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Wie “Compact” lügt, verdreht und Stimmung macht. Ein Beispiel.

Fährt in Deutschland jemand mit einem Kleinbus in eine Menschenmenge, steht für das selbsterklärte Wahrheitsmagazin “Compact” direkt fest: Hinterm Steuer muss ein islamistischer Terrorist gesessen haben. Stellt sich später allerdings heraus, dass der Täter Deutscher war, wird es erst richtig wild.

Wie wenig dem Blatt daran liegt, journalistische Aufklärungsarbeit zu leisten, kann man gut an der “Compact”-Berichterstattung zur Amokfahrt in Münster Anfang April erkennen, die wir uns mit etwas zeitlichem Abstand noch einmal genauer angeschaut haben. Ein Mann fuhr damals in eine Gruppe von Menschen, vier Personen kamen ums Leben. Und “Compact” legte los: Die Redaktion brachte erstmal eine Falschmeldung in Umlauf, nahm diese später keinesfalls zurück, sondern löschte heimlich und flüchtete in neue haltlose Behauptungen. Beliebig änderte “Compact” Standpunkte und Geschichten und konstruierte eine widersprüchliche Erzählung. Gemeinsamer Nenner war nur ein Misstrauen in die offizielle Version zur Tat — und selbst das wurde ohne zu zögern geopfert, wenn es der “Compact”-Agenda diente.

Doch der Reihe nach. Am 7. April, dem Tag der Tat, veröffentlicht die “Compact”-Redaktion abends einen Bericht auf ihrer Website. Sie wählt folgende Überschrift:

Screenshot Compact - Anschlag in Münster: 4 Tote! Wacht die Multikulti-Hochburg jetzt auf?

Während “Comapct” bereits in der Titelzeile Schuldige suggeriert (woher könnte der Täter schon stammen, wenn er mit seiner Tat “die Multikulti-Hochburg” wachrüttelt? Aus Deutschland sicher nicht), berichten andere Medien aufgrund der dünnen Faktenlage vorsichtiger. Bei “Compact” heißt es empört:

Die ARD-Tagesschau sprach in einer ersten Meldung verharmlosend von einem “Zwischenfall mit einem Auto”. DIeselbe (sic) Formulierung übernahm auch Die Welt. Dabei ist klar, dass es ein Anschlag war, denn der Fahrer hat sich nach seiner Terrorfahrt erschossen. (…)

Dass es ein islamistischer Anschlag war, ist zur Stunde nicht nachweisbar. Aber die Indizien sind stark: Das Anschlagsmuster gleicht dem von Nizza im Sommer 2015 (siehe Aufmacherfoto) und von London Anfang 2017. Und: Am heutigen Tag jährt sich der islamistische LKW-Anschlag von Stockholm 2017.

Die Schutzstrategie der Stadt Münster habe versagt, man habe nämlich nicht nur Poller aufstellen, sondern die Salafistenszene verbieten müssen. Die Tat soll laut “Compact” auch irgendwie mit einer Anti-Pegida-Demonstration und dem schlechten Ergebnis der AfD in Münster bei der Bundestagswahl zu tun haben.

Die Frage stellt sich: Wann werden die Bunt-Besoffenen aus ihren kuschelweichen Träumen aufwachen? Was muss noch passieren?

“Compact” hat sich also früh auf einen Täter festgelegt, vermutlich soll es ein Islamist sein, ganz sicher ein Ausländer, dessen Anschlag den “Bunt-Besoffenen” den Wahnsinn vor Augen führt. Später ändert die Redaktion ihre Überschrift klammheimlich:

Screenshot Compact - Überschrift jetzt: Münster: Drei Tote! Jens R. und sein Abschiedsbrief – Neuester Stand

Der anonyme “Compact”-Autor ergänzt den Artikel. Er kommentiert nun die Erkenntnisse seriöser Medien und wundert sich über deren Enthüllungen:

Der gleiche Rechercheverbund, der bereits vor der Polizei den Namen des Täters wusste und an die Öffentlichkeit gab, soll jetzt also diesen persönlichen Brief “gefunden” haben, der doch eigentlich als Beweismittel ebenfalls zuerst in die Hände der Polizei gehören sollte. Darf man sich fragen, wie die Journalisten das angestellt haben?

Darf man. Zunächst aber muss man festhalten, dass “Compact” nur behauptet, sie — also NDR, WDR und “Süddeutsche Zeitung” — hätten den Brief gefunden, bevor die Polizei das tat. Denn was “Compact” dazu zitiert, belegt lediglich, dass der Dreier-Rechercheverbund die Meldung über den Brief veröffentlicht hat, bevor die Polizeipressestelle öffentlich von dem Brief sprach. Das ist gleich viel weniger aufregend.

Die Journalistinnen und Journalisten von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” haben einfach ordentlich recherchiert. Dass dieses Vorgehen in der “Compact”-Redaktion Verwunderung auslöst, sagt vor allem etwas über “Compact” aus. Die Leute dort arbeiten in aller Regel nicht an seriösen Nachrichten, sondern verdienen ihr Geld damit, möglichst aufbrausend Ressentiments zu bedienen.

Und so schließt das AfD- und “Pegida”-nahe Magazin nicht zum ersten Mal überstürzt auf falsche Täter. Als 2016 in Grafing ein aus einer Psychiatrie geflohener Mann wahllos auf Menschen einstach, schrieb “Compact”-Chefredakteur Jürgen Elsässer auf seinem persönlichen Blog dazu unter der Überschrift “Islamistischer Terror in Grafing bei München? Davon will die Lügenpresse nichts wissen.” Später löschte er den Artikel, “Compact” versuchte, den Täter weiter als Islamisten darzustellen.

Nach dem Amoklauf am Münchner Olympia-Einkaufszentrum 2016 rettete sich “Compact” in eine Verschwörungstheorie. Nach Darstellung des Magazins soll es sich auch hier um einen islamistischen Anschlag gehandelt haben und zwar von mehreren Tätern. Das sei dann durch die Behörden und die “Lügenpresse” vertuscht worden. Nichts will man dagegen bei “Compact” davon wissen, dass neben persönlicher Rache wegen Mobbings auch Fremdenfeindlichkeit und rechtsextreme Ansichten ein Motiv des Einzeltäters gewesen sein könnten.

“Compact” weiß offenbar gut, was die eigene Zielgruppe hören beziehungsweise lesen will. Dennoch birgt eine so eklatante Falschmeldung wie die zu Münster selbst für ein wirres, fremdenfeindliches Verschwörungsmagazin die Gefahr eines gewissen Imageverlusts. Auch der überzeugteste “Compact”-Leser könnte bei derart gravierenden Fehlern Zweifel am Redaktionsclaim “Mut zur Wahrheit” bekommen. Wohl auch deswegen folgten in den Tagen nach der Tat Artikel, die sichtlich damit ringen, wie man mit dem Vorfall in Münster nun umgehen soll — und zwar möglichst, ohne sich selbst korrigieren zu müssen oder gar um Entschuldigung zu bitten.

Zwei Tage nach der Tat veröffentlicht “Compact” einen Zeugenaufruf:

Da von den Medien keine ehrliche Aufklärung zu erwarten ist, bitten wir um Ihre Mithilfe

Der Vorwurf an andere Medien, “keine ehrliche Aufklärung” zu betreiben. Von einer Redaktion, die kurz zuvor erst zum selben Fall einen falschen Täter in den Ring geworfen hat. Das ist mutig.

Es scheint tatsächlich Rückmeldungen auf den Aufruf gegeben zu haben, allerdings wohl nicht von Zeugen, sondern von Leuten, die ebenfalls verfrüht irgendwelche Behauptungen aufstellen. Denn später ergänzt die Redaktion folgenden Absatz:

Wir wollen betonen, dass es uns um die Sammlung von Fakten geht, nicht um die verfrühte Aufstellung irgendwelcher Behauptungen. Deshalb möchten wir bei den Tatsachen bleiben und hoffen auf eine baldige Aufklärung.

Am selben Tag veröffentlicht “Compact” einen zweiten Artikel zum Thema:

Screenshot Compact - Münster: 8 Fragen, die wir stellen sollten

Der Autor des Textes, “Polit-Profiler” Wolfgang Eggert, ist aktiv in der Verschwörungsszene und hat zuletzt 2014 im Verlag von “Compact”-Verleger Kai Homilius ein Buch über den Abschuss des Flugs MH17 veröffentlicht. Er will mit seinen acht Fragen wohl vor allem eines: Zweifel säen an allen anderen Berichten zum Geschehen, ob nun von seriösen Medien oder offiziellen Stellen.

Die Fragen 1 (“Was ist das Motiv?”) und 2 (“Wer ist der Täter?”) sind noch neutrale Recherchefragen. Eggert liefert zu ihnen zwar skurrile Kurzschlüsse (etwa: Jens R. könne wohl kaum gleichzeitig Rechtsradikaler und drogenabhängig gewesen sein, was erstens Unsinn ist und zweitens nicht länger relevant, da die Ermittler später bekannt gaben, dass sie ein rechtsextremes Motiv ausschließen); aber es sind Fragen, die viele Redaktionen in den Tagen nach der Tat gestellt haben. Die restlichen Fragen sind hingegen eher suggestiv gestellt. Zum Beispiel Frage 3:

Warum gibt es so wenig Bildmaterial?

Heutzutage müsse es doch mehr Bilder von der Tat geben, meint Eggert und fragt weiter: “Warum griff niemand zu seinem sonst ständig präsenten Handy, wenn der Vorfall die Brisanz hatte, welche die Presse ihm nachher zuschrieb?” Genau gegenteilig argumentiert Eggert, wenn es um andere Ereignisse geht. So verdächtigte er den Journalisten Richard Gutjahr in einem “Compact”-Interview, beim Anschlag von Nizza eingeweiht gewesen zu sein, weil er die Tat mit dem Handy filmte. Das Interview wurde mittlerweile gelöscht, kursiert aber noch auf Verschwörungs-Blogs.

Eggerts Frage 6 lautet:

Wie starb der angebliche Fahrer “Jens”?

Ab hier geht Eggert von mehreren Beteiligten aus. Bereits in der Frage deutet er an, dass es sich für ihn beim offiziellen Täter nicht um den tatsächlichen handeln könnte. Außerdem zweifelt er an, dass dieser sich erschossen habe, aus dem einzigen Grund, dass keine Bilder der Leiche veröffentlicht wurden. Polizei und Medien hätten für seinen Geschmack zu schnell Antworten geliefert. Dabei hatte “Compact” selbst ja direkt nach Bekanntwerden der Tat diese erklärt. Nur eben falsch.

In seinen Anmerkungen zu Frage 8 …

Die zwei Flüchtigen: Warum widerspricht sich der Polizeisprecher?

… zieht Eggert nicht weiter genannte oder verlinkte “angloamerikanische und israelische Medien” als Beleg dafür heran, dass ein Polizeisprecher erst von zwei Flüchtigen gesprochen habe. Dass der Beamte diese Meldung später dementierte, lässt Eggert nicht gelten, weil es ein Video aus Münster gebe, in dem “ein südländischer Jugendlicher” festgenommen werde. Eggert meint, dieses Video finde bei deutschen Medien keine Beachtung. Dabei hat “Spiegel Online” nachgefragt, was es mit dem Video auf sich hat: Die in der Aufnahme zu sehenden Personen waren Inder, die kein Deutsch verstanden. Nachdem ihre Personalien festgestellt wurden, ließ die Polizei sie gehen.

Nun kommt die “Compact”-Zeugensuche wieder ins Spiel. Einen Tag nach der Veröffentlichung des Aufrufs meint Redakteur Marc Dassen, der bereits für die Berichte zum Münchner Amoklauf verantwortlich war, einen Zeugen gefunden zu haben:

Screenshot Compact - Von Depression keine Spur: Compact sprach mit Nachbar des Amokfahrers Jens R.

Egon T. (Name geändert) war einige Zeit direkter Nachbar von Jens R. in einer seiner vier Wohnungen. Was er uns erzählte, passt so gar nicht zur Suizid-Story der Massenmedien.

In einer späteren Version relativiert die Redaktion intransparent wie gewohnt das “so gar nicht” zu einem “auf den ersten Blick”.

In seinem Artikel erzählt Dassen, dass er bei einem Mann, der sich als Nachbar von Jens R. ausgibt, angerufen hat. Und was hat dieser nun über Jens R. zu berichten, was “so gar nicht zur Suizid-Story der Massenmedien” passt?

Er sei “immer nett und freundlich” gewesen, “ganz normal halt”, “aufgeschlossen”, so T. Von depressivem Verhalten war “gar nichts zu spüren”. Das könne T. mit Sicherheit sagen, da er selbst bereits unter Depressionen zu leiden hatte und deshalb wisse, wie man sich da fühle.

Eine einzige per Telefon übermittelte Ferndiagnose eines nur oberflächlich mit dem Täter bekannten Laien-Psychologen ist für “Compact” glaubwürdiger als Ermittler der Polizei und ein Großteil der Medien.

Am 12. April schreibt Marc Dassen einen weiteren Text zur Tat in Münster:

Screenshot Compact - Zum Fall Münster: Wer war Jens R. - und wenn ja wie viele?

Es geht ihm vor allem ums Fragenstellen — beziehungsweise um ein vermeintliches Fragen-Tabu: Das Stellen offener Fragen sei verpönt und “der Verschwörungssucht verdächtig”. Bezogen auf den Brief von Jens R. schreibt Dassen:

Darf man fragen, wie die Medien an diese Schriftstücke rangekommen sind? Müssten diese als wichtige Beweismittel nicht zuerst einmal unter Verschluss gehalten werden, um eine mediale Spekulationsblase zu vermeiden? Auch solche Fragen traut man sich kaum zu stellen. Ist halt so. Finde dich damit ab. Fall erledigt. Basta. Wer sich dennoch nicht zufrieden geben will, der wird gerne mit Aluhut-Vorwürfen konfrontiert — oder wie zuletzt auch oft gesehen: Als notorischer Ausländerfeind bezeichnet, der es nicht ertragen kann, dass diesmal kein Muslim als Täter in Frage kommt.

Nur noch mal fürs Protokoll: Marc Dassen arbeitet in einer Redaktion, die es kaum erwarten konnte, einen Muslim als Täter von Münster präsentieren zu können.

Der “Compact”-Autor meint, weitere Fragen gefunden zu haben, die man kaum noch stellen dürfe, die allerdings schon längst gestellt worden sind. Etwa, wie der Täter an die Waffe gekommen ist. Das wollen nicht nur seriöse Journalisten wissen, auch die Polizei Münster stellt diese Frage. Oder, warum Jens R. Menschen tötete und verletzte, wenn er eine Suizidabsicht hatte. Auch das wurde bereits ausführlich thematisiert.

Schließlich äußert sich auch “Compact”-Chefredakteur Jürgen Elsässer zur Amokfahrt in Münster. Nachdem zwei Tage zuvor die dpa meldete, dass die Polizei weitere Projektile im Tatfahrzeug gefunden habe, die Untersuchung dazu aber noch nicht abgeschlossen sei, titeln er und seine Redaktion:

Screenshot Compact - Sensation: Weitere Projektile in Münsteraner Killer-Van gefunden. Wer schoss? Magic bullets wie bei JFK

Erstmal: Das Aufmacherfoto in Elsässers Beitrag zeigt den Tatort eines völlig anderen Verbrechens, auf das der Artikel nicht Bezug nimmt. Im Text verrät der “Compact”-Chef dann seine Entdeckung: Parallelen zum Mord an John F. Kennedy und zum NSU, zu dessen Ende er noch mal eine ganz eigene Theorie parat hat:

Erinnerungen werden wach: Zum Beispiel an den Kennedy-Mord am 22. November 1963, als die These vom Alleintärer (sic) Lee Harvey Oswald durch die kriminaltechnische Untersuchung — Stichwort: Magic Bullet — erschüttert wurde. Und vor allem an den sogenannten Selbstmord von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November 2011: Die Patronenhülsen am Tatort weisen darauf hin, dass ein dritter Mann die beiden hingerichtet hat.

Zum Abschluss seines Artikels schreibt Elsässer, kein Witz:

Und nun Münster. Warten wir ab, was die weiteren Ermittlungen bringen. COMPACT wird nicht vorab wilde Theorien in die Welt setzen.

Überhitzacker, Der gekränkte Mann, Die DSGVO und das Blogsterben

1. Neue Qualität der Faktenverdrehung
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Haben wirklich „60 vermummte“ Personen das Wohnhaus eines Polizisten gestürmt? Und ist der Vorfall im niedersächsischen Hitzacker ein Beispiel für eine „neue Qualität der Gewalt“, wie vielfach behauptet? Boris Rosenkranz ist dieser Frage auf „Übermedien“ nachgegangen. Sein Befund: Hitzacker sei ein “gutes schlechtes Beispiel dafür, wie Medien, in einer ohnehin unübersichtlichen Gemengelage, Fakten verdrehen, um Stimmung zu machen. Wie sie sich sehr beeilen, um ja beim nächsten großen Aufreger dabei zu sein. Und wie sie nur einer Quelle vertrauen, obwohl diese befangen ist. Aber womöglich halten das einige sogar für echten Journalismus.“

2. Der verletzte Mann
(deutschlandfunkkultur.de, Vera Linß, Audio, 14:42 Minuten)
Haben Sie schon einmal etwas von „Incels“ gehört? Das sind Männer die unfreiwillig enthaltsam leben (“involuntary celibates“ = “unfreiwillige Zölibatäre“) und sich unter diesem Begriff im Internet vernetzen. Das Problem bei den gekränkten Antifeministen: Ihr sexistisches und frauenverachtendes Auftreten. Und es gibt Überschneidungen zur Extremen und Neuen Rechten.
Weiterer Lesetipp: In Heilige Angstlandschaften (zeit.de) berichtet Robin Detje über die Tendenz einiger Menschen, in der Politischen Korrektheit eine Bedrohung von Mann und Kunst zu sehen. Der Widerstand dagegen habe religiöse Züge angenommen.

3. Russia Today will nicht informieren, sondern verunsichern
(tagesspiegel.de, Frank Herold)
Liefern russische Medien wie „RT“ und „Sputnik“ „sauberen Journalismus“ oder Propaganda? Mit dieser Frage hat sich die Osteuropa-Historikerin Susanne Spahn für die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung beschäftigt.

4. Statt Links der Woche: Tote Links der Woche
(ennopark.de)
Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat in der Blogger-Szene für viel Aufregung und Panik gesorgt. Viele Blogger und Bloggerinnen kündigten sogar an, deswegen Ihre Blogs dicht zu machen. Enno Park hat sich auf Twitter umgehört, ob dies tatsächlich der Fall ist. Seine kleine nicht-repräsentative Umfrage ist bemerkenswert: Innerhalb von 24 Stunden bekam er mehrere hundert Webseiten genannt, die eingestellt oder zumindest eingefroren wurden.

5. Kämpfende Kurdinnen: Die einstigen Heldinnen sind vergessen
(nzz.ch, Mona Sarkis)
Als Kurdinnen 2014 in den Krieg gegen den IS zogen, wurden sie von Illustrierten wie „Elle“, „Cosmopolitan“, „Teen Vogue“ und „Marie Claire“ als Heldinnen gefeiert und mit glorifizierenden Bilderstrecken bedacht. Selbst die Modebranche hätte Gefallen an den kurdischen Frauen gefunden, als diese gegen den IS kämpften. Doch nach der kurzen Phase der Romantisierung sei das Interesse an ihnen erloschen.

6. „Ich hab Prügel bezogen“
(taz.de, Jürn Kruse)
Die „taz“ hat sich mit dem Sportstudio-Moderator Jochen Breyer über die Champions League, die anstehende Fußball-WM und die Auswirkungen von Interviews unterhalten. So sei es früher möglich gewesen, einen Interviewgast auch mal etwas kecker anzugehen: „Würden wir heute so frech antworten, wäre die Hölle los: in den Zeitungen, in den sozialen Netzwerken. Ich hab das ja nach dem Klopp-Interview erlebt, was da alles auf mich eingeprasselt ist. Ich will mich gar nicht beklagen. Aber da fragt man sich schon, ob man das jede Woche haben will.“

Wie Özil und Gündogan bei Erdogan die Werte des DFB hochgehalten haben

Man muss Mesut Özil und Ilkay Gündogan dankbar sein. Rechtzeitig vor der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft räumen sie mit einem Missverständnis auf, einem von Medien und DFB gepflegten Missverständnis, das den Sieg der deutschen Mannschaft beim vergangenen Turnier zu etwas verklärte, was er nicht war. Es reichten ein paar Fotos der beiden Fußballer mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, die in vielen Redaktionen aktuell für Verwunderung und Entsetzen sorgen.

“Die Mannschaft”, wie sie seit 2015 aus Vermarktungsgründen heißt, ist nämlich keine Wertegemeinschaft. Sie ist, ja!, eine Fußball-Mannschaft. Sie besteht aus Fußballspielern. Fußballspieler sind keine dümmeren Menschen, aber auch keine schlaueren, keine mit edleren Werten als andere.

All das, was Theaterautor, Blogger und Marketingexperte Johannes Kram schon so gemacht hat, würde nicht in diese Box passen. Deswegen hier unvollständig und im Schnelldurchlauf: Nicht nur, aber auch wegen seiner Medien-Kampagne ist Guildo Horn zum “Eurovision Song Contest” gekommen. In seinem neuen Buch “Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber” prangert er die “schrecklich nette Homophobie” auch in den Medien an. Sein “Nollendorfblog” bekam eine Nominierung für den “Grimme Online Award”. Und mit “Seite Eins — Theaterstück für einen Mann und ein Smartphone” hat er Boulevard-Kritik auf die Bühne gebracht. Dafür ein herzliches Dankeschön vom BILDblog.

Klar sollen Spitzenspieler Vorbilder sein, das ist Teil ihres Jobs, sie sollten also möglichst wenig Unsinn in der Öffentlichkeit veranstalten, der von ihren minderjährigen Fans nachgemacht werden könnte. Darüber hinaus ist aber das Gerede von den “Werten der Mannschaft” vor allem Marketing-Geschwätz, Marketing-Sprech, der von den allermeisten Medien kritiklos weiterverbreitet wird. In der Pressemitteilung zum Launch der Marke “Die Mannschaft” ließ der DFB verlauten:

“Die Mannschaft zeichnet ihr Zusammenhalt aus. Wir sind immer füreinander da, wir gehen respektvoll miteinander um, und natürlich stehen wir für den Erfolg”, sagt Mesut Özil. Benedikt Höwedes pflichtet seinem Weltmeister-Kollegen bei. “Das wir in aller Welt als ‘Die Mannschaft’ bezeichnet werden, ist echt etwas Besonders”, sagt er.

Das Unverständnis, das Per Mertesacker von ehemaligen Profis, Experten und auch Medien entgegenschlug, als er im März 2018 über seine Ängste als Profifußballer und früherer Nationalspieler sprach (“irgendwann realisierst du, (…) dass es null mehr um Spaß geht, sondern dass du abliefern musst, ohne Wenn und Aber. Selbst wenn du verletzt bist”), liegt auch darin begründet, dass viele Redaktionen PR-Floskeln wie in der zitierten DFB-Mitteilung allzu gerne unreflektiert weiterverbreiten.

Das Gerede von den Werten ist vor allem dafür da, Produkte zu verkaufen, und vor allem solche, die sich einen Imagetransfer erhoffen. Einen Imagetransfer haben besonders die Marken nötig, die ein Imageproblem haben. Der neue Hauptsponsor VW zahlt deutlich mehr als sein Vorgänger Mercedes, hauptsächlich wohl, weil er es nötig hat. Der Konzern darf sich berechtigte Hoffnungen machen, dass seine Vergehen an der hiesigen Bevölkerung von dieser mit Milde betrachtet werden. Lieber, als in Aufklärung, transparentere Konzernstrukturen und möglichst saubere Autos zu investieren, investiert er in Wohlfühl-Propaganda. Die Spieler der deutschen Nationalmannschaft müssen also bei ihren Fans für Dinge werben, die gegen deren Interesse sind. Ohne das VW-Engagement beim DFB wäre der Druck auf den Konzern vermutlich größer.

Das Problem ist, dass Medien die PR-Geschichten um die Nationalmannschaft weitererzählen, als wären es keine PR-Geschichten, sondern Nachrichten; sie also nicht nur den verlogenen Kern, das Inszenierte, das Verkäuferische an diesen Geschichten nicht offenbaren und problematisieren, sondern — im Gegenteil — durch ihre Berichterstattung Reklame zur Wahrheit machen.

Über einen gemeinsamen PR-Termin im Vorfeld der WM 2010 mit den beiden Mercedes-Werbeträgern Niko Rosberg und Deutsche Nationalmannschaft, einen Termin also, der keinen anderen Grund hat, als die Marke Mercedes über die von ihr bezahlten Sportler zu erzählen, schreiben die “Bild”-Medien:

Mercedes-Pilot Nico Rosberg (24) glaubt fest daran, dass die deutsche Nationalmannschaft Weltmeister werden kann. Und sagte es Poldi & Co. gleich ganz persönlich — in Eppan (Südtirol).

Rosberg besuchte das Trainingslager von Jogi Löws (50) Jungs. Schoss wie ein ganz normaler Fan Erinnerungsfotos mit dem Busfahrer, dem Bundestrainer und Bayern-Profi Philipp Lahm (26).

Doch nicht nur das von Mercedes nahegelegte Storytelling übernimmt “Bild”, sondern auch die direkte Verknüpfung mit dem Markenzeichen:

Lahm spielte mit 21 Jahren seine erste Europameisterschaft (2004 in Portugal). Rosberg fuhr mit 21 seinen ersten Formel-1-Grand-Prix (2006 in Bahrain). Seitdem sind beide Sportler Stars. Und tragen Sterne auf der Brust. Freizeit-Kicker Rosberg (mit dem Mercedes-Stern) wünscht Lahm und dessen Kollegen den vierten Weltmeister-Stern.

Die Penetration des Begriffes des “vierten Sterns” war damals einer der Schwerpunkte der gemeinsamen Markenkampagne von DFB und Mercedes.

Die meisten Medien, allen voran “Bild”, spielen die Marketing-Märchen solange mit, bis es kracht. Und auch danach. Als es während der WM-Vorbereitung 2014 bei einer gemeinsame PR-Autorfahrt mit Rosberg und Spielern der Nationalmannschaft zu einem lebensgefährlichen Unfall kommt, widerspricht kaum jemand, als Team-Manager Oliver Bierfhoff sagt:

Man hat immer im Leben ein Restrisiko, das müssen wir so klein wie möglich halten. Wir werden aber auch weiterhin Aktivitäten und Teamaktivitäten anbieten, wo ein geringes Restrisiko vorhanden ist, uns nicht einigeln und auf eine Sache konzentrieren. Meine Meinung, mit der Mannschaft auch außerhalb des Platzes Aktivitäten zu starten, hat sich nicht geändert.

… und dabei eine Werbeaktion zu einer Art sportlichem Teambuilding umdeklariert.

Kolumne Politically Correct

Die Spieler sind es gewohnt, dass ihre “Werte” zur Promotion entgegengesetzter Anliegen verscherbelt werden. Aktuell müssen sie nicht nur für Autos einer Schummel-Marke werben, sondern auch Kinder zu Süßigkeiten verführen, die zu einem pervers hohen Anteil aus Zucker bestehen. “Nur vollwertige und abwechslungsreiche Kost gewährleistet auch volle körperliche und geistige Leistung. Das Risiko von Sportverletzungen sinkt, die Konzentrationsfähigkeit steigt”, schreibt Nationalmannschaftskoch Holger Stromberg auf der DFB-Website über die “Philosophie” der “Mannschaft”, was natürlich auch reines Marketing-Geschwätz ist. Die offiziellen Sammelkarten der deutschen Nationalmannschaft für die WM 2018 liegen unter anderem dem Ferrero-Produkt Kinder-Riegel bei, bei dem Foodwatch 2016 gesundheitsgefährdende Mineralöle entdeckt hatte.

Die Organisation warf dem Hersteller damals vor, “grob fahrlässig” zu handeln und forderte ihn auf, diese Produkte vom Markt zu nehmen, was dieser verweigerte. Dafür, dass Ferrero sich dazu bis heute nicht erklären muss, werben die Spieler der Nationalmannschaft mit ihrem Imagetransfer. Auch ohne den DFB verkaufen sich Fußballspieler hemmungslos an die Werbeindustrie, während der DFB die Marke “Mannschaft” mit Charaktereigenschaften aufbläst, die sich dem Allgemeinwohl verpflichtet geben. Die Fußballspieler haben das längst begriffen. Sie haben gelernt, sich, ohne viel nachzudenken und nachzufragen, neben irgendwelche Marken zu stellen, in die Kamera zu lächeln und irgendwas Nettes zu sagen. Nicht viel mehr und nicht viel weniger haben Mesut Özil und Ilkay Gündogan jetzt bei Erdogan getan.

DSDS-Krankenausbeutung, Medien-Putinismus, Facebooks Crystal Meth

1. DSDS-Kandidat Diego sorgt für Diskussionen: „Ein psychisch kranker Mensch wird richtiggehend ausgestellt“
(meedia.de, Thomas Borgböhmer)
In der neuen Staffel von „Deutschland sucht den Superstar” (DSDS) sorgte ein Kandidat mit seltsamen Äußerungen für Irritationen. Er sei der Sohn von US-Rapper Tupac Shakur, von der Mafia entführt und nach Deutschland verschleppt worden. RTL verkauft den Bewerber als lustigen Paradiesvogel, verrät aber nicht, dass dieser sich seit zwei Jahren wegen einer Psychose in psychiatrischer Behandlung befindet. Aus medienethischer Sicht ein kritischer Fall wie die Professorin Marlis Prinzing findet: „Schon jetzt wird unübersehbar die Schaulust des Publikums bedient: ein psychisch kranker Mensch wird richtiggehend ausgestellt und zum Klatschobjekt, er wird benutzt, um medial breit durch diesen offenbar vorsätzlich erzeugten ‚Skandal‘ auf die Sendung aufmerksam zu machen.“

2. Ehre und Verantwortung
(wiwo.de, Miriam Meckel)
In einem Beitrag des „Zeitmagazins“ wurde über die Anschuldigungen von drei Frauen gegen den Regisseur Dieter Wedel berichtet, was in den Medien vereinzelt als „mediale Hinrichtung“ oder „Kampagne“ kritisiert wurde. Miriam Merkel findet in ihrer Kolumne, dass derartige Berichterstattung erlaubt sein muss: „Menschen mit Macht haben eine besondere Verantwortung als Vorbild und Führungskraft. Diese moralische Dimension verjährt nicht. Nicht bei mutmaßlich korrupten Politikern, nicht bei Unternehmern als mutmaßlichen Steuerhinterziehern und nicht bei Kulturschaffenden als mutmaßlichen Vergewaltigern. In solchen Fällen gibt es immer zwei Antworten auf die Frage der Ehre: die der potenziellen Täter und die der potenziellen Opfer.“

3. Medientrends 2018: Personalisierte Angebote, zahlende Nutzer
(de.ejo-online.eu)
Was sind die Medientrends 2018? Nic Newman vom Reuters Institute hat knapp 200 internationale Medienmacher befragt. Sprachaktivierte Assistenten und Podcasts wurden häufig genannt. Außerdem wollen Medienmacher auf einen Mix von Einnahmequellen setzen. Sorgen würden vor allem die Tech-Giganten wie Google, Facebook, Apple und Amazon machen. Werbung würde in Zukunft an Bedeutung verlieren, was den Druck erhöhen würde.

4. “Putinismus funktioniert durch Furcht”
(zeit.de, Steffen Dobbert)
Welchen Einfluss hat die russische Regierung auf das Internet und die Medien und wie funktioniert Zensur heute in Russland? Der Geheimdienstexperte Andrej Soldatow spricht im Interview mit der “Zeit” über Fake News, Folter und Propaganda des Kreml.
Weiterer Lesetipp: Mit diesen Tricks haben Kreml-Freunde die AfD vor der Wahl im Netz gepusht (“Motherboard”, Karolin Schwarz)

5. Facebook versorgt den Stammtisch mit Crystal Meth
(sueddeutsche.de, Andrian Kreye)
Facebook will uns zukünftig weniger Medieninhalte und mehr Texte, Fotos, Videos und Links einblenden, die von Freunden und Familie stammen. Bevorzugt solche, die Reaktionen auslösen. Adrian Kreye kritisiert den Vorstoß des Netzwerks: „Zuckerbergs Plan, Facebook zu emotionalisieren, wirkt deswegen, als würde er einem aufgebrachten Stammtisch einen Beutel Crystal Meth hinstellen und den Erzürnten viel Vergnügen damit wünschen. Die werden in der Nacht sicher länger bleiben. Allerdings werden sie sich wahrscheinlich auch an die Gurgel gehen. Das geschieht im Internet zwar nur virtuell. Der Effekt auf ganze Gesellschaften ist jedoch durchaus ernst zu nehmen.“

6. Die Geschichte des ersten viralen Videos
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Das erste virale Video stammt aus dem Jahr 1997: Ein Mann schlägt in seiner Großraumbüro-Wabe mit der Tastatur seines Rechners wutentbrannt auf den Monitor ein. „Wired“ ist der Geschichte des Videos nachgegangen, das seinerzeit für Werbezwecke aufgenommen und auf Promo-CDs verteilt wurde: In der seinerzeit „hohen Auflösung“ von 352×240.

Buchmessen-Tumulte, Bundeswehr-Filmchen, Dystopie-Geschwafel

1. Dialog unmöglich
(spiegel.de, Eva Thöne)
Auf „Spiegel Online“ gibt es einen aktualisierten Beitrag über die Tumulte auf der Frankfurter Buchmesse. Hintergrund: Der Veranstalter hatte Verlage zugelassen, die man dezidiert dem rechten bis rechtsextremen Spektrum zuordnen kann, was zu Protesten geführt hatte. Im Beitrag geht es um Provokation auf beiden Seiten, gewalttätige Angriffe von rechts und einen hilflosen Veranstalter.
Weiterer Lesetipp: Auch Gerald Hensel schreibt über die Vorgänge: “Chaostage auf der Buchmesse”. Er verurteile Protestaktionen, welche das Recht verletzen, wünsche sich aber von der Buchmesse mehr Haltung: “Eine Buchmesse hat Hausrecht und nicht die Aufgabe, alle Meinungen der Welt gleichberechtigt abzubilden — speziell dann, wenn sie dedizierte Gegner einer offenen Demokratie sind.”
Und zur Vervollständigung: Auf Twitter verbreiteten sich Meldungen, dass ein Frankfurter Stadtverordneter (“Die Partei”) auf der Buchmesse zusammengeschlagen worden sei, weil er gegen Nazis demonstriert hatte. Nun hat ein Fotograf ein Video veröffentlicht, das einen anderen Eindruck vermittelt. Mehr darüber bei “BuzzFeed News” unter “Dieses Video zeigt, dass der DIE PARTEI-Politiker auf der Buchmesse nicht zusammengeschlagen wurde”.

2. Feindbild Algorithmus
(zeit.de, Patrick Beuth)
In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ist von einem „Bedarf an weiterführenden Regelungen im Bereich der Algorithmenkontrolle” die Rede. Der scheidende Bundesjustizminister Heiko Maas forderte in der Vergangenheit bereits ein „Transparenzgebot für Algorithmen“. Patrick Beuth betrachtet auf „Zeit Online“ die verschiedenen Aspekte dieser Vorhaben. Die Sache ist nicht einfach. Schließlich betrifft es auch schwer zu kontrollierende, sich verändernde Algorithmen und selbstlernende Systeme.

3. Gesprächsaufklärung mit Drohnen
(taz.de, Lisa Ecke)
Auf die Bundeswehr-Serie „Die Rekruten“ auf YouTube folgt nun die Serie „Mali“. Allein die Werbung für die unterhaltsamen Propagandafilmchen lässt sich die Bundeswehr 4,4 Millionen Euro kosten. Bereits der Trailer der Serie stoße auf kritische Resonanz. So kritisiert die Vorstandsleiterin des Bereichs Schule der “Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft” die “verklärte Darstellung als Heldenstory und die fehlende Objektivität”.

4. Wer redet, riskiert einen teuren Prozess
(sueddeutsche.de, Carolin Gasteiger)
Die „SZ“ hat sich mit Paul Farhi, dem Medienexperte der “Washington Post“, über das Machtverhältnis zwischen dem Filmboss Harvey Weinstein und Journalisten unterhalten. Es geht um die mutmaßlichen sexuellen Übergriffe des mächtigen “Miramax”-Mitgründers Weinstein und die Frage, ob Journalisten Weinstein indirekt geholfen hätten, die Übergriffe zu vertuschen. Farhi kritisiert insbesondere den TV-Sender NBC, der im vergangenen Jahr schon einmal im Verdacht gestanden hätte, prekäre Informationen zurückzuhalten. Damals ging es um das Video, in dem Donald Trump damit angegeben hatte, Frauen belästigt zu haben.

5. Sterne für 14,95 Euro
(faktenfinder.tagesschau.de, Kristin Becker)
Wie verlässlich sind Kundenbewertungen auf Onlineportalen? Wenn man Tests der Analyseseite „ReviewMeta“ Glauben schenkt, ist Vorsicht geboten: Bei einem untersuchten Fall hielt das Unternehmen nur 75 von mehr als 400 Bewertungen für glaubwürdig. Experten würden davon ausgehen, dass im großen Stil manipulierte beziehungsweise interessensgeleitete Bewertungen auf Online-Portalen kursieren. Diese stammen oft von kommerziellen Bewertungsverkäufern, die teilweise vom Ausland aus ihre zwielichtigen Dienste anbieten.

6. Narrativ intrinsische Dystopie: Die Welt der Modewörter
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff erzählt in seiner Kolumne von seinen drei Lieblings-Modewörtern. Auf Platz drei rangiert bei ihm das „Narrativ“. Der zweite Platz gehört dem Wort „intrinsisch“. Auf Platz eins steht bei ihm das in der deutschen Film- und Literaturkritik unentbehrliche, zukunftspessimistische Gesellschaftsszenario: „Sich ein Leben ohne Dystopie vorzustellen, ist für Rezensenten möglicherweise noch erahnbar, wird aber letztlich doch eher als weitgehend sinnlos eingeschätzt. Ohne Dystopie kriegt man das Bild auf seiner Schwafelei einfach nicht rund.“

Kurz korrigiert (509)

Es gibt einiges zu korrigieren seit der vergangenen Ausgabe. Fangen wir also am besten direkt an …

***

… und zwar mit “Björn Böhning”, der gar nicht Björn Böhning ist. Heute in der Berlin/Brandenburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung:

Ausriss Bild-Zeitung - Björn Böhning (39), Chef der Senatskanzlei, steht am Kofferband und wartet

Die Person, die “am Kofferband” steht und “wartet”, ist nicht Böhning, sondern “Tagesspiegel”-Redakteur Sidney Gennies. Beide hatten Berlins Bürgermeister Michael Müller in die Partnerstadt Los Angeles begleitet — Böhning in seiner Rolle als Chef der Berliner Senatskanzlei, Gennies als Journalist.

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Auch mit USA-Bezug, allerdings ein etwas anderes Metier:

Screenshot Bild.de - Vor den Augen seiner Kinder - Wrestling-Irrer springt wieder vom Zehn-Meter-Käfig

Über den Ausdruck “Wrestling-Irrer” lässt sich sicher streiten, schließlich handelt es sich um Shane McMahon, der nicht nur professioneller Wrestler ist, sondern auch der Sohn des “WWE”-Eigentümers Vince McMahon, und dem einigermaßen klar sein dürfte, was er da so macht. Eindeutiger ist die Sache beim angeblichen “10-Meter-Käfig”, der beim sogenannten “Hell in a Cell”-Match traditionell 20 Fuß hoch ist, was umgerechnet etwas mehr als sechs Meter sind. Deswegen sprechen die meisten Redaktionen auch von “20 feet” beziehungsweise einer “Sechs-Meter-Bruchlandung”. Nur bei Bild.de kommen noch mal vier Meter obendrauf.

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Zehn Jahre obendrauf gab’s für France Gall, von der “WAZ”:

Ausriss WAZ - Heute vor 80 Jahren (1947) wurde France Gall geboren.

Wir haben mehrmals nachgerechnet und kommen zu dem Schluss: Entweder handelt es sich um eine Meldung vom 9. Oktober 2027, oder die “WAZ”-Redaktion hat Schwierigkeiten mit Zahlen. Die französische Sängerin France Gall wurde gestern jedenfalls 70 Jahre alt.

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Apropos “WAZ”: Die heißt laut sportbild.de nicht mehr “Westdeutsche Allgemeine Zeitung”, sondern “Westfälische Allgemeine Zeit”:

Screenshot sportbild.de - Wer wird neuer Trainer bei den Bayern? Seit dem Rauswurf von Carlo Ancelotti brodelt die Gerüchteküche. Jetzt kommt ein neuer Name ins Spiel: Laut der WAZ (Westfälische Allgemeine Zeit) wird auch Louis van Gaal (66) als neuer Coach im Umfeld des Rekordmeisters diskutiert.

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Aber zurück zum Jahreszahlen-Durcheinander. So eines hat auch Bild.de hinbekommen — bei dieser Geschichte:

Screenshot Bild.de - Nur null zu null gegen Peru - Messi und Argentinien vor WM-Aus

Heute Nacht entscheidet sich, ob die argentinische Nationalmannschaft und Lionel Messi bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland dabei sind. Bild.de schreibt dazu:

Dennoch ist die Quali aus argentinischer Sicht bisher eine einzige Enttäuschung!

Und es droht ein doppeltes Drama: Argentinien wäre zum ersten Mal seit 47 Jahren nicht bei einer WM-Endrunde dabei.

Da die Fußball-WM nicht alle 3,917 Jahre stattfindet, sondern alle vier Jahre, wäre Argentinien zum ersten Mal seit 48 Jahren “nicht bei einer WM-Endrunde dabei.”

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Ebenfalls Fußball, ebenfalls ein einfacher Rechenvorgang, den Bild.de nicht hinbekommt. Nachdem FC-Bayern-Stürmer Thomas Müller gegen den FSV Mainz 05 getroffen hatte, schrieb die Redaktion:

Überragend: Es ist der 200. Scorer-Punkt in Müllers Bundesliga-Karriere (87 Tore, 103 Vorlagen) — und das in nur 261 Spielen!

Tatsächlich hat Müller bisher 97 Bundesliga-Tore geschossen. Die 200 Scorer-Punkte stimmen also — vorausgesetzt die 103 Vorlagen, die Bild.de nennt, sind korrekt. Andere Statistiken sagen allerdings, dass Müller seltener Vorlagengeber in der Bundesliga war.

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Und zum Abschluss noch eine falsche Bild.de-Rechnung. Zu den Gehältern in der ARD schreibt das Portal:

Angeführt wird die Liste von WDR-Intendant Tom Buhrow. Sein Verdienst: 399 000 Euro im 2016 — umgerechnet auf 12 Monate wären das 33 333 Euro!

Nein.

Mit Dank an Peter H., Peter S., Daniel P., Marco F., Lothar Z., Pippo, @BoehningB und @JuergenKuehner, für die Hinweise!

Kalter Kaffee “Fake News”, Björn Höcke, Siegeszug der Infografik

1. “Fake News” und der blinde Fleck der Medien
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Alle wollen jetzt alles gegen “Fake News” unternehmen. Sie sei “ein bisschen niedlich, die in Deutschland gerade grassierende Angst, dass Wahlen in Zukunft durch ‘Fake News’ beeinflusst werden könnten”, schreibt Stefan Niggemeier. Denn eigentlich gebe es das doch schon lange: Texte, die zwar einen wahren Kern haben, aber durch einen besonderen Dreh die Vorurteile der Leser bedienen sollen. Bei “Bild” zum Beispiel, Stichwort “Veggie Day”, ohne dass sich wirklich jemand darüber aufregte. Niggemeier: “Wenn die etablierten Medien diesen Kampf nicht als einen Kampf gegen Desinformationen aller Art führen, sondern als einen Kampf Wir gegen Die”, dann hätten sie keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen. Ebenfalls zum Thema: Caroline Lees bei “EJO” mit Tipps, “wie man Fake News erkennen kann”. Und James Warren bei “Poynter” über eine neue Studie, die sagt, “Fake News” hätten nicht signifikant zu Donald Trumps Wahlsieg beigetragen (englisch).

2. Schauen Sie diese Rede
(spiegel.de, Sascha Lobo)
“AfD”-Rechtsaußen Björn Höcke hat in Dresden eine Rede gehalten, die nicht nur, aber vor allem wegen seiner Äußerungen zum Holocaust-Mahnmal in Berlin scharf kritisiert wird. “Schauen Sie diese Rede”, fordert Sascha Lobo die Leser seiner Kolumne auf, damit sie später nicht sagen können, man hätte es nicht wissen können: “Wollen Sie das wirklich? Wollen Sie, weil Sie zum Beispiel mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht einverstanden sind, einen Mann mit an die Macht bringen, der glaubt, nicht etwa der umgesetzte Holocaust, sondern das deshalb errichtete Holocaust-Mahnmal mache die deutsche Geschichte mies?”

3. Nationale Angelegenheit
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Eine Untersuchung der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität zeige, dass Zeitungen nach der Silvesternacht 2015/2016 “sehr viel häufiger als zuvor die Nationalität von Tatverdächtigen genannt” hätten, schreibt Karoline Meta Beisel. Ob sich diese Zunahme auch mit einer Zunahme von Kriminalität unter Ausländern deckt? Das könne man noch nicht endgültig sagen, schließlich sei die dafür nötige Kriminalitätsstatistik noch nicht erschienen. Aber: “eher unwahrscheinlich”.

4. Die Nebenjobs von ARD & ZDF-Sportmoderatoren
(ndr.de, Daniel Bouhs, Video, 6:27 Minuten)
Sportjournalisten berichten über Sport, klar. Aber was, wenn Sportmoderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender mal bei einer “FIFA”-Gala moderieren oder beim “Camp Beckenbauer” eine Veranstaltung präsentieren und gleichzeitig im TV kritisch über Franz Beckenbauers Rolle bei der WM-Vergabe berichten? Ist eine kritische Distanz bei der journalistischen Arbeit dann noch möglich? Daniel Bouhs zeigt verschiedene Beispiele, die sich laut Medienwissenschaftler in einer “sehr dunklen Grauzone” bewegen.

5. Die neuen Welterklärer
(tagesanzeiger.ch, Bernd Graff)
“Wenn ein Bild mehr wert ist als tausend Worte, dann ist eine Grafik mehr wert als tausend Zahlen”, schreibt Bernd Graff über den Siegeszug von Infografiken: “Sie vermitteln ein Verständnis von Welt. Die oft schockierenden Bilder der Kriegsfotografie mögen die unmittelbare Wirklichkeit belegen. Doch gegen die Deutungshoheit der Infografik bleiben sie schlichte Dokumente.”

6. Der Trend geht zum Untertitel
(deutschlandradiokultur.de, Mike Herbstreuth, Audio, 5:00 Minuten)
Die wachsende Beliebtheit von Serien aus anderen Ländern, oder Videos, die man sich auf dem stummgeschalteten Smartphone in der U-Bahn anschaut — es gebe verschiedene Gründe für die “Renaissance von Untertiteln”, zeigt Mike Herbstreuth. Aber es gebe ihn, den Trend zur Untertitelung. Herbstreuth hat unter anderem mit einem Hobby-Untertitler gesprochen, der pro Serienfolge schon mal 15 bis 20 Stunden Arbeit investiert.

Linke Nummer mit der/die ComputerIn

Ja, bei “Bild” gab es heute auf der Titelseite mal wieder eine richtig schöne Möglichkeit, sich aufzuregen. Bild.de lieferte der Stammleserschaft bereits gestern Abend die Vorlage zum Blutdruckhochschrauben und Empören über den “GENDER-GAGA”:

In beiden Artikeln geht um die Linksfraktion in Flensburg. Die haben nämlich am vergangenen Mittwoch einen Vorschlag gemacht, der seitdem für ziemlich viel Rummel sorgt. “Bild”-Mann Ralf Schuler schreibt dazu:

Irre Gender-Posse im Flensburger Rathaus!

Die Linke beantragt im Gleichstellungsausschuss, Arbeitsgeräte künftig geschlechtsneutral zu benennen. Beispiel: der/die BleistiftanspitzerIn, der/die StaubsaugerIn.

Begründung: Es sei in einer “sozial gerechten und antidiskriminerenden Gesellschaft nicht hinzunehmen”, dass häufig nur der männliche Artikel (der) benutzt würde. Am Mittwoch wird der Antrag beraten.

In einem Kommentar legt Schuler noch mal nach:

Es gibt diese Idee der Flensburger Linksfraktion tatsächlich. Genau genommen handelt es sich allerdings nicht um einen Antrag, sondern um einen Ergänzungsantrag (PDF). Und dieser feine Unterschied ist in dieser Geschichte nicht unwesentlich. Denn die Linken-Fraktionsvorsitzende Gabriele Ritter sagt, dass das mit der genderneutralen Bezeichnung für Arbeitsgeräte nie ernst gemeint war, sondern lediglich eine satirische Reaktion auf einen Antrag der freien Wählergemeinschaft “Wir in Flensburg”. Die hatte einen Tag vor dem Ergänzungsantrag der Linksfraktion den Vorschlag (PDF) eingebracht, “Ratsfrauen” in Zukunft “Ratsdamen” zu nennen, weil das doch viel besser zum männlichen Pendant “Ratsherren” passe. Gabriele Ritter und ihr Team fanden das so bescheuert, dass sie nicht anders wussten, als mit ihrem völlig abwegigen Ergänzungsantrag zu reagieren und den “Ratsdamen”-Vorschlag der Wählergemeinschaft ad absurdum zu führen.

Bei Bild.de erwähnt Ralf Schuler diese Abfolge von Antrag und Ergänzungsantrag am Ende seines Textes, auf der “Bild”-Titelseite steht davon hingegen kein Wort. Dafür aber dieser letzte, kurze Absatz:

Die Linke ruderte gestern zurück, will den Antrag nun als Satire verstanden wissen.

Das ist schlicht falsch. Denn die Flensburger Linksfraktion stellte bereits am 22. September, also einen Tag nach ihrem Ergänzungsantrag, klar, dass die Sache mit der/die ScannerIn und der/die ComputerIn und der/die BleistiftanspitzerIn nicht ernst gemeint war:

DIE LINKE wird den Antrag der WiF ablehnen und empfiehlt dies übrigens auch für den eigenen Ergänzungsantrag, der durch die Neuschaffung von Begriffen wie “der/die ScannerIn”, “der/die AbfalleimerIn” oder “der/die StaubsaugerIn” bestenfalls für Lachanfälle in den 13 Etagen des Rathauses sorgen sollte.

Das hätte auch Ralf Schuler mit anderthalb Minuten Recherche rausfinden können, wenn er mal auf die Website der Linksfraktion in Flensburg geschaut hätte. Oder wenn er den Artikel von Lars Wienand gelesen hätte, der für die “Funke Mediengruppe” schon vor drei Tagen über den Fall schrieb und klarstellte, dass es sich um einen Witz handelt. Oder wenn er den ebenfalls drei Tage alten Artikel des rechten Blatts “Junge Freiheit” (den verlinken wir natürlich nicht) entdeckt hätte …

… unter dem recht schnell stand:

AKTUALISIERUNG: Die Linke im Flensburger Rat teilte auf ihrer Internetseite mit, sie selbst werde gegen den von ihr eingebrachten Antrag stimmen. Die Beschlußvorlage, die sich auch in der offiziellen Dokumentendatenbank des Rats der Stadt Flensburg findet, habe “bestenfalls für Lachanfälle in den 13 Etagen des Rathauses sorgen” sollen.

Aber Schuler machte all das nicht. Stattdessen echauffierte er sich über den “GENDER-GAGA IN FLENSBURG” — und der machte schell Medienkarriere. “Spiegel Online” übernahm die Geschichte zum Beispiel:

Und selbst bis nach Österreich und in die Schweiz hat es die Meldung geschafft, zu oe24.at beziehungsweise 20min.ch:


Die Folgen ihres kleinen Witzes seien heftig gewesen, sagte uns Linken-Fraktionschefin Gabriele Ritter am Telefon. Es habe freundliche Reaktionen gegeben von Leuten, die das alles verstanden hätten. Es habe kritische Reaktionen gegeben. Auf die habe sie geantwortet. Und es habe böse Reaktionen gegeben. In einer dieser bösen Reaktionen schrieb der Autor, dass Gabriele Ritter sich einen Pistolenlauf in den Mund stecken solle.

Mit Dank an Peter U. für den Hinweis!

Des Kaisers neuer Name

Ach, ist das alles traurig. Sie waren gerade dabei, ihre alte Beziehung zu restaurieren, Franz Beckenbauer und die “Bild”-Zeitung. Beckenbauer plauderte wieder in “Bild” über Fußball. Und “Bild” nannte Beckenbauer wieder “Kaiser”. Hier und da schrieb die Redaktion sogar schon wieder von “Franz”. Vergessen schien der Ärger um den Skandal zur Fußball-WM 2006 in Deutschland — so eine popelige Sommermärchen-Affäre kann doch keinen Männerbund zerstören. Und dann kommen gestern plötzlich “Spiegel” und “Spiegel Online” und machen alles wieder kaputt.

5,5 Millionen Euro soll Franz Beckenbauer als Chef des WM-Organisationskomitees kassiert haben. Dabei hatte er stets beteuert, ehrenamtlich gearbeitet zu haben. Außerdem, so scheint es, hatte er jahrelang kein großes Interesse, dieses Honorar zu versteuern.

“Bild” und Bild.de kommen nicht umhin, darüber zu berichten. Und nennen ihren Freund “Franz” seit gestern wieder nur distanziert “Beckenbauer”:




Dabei war in den letzten Wochen und Monaten alles wieder so schmusig:

(26. August)

(18. Juli)

“Bild” ernannte Franz Beckenbauer — also den Mann, der im Skandal um die WM 2006 nicht gerade durch ein großes Maß an Aufklärung auffiel — sogar zum “Klartext-Kaiser”:

(11. Juli)

Natürlich gab es, wie bei jedem guten Liebescomeback, auch bei Beckenbauer und “Bild” zwischendurch kleine Rückschläge. Zum Beispiel als Anfang dieses Monats bekannt wurde, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft auch gegen Franz Beckenbauer ermittelt:

(1. September)

(1. September)

(1. September)

Aber eigentlich war alles wieder in Butter. Vor allem während der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich, als “Le Kaiser” für “Bild” und Bild.de das Geschehen bei der EM kommentierte, fanden sie wieder zusammen:


(27. Juni)

(13. Juni)

Da wurde es zwischenzeitlich sogar wieder richtig privat:

(23. Juni)

Wir wünschen den beiden auf ihrem weiteren Weg alles Gute — also “Bild” und Franz Beckenbauer.

Nachtrag, 15. September: Ein Zeitpunkt, den wir in der Auflistung oben ganz vergessen haben, darf in einer “Bild”-Beckenbauer-Chronik nicht fehlen: Als Franz Beckenbauer vor zweieinhalb Wochen das neue Projekt “Fußball-Bild” getestet hat und ganz begeistert war.

Mit Dank an Bas Tian für den Hinweis!

Live-Justiz, Aufmerksamkeitswellen, Cover

1. Live-Übertragung in Gerichten
(blog.tagesschau.de, Frank Bräutigam)
Die “FAZ” ist vor einigen Tagen unter der Überschrift “Recht im Zirkus” kritisch auf die Pläne für mehr Fernsehen im Gerichtssaal eingegangen. Reinhard Müller schrieb in seinem Kommentar: “Das wird zu einer Live-Justiz führen – mit Showmastern, Clowns und Opfern.” Der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam sieht das anders und erläutert im Blog der “Tagesschau”, worum es aus seiner Sicht wirklich geht.

2. Kölner Sonderrolle in der medialen Eskalationsspirale
(welt.de, Christian Meier)
“Welt”-Medienredakteur Christian Meier hat sich mit den Aufmerksamkeitswellen nach Terroranschlägen oder anderen Schreckensnachrichten beschäftigt. Das mediale Interesse hielte normalerweise nicht lange an. Es gebe aber auch Ausnahmebeispiele wie die Kölner Silvesternacht. Generell warnt Meier vor einer medialen Eskalationsspirale. Es bestünde die große Gefahr, dass Ereignisse überinterpretiert werden würden. “Die Beschäftigung mit den laufenden Herausforderungen unserer Gesellschaft findet mittlerweile 24/7 statt, ohne Atempause. Das wird so bleiben. Dennoch ist eine Einsicht nötig: Überfordern wir uns nicht.”

3. Zunehmende Einflussnahme Chinas
(reporter-ohne-grenzen.de)
Anlässlich der bevorstehenden Wahl zum Legislativrat in Hongkong fordert “Reporter ohne Grenzen” die Behörden der chinesischen Sonderverwaltungszone zu einer Kehrtwende in Sachen Medienpolitik auf. Zensur, willkürliche Lizenzvergaben und die Benachteiligung unliebsamer Medien hätten zu einem stetigen Verfall der Pressefreiheit geführt. „Die Selbstzensur in Hongkongs Medien entsteht nicht im luftleeren Raum: Medieneigentümer, Chefredakteure und wichtige Anzeigenkunden schaffen ein Klima der Einschüchterung gegen kritische Journalisten“, so ROG-Vorstandssprecher Rediske. Die Hauptverantwortung für die Repressalien liege jedoch bei der politischen Führung in Peking, deren unsichtbare Hand immer öfter in Hongkonger Redaktionen hineinregiere.

4. Vorwürfe gegen Asylzentrum Kreuzlingen entkräftet
(srf.ch)
Auf der Webseite des “Schweizer Radio und Fernsehen” (SRF) wird über einen bereits des Längeren bekannten Vorgang berichtet, der mittlerweile von offizieller Stelle untersucht wurde. Ein deutscher Journalist hätte sich im Asylzentrum Kreuzlingen als Asylsuchender ausgegeben. Später hätte er die Zustände in einem Zeitungsartikel kritisiert, worauf das Staatssekretariat für Migration die Vorwürfe untersuchen ließ. Der offizielle Schlussbericht entlaste das Sicherheitspersonal, gebe aber auch Empfehlungen, z.B. zur Weiterbildung des Sicherheitspersonals.

5. Kritische Fragen nicht mehr zeitgemäß
(taz.de, Ralf Leonhard)
Seit 45 Jahren gibt es in Österreich das sogenannte “Pressefoyer”, bei dem Kanzler und Vizekanzler der Presse für Fragen jeder Art zur Verfügung standen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat die Institution nun abgeschafft und will sie durch einen Blog ersetzen. Journalistengewerkschaft und Presseverbände würden die Entscheidung in einem gemeinsamen Kommuniqué bedauern, so Ralf Leonhard in der “taz”.

6. Lead Awards: Jury-Vorsitzender kritisiert Blattmacher
(rnd-news.de, Ulrike Simon)
Im Oktober werden wieder die Lead-Awards verliehen. In diesem Jahr sei es der Jury schwergefallen, überhaupt ein paar Magazin-Cover zu finden, die eine Nominierung verdient hätten. Im Haus der Photographie in Hamburg kann man sich auf 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche alle von der Lead Academy nominierten Arbeiten ansehen. Ulrike Simon hat sich den Jury-Vorsitzenden und ehemaligen “Tempo”-Chef Markus Peichl für einen Rundgang geschnappt. Von einer “mauen Auswahl” und “Notlösung” ist die Rede und von den eigentlich notwendigen Tugenden von Covermachern: „Mut. Unverfrorenheit. Selbstvertrauen“.

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