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60.000 Euro für geklautes Sarrazin-Interview

Der ungenehmigte Abdruck eines Interview, das die Zeitschrift “Lettre International” mit Thilo Sarrazin geführt hatte, kommt die “Bild”-Zeitung teuer zu stehen. Die Axel Springer AG und Bild.de müssen 60.000 Euro Schadensersatz an den Verlag der Zeitschrift zahlen. Darauf einigten sich beide Seiten in einem Vergleich.

Im Oktober 2009 hatte “Bild” lange Passagen aus dem Interview abgedruckt. Bild.de brachte das Interview gar vollständig. “Lettre” erwirkte dagegen eine einstweilige Verfügung, woraufhin Bild.de das Interview offline nahm.

Doch “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann widersetzte sich dem Beschluss. Er behauptete unter Berufung auf den “Bild”-Redakteur Hans-Jörg Vehlewald, dass “Lettre International” einem Abdruck zugestimmt habe und veröffentlichte die “Bild”-Version trotzig noch einmal in dem damals von ihm betriebenen Blog unter kai-diekmann.de. Die Behauptung wurde ihm untersagt (BILDblog berichtete), wegen des Verstoßes gegen die Einstweilige Verfügung wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 20.000 Euro fällig.

Nun bot die Axel Springer AG einen Vergleich über 30.000 Euro an, zog das Angebot aber kurz darauf wieder zurück, weil die “taz” über den Fall berichtet hatte.

Da Springer der Forderung von “Lettre”, Schadensersatz und Nutzungsentschädigung zu zahlen, nicht nachkam, ging der Fall vor das Berliner Landgericht. Dort lief die Sache nicht gut, wie Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, der “Lettre” vertritt, in einer Pressemitteilung berichtet: Hans-Jörg Vehlewald, den Diekmann und Springer als Zeugen für die angebliche Genehmigung eines Abdrucks auf Bild.de aufgeboten hatten, habe bei seiner Vernehmung überraschend ausgesagt, dass in seinem Gespräch mit “Lettre” von einer Online-Nutzung nie die Rede gewesen sei. “Damit”, so Eisenberg, “haben sich die öffentilchen Behauptungen des Chefredakteurs der Bildzeitung auf www.kaidiekmann.de als unwahr erwiesen.”

Das Landgericht deutete laut Eisenberg an, dass es in dem Vorgehen sowohl von “Bild” als auch von Bild.de eine Urheberrechtsverletzung sehe und einen erheblichen Schadensersatz für gerechtfertigt halte. “Lettre” hatte argumentiert, dass die unerlaubte Weiterverbreitung nur wenige Tage nach der eigenen Veröffentlichung die eigenen Absatzmöglichkeiten massiv beeinträchtigt habe. Dass gerade die Springer-AG, die einen besonderen rechtlichen Schutz von Online-Inhalten fordert, so vorgegangen sei, mache den “Diebstahl an dem Interview” “besonders dreist”.

Aus trüben Quellen fischen verboten

Das Landgericht [Berlin] untersagte der Printausgabe von BILD mit Hinweis auf die Privatsphäre des Ministers, über den Fall zu berichten.

So steht es – surprise, surprise! – auf Bild.de und das ist natürlich ganz praktisch für so einen Verlag: Wenn der Printausgabe verboten wird, über das Privatleben eines Politikers zu berichten, kann die Onlineausgabe einfach weitermachen.

Allerdings hatte Bild.de bei der angeblichen Enthüllung am Montag noch von “Dokumenten, die BILD.de vorliegen” gesprochen und so ist es kein Wunder, dass der Ursprungsartikel nach einer weiteren Einstweiligen Verfügung auch aus dem Online-Auftritt verschwunden ist. Ein neuerer Artikel ist aber noch online.

Doch worum ging es eigentlich? Am Montag berichteten “Bild” und Bild.de von Vorwürfen gegen den Brandenburgischen Innenminister Rainer Speer, der in den 1990er Jahren an einem Sozialbetrug beteiligt gewesen sein soll. Die beiden Medien brachten dazu einige angebliche Details aus dem angeblichen Privatleben des Politikers und beriefen sich dabei auf angebliche E-Mails, die ihnen “vorliegen”. “Bild” verstieß damit gegen eine Einstweilige Verfügung, die Speers Anwalt Johnny Eisenberg nach eigenen Angaben vorsorglich erwirkt hatte, und die der Axel Springer AG untersagte, die Geschichte zu verbreiten. Da die BILD digital GmbH & CO. KG als Herausgeberin von Bild.de von dieser ersten Verfügung nicht betroffen war, erwirkte Eisenberg gestern eine weitere, so dass auch Bild.de jetzt nicht mehr über den Fall berichten darf.

Ob diese E-Mails überhaupt echt sind, ist nicht ganz klar, aber auch zur Herkunft konnte der Anwalt der Axel Springer AG bei der gestrigen Verhandlung vor dem Berliner Landgericht nichts sagen — er selbst bezeichnete die Quellen als “trübe”. Andererseits war Rainer Speers Laptop vor rund einem Jahr gestohlen worden, wie die “Märkische Allgemeine” berichtet:

Ermittlungen der Polizei, die den Laptop sogar orten wollten, führten ins Leere. Zuletzt soll das Gerät bei Motorradrockern gelandet sein, als für das Datenmaterial nach Abnehmern bei der Presse gesucht wurde.

Offenbar wurde man bei der Bild-Zeitung fündig, weshalb es gestern vor der Pressekammer des Landgerichts Berlin zu einer Verhandlung kam.

Mit Dank auch an ms.

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Fasersplitternackte Tatsachen

Man muss die Plastiken des Bildhauers Peter Lenk weder geschmackvoll, noch hübsch finden, das wäre auch nicht im Sinne des Erfinders. Lenks Arbeiten sind stets ironisch, respektlos und gerne anzüglich, zumindest wenn dies Lenk hilft, seine meist präzis treffenden Pointen unterzubringen. Dass sich Lenks Spott in der Regel gegen sogenannte Würdenträger und die Doppelmoral der Öffentlichkeit richtet und regionale und historische Bezüge zur Gegenwart herstellt, das macht den Reiz der Plastiken letztlich aus. Und erklärt eigentlich auch schon, warum die “Bild”-Zeitung nicht unbedingt zu der Förderern des Bildhauers zählt, um es vorsichtig auszudrücken.

Dass “Bild” und der am Bodensee wohnende Bildhauer keine Freunde werden würden, dass dürfte allerspätestens seit Lenks Friede Springer und Kai Diekmann auf den Arm nehmenden Plastik am Gebäude der Berliner “Tageszeitung” (taz) abgemachte Sache sein – immerhin zeigt diese Friede Springer als trötende Schlangenbeschwörerin, nach deren Pfeife der Penis von “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann zu tanzen hat. Es ist also wenig verwunderlich, dass “Bild” gegen Peter Lenk polemisiert, wo es nur möglich ist (BILDblog berichtete) — selbst dann, wenn “Bild” dazu die Wahrheit unterschlagen muss.

Vergangene Woche behaupteten gleich drei “Bild”-Redakteure in der Stuttgarter Ausgabe:

Nackter Papst schockt im Bahnhof

In dem mittlerweile nicht mehr abrufbaren Beitrag schrieben Bachner, Mühlebach und Strehlau, Lenks neueste Plastik, die bald im Konstanzer Bahnhof zu sehen sein soll, sei eine Darstellung von Papst Benedikt XVI. — und zwar “fasersplitternackt” [sic!].

Nun zeigt die Plastik tatsächlich ein nacktes Männlein mit den päpstlichen Insignien. Dass das Männlein Joseph Ratzinger jedoch in keiner Weise ähnlich sieht, nun ja, das hätte immerhin Zweifel bei den Journalisten von “Bild” wecken müssen. Hätte, müssen. Was man nämlich beim regionalen “Südkurier” sowie bei “See Online”, nicht aber bei “Bild” herausgefunden hat: In Lenks neuestem Werk geht es um das “Papsttum in der Zeit des Konstanzer Konzils und nicht um Ratzinger.”

Peter Lenks Plastik zeigt tatsächlich einen Gaukler, der bloß die Zeichen des Papstes trägt — die Frage, wer sich mit Recht Papst nennen darf und wer nicht, war nämlich bei eben jenem Konstanzer Konzil in den Jahren 1414 bis 1418 verhandelt worden. Die Physiognomie der Figur soll dabei Papst Martin V. nachempfunden sein, der zu Zeiten des Konstanzer Konzils in Amt und Würden war.

Und genau genommen, aber auch das verschweigt “Bild”, handelt es sich bei Lenks Plastik nicht wirklich um ein neues Werk: Der Gaukler mit den Zeichen des Papstes ist in Konstanz bereits seit 1993 zu sehen, als Teil der Statue “Imperia” im Hafen der Stadt. Den Vorwurf, die Figur, die nicht auf die Konstanzer Stadtgeschichte, sondern auch auf eine Erzählung von Honoré de Balzac referiert, sei blasphemisch und verstoße gegen die guten Sitten, hatte Lenk allerdings schon damals entkräftigen können.

Diesmal zog die Affäre weitere Kreise, wie Peter Lenk im Gespräch mit BILDblog erklärte: Auf die Veröffentlichung des Artikels bei Bild.de hin habe er nicht nur – wie in der Vergangenheit schon – Schmähungen von Kirchenoberen und regionalen CDU-Politikern wie dem baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech ertragen müssen, sondern auch telefonische Gewaltandrohungen. Schließlich beauftragte Lenk den Rechtanwalt Johannes “Johnny” Eisenberg, juristisch gegen die Behauptungen der “Bild”-Zeitung vorzugehen, die daraufhin den Artikel aus dem Netz entfernte.

Bild.de hat inzwischen auch eine Gegendarstellung veröffentlicht, die morgen auch in der gedruckten Stuttgarter Ausgabe zu finden sein dürfte.

Wie es scheint, sind es einmal mehr nicht die Plastiken von Lenk, sondern die Beiträge von “Bild”, die geeignet scheinen, den öffentlichen Frieden zu stören. Während Peter Lenks Anzüglichkeiten nämlich in der Regel fundiert und umfassend recherchiert sind, steht “Bild” mit seinen wüsten Anschuldigungen gegen den Bildhauer nun mit leeren Händen da. Um nicht zu sagen: nackt.

Vielen Dank an Daniela W., Ulrich E., Florian Sch. und Peter Lenk!

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Margot Käßmann: Einmal grün und zurück

Vielleicht haben Sie sich auch schon mal gefragt, wie eigentlich der ganze Quatsch, der mitunter so in der Zeitung steht, überhaupt in die Zeitung kommt.

Oder wer all das fordert, was in “Bild” gefordert wird, wenn “Bild” nicht gerade selber fordert?

Also, sagen wir mal so etwas:

Grüne wollen Käßmann in die Politik holen. Berlin - Jetzt wirbt die erste Grünen-Politikerin um Bischöfin Margot Käßmann. Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Agnes Krumwiede, will Käßmann in die Politik und zu den Grünen holen. Krumwiede zu BILD: "Frau Käßmann wäre ein Gewinn für uns Grüne, obwohl es wichtig ist, dass Kirche und Politik unabhängige Instanzen bleiben." Käßmann hatte am Mittwoch wegen einer Alkoholfahrt alle Kirchen-Ämter niederlegt.

Auf ihrer Website distanzierte sich Agnes Krumwiede sodann von der “Bild”-Berichterstattung und erklärt:

Dass ich Frau Käßmann zu “den Grünen holen will” ist eine reine Erfindung der BILD-Zeitung.
Ebenso die Behauptung, dass Frau Käßmann von “den Grünen umworben wird”.

Frau Krumwiede schildert ausführlich, wie sie von “Bild” um eine Stellungnahme gebeten wurde, “ob Bischöfin Käßmann in die Politik wechseln sollte”, und was “Bild” dann letztlich daraus gemacht hat.

Die Grünen-Politikerin war dabei offenbar nicht das einzige Mitglied des Bundestags, das von “Bild” kontaktiert wurde — der Bonner SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber twitterte nämlich kurz nach Erscheinen der “Bild”-Meldung am Samstag:

BILD: "Grüne wollen Käsmann in Politik holen." So macht BILD Schlagzeilen. Zuvor war ich gefragt worden, ob ich das für SPD fordern will

Auf unsere Anfrage berichtet Kelber, er sei von einem “Bild”-Mitarbeiter (bzw. einem Mann, der sich als “Bild”-Mitarbeiter ausgegeben hatte) angerufen worden, der ihn fragte, “ob ich nicht etwas zu der Forderung erzählen wolle, Frau Käßmann in die Politik, in die SPD zu holen.” Als Kelber den Anrufer gefragt habe, wer diese Forderung denn erhoben habe, habe er zur Antwort erhalten: “Bisher noch niemand.” Nachdem Kelber abgelehnt hatte, diese Forderung zu erheben, habe er sie kurz darauf wortgleich als Vorschlag der Grünen in “Bild” gelesen.

Die Langfassung der Meldung, die Bild.de bereits am Freitagabend veröffentlicht hatte, deutet ihre eigene Entstehungsgeschichte an einer Stelle sogar an:

Agnes Krumwiede (33), kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, kann sich eine Zukunft der Theologin in der Politik vorstellen und würde sie gerne in ihre Partei holen.

“Vorstellen” können sich wohl die Vertreter aller Parteien so Einiges.

Ulrich Kelber war übrigens nach eigenen Angaben überrascht, dass sich “Bild” mal wieder bei ihm gemeldet hat: Nachdem er vor einiger Zeit eine ähnliche Anfrage der Zeitung mit der Gegenfrage gekontert hatte, ob er die vorformulierte “Forderung” noch ein wenig umformulieren dürfe, habe ihn “Bild” eine Zeit lang nicht mehr angerufen. Er wisse aber von Kollegen, dass derartige Anfragen fast an der Tagesordnung seien.

Nachtrag, 2. März: Die von uns zitierte und verlinkte Pressemitteilung von Agnes Krumwiede, in der sie die “Bild”-Berichterstattung kritisiert, ist seit gestern Nachmittag von der Internetseite der Politikerin verschwunden. Unsere Anfrage, warum der Text offline genommen wurde, blieb bisher unbeantwortet.

2. Nachtrag, 5. März: “Bild” veröffentlichte heute folgende Gegendarstellung:

Gegendarstellung. zu "Grüne wollen Käßmann in die Politik holen" am 27.02.2010, S. 2: Sie schreiben: "Jetzt wirbt die erste Grünen-Politikerin um Bischöfin Margot Käßmann. Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Agnes Krumwiede, will Käßmann in die Politik und zu den Grünen holen. Krumwiede zu BILD: "Frau Käßmann wäre ein Gewinn für uns Grüne, obwohl es wichtig ist, dass Kirche und Politik unabhängige Instanzen bleiben."
Dazu stelle ich fest: Ich werbe nicht um Frau Käßmann und will sie nicht in die Politik holen. Tatsächlich habe ich folgende Veröffentlichung mit Ihnen abgestimmt: "Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Agnes Krumwiede, kann sich eine Zukunft in der Politik für Bischöfin Margot Käßmann vorstellen. Krumwiede zu BILD: "Frau Käßmann wäre sicher ein Gewinn für uns Grüne, obwohl ich es wichtig finde, dass Kirche und Politik unabhängige Instanzen bleiben." Berlin, den 01.03.2010. RA Johannes Eisenberg für Agnes Krumwiede, Mitglied des Deutschen Bundestages. Hinweis der Redaktion: Frau Krumwiede hat recht.

Der ausführlichere Artikel zum gleichen Thema bei Bild.de wurde entfernt.

Springer provoziert Schmerzensgeld

Das Landgericht Berlin hat die Axel Springer AG dazu verurteilt, dem Berliner Anwalt Johannes Eisenberg ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro zu zahlen. Das bestätigte ein Gerichtssprecher gegenüber BILDblog. Es geht um diverse Veröffentlichungen in der “Bild”-Zeitung und in dem Blog kai-diekmann.de, das Springer für den “Bild”-Chefredakteur betreibt.

Kai Diekmann und die von ihm geleitete Zeitung führen seit einiger Zeit eine Art Rachefeldzug gegen Eisenberg, der im Namen prominenter und nicht-prominenter Mandanten in vielen Fällen erfolgreich gegen falsche oder unzulässige “Bild”-Berichte vorgegangen ist. Eisenberg vertrat auch die Tageszeitung “taz”, als Diekmann sie wegen einer Satire über eine (erfundene) missglückte Penisverlängerung auf Unterlassung und Schmerzensgeld verklagte. Vor Jahren hat Eisenberg der “Bild”-Zeitung bereits erfolgreich untersagen lassen, Fotos von ihm zu veröffentlichen.

Diekmann und “Bild” haben dennoch (oder gerade deshalb) immer wieder in besonders provozierender Weise über Eisenberg berichtet. “Bild” stellte ihn zum Beispiel als “Alien” dar, Diekmann veröffentlichte unter kaidiekmann.de Anwaltsschreiben Eisenbergs und machte sich über die Tippfehler darin lustig. Obwohl Gerichte die Veröffentlichungen immer wieder untersagten, ließ Springer nicht von dem verhassten gegnerischen Anwalt ab.

Nach Angaben von Eisenbergs Kanzlei begründete der Vorsitzende der Pressekammer in der heutigen Gerichtsverhandlung die Verhängung des Schmerzensgeldes damit, dass der Springer-Verlag auch nach den Verbotsverfügungen nicht damit aufgehört habe, Eisenbergs Persönlichkeitsrechte nachhaltig weiter zu verletzen.

Eisenbergs Kompagnon Stefan König interpretiert die Entscheidung so:

Das Urteil macht nachhaltig deutlich, dass auch ein mächtiger Medienkonzern die Persönlichkeitsrechte eines Gegners zu respektieren hat, der mutig und konsequent immer wieder gegen dessen Rechtsverletzungen vorgeht.

Springer kann gegen das Urteil in Berufung gehen.

Will the real Kai Diekmann please stand up?

Nach wie vor ungeklärt ist, wer unter dem Namen “Kai Diekmann” in dem Blog Kai-Diekmann.de der Axel Springer AG schreibt. Zunehmend deutlicher wird allerdings, dass es sich nicht um den bekannten Chefredakteur gleichen Namens handeln kann.

Der Blogger “Kai Diekmann” macht sich heute wieder einmal über den Anwalt Johannes (“Jony”) Eisenberg lustig, der für viele Mandanten erfolgreich gegen Lügen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen der “Bild”-Zeitung vorgegangen ist. Vor einigen Tagen hatte “Diekmann” in seinem Blog ein Interview veröffentlicht, das den spektakulären Eindruck erwecken sollte, mit eben diesem gegnerischen Anwalt geführt worden zu sein. Eisenberg hat nun vorhersehbar auf die Provokation reagiert und “Diekmann” aufgefordert, das zu unterlassen. “Diekmann” hat daraufhin ebenso vorhersehbar enthüllt, dass es ein ganz anderer Johannes Eisenberg war, mit dem er gesprochen hatte, und arbeitet weiter an seinem Image als coole Sau inmitten einer Welt voller klagewütiger Spaßbremsen:

Nur zur Klarstellung: Es kann doch wohl keiner geglaubt haben, Johannes sei Jony. Am allerwenigsten Jony selbst! Sie, liebe Blog-Freunde, haben für diese Erkenntnis nur gefühlte zehn Minuten gebraucht!!!

Oder ist alles noch viel schlimmer? Schlägt sich Jonys Verfolgungswahn Empfindlichkeit jetzt schon darin nieder, dass er sogar Interviews mit Namensvettern verbieten will? (…)

Lieber Jony, ich kann Dir als Dein Freund und Genosse wirklich nur noch raten: Mach doch mal Urlaub (vielleicht sogar in Thüringen, Tschechien oder im Erzgebirge…). Das wirkt bei Überspannungen Wunder.

Wegen so eines Spaßes gleich den Rechtsweg beschreiten — das würde “Kai Diekmann”, der Blogger, nicht tun.

Im Gegensatz zu Kai Diekmann, dem Chefredakteur der “Bild”-Zeitung.

Vor einem Dreivierteljahr begann Stefan Sichermann*, der Chefredakteur der sympathischen, nicht-kommerziellen Satireseite “Der Postillon”, unter dem Namen “DerChefred” zu twittern. Sein erster Eintrag lautete: “So der Chefredakteur von Der
Postillon ist jetzt auch bei Twitter! Geil!” Als Homepage gab er den “Postillon” an. Aber als Profilfoto benutzte er ein Bild von Kai Diekmann. Was er schrieb, las sich so:

Nun würde man sagen: Es kann doch wohl keiner geglaubt haben, “DerChefred” sei Kai Diekmann. Selbst die Blog-Freunde von “Kai Diekmann” hätten für diese Erkenntnis nur gefühlte zehn Minuten gebraucht (!!!). Aber Diekmann sah da offensichtlich eine reale Verwechslungsgefahr …

… und schaltete, sicher geplagt von schlimmen Überspannungen, seinen Anwalt ein. Der hatte ebenfalls keine Mühe, den wahren Absender zu erkennen, und mahnte ihn ab:

(…) Der Betrieb dieses Profils und insbesondere die unerlaubte Veröffentlichung des Bildes meines Mandanten stellt einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild gemäß § 22 KUG dar. Die unerlaubte Bildveröffentlichung erfüllt außerdem den Straftatbestand des § 33 KUG. (…)

Stefan Sichermann hat daraufhin das Bild Diekmanns sofort aus seinem Twitter-Profil genommen, das zu diesem Zeitpunkt das Interesse von gerade einmal 13 Followern (regelmäßigen Lesern) erreicht hatte. Obwohl er sich — abgesehen von der Verwendung des urheberrechtsfreien Fotos — nie als Kai Diekmann ausgegeben hat, war die Sache damit nicht erledigt: Diekmanns Anwalt schickte ihm eine Rechnung. Er setzte den Streitwert auf 7500 Euro fest und errechnete daraus Gebühren in Höhe von 661,16 Euro — ein erheblicher Betrag für den 28-jährigen Volontär. Sichermann schaffte es mithilfe eines befreundeten Anwaltes immerhin, die Forderung unter Verweis auf den übertrieben hoch festgesetzten Streitwert auf einen “niedrigen dreistelligen Betrag” herunterzuhandeln.

Ein niedriger dreistelliger Betrag für die harmlose, weitgehend unbeachtete und erkennbar scherzhaft gemeinte Verwendung eines Fotos, in der ausgerechnet der “Bild”-Chefredakteur eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes sah.

Soviel zum Verfolgswahn des wahren Kai Diekmann.

*) Hinweis: Stefan Sichermann schreibt gelegentlich für BILDblog.

Woran sich ein “Bild”-Chefredakteur aufgeilt

Kai Diekmann freut sich. Gerade mal eine Woche ist sein Blog (BILDblog berichtete) alt und hat schon große Erfolge vorzuweisen, wie Diekmann sich selbst im Interview erzählt:

Kai, Du bist jetzt seit fast einer Woche Blogger. Was ist Dein Fazit?

Dass selbst die kühnsten Hoffnungen übertroffen werden können. Seit Montag bin ich von Jony Eisenberg verklagt worden, Alice Schwarzer hat mich als Sexisten beschimpft, die taz konnte dank mir ihre Klickzahlen verbessern und ich habe ganz, ganz viele neue neue Freunde gewonnen. Mein Blog ist schon jetzt einer der erfolgreichsten Deutschlands, sagen mir meine Techniker. Ich muss sagen: Alles in allem also ein wirklich guter Start!

Nun würde man vielleicht denken, dass einer wie Diekmann von einer wie Schwarzer schon so oft als “Sexist” bezeichnet worden wäre, dass das bei ihm keine Erektion mehr auslösen könnte. Aber Diekmann ist so aus dem Häuschen über das, äh, Lob?, dass er heute schon wieder auf den entsprechenden Tweet von @AliceSchwarzer verweist:

Alice Schwarzer: Die halbnackten Vorzimmer-"Miezen" des Sexisten Kai Diekmann. http://twitpic.com/ncfob

Bisschen blöd ist halt nur, wenn man beim Ego-Googlen nicht nach rechts und links guckt. Wenn Diekmann nicht nur in dem virtuellen Spiegel geschaut hätte, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass diese “Alice Schwarzer” merkwürdige Sachen vor sich hintwittert.

Keine Überraschung also: Der Twitter-Account “AliceSchwarzer” ist (mal wieder) ein Fake-Account, wie uns das Büro von Alice Schwarzer auf Anfrage bestätigte.

Und wir merken wieder einmal: Diese Rechercheschwäche, an der “Bild” leidet, das scheint Chefsache zu sein.

(Dabei hätte Diekmann gewarnt sein können.)

“taz” mahnt Diekmann wegen Penissache ab

Das mit dem Recht ist eine seltsame Sache: Es gilt für alle.

Wenn ein Mann vor Gericht zieht und einer Zeitung verbieten lässt, eine lustige erfundene Geschichte über, sagen wir: eine missglückte Penisverlängerungsoperation in einer Spezialklinik in Miami zu veröffentlichen, weil sie seine “Intimsphäre” und “Ehre” verletze, dann darf er diese Geschichte auch selbst nicht verbreiten.

Aus dem Urteil des Landgerichts Berlin von 2002:

“In der Bild-Zeitung werden – wie der Kammer aus ihrer täglichen Arbeit bekannt ist – häufig persönlichkeitsrechtsverletzende Beiträge veröffentlicht. Oftmals verletzen die Beiträge sogar die Intimsphäre der Betroffenen. (…) Als Chefredakteur hätte [Diekmann] ohne weiteres die Möglichkeit, diese Rechtsverletzungen zu unterbinden (…). In manchen Fällen wird der Kläger sogar Initiator der Rechtsverletzungen sein. Die Kammer hält dafür, dass derjenige, der – wie der Kläger – bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer sucht, weniger schwer durch die Verletzung seines eigenen Persönlichkeitsrechtes belastet wird. Denn er hat sich mit Wissen und Wollen in das Geschäft der Persönlichkeitsrechtsverletzungen begeben (…).”

Seit 2002 droht der “taz” eine hohe Geldstrafe, wenn sie den Artikel “Sex-Schock! Penis kaputt?” von Gerhard Henschel verbreitet. “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann, der damals den Humor noch nicht als Waffe für sich entdeckt hatte, hatte gegen die Satire geklagt. Seine Forderung nach 30.000 Schmerzensgeld lehnte das Landgericht Berlin damals zwar mit einer inzwischen legendären Begründung ab, die heute noch so aktuell ist wie damals, weshalb wir sie gerne hier rechts wieder zitieren. Aber das Gericht verbot den Artikel.

Im Blograusch machte Diekmann das Stück, das er erfolgreich weggeklagt hatte, nun selbst wieder öffentlich: In dem unter seinem Namen geführten Blog der Axel-Springer-AG veröffentlichte er den Artikel ungekürzt und lesbar im Original-Layout.

Johannes Eisenberg, damals und heute Anwalt der “taz”, hat Diekmann und Axel Springer deshalb abgemahnt. Er fordert von Diekmann eine Erklärung, dass er aus den Rechten aus dem damaligen Urteil “keine Ansprüche mehr gegen die taz ableiten und auf das dort ausgesprochene Unterlassungsgebot verzichten und Einwände gegen die künftige Verbreitung dieses Textes durch die Mandantin nicht mehr erheben” werde.

Mit der ungenehmigten Veröffentlichung des “taz”-Artikels scheint Diekmann aber auch wieder einmal gegen das Urheberrecht zu verstoßen — entsprechende Schritte im Namen seiner Mandanten behält Eisenberg sich ausdrücklich vor und fügt hinzu:

Ihr Verhalten zeigt, in welch unerhörtem Maße Sie Rechte Dritter verletzen.

Gegenüber dem Mediendienst turi2 hatte Diekmann am Montag erklärt, Hausjuristen dürften vor der Veröffentlichung keinen Blick auf seine Einträge werfen. Inwiefern das einen Vorteil darstellt, ist nicht ganz klar.

PS: Diekmann sagte zum Start seines Blogs, er habe “viel vom Bildblog gelernt”. Den Eindruck haben wir nicht.

Mit Dank an den “Blogwart” der taz!

Nachtrag, 29. Oktober. Kai Diekmann nennt Eisenberg eine “Spaßbremse” und sein Vorgehen “originell”; die “taz” wiederum verweist auf die “rechtlichen Tatsachen”: “Und die gebieten nun einmal, dass man sich als Autor nicht ungefragt mit fremden Federn schmückt — schon gar nicht, wenn man ihrem Urheber diesen Schmuck zuvor verbieten ließ…”

Anfängerfehler

Kai Diekmann ist seit heute “Bild”-Blogger.

Unter kai-diekmann.de zeigt der Chefredakteur lustige Videos, gibt Einblicke in sein Leben, zitiert Kritiker, verlinkt auf BILDblog, brüstet sich zum ungefähr einundvierzigtausendachthundertachtundneunzigsten Mal damit, der “taz” die höchste Auflage ihrer Geschichte beschert zu haben (Einzelverkauf: 41.898), veröffentlicht ein Gerichtsprotokoll über seinen Intimfeind, den Berliner Rechtsanwalt Jony Eisenberg, sowie einen unfassbar dämlichen Brief der RTL-Moderatorin Inka Bause, in dem sie sich bei ihm entschuldigt, dass sie sich beim Presserat über “Bild” beschwert hat. Diekmann (oder sein Ghostwriter) tritt dabei so grandios großkotzig auf, dass es schon wieder bescheiden wirkt, und erweckt geschickt den Eindruck, er sei vielfacher Landesmeister in den Disziplinien Selbstkritik und Selbstironie.

Das ist gelegentlich unterhaltsam, aber natürlich: Quark.

Da ist zum Beispiel die berühmte Bolzenschneider-Geschichte aus dem Januar 2001. Kai Diekmann war erst vier Wochen zuvor Chefredakteur geworden, als “Bild” ein Foto des Grünen-Politikers Jürgen Trittin veröffentlichte, das auf einer Demonstration in Göttingen 1994 entstanden war und ihn laut “Bild”-Beschriftung inmitten von Bolzenschneider und Schlagstock zeigte.

In Wahrheit handelte es sich, wie die Zeitung zwei Tage später einräumen musste, bei den vermeintlichen Waffen bloß um ein Seil und einen Handschuh, Diekmann musste sich entschuldigen, und “Bild” wurde vom Presserat gerügt.

Obwohl die Geschichte so peinlich ist, erzählt Diekmann sie immer wieder gern, und zwar ungefähr so, wie auch jetzt in seinem ersten Blogeintrag:

An einem Sonntag Ende Januar 2001 waren wir im Vorabexemplar des “Focus” auf ein altes Foto von Jürgen Trittin gestoßen. (…) Die Originalbilder [von der Demonstration] stammten aus dem Fernsehen. Wir konnten sie nicht besorgen, deshalb scannten wir das Foto aus der Zeitschrift ab und druckten es aus. Die Redaktion arbeitete also mit Kopien von Kopien — in entsprechender Qualität. (…)

Jemand hatte die Gegenstände auf den schlechten Fotos als Schlagstock und Bolzenschneider “erkannt” und das mit Fragezeichen auf einem Ausdruck vermerkt. Auf dem Weg durch die Redaktionsinstanzen ging das Fragezeichen irgendwo verschütt — und plötzlich stand die Vermutung als angebliche Tatsache im Blatt. (…)

Mir blieb nur, mich sofort bei [Trittin] zu entschuldigen — was er mir allerdings nicht sehr leicht machte. Er ließ mich drei Tage warten, bevor er meinen Anruf entgegennahm…

PS: Enttäuscht hat mich bei dieser Geschichte vor allem eines: Dass einige Kollegen mir tatsächlich eine Kampagne unterstellten. Liebe Leute — glaubt ihr ernsthaft, ich würde solche Anfängerfehler machen?!

Da möchte man Diekmann natürlich sofort gratulieren, dass er so offen mit seinen Fehlern (oder jedenfalls einem davon) umgeht und die unangenehme Wahrheit scheinbar nicht verschweigt. Doch was Diekmann erzählt, ist höchstens die Hälfte der Geschichte.

Hinzuzufügen wäre zum Beispiel noch, wie die Menschen damals auf den für Diekman so “enttäuschenden” Gedanken gekommen waren, er führe eine Kampagne gegen die rot-grüne Regierung im Allgemeinen und den Umweltminister im Besonderen. Am 23. Januar 2001, nur sechs Tage vor der “Bolzenschneider”-Sache, hatte “Bild” Trittin zum Beispiel mit dem 1977 veröffentlichten “Mescalero-Nachruf” in Verbindung gebracht, in dem “klammheimliche Freude” über die Ermordung von Siegfried Buback geäußert wurde, und geschrieben:

“Trittin gehörte damals zur linken Szene der Universitätsstadt, saß in der Studentenvertretung AStA, deren Zeitschrift den ‘Nachruf’ veröffentlichte.”

Trittin aber war damals nicht Mitglied des Göttinger AStA und hatte mit der Publikation und dem Brief nichts zu tun. Auch für diese falsche Behauptung wurde “Bild” später vom Presserat gerügt.

Auch die bewegende Schilderung, wie der entschuldigungswillige “Bild”-Chef tagelang von Trittin hingehalten wurde, erscheint in einem anderen Licht, wenn man eine andere Version der Abläufe kennt, wie sie die “Berliner Zeitung” damals veröffentlichte:

Am Dienstagmorgen [dem Tag nach der “Bolzenschneider”-Veröffentlichung] rief Jürgen Trittin den “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann persönlich an. Um sich zu beschweren. Diekmann, so stellt es Trittins Sprecher dar, habe zunächst mit Gegenfragen geantwortet. “Warum waren Sie denn überhaupt auf der Demonstration?” Trittin sagte, das beantworte er gerne, aber zunächst wolle er über das Bild reden. Das Gespräch sei von Diekmann mit der Bemerkung beendet worden: “Wenn da etwas falsch ist, werden wir es richtig stellen.” Trittin habe gesagt, dass er darum dann auch sehr bitte.

Und es gibt noch ein Detail, das in Diekmanns Schilderung des damaligen “handwerklichen Fehlers” regelmäßig fehlt: Das Foto in “Bild” unterschied sich nicht nur durch die schlechtere Qualität von dem Foto im “Focus”. Dass das Seil wie ein Schlagstock wirken konnte, lag auch daran, dass das Foto an den Rändern beschnitten wurde. Das “Bild”-Foto war nicht nur eine schlechte Kopie, sondern auch ein kleinerer Ausschnitt aus dem “Focus”-Abdruck des Sat.1-Originals.

Und jetzt kommt das Erstaunliche: Kai Diekmann hat das geleugnet. Im Jahr 2005 forderte er von der “Zeit” eine Gegendarstellung, in der es heißen sollte, “Bild” habe “niemals ein Foto so beschnitten”, dass ein Seil als Schlagstock angesehen werden konnte: Der Fehler von “Bild” habe darauf beruht, “dass allein aufgrund der schlechten Bildqualität eine verfälschende Bildunterschrift zugeordnet wurde”.

Diekmann ging vorübergehend sogar so weit, gegenüber der Pressekammer des Landgerichts Hamburg im August 2005 in einer eidesstattlichen Versicherung über das beschnittene Foto zu behaupten:

“Das Foto (…) ist in keiner Weise ‘beschnitten’ worden.”

Komisch. Die wirklich lustigen Sachen stehen gar nicht in Diekmanns neuem Spaßblog.

PS: Anders als “Kai Diekmann” behauptet (und “Welt Online” unbesehen glaubt, siehe links) ist das hier gezeigte Motiv nicht auf BILDblog zu finden. Diese “Schmähung” stammt nicht von uns, sondern vom Pantoffelpunk.

Nachtrag, 17.20 Uhr. Ist korrigiert.

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Von Außerirdischen und Unterirdischem

Man kennt das von Kindern, wenn sie sich hinstellen und mit “Komm doch! Komm doch!”-Rufen provozieren — entweder weil sie sich in Sicherheit fühlen oder auch aus reiner Lust, es einmal drauf ankommen zu lassen, was in die Fresse zu bekommen.

Ungefähr in einer solchen Stimmung müssen sie in der vergangenen Woche bei “Bild” gewesen sein, als sie sich entschieden, als Teil einer rekordverdächtig dummen Serie des “Bild”-Außerirdischen-Beauftragten Attila Albert über Ufos und anderen Mystery-Quatsch den Anwalt Johannes Eisenberg zu zeigen und als “Alien” zu bezeichnen:

(Genau dieselbe Witz-Idee hatte “Bild” schon einmal im Frühling 2005; damals präsentierte das Blatt ebenfalls unter der Überschrift “Sind die Aliens schon unter uns?” Daniel Küblböck, Djamila Rowe, Michael Jackson, Reiner Calmund, Prinz Charles, Tatjana Gsell und Susan Stahnke als Indizien für außerirdisches Leben auf der Erde. Aber das nur am Rande.)

Jedenfalls kann es niemanden bei “Bild” überrascht haben, dass Eisenberg juristisch gegen die Veröffentlichung seines Fotos und Beschreibung als “Alien” vorgeht. Den Anwalt und die Zeitung verbindet eine lange Geschichte. Eisenberg hat viele Politiker, Prominente und Nicht-Prominente, die sich gegen falsche oder unzulässige “Bild”-Berichte wehrten, vertreten. Er verteidigte auch die “taz”, als “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann Schmerzensgeld für eine Satire über eine (erfundene) missglückte Penis-Verlängerungs-Operation forderte. Vor allem aber ließ er “Bild” schon einmal gerichtlich untersagen, sein Foto zu zeigen, und erstritt ein “empfindliches Schmerzensgeld”.

Eisenberg hatte 1998 einen libanesischen Straftäter, dessen Fall in Berlin Aufsehen erregte, presserechtlich vertreten und u.a. mehrere Gegendarstellungen von “Bild” gefordert. Die Zeitung reagierte darauf demonstrativ mit der Veröffentlichung von Eisenbergs Foto und suggerierte, dass er mit seinem Mandanten sympathisiere. Das Landgericht Berlin sah darin eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung: “Bild” habe Eisenbergs Recht am eigenen Bild “mit besonderer Hartnäckigkeit verletzt”, und zwar “in der Absicht, den Kläger davon abzuhalten, für seinen Mandanten A. Gegendarstellungs- und Unterlassungsansprüche geltend zu machen, obwohl ihre Angriffe auf Herrn A. äußerst scharf und teilweise unter Behauptung falscher Tatsachen geführt wurden.” Eisenberg habe nach der Veröffentlichung Morddrohungen erhalten, die “nur mit der Berichterstattung der Beklagten über den Kläger erklärt werden” könnten, so das Gericht.

Das ist über zehn Jahre her, aber vielleicht nicht ganz unwesentlich, um zu beurteilen, was es bedeutet, wenn “Bild” ein Foto von Johannes Eisenberg zeigt und behauptet, er sei ein “Alien”, das sich als “Anwalt tarnt” und “gegen investigative Medien kämpft”.

Die “Welt am Sonntag” hingegen, die gestern über das Vorgehen Eisenbergs gegen die Schwesterzeitung berichtete, nennt die Alien-Geschichte von “Bild” eine “Satire” und schließt daraus, dass Eisenberg Humor fehlt (was natürlich nicht falsch sein muss).

PS: Die Provokation des von ihr verhassten Berliner Anwaltes findet sich exklusiv in der Berlin-Brandenburger Ausgabe von “Bild”. Überregional nimmt Dirk Bach seinen Platz in der, äh, satirischen Aufzählung ein (siehe Ausriss links).

“Bild” und “B.Z.” wollen Klar weiter zeigen

Der Axel Springer Verlag wehrt sich. Nachdem das Berliner Landgericht “Bild” und “B.Z.” per einstweiliger Verfügung untersagt hat, aktuelle Fotos von Christian Klar zu veröffentlichen (wir berichteten), hat die “B.Z.” gestern Widerspruch gegen die Verfügung eingelegt. Und auch die “Bild”-Zeitung will heute einen entsprechenden Widerspruch einlegen.

In einer Pressemitteilung der “B.Z.” von gestern heißt es:

Die B.Z. hatte bei ihrer Abwägung dem Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit und damit der Pressefreiheit den Vorrang gegenüber dem Resozialisierungsinteresse von Christian Klar eingeräumt. B.Z.-Chefredakteur Peter Huth: “Das Bild zeigt die Wirklichkeit, nicht mehr und nicht weniger.” B.Z.-Anwalt Jan Hegemann: “Das Foto zeigt ein zeitgeschichtliches Ereignis: Klar verlässt das Berliner Ensemble – ein hoch subventioniertes Theater, das im intellektuellen Haushalt der Republik eine bedeutende Rolle spielt. Das ist das Besondere, das darf man dokumentieren.”

Zudem präsentierte die “B.Z.” ihren Lesern in der gestrigen Ausgabe “zahlreiche Chefredakteure, Journalisten und Politiker”, die sich “hinter die B.Z.” stellen und “mit Unverständnis auf das Verbot des Landgerichts Berlin” reagieren würden.

Neben dem FDP-Politiker Max Stadler und dem Sprecher des Deutschen Journalisten Verbands sind das:

  • Sven Gösmann, den die “B.Z.” als “Chefredakteur ‘Rheinische Post'” bezeichnet, und der vorher Politik-Chef der “Bild”-Zeitung war.
  • Bettina Röhl, die die “B.Z.” als “Publizistin” bezeichnet, und die zudem die Tochter von Ulrike Meinhof ist, für Welt.de bloggt und der die “Zeit” mal “radikal verengte Weltbilder” vorwarf.
  • Wolfram Weimer, den die “B.Z.” als “Herausgeber und Chefredakteur des Politmagazins ‘Cicero'” bezeichnet, und der mal Chefredakteur von “Welt” und “Berliner Morgenpost” war.
  • Hans-Hermann Tiedje, den die “B.Z.” als “Medienmanager” bezeichnet, und der früher mal Chefredakteur der “Bild”-Zeitung war.
  • Und Helmut Markwort.

Laut der Nachrichtenagentur ddp reagierte Klars Anwalt indes “verständnislos auf die Widersprüche”:

Das Landgericht habe die Verfügungen auf der Grundlage eben jener Argumente erlassen, die von den beiden Boulevardblättern nun in den Widersprüchen erneut angeführt würden. Er halte die Argumente für rechtsfern, da die Pressefreiheit nie gefährdet gewesen sei.

“Herr Klar hat sich nicht dagegen verwahrt, dass über sein Praktikum beim Theater berichtet wird”, sagte Eisenberg. Es sei für die Öffentlichkeit allerdings unerheblich, wie er dabei aussehe. Zudem verliere die Begründung, dass Klar für ein staatlich subventioniertes Theater arbeiten sollte dadurch an Bedeutung, dass das Praktikum unentgeltlich erfolgen sollte.

(Wird ziemlich sicher fortgesetzt…)

Nachtrag, 20.35 Uhr: Auf Bild.de, wo bis heute nachmittag noch eines der aktuellen “B.Z. Exklusiv-Fotos” (Bild.de) einen dazugehörigen Artikel illustrierte (“Hier spaziert RAF-Terrorist Christian Klar (56) durch die Hauptstadt…”), wurde das Paparazzi-Foto inzwischen gegen ein Archivbild von 1992 ausgetauscht.

“B.Z.” darf Christian Klar nicht zeigen

Vergangenen Samstag, als die “B.Z.” am zweiten Tag in Folge aktuelle Paparazzi-Fotos von Christian Klar veröffentlichte (die am selben Tag auch auf der “Bild”-Titelseite zu sehen waren), zitierte die “B.Z.” auch ihren “B.Z.”-Anwalt Jan Hegemann (wir berichteten):

"Die Berichterstattung einschließlich Fotoveröffentlichung ist zulässig."

Das Landgericht Berlin ist sich dessen indes offenbar weit weniger sicher als der “B.Z.”-Anwalt und hat der “B.Z.” erstmal, wie bereits erwartet, untersagt, Fotos von Christian Klar zu veröffentlichen. Wie uns das Gericht auf Anfrage sagt, wurde heute eine einstweilige Verfügung erlassen. Klars Anwalt Johannes Eisenberg teilt dazu mit:

Das Landgericht Berlin hat heute auf Antrag von Herrn Klar der “B.Z.” verboten,

“Bildnisse zu verbreiten, die Christian Klar zeigen im Zusammenhang mit einem Besuch des BE [Berliner Ensemble], wie in BZ vom 9. 1. 2009, Titelseite und S.6 und 7 geschehen.”

Herr Klar tritt jeglicher Fertigung und Verbreitung aktueller Bilder entgegen und macht sein Recht am eigenen Bilde geltend.

Diese Unterlassungsverfügung gilt nur gegen die “B.Z.” Von rechtlichen Schritten gegen die “B.Z.”-Schwester-Zeitung “Bild”, die, wie gesagt, ebenfalls die “verbotenen” Fotos von Klar veröffentlicht hatte, ist dem Gericht (noch) nichts bekannt.

Nachtrag, 13.1.2009: Auch “Bild” darf Christian Klar nicht zeigen. Wie uns eine Sprecherin des Landgerichts Berlin auf Anfrage sagt, wurde heute auf Antrag von Klars Anwalt eine entsprechende Unterlassungsverfügung wegen der Veröffentlichung der Paparazzi-Fotos vom vergangenen Samstag gegen die “Bild”-Zeitung erlassen.

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