernd Strehlau von der Polizei bestätigen ließ, dass sich ein Zusammenhang nicht ausschließen lässt. Dann konnte er das Foto der Frau zeigen, die Worte “Ist SIE die Phantomkillerin?” daneben setzen und exklusiv berichten:

Die Polizei in Heilbronn bestätigte: Ein Zusammenhang mit dem Heilbronner Mord im April 2007 und dem Tod des Elfjährigen nahe Lyon im Juli sei nicht auszuschließen.

An dieser Stelle könnte die Geschichte zuende sein. Man könnte sagen: Mei, so sind sie halt bei “Bild”, das weiß man doch und kann damit umgehen. Die Nachrichtenagentur dpa aber weiß das offenbar nicht. Und so meldete sie gestern vormittag:

Heilbronn (dpa) – Eine Spur im Fall des Polizistinnenmordes in Heilbronn im vergangenen Jahr führt möglicherweise nach Frankreich. Die Polizei in Heilbronn schließe einen Zusammenhang zwischen der kaltblütigen Tat im April 2007 und einem grausamen Mord an einem Elfjährigen Ende Juli in der Nähe von Lyon nicht aus, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit und bestätigte damit einen Bericht der “Bild”-Zeitung.

Wohlgemerkt: Er bestätigte, dass er bestätigte, dass er einen Zusammenhang nicht ausschließt. Um 14 Uhr zitierte dpa in einem längeren Text immerhin den Heilbronner Sprecher der Polizei nun plötzlich auch mit den Worten, es handle sich um eine “routinemäßige Überprüfung wie bei hunderten von anderen Fällen auch”.

Nicht einmal zwei Stunden später, um 15:47 Uhr, meldete dpa schließlich, die Spur sei “kalt”: Der Vergleich der DNA-Spuren habe keine Übereinstimmungen ergeben.

Bild.de-Leser wissen davon noch nichts. Und die “Heiße Spur?”-“News” ist aktuell immer noch eine der meistgelesenen auf Bild.de.



Mit Dank an die “Badische Zeitung”!

Von Äpfeln, Birnen, Weintrauben und Kiwi

Anfang der Woche verkündete “Bild” “eine echte TV-Sensation”: Andrea Kiewel, von der sich das ZDF im vergangenen Jahr wegen Schleichwerbevorwürfen getrennt hatte, wird im Oktober als Gast bei einer Gala der Welthungerhilfe auftreten, die das ZDF zeigt. “Bild” glaubt, dass das “eine behutsame Vorbereitung – auf Kiewels Komplett-Rückkehr” sein könnte und fragt:

Kriegt Andrea Kiewel wieder den Fernsehgarten?

Tja, wer weiß. “Bild” offenbar nicht, und das ZDF sagt, es handele sich um “reine Spekulation”, was natürlich nicht bedeutet, dass es nicht am Ende so kommen könnte.

Die Nachrichtenagentur AP und viele Medien berichteten über die mögliche Rückkehr Kiewels zum ZDF, und sie übernahmen nicht nur die (nicht nachprüfbare) Spekulation, sondern auch (leicht nachprüfbare) Tatsachenbehauptungen von “Bild”. AP zum Beispiel meldet unter Bezug auf “Bild”:

[Kiewel] habe als Moderatorin des “Fernsehgartens” im Durchschnitt 2,3 Millionen Zuschauer gehabt, ihr Nachfolger Ernst-Marcus Thomas im August nur 1,3 Millionen.

“Spiegel Online” kürzte aus der Formulierung sogar noch die Zeitangaben und berichtete:

[Kiewel] habe als Moderatorin des “Fernsehgartens” im Durchschnitt 2,3 Millionen Zuschauer gehabt. Ihr Nachfolger Ernst-Marcus Thomas habe dagegen nur 1,3 Millionen erreicht.

Das ist noch falscher als das, was “Bild” geschrieben hatte:

Sieben Jahre lang hatte [Kiewel] tolle Quoten für die TV-Show geholt – im Schnitt 2,3 Millionen Zuschauer. Nach ihrer Kündigung versuchte Kiewels Nachfolger Ernst-Marcus Thomas (35) sehr engagiert sein Glück – vergeblich.

Im August lag die Zuschauerzahl bei nur noch bei [sic] 1,3 Millionen.

Eigentlich muss man nicht einmal recherchieren, um zu erkennen, wie unfair die Rechnung wäre, selbst wenn sie stimmen würde: “Bild” vergleicht die Quoten von sieben Jahren mit den Quoten von einem Monat.

Aber die angegebenen Zahlen stimmen nicht einmal. 1,3 Millionen Zuschauer hatte die schlechte Sendung im August — insgesamt lag die Zahl in dem Monat bei 1,46 Millionen.

In den sieben Jahren, in denen Kiewel moderierte, hatte der “Fernsehgarten” im Schnitt 1,94 Millionen Zuschauer (wie “Bild” auf 2,3 Millionen kommt, ist dem ZDF schleierhaft). Und im Jahr 2008 hatte die Sendung mit Ernst-Marcus Thomas bisher im Schnitt 1,53 Millionen Zuschauer — wodurch der Abstand zu Kiewel nicht, wie “Bild” in der Kiwi-Euphorie seiner Exklusiv-Spekulation behauptet, eine Million Zuschauer beträgt…

… sondern nur rund 400.000.

Die “Bild”-Zeitung vergleicht Äpfel mit als Birnen getarnten Weintrauben. Und AP, “Spiegel Online” und die anderen kaufen ihr die Grütze auch noch ab.

Stille Morgenpost

Es ist nicht gerade freundlich von der “Berliner Morgenpost” (einer Art Lokalausgabe der Springer-Zeitung “Die Welt”), aus einem Exklusiv-Interview der Zeitschrift “Vanity Fair” mit Wladimir Klitschko und Karolina Kurkova einfach einen eigenen Artikel zu machen, dabei ausgiebig aus dem Interview zu zitieren, aber eingangs bloß zu schreiben:

Die beiden Singles (…) wollten sich gern einmal kennen lernen. Kollegen einer Zeitschrift haben es eingefädelt (…).
(Link von uns!)

Freundlich hingegen ist, was Bild.de (eine Art Onlineausgabe der Springer-Zeitung “Bild”) aus Klitschkos “Hammer-Flirt des Jahres” macht:

(…) schwärmt er in der Tageszeitung “Berliner Morgenpost”.

(…) schwärmt auch Karolina in der “Berliner Morgenpost”.

(…) hat das Model laut der „Berliner Morgenpost“ (…).
(Link von Bild.de)

Und dass der Bild.de-Satz “In New York sind sich die beiden begegnet” eigentlich bedeutet, dass “Vanity Fair” die beiden für ein Fotoshooting in New York engagiert hatte, wissen sie bei Bild.de vermutlich nicht mal selber.

Mit Dank an Malte für den Hinweis.

Nachtrag, 17.10 Uhr: Na, sowas! Plötzlich schwärmen Klitschko und Kurkova bei Bild.de nicht mehr im Schwesterblatt, sondern “in der Zeitschrift ‘Vanity Fair'”.

6 vor 9

1. “Die Vortageszeitung”
(miriammeckel.de)
Ist man vom Internet abgeschnitten auf einer Insel, dann ist wahre Begeisterung für Tageszeitungen möglich: “Und tatsächlich: da finde ich sie – die SZ und die FAZ! Was für ein wunderbarer Augenblick den ich kaum fassen kann. Ich trage die Zeitungen wie zwei gewickelte Babies auf meinen Armen zum Auto.”

2. “Die Alpha-Journalisten 2.0”
(medienhandbuch.de, Oliver Hein-Behrens)
Anfang 2009 erscheint ein Buch mit den üblichen Verdächtigen Matussek, Sixtus, Bunz, Borchert und Niggemeier. Autor Stephan Weichert im Interview: “Ich verfolge schon seit Längerem die Entwicklungen der Presse in den USA, wo ich gerade mehrere Wochen zur Zukunft der Zeitung geforscht habe. Dort erleben Sie, dass die gesamte Medienlandschaft einen heftigen Umbruch durchmacht – und zwar genau in diesem Moment. Einige Zeitungen verschwinden von der Bildfläche, die Gesamtheit der klassischen Medien geht online, neue publizistische Felder mit anderen professionellen Akteuren und ökonomischen Konstellationen tun sich auf. Dadurch ändert sich natürlich auch das ganze publizistische Machtgefüge im Journalismus – und diese Entwicklung ist allmählich auch in Europa, in Deutschland spürbar.”

3. “Eine schwedische Nachrichtenredaktion im Internet-Schaufenster”
(nzz.ch, Cristina Elia)
“Die Redaktion einer schwedischen Nachrichtensendung lässt sich bei der Arbeit filmen. Jedermann kann darauf das Tun hinter den TV-Kulissen im Internet anschauen. Mit dieser Aktion will das öffentliche Fernsehen Transparenz herstellen und Verständnis gewinnen.”

4. “Bundesliga live und kostenlos”
(taz.de, Jürn Kruse)
“Wer Bundesligaspiele live sehen will, braucht kein Premiere-Abo – DSL genügt. Livestreams ausländischer Sender anzugucken ist nicht strafbar – anders als die Verbreitung der Internetstreams.”

5. Dritte Staffel von “Switch reloaded” läuft an
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Switch Reloaded läuft wieder, seit Dienstag. Katharina Saalfrank, Peter Klöppel und Günther Jauch werden befragt, was sie von ihren Parodien halten.

6. “Fire Your PR Company”
(alleyinsider.com, Jason Calacanis)
Jason Calacanis gibt zehn Tipps, wie man PR macht. Seine Philosophie dazu kann er in sechs Worte fassen: “be amazing, be everywhere, be real.”

Katie Holmes besteht jeden Schwangerschaftstest

Am 18. April 2006, sieben Monate vor ihrer Hochzeit mit Tom Cruise, brachte Katie Holmes in Los Angeles ihre Tochter Suri zur Welt, am vergangenen Donnerstag hat sie in New York einen Kaffee getrunken, und in der Zwischenzeit gab es immer wieder Gerüchte über eine zweite Schwangerschaft. Hier eine kleine Auswahl:

  • Oktober 2006:
    Indiz 1: Bauch-Foto
  • Dezember 2006:
    Indiz 1: neues Bauch-Foto
    Indiz 2: Augenzeugenberichte über den Kauf blauer Baby-Strampler
  • März 2007:
    Indiz 1: Augenzeugenberichte über den Besuch einer Edel-Baby-Boutique
  • Juni 2007:
    Indiz 1: neues Bauch-Foto
    Indiz 2: weiteres Bauch-Foto
  • November 2007:
    Indiz 1: neues Bauch-Foto
    Indiz 2: weiteres Bauch-Foto
    Indiz 3: “strahlt wie ein Engel” (“Bild”)
  • Januar 2008:
    Indiz 1: Augenzeugenbericht über den Kauf von Kinderkleidung mit dem Aufdruck “Big Sister” und Babykleidung mit den Aufdrucken “Little Sister” und “Little Brother”
  • Februar 2008:
    Indiz 1: Bestellung von Babydecken in einem Online-Shop
  • Mai 2008:
    Indiz 1: neues Bauch-Foto
  • Juli 2008:
    Indiz 1: neues Bauch-Foto
    Indiz 2: weiteres Bauch-Foto

Am vergangenen Donnerstag schossen Paparazzi abermals einen ihrer Schwangerschaftstests – und die “Bild am Sonntag” reagierte prompt:

Katie Holmes wieder schwanger?

(…) Hat Katie Holmes (29) nur einen Kaffee zu viel getrunken oder wölbt sich unter dem weißen T-Shirt etwa ein zartes Babybäuchlein?

Aber wie egal der “Bild am Sonntag” diese Frage eigentlich ist, zeigt eindrucksvoll die Online-Version der “BamS”-Meldung (siehe rechts):

Nun können womöglich Heerscharen von Online-Lesern heute nacht nicht einschlafen, weil sie sich fragen, warum Holmes ausgerechnet “einen Becher Kaffee zu viel getrunken” haben soll (oder wo man auf dem Foto von Holmes im grauen Tanktop eigentlich das “weiße T-Shirt” sehen kann, von dem im Text daneben die Rede ist). Und allen, die jetzt womöglich am Hinterausgang des New Yorker “Minetta Lane Theatre” rumlungern wollen, weil Holmes ja dort – laut “BamS” – “nach einer Theaterprobe” fotografiert wurde, sei gesagt: Man sollte sich lieber nicht auf die “BamS” verlassen dafür vielleicht doch lieber ein paar Straßen rauf zum “Gerald Schoenfeld Theatre” gehen.

Nachtrag, 8.8.2008:

  • August 2008
    Bild.de entdeckt ein neues Schwangerschaftsindiz: “Haare schneiden lassen – das machen Frauen ja in der Regel nicht einfach so.”

Nachtrag, 28.6.2009:

  • Juni 2009
    Bild.de entdeckt mal wieder das übliche Schwangerschaftsindiz: “unter Katies weißem Shirt ein verdächtiges Bäuchlein”. Weiteres Indiz: Holmes Tochter Suri “würde sicher eine gute große Schwester abgeben”.

Kurz korrigiert (479)

Wenn irgendwas kompliziert ist in der jüngeren Geschichte Europas, dann sicherlich die Geschichte (Ex-)Jugoslawiens. Aber man muss sich nicht sonderlich gut auskennen, um festzustellen, wie schlecht sich einer auskennen muss, der behauptet, der ehemalige Präsident der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, sei in Belgrad durch “jugoslawische Richter” verhört worden.

“Bild”-Redakteur Hans-Jörg Vehlewald behauptet das heute in einer Titelgeschichte über Radovan Karadzic trotzdem – bislang offenbar auch weltexklusiv. (Aber Vehlewald behauptet im selben Artikel ja auch, es handele sich bei Karadzic um den “ehemaligen Präsidenten der Serben”.)

Und wo wir schon dabei sind: Dass “Bild” heute auf der Titelseite über ein Foto Karadzics das Wort “Exklusiv” geschrieben hat, deutet übrigens nicht etwa auf eine besondere Rechercheleistung o.ä. hin. Wie man dem Fotonachweis entnehmen kann, hat “Bild” von der serbischen Zeitung “Blic” wohl nur irgendwelche Exklusiv-Rechte erworben.

Mit Dank auch an Simon S.

“BamS” hält Petar Glumac für Radovan Karadzic

Aus der “BamS”:

“Radovan Karadzic (63) – auch in Wien fand der weltweit gesuchte Kriegsverbrecher (…) immer wieder Unterschlupf. Als Wunderheiler ‘Pera’ wohnte er acht Monate mit gefälschtem Pass bei Hausmeisterin Vesna J. (53) – und narrte dort auch noch die Polizei, die den zotteligen Guru bei einer Hausdurchsuchung nicht erkannte.
Die unglaubliche Panne passierte am 4. Mai 2007: (…) Vesna J. ahnte zu dieser Zeit nicht, wen sie wirklich in ihrer Wohnung beherbergte.”

Das ist die Titelstory der heutigen “Bild am Sonntag”. Sie hat nur einen Haken:

 Sie  versteckte womöglich nicht den Massen-Mörder 

Das Interview mit Vesna J. (das heute – im Anschluss an halbgare ExklusivBerichte des Wiener “Kurier” usw. – auch identisch in der Sonntagsausgabe der österreichischen Zeitung “Österreich” erschienen ist*) dürfte authentisch sein, ebenso wie Vesna J.s Erzählungen über den Mann, den sie als “Petar Glumac” bzw. “Deda Pera” (Opa Pera) kannte und offenbar mehrere Monate in einem Zimmer ihrer Wiener Wohnung versteckte beherbergte.

Jedoch…

…hat sich inzwischen bei der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug der Mann gemeldet, den Vesna J. vermutlich wirklich versteckte beherbergte. Er heißt offenbar Petar Glumac bzw. Deda Pera (Opa Pera), ist 78 Jahre alt, lebt als eine Art Heilpraktiker in Banatsko Novo Selo in der Vojvodina und sieht nach eigener Aussage bloß “1000-prozentig” so aus, wie Karadzic vor dessen Festnahme…

Ob das wohl auch für eine “BamS”-Titelgeschichte gereicht hätte?

  • Mehr dazu im “Standard” (siehe auch hier), in der “Krone”, in einem “Presse”-Kommentar und bei oe24.at – dem Online-Angebot von “Österreich”, wo es nun heißt:

    Ein Wunderheiler mit dem gleichen Namen, wie ihn der mutmaßliche Kriegsverbrecher benutzt hat, behauptet (…).

    Und im “Kurier” heißt es inzwischen sogar verschwörerisch:

    Viele glauben an ein Ablenkungsmanöver des kroatischen beziehungsweise serbischen Geheimdienstes (…).

  • Weniger dazu auf Bild.de (wo die “BamS”-Titelgeschichte – man kennt das ja – inzwischen aus dem Angebot gelöscht wurde).

*) “Bild am Sonntag” nennt den Interviewer Markus Wolschlager “BILD-am-SONNTAG-Reporter”. Im “BamS”-Archiv ist kein weiterer Text mit seinem Namen zu finden. Vielleicht kein Wunder: Wolschlager ist eigentlich Redakteur der österreichischen Tageszeitung “Österreich”.

Mit Dank an Christoph A.!

Nachtrag, 28.7.2008: Das Boulevardblatt “Österreich” will zwar noch nicht ganz lassen von seiner Karadzic-als-Untermieter-Story, druckt heute aber auch ein Interview mit Petar Glumac, denn: “In ÖSTERREICH meldete sich nun der echte Petar Glumac zu Wort.” In “Bild” übrigens nicht.

6 vor 9

“Unser Ziel ist es, Machtmissbrauch aufzudecken”
(nzz.ch, Stephan Weichert und Alexander Matschke)
“Vor einem halben Jahr nahm das Redaktionsbüro Pro Publica in New York seinen Betrieb auf. Das von einer Stiftung getragene Büro will den Recherchierjournalismus fördern. Zehn Millionen Dollar stehen pro Jahr zur Verfügung. Der Chef, Paul E. Steiger, zieht eine erste Bilanz.”

Welt-Meister der Google-Optimierung
(meedia.de, Jens Schröder)
“In einer exklusiven Analyse haben wir eine Woche lang aus der Google-News-Startseite herausgefiltert, welche News-Quellen wie oft verlinkt werden. Ergebnis: Welt Online ist die unangefochtene Nummer 1.”

Von wegen Witzemacher
(stefan-niggemeier.de)
“Vermutlich muss man sich ernstlich Sorgen machen um eine Gesellschaft und eine Medienwelt, in der Komiker und Satiriker nicht nur ungefähr die einzigen sind, die noch die Wahrheit sagen, sondern auch die einzigen, die überhaupt erkennen, worum es geht bei einer Diskussion. Andererseits: In Deutschland wüsste ich nicht einmal, wer diese Komiker und Satiriker wären.”

Weshalb wissenschaftliche Blogs ein wichtiges Korrektiv zum konventionellen Journalismus sind
(wissenswerkstatt.net, Marc Scheloske)
“In 10 Jahren werden wir rückblickend darüber schmunzeln, daß einst Blogs und der konventionelle Redaktionsjournalismus als Gegensatz und Konkurrenz angesehen wurden. Die publizistischen Scharmützel zwischen den wilden, aufbegehrenden Bloggern und den Besitzstandswahrern des selbsternannten Qualitätsjournalismus werden uns lächerlich erscheinen.”

Das Sommerloch kommt diesmal von der SPD
(welt.de, Klaus Nelissen)
“Medienexperte” Norbert Bolz behauptet, das “Medien-Phänomen Sommerloch” sei ein “deutsches Spezifikum”. Wie bloss kommt es, dass in der Schweiz auch über Sommerlöcher diskutiert wird?

der kaugummi-krimi in bern
(henusodeblog.blogspot.com)
“Auf dem Asphalt der Aarstrasse findet sich eine auffällige Ansammlung von Kaugummis. Eine der kursierenden Erklärungen für das mysteriöse Phänomen: Ein Velofahrer spuckt auf dem Heimweg stets an gleicher Stelle seinen Kaugummi aus. Stimmt das?”

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