Suchergebnisse für ‘anonym’

Die miesen Mobber von “Bild”

Mariah Carey soll sich den Magen verkleinert haben lassen. Das berichtet Bild.de und beruft sich dabei auf einen Artikel des “Promi-Portals ‘Page Six'”, das sich wiederum auf eine “anonyme Quelle” beruft:

Screenshot Bild.de - Mariah Carey - Magen verkleinert - wegen miesem Mobbing

Ja, zugegeben, wir haben auch schon mal eine bessere Quellenlage gesehen. Doch ob es nun stimmt oder nicht, dass die Sängerin sich “bereits vor einem Monat” von einem “Star-Chirurgen aus Bevery Hills” “Teile ihres Magens” operativ entfernen lassen hat, ist gar nicht so wichtig. Interessant ist der angebliche Grund, den Bild.de nennt:

Der Grund demnach: das explodierende Gewicht von Mariah Carey — und fiese Online-Kommentare von bösen Mobbern!

Nein! Da machen sich Leute im Internet lustig über das Gewicht von Mariah Carey? Denken sich blöde Wortspiele zu ihrer Figur aus? Schau an!

Wir wissen sogar, wo manche dieser “bösen Mobber” sitzen und ihre “fiesen Online-Kommentare” verfassen: im Axel-Springer-Hochhaus.

“Bild” im Juli 2017:

Ausriss Bild-Zeitung - Carey im Glitzer-Fummel - Echt SPECK-takulär, Mariah!

Außen prall, darunter streich(el)fähig.

Pop-Presswurst Mariah Carey (47, “Butterfly”) treibt die Zahl überzeugter Vegetarier mit ihren ewig einschneidenden Bühnenoutfits dramatisch in die Höhe.

Fleischeslust wecken ihre hautfarben bestrumpften XL-Kurven im XS-Fummel nämlich NICHT!

Bild.de im Juli 2016:

Screenshot Bild.de - Mariah Carey urlaubt auf Capri - Die Pop-Diva im Neoprall-Anzug

Carey klettert von einer Millionen-Dollar-Jacht und lässt sich von ihrem Gefolge helfen, wie es sich für eine Pop-Prinzessin gehört. Dabei trägt sie einen hautengen Neopren-Anzug, der ihre prallen Kurven zusammenquetscht — der dazugehörige Reißverschluss hat allerdings schon aufgegeben und bleibt auf Bauchnabel-Höhe hängen.

Bild.de im April 2015:

Screenshot Bild.de - Fiese Glitzer-Pelle - Mariah Carey trägt in Las Vegas dick auf

Bild.de im November 2014:

Screenshot Bild.de - Zehn um zehn - Zehn knackige Presswurst-Outfits von Mariah Carey

In China war es gerade wieder so weit: für ein Konzert zwängte sich Mariah Carey (44) in einen Ultra-Mini und bewies einmal mehr, dass sie die prominenteste Presswurst der Welt ist.

Bild.de im Oktober 2010:

Screenshot Bild.de - Sängerin XXL - Mariah Carey: Die fetten Jahre sind nicht vorbei

Wurde Mariah Carey (40) aufgepumpt? Oder ist sie tatsächlich schwanger? Sicher ist: Die fetten Jahre sind nicht vorbei, wie das Foto oben beweist!

Mit Dank an Moritz D. für den Hinweis!

Bild.de lässt Witwe per Schlagzeile wissen, dass sie Witwe ist

Natürlich kann man den Überbringer einer schlechten Nachricht nicht für die schlechte Nachricht verantwortlich machen. Man kann ihn aber dafür kritisieren, wie er die schlechte Nachricht überbringt. Und dass er nicht abwägt, ob es gerade wirklich angebracht ist, die schlechte Nachricht zu überbringen.

Ein Beispiel: Eine Frau überlebt gerade so einen schweren Unfall und wacht aus dem Koma auf. Sie weiß noch nicht, was alles passiert ist. Und dann steht der Überbringer der schlechten Nachricht neben ihrem Krankenhausbett und sagt: “Ach, übrigens — Sie wissen zwar noch nichts davon, aber Ihr Ehemann ist tot.”

Das sieht bei Bild.de dann so aus:

Screenshot Bild.de - Nach Todesfahrt von Oligarchen-Tochter - Opfer weiß noch nicht, dass es Witwe ist
(Unkenntlichmachungen durch uns — auf einen Link zum Artikel verzichten wir bewusst.)

Bei einem Unfall im ukrainischen Charkiw sind fünf Menschen ums Leben gekommen und sechs weitere verletzt worden. Eine 20-Jährige soll mit ihrem Auto viel zu schnell gewesen und über eine rote Ampel gefahren sein. Sie stieß mit einem anderen Wagen zusammen und schleuderte in eine Gruppe von Menschen. Auch die Frau, über die Bild.de nun berichtet, und ihr Ehemann wurden von dem Auto getroffen. Der Mann starb, die Frau ist am Mittwoch nach sechs Tagen aus dem Koma aufgewacht.

Bild.de zeigt ein privates Foto des Paares ohne irgendeine Verpixelung, nennt die vollen Namen der beiden und schreibt:

Die junge Frau weiß noch nicht, dass ihr Ehemann (…) bei dem schrecklichen Unfall ums Leben kam. Sie weiß noch nicht, dass sie nun verwitwet ist.

Die Ärzte sind der Meinung, dass sie noch zu schwach ist, um vom Tod ihres Ehemanns zu erfahren.

Spätestens beim Verfassen dieses Satzes hätte der anonyme Autor auf die Idee kommen können, dass der Artikel, an dem er sitzt, eine ganz miserable Idee ist. Doch stattdessen hat er ihn zu Ende geschrieben und ihn mit seinen Kollegen rausgejagt.

Noch ein Stückchen ekliger bekommt es Merkur.de hin. Die Redaktion verknüpft ihren Artikel (der sich fast komplett auf den Bild.de-Text stützt) mit einer Clickbait-Überschrift:

Screenshot Merkur.de - Schrecklicher Unfall - 27-Jährige wacht nach Unfall aus Koma auf: Doch die schlimmste Nachricht weiß sie noch nicht

Bei seiner Sitzung im September hat der Deutsche Presserat neun Rügen ausgesprochen. Zwei davon gingen an Bild.de für die Berichterstattung zum Terroranschlag in Manchester. Eine dieser Rügen sprach das Gremium für einen Artikel mit der Überschrift “Mutter weiß nicht, dass Saffie nicht mehr lebt” aus. Der Presserat schrieb zu seiner Entscheidung:

Ebenfalls gerügt wurde BILD Online für die Berichterstattung unter der Überschrift “Mutter weiß nicht, dass Saffi nicht mehr lebt”. Ausführlich dargestellt wurde das Schicksal eines minderjährigen Opfers mit Foto und Namensnennung. Auch diese Darstellung ist nicht mit dem Opferschutz vereinbar. Ethisch problematisch war für den Presserat auch der Umstand, dass laut Artikel die Mutter, die wegen des Anschlags selbst auf der Intensivstation lag, noch nicht über den Tod ihres Kindes informiert war.

Die Mitarbeiter der “Bild”-Medien wollen diesen verantwortungslosen, grässlichen Mist, den sie ständig produzieren, einfach nicht besser machen.

Mit Dank an Julia und Matthias für die Hinweise!

Verantwortungsvoll rassistisch

Manchmal ist es ganz wesentlich, wer etwas in welcher Situation gesagt hat, wenn man den Inhalt einer Aussage bewerten will.

Am Bonner Landgericht läuft aktuell ein Prozess, in dem es um eine Vergewaltigung auf einem Campingplatz geht. Der Fall hatte vor einigen Monaten überregional für Aufsehen gesorgt. Und um es von Anfang an klar zu sagen: Sollte der Angeklagte aus Ghana — entgegen seiner Unschuldsbeteuerung — die Tat begangen haben, muss er dafür natürlich verurteilt werden.

Am Montag vergangener Woche sagte unter anderem die Kripobeamtin aus, die nach der Tat mit dem Vergewaltigungsopfer gesprochen hatte. Einen Tag später veröffentlichte das Kölner Boulevardblatt “Express” einen größeren Artikel, in dessen Überschrift die Redaktion auch ein Zitat eingebaut hatte:

Ausriss aus dem Express - Vergewaltigungsprozess: Polizisten als Zeugen - Opfer ergab sich schwarzem Monster

Im Text taucht das “schwarze Monster”-Zitat noch einmal auf. Und auch dort wird nicht eindeutig klar, von wem es stammt:

In Wahrheit habe sie [das Opfer] unter Schock gestanden. “Trotz Todesangst um sich und ihren Freund” habe die 23-Jährige geistesgegenwärtig reagiert, als sie sich entschied, sich nicht zu wehren. So ergab sie sich dem “schwarzen Monster”, ihren Freund beschwor sie noch beim Verlassen des Zeltes, das Schweizer Messer stecken zu lassen und die Polizei zu rufen.

Auf Nachfrage schreibt uns die Redaktion, dass das Zitat von der Polizistin stamme. Allerdings handele es sich dabei nicht um deren eigene Worte, sondern um “die Reaktion des Opfers”, die die Beamtin in ihrer Aussage lediglich wiedergegeben habe. Warum macht der “Express” in seinem Artikel nicht eindeutig klar, wer da redet? Und wer wen zitiert?

Der “Express” erklärt zur “schwarzen Monster”-Aussage an sich:

Wer derart Erschreckendes [wie das Opfer] erlebt hat, wird sich kaum in dieser Schocksituation auf politisch Korrektes besinnen. Wenn Sie sich in die Tiefen des Falles einarbeiten, können Sie sicherlich nachvollziehen, dass die Äußerung keineswegs in einem rassistischen Zusammenhang zu sehen ist, sondern aus dem Effekt heraus getan wurde.

D’accord.

Nur war schon die Aussage der Kripobeamtin vor Gericht nicht mehr “aus dem Effekt heraus”. Und der anonyme Autor des “Express”-Artikels hat seinen Text erst recht nicht mehr “aus dem Effekt heraus” aufgeschrieben. Und dennoch hat das Blatt das “schwarze Monster” sowohl in der Titelzeile als auch im Artikel einfach so übernommen. Keine Distanzierung, keine Bemerkung zur Wortwahl (und wäre es nur eine wie in der Stellungnahme uns gegenüber), als handele es sich um eine ganz normale Aussage. Dabei ist sie, wie sie im “Express” daherkommt, gleich doppelt problematisch. Schon das “Monster” entmenschlicht eine Person, die zweifelsohne etwas Schreckliches getan haben soll, aber noch immer ein Mensch ist. Das “schwarze Monster”, die Betonung der Hautfarbe des Angeklagten, ist Rassismus und ein rassistisches Klischee. Dass die Haut des mutmaßlichen Täters schwarz ist, hat nichts mit der ihm angelasteten Tat zu tun. Der “Express” hätte problemlos ohne das “schwarze Monster” auskommen können.

Das sieht die Redaktion anders:

Wie Sie wissen, steht der EXPRESS für unabhängige Berichterstattung, Toleranz, Vielfalt und soziale Verantwortung. Die Redaktion hält sich an den Pressekodex und achtet dessen Vorgaben. In diesem Fall sehen wir den Schockausruf des Opfers nicht als rassistisch an, sondern als Ausruf der Verzweiflung. Die Verbreitung des Zitats ist in diesem Fall aus unserer Sicht zulässig, um den kompletten Horror des Erlebten zu beschreiben. Aus unserer Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: Sie berichten authentisch über diesen wohl in seiner Brutalität einzigartigen Fall, der ein hohes Interesse in der Bevölkerung hervorruft, oder sie vermelden kühl Anklage und Urteil. Sich auf diesem Weg von klaren Zitaten eines Dritten, die in einer Gerichtsverhandlung fallen, zu distanzieren, diese politisch korrekt zu biegen und zu verfälschen, würde die Glaubhaftigkeit der Presse eher untergraben.

Das “schwarze Monster” kann aus Sicht des “Express” also nicht nur in den Artikel, es muss hinein, wenn man verantwortungsvoll berichten will. Und augenscheinlich auch noch in die Überschrift. Um es noch mal klar zu sagen: Uns geht es nicht darum, etwas “politisch korrekt zu biegen und zu verfälschen”, sondern um einen bewussten Umgang mit Sprache und die fahrlässige Reproduktion rassistischer Äußerungen.

Der “Express”-Text landete mitsamt der “schwarzen Monster”-Aussage noch bei Express.de, auf der Internetseite der “Kölnischen Rundschau”, die ebenfalls zum “DuMont”-Verlag gehört, und durch eine Kooperation auch bei “Focus Online”.

Unter dem dazugehörigen Post auf der Facebook-Seite von “Focus Online” griffen mehrere Kommentatoren das Zitat der Polizistin auf:

“Schwarzes Monster“ (O-Ton). Merkel ich mir, wunderbar zutreffend und nicht zensierbar.

Soll sie sich doch bei merkel bedanken, dass schwarze Monster konnte nur durch merkels gechicke her kommen. Lasst euch trösten! Es kommt jeder mal dran, denn die Grenzen sind immer noch offen, und 200000 Menschen reisen nun legal ein Plus Familiennachzug.

Was ein Monster typisch mal wieder ein Ausländer die jagt auf unsere Frauen machen. Wer hat denn überhaupt rein gelassen 😠

Dieses Monster sollte man ohne Fallschirm über seiner Heimat abwerfen! Die Grenzen müssen endlich wieder gesichert werden, sonst bekommen wir noch mehr von diesen Monstern inns Land.

Aus Ghana. Gehört Ghana jetzt auch zum syrischen Kriegsgebiet, oder warum war dieses Monster überhaupt in Deutschland?

Warum wird denn hier der Täter noch in Schutz genommen. Zeigt uns dieses Monster

Was für ein Monster, und sowas sollen wir hier aufnehmen und beherbergen?! Dieser Mann ist eine tickende Zeitbombe!

Mit Dank an @pfuideifipegida für den Hinweis!

SPÖ-Skandal, “Funk”-Bilanz, Maas-Aufrüstung

1. Wer hat Schuld am SPÖ-Skandal?
(faktenfinder.tagesschau.de, Silvia Stöber)
Steckt die österreichische SPÖ hinter einer antisemitischen Kampagne gegen Herausforderer Sebastian Kurz von der ÖVP? Anscheinend hat ein SPÖ-Berater eine perfide Schmutzkampagne gestartet, die er unter anderem über eine anonyme Facebookseite befeuerte. Silvia Stöber versucht Licht ins Dunkel des österreichischen Wahlkampfs zu bringen. Lesenswert dazu ebenfalls Ingrid Brodnigs Beitrag “Die Wahrheit über anonyme Fanpages”, in dem sie anhand des konkreten Beispiels aufführt, wie gefährlich und rechtswidrig anonyme Seiten im Wahlkampf sind.
Auf “Telepolis” kommentiert Stefan Weber, der als Plagiatsgutachter u.a. die Diplomarbeiten von Bundeskanzler Christian Kern und Kanzleramtsminister Thomas Drozda überprüft hat: “Österreichs Politik dreht durch”.

2. Maas rüstet personell gegen Facebook & Co. auf
(spiegel.de, Fabian Reinbold)
Nach Informationen des “Spiegel” wird das Bundesamt für Justiz (BfJ) rund 50 Mitarbeiter für die Umsetzung des Facebook-Gesetzes von Justizminister Heiko Maas abstellen. Das Gesetz verpflichtet Plattformen wie Facebook oder YouTube unter anderem zum Aufbau eines wirksamen und transparenten Beschwerdemanagements. Die Hälfte der Mitarbeiter nehme die Arbeit bereits Anfang Oktober auf, wenn das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft trete. Dazu würden zwei Referate eingerichtet, eines für Grundsatzfragen und eines für Einzelfallverfahren. Weiterer Lesetipp: Markus Reuter auf netzpolitik.org mit: “Ab heute gilt das NetzDG – und das sind die Gefahren für die Meinungsfreiheit”.

3. Die traurige Bilanz des Jugendnetzwerks von ARD und ZDF
(welt.de, Christian Meier)
Letztes Jahr starteten ARD und ZDF ihr Jugendprogramm “Funk”. Dabei handelt es sich um ein Konglomerat aus mittlerweile rund 60 verschiedenen Video- und Audioformaten, die nur übers Netz und da vor allem über YouTube und Facebook verbreitet werden. 45 Millionen Euro war den Sendern der Verjüngungsversuch wert. Christian Meier hat sich die Zahlen genauer angeschaut und eine Zwischenbilanz gezogen. Niveau und Abrufzahlen seien bescheiden, dennoch lohne sich das Projekt für ARD und ZDF.

4. Die AfD in den Medien: Aufgeblasen am rechten Rand?
(netzpolitik.org, Constanze Kurz, Alexander Beyer )
Kanadische Forscher untersuchten über mehrere Monate die Erwähnungen der Rechtspopulisten und werteten dabei tausende von Artikeln des gesamten politischen Spektrums aus. Im Hinblick auf die letzten Monate vor der Wahl schreibt der am Forschungsprojekt beteiligte Politik- und Medienwissenschaftler Alexander Beyer: “Dass die traditionellen Medien eine übergroße Schuld am Erstarken der AfD hätten und zu einseitig wären, lässt sich als These wohl nicht mehr halten, wenn man die letzten Monate des Wahlkampfes mit dem Statistikauge betrachtet. Denn mit Blick auf die Mainstream-Medien und ihre Themensetzung zeigen sich signifikante Unterschiede bei der Erwähnung der Parteien und ihrer Themen — und gerade keine Übermenge an AfD-Berichten.”

5. Zahlen nur bei Empfang!
(faz.net, Michael Hanfeld)
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Rundfunkbeitrag für Hotel- und Gästezimmer nur erhoben werden darf, wenn die Zimmer auch eine Empfangsmöglichkeit bieten. Eine Hostel-Betreiberin aus Neu-Ulm hatte darauf verwiesen, dass es in den Zimmern keine Fernseher, Radios und keinen Internetempfang gebe, war mit dieser Argumentation in den Vorinstanzen jedoch erfolglos geblieben. Es sei das erste Verfahren, in dem ein Kläger mit dem Einspruch gegen den Rundfunkbeitrag Erfolg hatte. Nach Informationen der “Neuen Juristischen Wochenschrift” (NJW) rolle das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag neu auf und habe dazu einen Fragenkatalog an alle Landesregierungen verschickt.

6. “Willicks weltweit”: “Jetzt haben wir es echt richtig scheiße”
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff hat sich die WDR-Produktion “Willicks weltweit” angesehen und sich danach den Ärger über die “dümmste Sendung im deutschen Fernsehen” und ihre Protagonistin von der Seele gerantet: “Ich kann ja verstehen, wenn eine Moderatorin Lust hat, mal eine Reise anzutreten in ein fernes Land, sagen wir mal Texas. Darf sie machen. Dafür verdient sie genug. Warum aber muss sie auf Senderkosten noch einen Redaktionskollegen, einen Kamera- und einen Tonmann mitnehmen, um in einer Woche Dinge herauszufinden, die nicht über den Hauch von Relevanz für die Menschen im Sendegebiet verfügen, von denen noch nicht einmal klar ist, ob sie so, wie sie präsentiert wurden, überhaupt wahr sind und nicht nur die abgelutschtesten der abgelutschten Klischees bedienen? Ich sage mal so: Bei RTL II würde man sich für solch einen Mist schämen.”

Social Polizei Media, 280 Zeichen, #IndieFresse

1. Hier spricht die @Polizei
(sueddeutsche.de, Jana Anzlinger)
Vor einem Jahr war es noch ungewöhnlich, dass die Polizei für ihre Kommunikation mit dem Bürger Social-Media-Kanäle nutzte, doch das hat sich gewaltig geändert: Heute verwalten BKA, Bundespolizei, Präsidien und Dienststellen mehr als 200 Accounts auf Twitter und Facebook. Es geht um Fahndungsaufrufe, Krisenkommunikation, Tierfotos und Witze. Jana Anzlinger hat sich angeschaut. wie die Staatsgewalt in der neuen Öffentlichkeit agiert – und wie ernst sie den Auftritt nimmt. Weiterer Lesetipp inklusive Datenvisualisierungen: Markus Reuter auf netzpolitik.org: Polizei hat mehr als 200 Accounts auf Twitter und Facebook

2. Wie Google nicht-identifizierende Berichterstattung identifizierbar macht
(weicher-tobak.de, Frederic Servatius)
Aus guten Gründen anonymisieren Medien bei bestimmten Meldungen die Namen von Menschen, meist zum Schutz der Betroffenen. Vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Opfer von Verbrechen, ja auch die Täter oder mutmaßlichen Täter sollen laut Pressekodex anonymisiert werden. Dafür reiche es meist aus, hinter den Vornamen, den ersten Buchstaben des Nachnamens zu setzen. Frederic Servatius erklärt, worin bei diesem Verfahren die Schwierigkeit liegt und warum dieses Verfahren nicht ausreicht.

3. Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch erklärt die Zeitungskrise bei der “taz” für beendet.
(turi2.de, Jens Twiehaus, Video, 5 Minuten)
Karl-Heinz Ruch ist seit mehreren Jahrzehnten krisenerprobter Geschäftsführer der “taz”. Jens Twiehaus hat mit ihm vor der Baustelle des neuen “taz”-Domizils über Auswege aus der Transformation und Diversifikation gesprochen und warum es der “taz” derzeit vergleichsweise gut geht.

4. Twitter testet Erweiterung auf 280 Zeichen
(zeit.de)
Immer wieder gibt es Gerüchte, der Kurznachrichtendienst Twitter wolle an der magischen 140-Zeichen rühren. Nun ist es anscheinend soweit: Man testet international die Ausweitung eines Tweets auf eine Länge von 280 Zeichen. Die Nutzer nehmen das Vorhaben mit gemischten Gefühlen auf. Weiterer Lesetipp: Der “Wired”-Beitrag: Diese sieben Dinge sollten Twitter wichtiger sein als das Zeichenlimit

5. Schelte von oben
(taz.de, Marco Carini)
Das Kölner Verlagshaus DuMont will elf der 65 Hamburger “Mopo”-MitarbeiterInnen kündigen, angeblich um ein “neues publizistisches Konzept” für das Blatt durchzusetzen. Dieses Konzept erfordere jedoch mehr als weniger Mitarbeiter. Es ginge wohl eher um Gewinne für die Verlagsmutter. Die “Mopo” schreibe trotz Auflagenrückgangs immer noch eine schwarze Null. Nun erhebt sich auch Widerstand aus dem Hamburger Rathaus: Die Fraktionschefs von SPD, CDU, Grünen, Linken und FDP appellierten an das Kölner Verlagshaus DuMont, die angedrohte Entlassungen zurückzunehmen und von den Kürzungsplänen abzusehen.

6. #IndieFresse: SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sagt der CDU den Kampf an – und Twitter diskutiert, ob der Spruch zu weit geht
(meedia.de, Nils Jacobsen)
“Ab morgen kriegen sie in die Fresse.” prollte die neu gewählte SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles und meinte damit vor allem den ehemaligen Regierungspartner CDU. Nils Jacobsen hat auf “meedia.de” die Reaktionen der Twitter-Gemeinde ausgewertet.

Die digitalen Hühnerdiebe von Bild.de

Folgende Situation: In der Konferenz hat die Online-Redaktion festgelegt, dass noch heute etwas zum “Brodeln” “unter der Erde” “in China” erscheinen solle. Das Thema müsse man machen, schließlich habe das Ganze auch eine politische Komponente: Bereits zehn Minuten, nachdem Nordkoreas Diktator Kim Jong-un am 2. September eine Wasserstoffbombe gezündet haben soll, sollen Wissenschaftler neuerliche seismische Aktivitäten gemessen haben, auch im Grenzgebiet zwischen Nordkorea und China, in der Nähe des Vulkans Mount Paektu. Der könnte unter ungünstigen Umständen ausbrechen.

Seismologie? Mount Paektu? China? Nordkorea? Herrje!

Für die Autoren bei Bild.de ist eine solche Situation aber gar kein Problem:

Screenshot Bild.de - China sperrt Nationalpark - Hat Kims Bombe Super-Vulkan geweckt?

Im Artikel über den “Super-Vulkan” stecken sogar einige interessante Informationen zum Mount Paektu. Diese hier zum Beispiel:

Angsteinflößend ist er wegen seiner extrem starken Eruption im Jahr 946. Sie dauerte mehrere Jahre und brachte es auf Stufe sieben der Skala, mit der Vulkanausbrüche gemessen werden — die höchste Stufe.

Wir wissen auch, wo der anonyme Bild.de-Schreiber diese Informationen, nun ja, recherchiert hat. Am 24. Februar dieses Jahres veröffentlichte Horst Rademacher bei FAZ.net einen Artikel über Mount Paektu. Darin auch diese Passage:

Berüchtigt ist er wegen einer extrem starken Eruption im Jahr 946 nach Christus, die mehrere Jahre anhielt. Sie erreichte dabei die höchste Stufe auf der siebenteiligen Skala, mit der die Stärke von Vulkanausbrüchen bestimmt wird.

Zurück zu Bild.de. Etwas weiter hinten im Text steht:

In der koreanischen Mythologie spielt Mount Paektu eine besondere Rolle, denn er gilt als Geburtsstätte von Dangun, dem Gründer des ersten koreanischen Königreiches. Auch Kim Jong-il, Vater von Kim Jong-un, behauptet, am Fuße des Vulkans geboren zu sein, was laut sowjetischen Dokumenten nicht stimmt. Demnach soll er in der Nähe der sibirischen Stadt Chabarowsk das Licht der Welt erblickt haben.

Auch das kommt einem alles sehr bekannt vor, wenn man den sieben Monate alten FAZ.net-Text kennt. Horst Rademacher schrieb dort:

In der koreanischen Mythologie spielt der aktive Vulkan Paektu eine besondere Rolle, gilt er doch als die Geburtsstätte von Dangun, dem Gründer des ersten koreanischen Königreiches. Auch Kim Jong-il, der Vater des gegenwärtigen kommunistischen Diktators in Nordkorea, Kim Jong-un, soll an den Flanken des Vulkans geboren worden sein. Dem widersprechen allerdings sowjetische Dokumente, nach denen er in der Nähe der sibirischen Stadt Chabarowsk zur Welt gekommen sein soll.

Die Bild.de-Redaktion hat gleich zweimal geklaut, jeweils einen kompletten Absatz. Einen Hinweis auf Rademachers “FAZ”-Stück hat sie nirgendwo im Artikel untergebracht.

Wir erinnern an dieser Stelle gern noch einmal an einen Vorwurf von Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt, der vor etwa zwei Jahren in Richtung von “Focus Online”-Chefredakteur Daniel Steil twitterte:

Mit Dank an Frank für den Hinweis!

Frisierte Abgeordnete, Zielgruppe Judenhasser, Homophobie bei der FAZ

1. Wikipedia-Artikel über Abgeordnete vom Bundestag aus geschönt
(br.de, Christine Auerbach & Maximilian Zierer)
Eine Analyse der Datenjournalisten des Bayerischen Rundfunks zeigt, dass viele Wikipedia-Artikel über Bundestagsabgeordnete umgeschrieben beziehungsweise geschönt und frisiert werden. Das Bemerkenswerte dabei: Die Analyse hat ergeben, dass in dieser Legislaturperiode die Wikipedia-Seiten von einem Drittel aller Abgeordneten von Bundestags-PCs aus verändert wurden. Über einen anonymen Wikipedia-Account von einem Computer aus dem Deutschen Bundestag wurde beispielsweise ein vormals überzeugter Atomkraft-Anhänger durch Löschen der einschlägigen Passage („Joachim Pfeiffer gilt als Befürworter des Einsatzes von Atomkraftwerken.“) zum glühenden Energiewende-Fan: “Die Energiewende bezeichnet er als Umbau der Energieversorgung und drängt in diesem Zusammenhang auf eine schnelle Markteinführung der Erneuerbaren Energien.”

2. Zielgruppe “Judenhasser”
(sueddeutsche.de, Simon Hurtz)
Immer wieder gerät Facebook wegen seiner fragwürdigen Werbemöglichkeiten in die Kritik. So ließen sich im Werbetool bis letzten Donnerstag gezielt Antisemiten (Interesse: “Wie verbrennt man Juden”), Islamhasser (“Muslime töten”), Frauenfeinde (“Bitches umbringen”) oder Rassisten (“Ku-Klux-Klan”) ansprechen. Nachdem ein Recherche-Kollektiv Facebook damit konfrontierte, reagierte Facebook und deaktivierte die entsprechenden Werbemöglichkeiten. Doch Simon Hurtz von der „SZ“ musste bei seiner Recherche feststellen, dass dies vom Social-Media-Riesen nur unzureichend umgesetzt wurde: Zumindest Freitagmittag sei es nach wie vor möglich gewesen, in Facebooks Anzeigenmanager Interessen wie “Heil Hitler!”, “Juden raus!” oder “German Schutzstaffel” auszuwählen.

3. Homophober Text war homophob
(taz.de)
Der Presserat rügt einen FAZ-Beitrag aus dem Sommer, in dem ein anonymer Autor (Pseudonym: Johannes Gabriel) behauptete, dass adoptierte Kinder von homosexuellen Paaren einer besonders hohen Gefahr eines sexuellen Missbrauchs ausgesetzt seien. Diese Behauptung stelle einen schweren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex dar, so der Presserat.

4. Rechts vor links
(daily.spiegel.de, Ulrike Simon)
Ulrike Simon schreibt in ihrer Medienkolumne bei „Spiegel Daily“ über einen Konflikt in der Madsack Mediengruppe. In den Stadtausgaben der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” (HAZ) und “Neuen Presse” (NP) erschien eine mehrseitige Werbebeilagen der AfD. Eine Aktion, die auch beim größten Gesellschafter des Madsack-Konzerns nicht gut ankam: Der Medienholding der SPD… Kolumnistin Simon ordnet den Vorgang ein.

5. „Recht am geistigen Eigentum stärken“
(stuttgarter-zeitung.de, Markus Grabitz)
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger spricht sich im Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ für ein von vielen Medienhäusern und Branchenverbänden gefordertes europäisches Verlegerrecht aus. Die Position der Verlage gegenüber Konzernen wie Google müsse gestärkt werden. Außerdem sei es überfällig, dass Gerichte den öffentlich-rechtlichen Sendern “ihre Grenzen aufzeigen”, so Oettinger: „Die Sender sorgen für ein kostenloses und umfassendes journalistisches Angebot im Netz, das für die privat finanzierten Verlagshäuser eine scharfe Konkurrenz darstellt. Die Öffentlich-Rechtlichen finanzieren dies auch aus Rundfunkbeiträgen. Dies ist unfair gegenüber den vollständig privat finanzierten Zeitungshäusern und stellt für sie eine Gefahr dar.“

6. Wonach User in Wahlprogrammen von CDU, SPD, Linke, Grüne, AfD googeln
(kosmos.welt.de, Kritsanarat Khunkham)
Die “Zeit” hat ausgerechnet, dass die Wahlprogramme der sechs größten Parteien rund 225.000 Wörter umfassen, was ungefähr 350 eng bedruckten DINA4-Seiten entspräche. “Welt”-Autor Kritsanarat Khunkham hat Google raussuchen lassen, welche Begriffe in den letzten sieben Tagen bei den jeweiligen Wahlprogrammen von Union, SPD; Linke, Grüne, AfD und FDP die häufigsten „Mitsuchworte“ waren.

Lizenz zum Von-Tuten-und-Blasen-keine-Ahnung-haben

Manche Artikel beginnen mit Warnhinweisen, die vor viel mehr Texten stehen sollten:

Vorsicht Spoiler… Eingefleischte “007”-Fans sollten jetzt besser aufhören zu lesen.

Die Website des Kölner “Express” ist da einer ganz heißen Sache auf der Spur:

Screenshot Titelzeile express.de - Spektakuläre Geheimpläne Hört Daniel Craig wirklich so als James Bond auf?

Denn angeblich sickerte bereits die Handlung der nächsten James Bond-Folge durch. Und die spektakulären Geheimpläne, die die “New York Post” veröffentlicht, haben es in sich.

Denn angeblich soll Daniel Craig als 007 im nächsten Film nicht nur seine Lizenz zum Töten an den Nagel hängen, er heiratet auch.

Solche “angeblichen” Enthüllung von “spektakulären Geheimplänen” gehören zur James-Bond-Folklore wie geschüttelte Martinis, skrupellose Bösewichte und die Worte “Mein Name ist Bond, James Bond!”: Vor jedem neuen Film erscheinen jede Menge Artikel über “angebliche” Titel, die Handlung, Darsteller und Interpreten des Titelsongs, die sich im Nachhinein als Quatsch herausstellen — oder vielleicht, will man in der Welt der Agenten bleiben, als gezielte Desinformationskampagnen der Filmproduzenten, um bereits vorab für möglichst viel Aufmerksamkeit zu sorgen.

Aber nehmen wir mal an, die anonyme Quelle, die die “New York Post” da zitiert, hätte Recht. Dann lassen wir express.de einfach mal weiter enthüllen:

Auch wer die zukünftige Frau Bond ist, will der Insider wissen: Die schöne Léa Seydoux alias “Dr. Madeleine Swann”, die der Superspion in der letzten Folge “Spectre” in letzter Sekunde gerettet hatte. Sowas verbindet natürlich — auch wenn Bond bisher die vielen schönen Frauen, die er retten konnte, nie ehelichte.

Und — und jetzt wird richtig gespoilert: Der Film soll kein Happy End haben. Denn: “Bonds Ehefrau wird umgebracht und 007 geht danach auf einen Rachefeldzug.”

Wenn das mit der Karriere bei express.de nicht mehr so läuft, stehen die Chancen auf eine Anschlussverwendung bei einem Geheimdienst allerdings schlecht, denn da sollte man natürlich wissen, mit wem man es zu tun hat: James Bond (also die Figur, die sich Ian Flemming 1953 ausgedacht hat und die seitdem in — je nach Zählweise — 24, 25, 26 oder 27 Filmen zu sehen war) war schon einmal verheiratet — und seine Frau Teresa “Tracy” Bond wurde umgebracht. Im Roman “Im Geheimdienst Ihrer Majestät” und in dessen Verfilmung.

Um das zu wissen, muss man nicht mal ein “eingefleischter ‘007’-Fan” sein — man muss nur den Artikel bei der “New York Post”, auf den sich express.de beruft, vollständig gelesen haben:

Ein Blog, Inverse.com, wies darauf hin, dass “Ian Fleming Bond in seinen Büchern ständig darüber nachdenken ließ, sich zur Ruhe zu setzen” und “Sowohl in der Buch- als auch in der Filmversion von ‘Im Geheimdienst Ihrer Majestät’ heiratet Bond Tracy Draco, nur damit sie im tragischen Finale des Films brutal von [Bonds Erzfeind] Blofeld ermordet wird.” Draco wurde in dem Film von Diana Rigg gespielt — auch bekannt als Olenna Tyrell aus “Game of Thrones”.
(Übersetzung von uns.)

Erschütternd. Nicht rührend.

Chinas Klarnamenzwang, Instagram-Schleichwerbung, Scharlatanmagazin

1a. BILDblog braucht Deine Hilfe — unterstütze uns bei Steady
(bildblog.de)
Hier beim BILDblog sieht es finanziell nicht gut inzwischen etwas besser aus. Das ist großartig, aber immer noch knapp kalkuliert. Um BILDblog eine solidere Basis zu geben, brauchen wir Deine Unterstützung. Es fehlen nur wenige hundert Euro, und das nächste Ziel ist erreicht. Zur Belohnung erhält jeder Unterstützer exklusiv einmal in der Woche einen Newsletter mit Hintergrundinfos, Werkstattberichten und den schönsten Anfeindungen von “Bild”-Oberchef Julian Reichelt. Unterstütze uns bei Steady (monatlich oder jährlich per Lastschrift, Paypal oder Kreditkarte), und wir erreichen gemeinsam das nächste Ziel!
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1b. Klarnamenpflicht: China verbietet anonyme Kommentare
(netzpolitik.org, Johannes Steiling)
Nach Angaben des Aktivistennetzwerks „Global Voices“ werden chinesische Nutzer von Anfang Oktober an keine Möglichkeit mehr haben, anonyme Kommentare auf den meisten Websites zu hinterlassen. Danach müssen Webseiten einen Mechanismus zur Identitätsfeststellung einrichten oder die Kommentarfunktion ihrer Website abschalten. Diese Authentifizierungsdienste sind für kleinere Anbieter finanziell nicht tragbar, so dass insgesamt mit einem deutlichen Kommentarrückgang zu rechnen ist. Außerdem arbeite China bereits seit 2014 an der Implementierung eines Einstufungsprogramms für Bürger mit umfassenden Informationen zu sozialem Verhalten und Kreditwürdigkeit.

2. Facebook blockiert Werbeanzeigen von Seiten, die wiederholt Falschmeldungen teilen
(de.newsroom.fb.com, Satwik Shukla & Tessa Lyons)
Facebook verbietet Werbetreibenden Anzeigen zu schalten, die Geschichten und Inhalte bewerben, deren Wahrheitsgehalt von unabhängigen Faktenprüfern bereits angezweifelt wurden. Nun will man einen Schritt weitergehen: Wenn Seitenbetreiber wiederholt bereits angezweifelte Inhalte teilen, dürfen sie nicht länger Werbeanzeigen auf Facebook schalten. Dies sei „ein weiterer Schritt, damit Menschen verlässlichere Informationen auf Facebook sehen können.“ Ganz verscherzen will man es sich mit den notorischen Falschmeldern und potentiellen Werbekunden jedoch nicht: „Unterlassen die Seiten die weitere Verbreitung von Falschmeldungen, wird diese Einschränkung wieder aufgehoben.“

3. Instagram-Schleichwerbung: „#ad“-Kennzeichnung eher unzureichend
(flurfunk-dresden.de)
Es könnte ein Urteil mit Signalwirkung sein: Das Oberlandesgericht Celle hat die Kennzeichnung “#ad” bei einem Schleichwerbungs-Posting für die Drogeriekette Rossmann auf Instagram als unzureichend beurteilt. Bei Zuwiderhandlung droht Rossmann ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Das komplette Urteil gibt es unter: “Zur Kennzeichnungspflicht gesponsorter Posts bei Instagram mittels Hashtag zur Vermeidung von Schleichwerbung, OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017, Az.: 13 U 53/16”

4. Das sind die 20 größten Podcast-influencer Deutschlands
(omr.com, Torben Lux & Martin Gardt)
Die Macher sprechen selbst von einer „wenig repräsentativen Liste der wichtigsten Menschen im Podcast-Business“ und in der Tat: Auf der Liste fehlen Podcast-Größen wie Holger Klein (“Wrint”) und Stefan Schulz und Tilo Jung (“Aufwachen-Podcast”/“Jung & Naiv”). Dennoch bietet die ausführlich kommentierte Liste viele Anregungen zum Weiterforschen und Reinhören.

5. Smartphone-Journalist versus TV-Team
(de.ejo-online.eu, Panu Karhunen)
Ein Feldversuch in Finnland hat ergeben, dass Journalisten mit mobilen Journalismus-Techniken näher an die Menschen und eine Story herankommen als mit traditionelleren Mitteln: Ein Smartphone-Journalist konnte mehr Passanten dazu bewegen, an einer Umfrage teilzunehmen, als ein zweiköpfiges Fernsehteam. Der Feldversuch hätte aber auch einen Nachteil des mobilen Journalismus zutage gefördert: mangelnde Glaubwürdigkeit. So hätten einige der Passanten gesagt, dass sie „richtigen“ Fernsehteams eben doch mehr vertrauen.

6. Scharlatanerie auf Hochglanz
(medienwoche.ch, Antonio Fumagalli)
Das Magazin „Herzstück“ verspricht „Inspirationen für Leib und Seele“. Antonio Fumagalli hat sich für die „Medienwoche“ durch das Magazin gelesen. Er lobt das Layout, aber die Lektüre sei ein Kampf gewesen…

#FreeMesale, Mindestlohn, Weißgewaschenes Fernsehen

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(bildblog.de)
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1b. Unklare Zahlen, vorschnelle Schlüsse
(swr.de, Katharina Thoms)
Vergangene Woche sorgte eine Meldung für deutschlandweite Schlagzeilen und Empörung: Angeblich würden asylsuchende Flüchtlinge aus Baden-Württemberg in ihren Heimatländern Urlaub machen. Der SWR hat stichprobenartig bei 19 Städten und Kreisen sowie drei Regierungspräsidien im Land nachgefragt. Die Geflüchteten hatten entweder einen wichtigen Grund für ihre Reise (Todesfall in der Familie, Hausverkauf), oder es handelte sich schlicht um Rückkehrer. „Urlauber“ waren keine dabei.

2. Politische Geiselhaft für Mesale Tolu beenden
(reporter-ohne-grenzen.de)
„Reporter ohne Grenzen“ protestiert gegen die Entscheidung eines türkischen Gerichts, die deutsche Journalistin Mesale Tolu bis zum angekündigten Prozess im Oktober in Untersuchungshaft zu belassen: „Die Staatsanwaltschaft hat in dreieinhalb Monaten Untersuchungshaft keinen glaubhaften Beleg präsentiert, um die absurden Anschuldigungen gegen Mesale Tolu zu stützen. Die Entscheidung, ihre Haft zu verlängern, zeigt erneut, dass von einer unabhängigen Justiz in der Türkei keine Rede sein kann. Die Türkei muss Mesale Tolus unwürdige politische Geiselhaft endlich beenden. Die Bundesregierung sollte dies mit allem politischen und wirtschaftlichen Nachdruck einfordern.“

3. Zeitungszusteller kämpfen um den Mindestlohn
(ndr.de, Timo Robben)
Seit nunmehr zwei Jahren existiert in Deutschland der flächendeckende Mindestlohn, doch bei der Bezahlung ihrer Zeitungszusteller drücken sich viele Verleger trickreich um die eigentlich geltenden 8,50 Euro. Das Medienmagazin „Zapp“ hat eine Zeitungszustellerin aus Niedersachsen bei ihrer frühmorgendlichen Auslieferungstour begleitet.

4. “Der öffentliche Raum wird abgeschafft”
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz)
Der „Deutschlandfunk“ hat sich mit dem ARD-Korrespondent Jürgen Stryjak über den Umgang Ägyptens mit Medien unterhalten. Seit Mai dieses Jahres seien nach Auskunft der „Gesellschaft für Gedanken- und Meinungsfreiheit“ 138 Webseiten in Ägypten gesperrt worden. Auch deutsche Online-Angebote seien betroffen: Neben dem Kulturportal der Deutschen Welle ist auch die Webseite der Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ nicht mehr zugänglich. VPN-Anbieter würden blockiert werden, so dass anonymes Surfen nicht möglich sei.

5. Warum ist das deutsche Fernsehen so weiß?
(sueddeutsche.de, Joshua Beer)
Filme und Serien haben oft den Anspruch, eine fiktive Handlung ins „wahre Leben“ einzubetten. Doch in den abgefilmten Lebenswelten tummeln sich, von Ausnahmen abgesehen, überwiegend weiße Schauspieler und Darsteller. „Flüchtling, Drogendealer, Shisha-Bar-Besitzer. Ausländer in Filmen und Serien landen noch oft in Klischee- oder Nebenrollen, weniger auf dem Traumschiff.“ Joshua Beer hat sich auf die Suche nach den Gründen gemacht. Einer davon: Das „Zirkelproblem“…

6. Einfach die Kontrolle verloren: Wie Unternehmen eigene Verantwortung an Google auslagern
(medium.com, Gerald Hensel)
Gerald Hensel hat auf der umstrittenen Rechtsausleger-Plattform „Breitbart“ Werbung eines deutschen Unternehmens (ein Anbieter von Teesorten) entdeckt. Daraufhin hat er die Firma kontaktiert und sie gefragt, ob ihr bekannt sei, dass ihre Werbung dort erscheine und nach den Beweggründen für die Werbeschaltung erkundigt. Sein Ansprechpartner reagierte überrascht und bestürzt. Google hätte die Anzeige ohne sein Wissen und Zutun dort ausgespielt. Hensel lässt dies Argument nicht gelten: „Googles AdSense Tool gibt den Unternehmen alle Freiheiten, selbst zu entscheiden, ob und wo sie NICHT schalten wollen. Das zentrale Problem ist: Man muss sich eben mit der Frage beschäftigen, wo man nicht schalten will.“

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