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Einzelne negative Schlagzeilen

Letzten Freitag war der SPD-Mann Björn Böhning für “Bild” der “Verlierer des Tages”. Er hatte sich gegen die geplante Einrichtung von Internetsperren gegen Kinderpornographie ausgesprochen, weil diese nur “Sichtblenden” seien, die Inhalte aber nach wie vor verfügbar (BILDblog berichtete).

So gesehen ist es wohl nur konsequent, dass “Bild” heute die Frau zur “Gewinnerin” macht, die das Gesetz zu den Internetsperren vorangetrieben hat: Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, von ihren Gegnern auch als “Zensursula” bezeichnet.

Sie kämpft mit Verve für den Schutz unserer Kinder: Familienministerin Ursula von der Leyen (50, CDU) forderte seit Langem ein Gesetz, das den Zugang zu Kinderporno-Seiten im Internet erschwert. Jetzt hat sich die Koalition auf einen Gesetzentwurf geeinigt. Geplant sind u. a. Stoppschilder, die vor einschlägigen Websites warnen.

BILD meint: Frauenpower!

Kritiker der Internetsperren werfen der SPD vor, vor CDU/CSU und “Bild” “eingeknickt” zu sein:

Jetzt kann man, wenn man pervers veranlagt ist, seine Phantasie mit den Wörtern: “Bild”, “Kampagne”, “SPD” und “Kinderpornographie” spielen lassen, und hat ein ungefähres Bild dessen, wovor den Genossen graust. Das gegen Böhning, war nur ein kleiner Stupser.

Der SPD-Internetexperte Jörg Tauss wandte sich gestern in einem offenen Brief an seine Fraktionskollegen, in dem er unter anderem schrieb:

Wir sollten mehr Sorge um unseren Ruf [im Internet] haben, als vor einzelnen negativen Schlagzeilen in der BILD.

Schon heute kann Tauss am eigenen Leib die Wirkung negativer Schlagzeilen in “Bild” überprüfen:

Politiker unter Kinderporno-Verdacht sorgt für Zoff in SPD: Jörg Tauss wehrt sich gegen Internet-Sperre. Der Abgeordnete verlangt namentliche Abstimmung im Parlament

Im März war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft wegen des Besitzes von Kinderpornographie gegen Tauss ermittelt. Der begründete den Besitz (auch im “‘Bild’-Verhör”) damit, er habe sich ein eigenes Bild von der Szene und ihren Verbreitungswegen machen wollen. “Zeit Online” berichtete erst heute wieder über seinen Fall.

Der gleiche Paul Ronzheimer, der Tauss Ende März für “Bild” interviewt hatte, schreibt heute:

Dieses Thema lässt ihn einfach nicht los… Der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss wehrt sich plötzlich wieder massiv gegen die geplante Kinderporno-Sperre im Internet – und das, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn noch immer wegen Kinderporno-Verdacht ermittelt.

Dabei ist die Formulierung “plötzlich wieder” ziemlicher Quatsch: Tauss war schon früh ein Kritiker der geplanten Internetsperren und hat diese auch im Mai kritisiert.

Das Wörtchen “obwohl” hingegen ist mehr als perfide — wie auch der Rest des Artikels:

Tauss und die Internetsperre – das Thema bewegt ihn seit Langem. Die Vorwürfe, selbst kinderpornografisches Material besessen zu haben, beendeten aber von einem Tag auf den anderen seine politische Karriere. Obwohl er seine Unschuld beteuert, die Kontakte in die Szene mit der Recherchetätigkeit als Abgeordneter begründete, zog er seine erneute Kandidatur für die Bundestagswahlen zurück. Der Druck aus der Partei war zu groß geworden. Vor dem Hintergrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die immer noch andauern, hielt sich Tauss zurück. BIS JETZT!

Trotz der aktuellen Berichterstattung gibt sich Tauss entspannt. So twitterte er am heutigen Nachmittag:

hatte nettes Gespraech mit BILD;) Man muss wissen:Die #Zensursula Berichterst.der Union,Krogmann,ist mit dem stv.BILD-Chef verheiratet:)
(Tauss bezieht sich dabei auf die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann, die Ehefrau des stellvertretenden “Bild”-Chefredakteurs Alfred Draxler)

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Springers internationaler Doppelpass

Es ist noch nicht allzu lange her, da hatte die große Axel Springer AG (laut Presserat) einem kleinen, unabhängigen Internetangebot, das sich kritisch mit der Springer-Zeitung “Bild” auseinandersetzt, vorgeworfen, es versuche, “sich auf einfachem Wege Material für ihre gewerbliche Tätigkeit zu verschaffen”, und “inszeniere die Wirklichkeit, die sie selbst zum Gegenstand ihrer journalistischen Berichterstattung mache, und verstoße somit selbst gegen journalistische Grundsätze wie Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit”.

Heute nun macht “Bild” auf der Titelseite sowie groß im Sportteil publizistische Angriffe der Polen auf “unsere” Fußball-Nationalmannschaft zum Gegenstand ihrer journalistischen Berichterstattung (siehe Ausrisse) — und schreibt:

Gestern erschien die polnische Zeitung “Fakt” mit einer Fotomontage auf der Titelseite: Michael Ballack mit Pickelhaube aus dem 1. Weltkrieg und Ritter-Umhang des Deutschen Ordens aus dem Mittelalter. (…)

Heute legt “Fakt” nach — eine Zeichnung auf dem Titelblatt zeigt Ballack in einem Trabi, Beenhakker [den polnischen Nationaltrainer] obendrauf. Überschrift: “Leo, besiege die Trabis.” (…)

Nicht zum Gegenstand ihrer journalistischen Berichterstattung macht “Bild” heute, in welchem Verlag “die polnische Zeitung” erscheint, die die deutsche Mannschaft so angreift: “Fakt” ist eine Schwesterzeitung von “Bild”.

Mit Dank auch an die zahlreichen Hinweisgeber.

Nachtrag, 5.6.2008: “Spiegel Online” findet den Springerschen Doppelpass “pikant” und zitiert den Stellvertretenden Chefredakteur der “Bild”-Zeitung, Alfred Draxler, der von Pikanterie nichts wissen zu wollen scheint: “Die ‘Fakt’ ist eine journalistisch völlig unabhängige Zeitung, wie die ‘Bild’ auch.” Der Axel-Springer-Verlag habe deshalb auch kein Problem damit, kritisch über das polnische Blatt zu berichten – im Rahmen eines “gesunden Binnenpluralismus”. Marietta Slomka hingegen kommentiert die “Aufregung um antideutsche Berichte” im aktuellen “heute journal” mit Süffisanz: “Die deutsche ‘Bild’ macht also Schlagzeilen mit den Schlagzeilen der polnischen ‘Bild’. Na, das trifft sich ja gut…” Und bei n-tv spricht man sogar von einer möglicherweise “geschickt inszenierten Medienkampagne” und bilanziert: “Ein Skandal, produziert vom Springer-Verlag.” Nun ja.

Oder auch nicht

Aus dem Strafgesetzbuch:

§ 223 Körperverletzung
(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Aus einer Kolumne des “Bild”-Vize-Chefredakteurs Alfred Draxler:

Warum lassen wir zu, dass mittelmäßige Kicker bei uns abkassieren wie Weltmeister? Wenn ein Benny Lauth, Total-Versager und Ersatzspieler bei Hannover 96, wie James Bond mit einem Aston Martin V12 (528 PS) vorfährt, dann sollte er von seinen Vorgesetzten doch eigentlich auf die Fr… kriegen, oder?

Mit Dank an Daniel.

Wir sind Franz!


Jens Weinreich, 42, leitet das Sportressort der “Berliner Zeitung” und ist wegen seiner regelmäßigen Enthüllungen über die Schattenseiten des organisierten und kommerzialisierten Sports vielleicht einer der meistgehassten Sportjournalisten in Deutschland. Er kritisiert den “Fanjournalismus” im Stil Waldemar Hartmanns und das Hochjubeln von “Kirmesboxern” durch die jeweils übertragenden Sender und ist Autor mehrerer Bücher und Filme vor allem über Doping und kriminelle Machenschaften im Sport. 2005 gewann er den “Wächterpreis der Tagespresse” für seine Enthüllungen von Unregelmäßigkeiten bei der missglückten Olympia-Bewerbung Leipzigs und gründete das “Sportnetzwerk”, das kritischen Sportjournalismus fördern will.

Von Jens Weinreich

Oft habe ich den Kollegen verflucht, der mich zu diesem Beitrag überredet hat. Denn ich gestehe: Ich blättere gewöhnlich nicht in der “Bild”-Zeitung, und darauf lege ich Wert. Vielleicht ein oder zwei Mal im Monat schaue ich in dieses Blättchen. Es mag schrecklich unprofessionell klingen für einen Sportjournalisten, doch das ist mir egal. “Bild” ist für mich vor allem eines: irrelevant. Über Bundesliga und Nationalmannschaft erfahre ich auch ohne “Bild” genug, ob ich es will oder nicht. Und es ist wahrlich nicht so, dass “Bild” in diesem Unterhaltungssektor allen anderen voraus marschieren würde. Ganz im Gegenteil.

Ich will nur über die Sportseiten reden. Da habe ich in dieser Woche nichts gesehen, was ich nicht auch woanders gelesen hätte. Allerdings hat vieles gefehlt, journalistische Texte beispielsweise, aber das ist ja nichts Neues. Hintergründe zu den Dopingpraktiken im deutschen Sport, ob nun im Team Telekom oder an der Universitätsklinik Freiburg? Korruptionsskandale in zahlreichen Sportarten, etwa im Handball-Weltverband, wo gerade Olympiaqualifikationsspiele neu angesetzt werden mussten? “Bild” hat da nichts Eigenes zu bieten. Der frisch fertig gestellte Bericht des Bundesinnenministeriums (“Projektgruppe Sonderprüfung Doping”) wird in “Bild” nicht einmal erwähnt. (Ich hoffe, ich habe keine dreizeilige Kurzmeldung übersehen.)

Dennoch hat “Bild” heute wieder einen großen Sport-Tag. Man kapriziert sich auf die übliche Mischung: Helden, Sex und Zwistigkeiten. Der FC Bayern läuft immer: “Hitzfeld geht!” Nacktfotos gehen auch: “Sex-Skandal um schöne Olympia-Königin”. Und wenn ausnahmsweise mal fünf deutsche Fußballteams unter den letzten 32 Vereinen im zweitklassigen Uefa-Pokal stehen, titelt “Bild”, wie einfallsreich: “Wir sind Uefa-Cup!” Mit anderen Worten: Es fehlt dem Blatt an exklusiven Sportmeldungen. Selbst den ewig nörgelnden Fußballtorhüter Jens Lehmann (“Er muss da weg!”) schreibt man von anderen ab. Diesmal hat Lehmann mit dem Fußball-Zentralorgan “kicker” geredet. “Bild” zitiert nur, aber wenigstens mit Quellenangabe.

Lustig wird es allerdings in der Berliner “Bild”-Ausgabe auf der letzten Seite, die dem FC Bayern gewidmet ist. Dass Ottmar Hitzfeld den FC Bayern verlassen will, schreibe man “bereits seit Tagen”, plustert sich “Bild” auf. Ich weiß nicht, wer das in diesem Lande noch nicht geschrieben hätte. Egal, “Bild” nennt potenzielle Nachfolger, aber nur die üblichen Verdächtigen. Wenn mehrfach von “Bayern-Bossen” die Rede ist, wird zwar “Killer-Kalle” Karl-Heinz Rummenigge genannt, auch Uli Hoeneß — nur einen anderen, den Bayern-Präsidenten, sucht man vergebens in der Liste der Schuldigen am Hitzfeld-Drama.

Kein Wunder, denn Franz Beckenbauer ist als Lichtgestalt sakrosankt. Kritik an ihm verbietet sich. Franz ist nicht nur Kaiser, er ist Gott, wenn es sein muss, geht er über Wasser — und Bild macht ihn zur Not zum Bundeskanzler. Stolz präsentiert “Bild” auf dieser Bayern-Seite noch eine krude Rangliste des “Manager-Magazins”. Die Frage lautet: Wer regiert in Deutschland das Sport-Business? Die Antwort hätte man sich fast gedacht. “Auf Platz 1: ‘Bild’-Kolumnist Franz Beckenbauer.” Auf Rang 14, zwar hinter dem IOC-Präsidenten Jacques Rogge (7), aber vor Sportminister Wolfgang Schäuble (17), “noch ein Bild-Mann: Vize-Chefredakteur Alfred Draxler”.

Heißa, da ist die Sportwelt doch wieder in Ordnung, zumindest aus Sicht der “Bild”-Strategen. Wir sind Uefa-Pokal, wir sind Franz und wir sind wichtig. Wir sind übrigens auch ein bisschen unterwürfig: Wie erkundigte sich der “Bild”-Reporter Walter M. Straten vergangene Woche beim “Bild”-Kolumnisten Franz Beckenbauer? “Was ist dran an den Gerüchten, dass Sie ein Franz-Beckenbauer-Museum planen?” Der Springer-Lohnschreiber dementierte, vorerst noch. “Ein Museum mit meinem Namen?”, erwiderte der Kaiser, “definitiv nicht. Da müsste ich mich ja selbst reinstellen.”

“Bild” bleibt dran. Bis zur nächsten Kolumne.

 
Unsere Reihe BILDblogger für einen Tag beschließen, wenn alles klappt, Judith Holofernes und Max Goldt.

Fragen Sie nicht bei Rudi Altig nach…

Das Verhältnis des ehemaligen Radrennprofis Rudi Altig zum Thema Doping ist ein, sagen wir: sehr spezielles. Ganz schön lässt sich das auch anhand eines Interviews dokumentieren, das Altig (Spitzname: “Die rollende Apotheke”) vor zehn Jahren der “Bild”-Zeitung gab.

Thema Doping: Haben auch Sie früher mal Herr Altig?

Altig: “Bin ich besoffen, weil ich eine Flasche Bier trinke? Gedopt ist für mich jemand, der vom Rad steigt und keinen klaren Satz sprechen kann, weil er vollgepumpt mit Tabletten ist. Das war ich nie. Ich habe Pillen geschluckt, klar. Wie alle anderen auch. Aber in Absprache mit meinem Arzt, nie unkontrolliert. Außerdem: Zu meiner Zeit war Doping nicht verboten. (…) Doping ist keine Frage der Qualität. Entscheidend ist doch, wieviel ich mir reinhaue!”

Das war zu Altigs 60. Geburtstag.

Gestern wurde Altig siebzig, und in “Bild” gratulierte am Freitag schon Vize-Chefredakteur und Ober-Sport-Chef Alfred Draxler mit einem Artikel, der so beginnt:

Sportlichen Ruhm zu konservieren, ist ein schwieriges Unterfangen. Fragen Sie mal bei Jan Ullrich nach…

Diejenigen, die zu nationalen Denkmälern wurden, heißen Max Schmeling, Fritz Walter, Kaiser Franz, Uns Uwe, Gold-Rosi, Schumi, Steffi oder Boris.

Und Rudi Altig! Er ist DIE Radsport-Legende Deutschlands.

Hach, ganz anders als Ullrich. Denn der hat ja, möglicherweise, gedopt. Aber natürlich kam Draxler auch bei Altig um das Thema Doping nicht herum. Nicht ganz jedenfalls. Draxler zählt Altigs diverse Erfolge auf und fragt:

Schafft man das denn alles ohne Doping? Er sagt. “Ich habe über ungeahnte Kraftreserven verfügt!”

Eine gute Antwort, fand “Bild” offenbar. Und beließ es dabei.

Vielen Dank an Tobias L.!

Die niederrheinische Nationalmannschaft

Manche Dinge sind Chefsache bei “Bild”, und so ließ es sich Alfred Draxler, Stellvertreter des “Bild”-Chefredakteurs und Ober-Sport-Chef der Zeitung, nicht nehmen, Jupp Derwall mit einem Artikel zum 80. Geburtstag zu gratulieren.

Jupp Derwall, geboren am 10. März 1927 in Würselen bei Aachen. Zwei Länderspiele für Fortuna Düsseldorf.

Aber das wüssten wir dann doch gern genauer, was das für Länderspiele waren: Fortuna Düsseldorf gegen Eintracht Bulgarien?

Danke an Christian H. und Volker W.!

Nachtrag, 12. März. Anscheinend ist die Formulierung — auch nach Meinung vieler BILDblog-Leser — nicht so abwegig, wie wir dachten, sondern als Jargon durchaus üblich. Also gut: Wir ziehen unsere dumme Frage zurück.

“Erfolgreiche WM mit Klinsmann kaum möglich”

Klar: Hinterher ist man immer klüger.

Aber damit niemand auf den Gedanken kommt, die “Bild”-Zeitung und ihre prominenten Kolumnisten hätten schon immer an den Erfolg der deutschen Nationalmannschaft und ihres Trainers geglaubt, eine nicht ganz untypische Auswahl von Kommentaren der letzten zwei Jahre.

“Sport Bild”-Kolumnist Lothar Matthäus, zitiert in “Bild”, 29. Juli 2004:

Wenn er von einem Zehn-Jahres-Plan redet, sucht Klinsmann jetzt schon eine Ausrede. … Dann kann man nach einer Pleite im Jahre 2006 sagen: ich habe doch gleich gesagt, es geht nicht so schnell.

“Bild”-Kolumnist Paul Breitner, 1. August 2004:

Klinsmann hat auch gesagt, er wolle lernen. Er muss lernen, und zwar sehr viel und sehr schnell. Obgleich ich erhebliche Probleme damit habe, dass ausgerechnet die Nationalmannschaft als Lehrstätte für Bundestrainer-Azubis dienen soll.

“Bild”, 10. Oktober 2005:

Klinsi nur noch Krisi

BILD sagt, was JETZT passieren muß.

Klinsmann muß sich helfen lassen (…)

Der Krisen-Klinsi braucht nun Hilfe von erfahrenen Trainern. Von Franz Beckenbauer, der seine Unterstützung anbietet. Von Christoph Daum, mit dem sich Klinsi in Istanbul getroffen hatte. (…)

Schluß mit Experimenten

Richtig: Klinsi hat in seiner Amtszeit 11 Neulinge geholt. War bitter nötig nach dem EM-Desaster 2004. Doch in der WM-Saison muß die Zeit der Experimente vorbei sein.(…)

Schluß mit Gummi-Twist

Keine Frage: Die US-Fitmacher helfen den Spielern mit neuen Methoden auf die Sprünge. Gummi-Twist – warum mal nicht? (…)

Allerdings: Noch immer handelt es sich um eine Fußball- und keine Fitness-Mannschaft. (…) Ja, starten wir denn bei der Bodybuilder-WM?

Klinsmann muß nach Deutschland kommen

(…) Spätestens im WM-Jahr muß Klinsi Woche für Woche in der Bundesliga seine Spieler beobachten. Man kann als Boss eine WM in Deutschland nicht aus Huntington Beach/Kalifornien vorbereiten. E-Mail und Telefon sind kein Ersatz für eigene Beobachtungen und persönliche Gespräche.

“Bild”, 3. März 2006:

Der Bundestrainer lacht — und unser Fußball ist nur noch zum Weinen.

Drei Monate vor der WM haben wir keine konkurrenzfähige Elf mehr.

Kommentar von Sportchef Alfred Draxler, “Bild”, 3. März 2006:

Macht es Sinn, nur 98 Tage vor der WM noch schnell den Bundestrainer auszuwechseln?

Natürlich nicht! Obwohl Jürgen Klinsmann dieser Tage einiges tut, daß man auf diese Idee kommen könnte. (…)

Eine desolate Mannschaft, die weder seine Taktik noch seine Personal-Politik begreift. Und völlig verunsicherte Spieler, deren Selbstvertrauen unter Null sackt, sobald sie das Trikot mit dem Bundesadler anziehen. (…)

Wenn Klinsmann jetzt wirklich in dieses Flugzeug steigt, dann sollte er am besten gleich ganz in Amerika bleiben. Dann hat er nämlich nicht begriffen, wo ein deutscher Bundestrainer 98 Tage vor einer WM hingehört — nämlich nach Deutschland!

Analyse von Willi Schmitt, “Bild”, 4.3.2006:

Klinsmann hat, soviel steht fest, immer hartnäckig auf seinem Vorteil bestanden. (…)

Beim 1:4 gegen Italien hat jeder gesehen, daß der Jürgen noch viel lernen muß – so schutzlos darf man eine Elf nicht in Konter laufen lassen. Warum hört er nicht mal auf alte Taktik-Füchse wie Hitzfeld oder Rehhagel? Das wäre Stärke, keine Schwäche. (…)

Viele beschleicht eine Ahnung: Wenn es schief läuft bei der WM, dann fliegt unser blonder Held einfach davon, zurück in das sonnige Nichts.

Wieder mal.

“Bild”, 4. März 2006:

So, als sei nichts geschehen, düste Jürgen Klinsmann gestern wieder ins sonnige Kalifornien. Jetzt will der Bundestag den Nationaltrainer nach Berlin vorladen — weil es bei der WM um ein “nationales Anliegen” gehe. Ob Grinsi-Klinsi dann das Lachen vergeht?

Kommentar von Sportchef Alfred Draxler, “Bild”, 7. März 2006:

Der verantwortliche DFB-Präsident Theo Zwanziger muß jetzt sogar darüber nachdenken, ob die Krise des deutschen Fußballs nur noch mit einem Auswechseln des Bundestrainers zu beheben ist. (…)

Klinsmann hat mit seinem unprofessionellen Verhalten inzwischen für so viel Unruhe gesorgt, daß eine erfolgreiche WM mit ihm als Bundestrainer kaum noch möglich sein dürfte.

Der Kaiser im “BILD-Verhör”

Toll: “Bild” (genauer: “Bild”-Sportchef Alfred Draxler) durfte im “Kaiser-Heli” mitfliegen! Und lässt Beckenbauer, der ja “in der letzten Woche romantisch geheiratet hat”*, in einem Interview von Deutschland schwärmen.

Wir zitieren:

BILD: Herr Beckenbauer, wenn Sie in diesen Tagen über unser Land reden, verfallen Sie geradezu ins Schwärmen. Dabei leben Sie doch schon so lange hier…

Beckenbauer: (…) Ich habe es schon vor einigen Tagen gesagt: Wir leben in einem Paradies!

BILD: Warum leben wir in einem Paradies?

Beckenbauer (lehnt sich in seinem Hubschraubersitz zurück): Deutschland ist ein wunderschönes Land. (…) kaum ein Land hat so viel Wald wie wir.

BILD: Anderswo ist es auch schön. Sie haben gerade die 31 Länder bereist, die an der WM teilnehmen…

Beckenbauer: (…) ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, woanders zu leben als hier. Manche wandern aus, weil das Wetter im Süden beständiger ist.

Soweit “Bild”. Die nun folgende Fortsetzung des Interviews ist rein fiktiv. Wir veröffentlichen sie trotzdem:

BILD (lehnt sich im Hubschraubersitz zurück): Sie sagen: ‘Manche wandern aus, weil das Wetter im Süden beständiger ist’ — andere hingegen, weil sie Ihre Steuern lieber im Ausland zahlen… Lieber Franz, ich weiß: BILD und Beckenbauer, das ist schon seit Jahren ein Dream-Team! Sie versorgen uns mit internen Informationen, wir sind nett zu Ihnen. Aber bei allem Wir-Gefühl gebietet es die journalistische Sorgfalt an dieser Stelle dann vielleicht doch, nicht unerwähnt zu lassen, dass Sie schon vor über 20 Jahren ihren Wohnsitz nach Österreich verlegt haben, dort seit 1982 Ihre Steuern zahlen — und man sich fragen könnte, wie sich das mit Ihrer Aussage, Sie könnten sich “nicht vorstellen, woanders zu leben als hier”, vereinbaren lässt…

Beckenbauer: Mein lieber Alfred, des schreiben mir aber bittschön net in die Zeitung, gell?

BILD (lacht).

*) Romantisch geheiratet hat Beckenbauer in der letzten Woche ja bekanntlich in seinem Wohnort — dem österreichischen Oberndorf.

Mit Dank an Uwe K. für den Hinweis.

Noch ist Polen nicht verloren

Die “Bild”-Zeitung, die bei dieser Fußball-WM nach Einschätzung ihres Sportchefs Alfred Draxlers “wie bei jedem Turnier das absolut führende Medium” sein wird, schreibt nach dem ersten Spieltag:

(…) Polen ist fast schon verloren. Unsere Elf könnte unseren Nachbarn mit einem Sieg am Mittwoch in Dortmund schon nach Hause schicken.

Nein, das könnte unsere Elf nicht. Auch wenn Polen gegen Deutschland verliert, bedeutet das nicht automatisch das Aus. Wenn Ecuador seine beiden nächsten Spiele verliert und Polen gegen Costa Rica hoch gewinnt, könnte Polen noch den rettenden zweiten Gruppenplatz erreichen*.

Nachvollziehen lässt sich das unter anderem mit den interaktiven WM-Planern, die an verschiedenen Stellen kostenlos herunterzuladen sind.

Und sogar der nach wie vor fehlerhafte Bild.de-WM-Planer, der die Punkte für Ecuador teilweise nicht richtig berechnet, kommt hier zum korrekten Ergebnis:

Danke an Max W. und die vielen Hinweise zu diesem und anderen WM-Planern!

*) Vgl. offizielles Reglement der FIFA (PDF-Dokument, Seite 40).

Von Maulwürfen und Golf-Partnern

Auch die Schweizer Zeitung “Weltwoche” berichtet (wie andere auch) anlässlich der Fußball-WM über Alfred Draxler, den mächtigen Sportchef der “Bild”-Zeitung und sein Problem, dass Bundestrainer Jürgen Klinsmann das Blatt auf Distanz hält — anders als die meisten seiner Vorgänger stand er nicht irgendwann auf der Gehaltsliste der “Bild”-Zeitung und verdankt ihr nicht seinen Job.

Die “Weltwoche” über Lothar Matthäus:

Unter allen wichtigen Figuren im deutschen Fussball ist er wohl der verdienteste Maulwurf der Bild. Seit Ende der 80er Jahre trägt er unter Mitspielern den Spitznamen IM Lothar, weil er quasi eine Standleitung zur Redaktion in Hamburg betreibt. Fünf Minuten nach jeder Mannschaftssitzung kannte Draxlers Team ihren Inhalt. Beim Team kam das nicht gut an, aber Bild hielt Ribbeck und Matthäus die Treue bis zum bitteren Ende bei der EM 2000. Draxler will nichts wissen von einem Inoffiziellen Mitarbeiter Matthäus: “Unsere Reporter haben gute Drähte zu vielen Spielern. Deswegen arbeiten sie für uns.”

Und über Franz Beckenbauer, mit dem Draxler seit 25 Jahren Golf spielt:

Viele Jahre später [nach der WM 1986] revanchierte sich Bild beim Kaiser für all die kleinen Gefälligkeiten. Als er eine Sekretärin von der Geschäftsstelle des FC Bayern geschwängert hatte, schwieg Bild, solange es ging. Erst nachdem Münchner Zeitungen die Geschichte brachten, äusserte sich auch Draxlers Blatt: “Franz: Ja, Baby mit Sekretärin.” Heute sagt Draxler: “Es gab Gerüchte, die waren lange bekannt. Aber wir können eine Geschichte nicht auf Hörensagen gründen.” Dann spielte man wieder Golf. Beckenbauer (Handicap 8) half Draxlers (Handicap 16) Ehefrau Martina Krogmann im Wahlkampf — ab 1998 sass sie für die CDU im Bundestag.

Danke an David H.!

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