Unsere Redaktion durchforstet jeden Tag für Sie das Internet auf der Suche nach den besten Angeboten und präsentiert Ihnen an dieser Stelle den “Deal des Tages”. Egal, ob Sie ein echter Sparfuchs oder nur ein Hobby-Schnäppchenjäger sind, hier werden Sie jeden Tag auf das beste Angebot aufmerksam gemacht, das man zur Zeit im Internet finden kann.
Das ist doch mal ein toller Service, den die Redaktion der “Hamburger Morgenpost” bietet. Und was hat die “Mopo” heute für uns Hobby-Schnäppchenjäger und Sparfüchse?
Atemschutzmasken sind in Zeiten von Corona zu einer echten Mangelware verkommen. Sie sind stets ausverkauft oder haben lange Lieferzeiten oder astronomische Preise.
Als Beleg für solch “astronomische Preise” bietet auch der “Mopo”-“Deal des Tages” einen: eine Maske soll 14,95 Euro kosten. Der Link, der zu der “deutschen Online-Apotheke” führt, ist ein Affiliate-Link. Das heißt: Die “Hamburger Morgenpost” dürfte an dem Wucher mitverdienen.
14,95 Euro ist noch einmal ein gutes Stück mehr als der Preis, den ein Team von WDR, NDR und “Süddeutscher Zeitung” genannt hat (13,52 Euro), um zu zeigen, dass FFP2-Atemschutzmasken sich in den vergangenen Wochen um circa 3000 Prozent verteuert haben. Eine Maske sei bis Mitte Februar für 45 Cent zu haben gewesen.
Die “Mopo”-Redaktion schreibt zu ihrem “Deal”:
Ein Deal im Sinne von einem echten Schnäppchen sind die Atemschutzmasken damit freilich nicht, aber in diesem Fall ist die Verfügbarkeit des Produkts schon eine Info wert.
Die Frage der Verfügbarkeit ist ja der nächste Punkt: In einer Zeit, in der deutschlandweit Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen verzweifelt auch nach solchen FFP2-Masken suchen, um ihr Personal bei der Arbeit schützen zu können, sollte eine Redaktion vielleicht nicht den privaten Kauf derartiger Masken promoten und dabei selbst noch ein bisschen abkassieren.
In den Artikeln geht es um Aussagen des Verhaltensforschers Paul Dolan. Der bewirbt gerade sein neues Buch und wirft deshalb bei jeder Gelegenheit mit knackigen Thesen um sich. Vor allem mit jener, dass unverheiratete, kinderlose Frauen am gesündesten und glücklichsten seien. Verheiratete Frauen hingegen seien weniger glücklich und würden sogar früher sterben. Außerdem:
Verheiratete Menschen sind glücklicher als andere Bevölkerungsuntergruppen, aber nur dann, wenn ihr Ehepartner im Zimmer ist, wenn sie gefragt werden, wie glücklich sie sind. Wenn der Ehepartner nicht anwesend ist: verdammt elend.
Oder im Original:
Married people are happier than other population subgroups, but only when their spouse is in the room when they’re asked how happy they are. When the spouse is not present: fucking miserable.
Spätestens an dieser Stelle wurde ein anderer Forscher, Gray Kimbrough von der American University’s School of Public Affairs, stutzig.
Kimbrough hat in seiner Arbeit oft mit den Daten des “American Time Use Survey” (ATUS) zu tun — den gleichen Daten, aus denen Dolan auch seine knackigen Thesen abgeleitet hat. Und so fiel Kimbrough sofort auf, dass Dolan einen peinlichen Fehler gemacht hatte: In der ATUS-Umfrage gibt es eine Kategorie, die “spouse absent” (“Ehepartner abwesend”) heißt. Daraus wurde dann bei Dolan (und schließlich in den Medien), dass verheiratete Menschen nur dann glücklich seien, wenn ihr Ehepartner während der Befragung “im Zimmer ist”, und dass es ihnen “fucking miserable” gehe, wenn er nicht im Zimmer ist. Das ist aber völliger Blödsinn. “Spouse absent” ist einfach die Kategorie für Befragte, die zwar noch verheiratet sind, aber nicht mehr im selben Haushalt leben.
Dolan selbst hat den Fehler inzwischen eingeräumt, der “Guardian” hat ihn nun auch korrigiert. Die deutschsprachigen Medien nicht.
Diese Stelle war jedoch nicht das einzige Problem. Auch die anderen Thesen Dolans “fallen schon nach einem flüchtigen Blick auf die Daten auseinander”, kritisiert Kimbrough. So ergibt sich aus den ATUS-Daten beispielsweise diese Tabelle:
Und wie man sieht, sind nicht die unverheirateten, kinderlosen Frauen am glücklichsten. Auch nach ihrem Alter betrachtet liegen Verheiratete auf der Happiness-Skala nahezu durchgehend über den Nie-Verheirateten:
Das ist so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Dolan und mit ihm etliche Medien behaupten. Dolan selbst ist immerhin ein kleines bisschen zurückgerudert. Von den Journalisten aber, die, statt selber zu recherchieren, einfach voneinander abgeschrieben haben, hat vermutlich nicht mal jemand gemerkt, was für einen Quatsch sie da verbreiten.
Kurz nach dem Ausscheiden bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland berichteten viele Medien vor allem über einen deutschen Nationalspieler: Mesut Özil. Es war schließlich auch etwas passiert nach dem letzten Gruppenspiel gegen Südkorea: Eine Person auf der Tribüne beleidigte Özil, vermutlich ausländerfeindlich. Der DFB schrieb uns auf Nachfrage, dass dem Verband Informationen vorliegen, die diesen Vorgang bestätigen. Özil ließ sich das nicht bieten. Torwarttrainer Andreas Köpke und ein Bodyguard mussten einschreiten.
Doch statt zu schreiben “Eklige Attacke gegen Mesut Özil” oder “Rassistischer Angriff auf Nationalspieler”, titelten die Redaktionen:
So, als ginge die Aggression von Özil aus; als hätte nicht zuerst irgendein Holzkopf ausländerfeindlichen Dreck von sich gegeben; als müsste ein Nationalspieler nach dem Ausscheiden bei einer WM alles hinnehmen, auch rassistische Anfeindungen; als dürfte er sich gegen die Beleidigung nicht wehren, ohne mit dieser Reaktion für Ärger zu sorgen.
Ärger Nummer 1 laut “Bild”-Medien: das unsägliche Treffen von Mesut Özil und dessen Nationalmannschaftskollegen Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Ärger Nummer 2: die Szene nach dem Südkorea-Spiel:
Emotionen zeigte Özil bei der WM nur einmal: Als er nach dem Aus vorm Spielertunnel von einem “Fan” beleidigt wurde, musste er von Torwart-Trainer Andy Köpke zurückgehalten werden.
Köpke zu BILD: “Der Fan hat ihn beschimpft. Ich habe Mesut zurückgezogen und zu dem Fan gesagt, er soll den Schnabel halten.” Nach BILD-Info sollen ausländerfeindliche Beleidigungen gefallen sein.
Die bewusste Teilnahme an einem Treffen mit einem Autokraten auf der einen Seite, eine Beleidigung durch eine fremde Person auf der anderen — für die Mitarbeiter von “Bild” und Bild.de alles dieselbe kritikwürdige Soße, die sie Özil vorhalten:
Es begann mit Zoff und endete mit Zoff. Und dazwischen war sportlich leider nix los.
“sportlich leider nix los” ist dann auch eine ausgesprochen negative Auslegung dessen, was Mesut Özil beispielsweise gegen Südkorea auf dem Spielfeld gezeigt hat. Er hat sicher kein überragendes Spiel gemacht, aber laut Statistiken deutlich mehr als “nix”: mit 110 Ballberührungen die zweitmeisten im deutschen Team, mit 95 Pässen ebenfalls die zweitmeisten, darunter sieben sogenannte “Key Passes”, also solche, die direkt zu guten Chancen führen. Mesut Özil war, glaubt man den Zahlen, gegen Südkorea einer der Besten einer insgesamt schwachen Mannschaft.
Und dennoch suchten zahlreiche Redaktionen Fotos von Özil aus, um das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft zu bebildern: Die “Welt” zeigte, “wie schwach Deutschland wirklich war”, und wählte für den Artikel ein Foto von Özil. Bei der “FAZ” brachten sie die Schlagzeile “Der deutsche Untergang” und wählten ein Foto von Özil (was die Redaktion später änderte). “Bild” schrieb bei Instagram “Peinlicher Auftritt” und wählte dazu ein Foto von Özil. “Pro Sieben” forderte ausschließlich Mesut Özil per Twitter zum Rücktritt auf (wofür sich der Sender später entschuldigte). “11 Freunde”-Chefredakteur Philipp Köster hat das alles drüben bei “Übermedien” detailliert aufgeschrieben.
Mit der sportlichen Leistung allein lässt sich die Wucht der Kritik an Mesut Özil nicht erklären. Vielleicht spielt eine angestaute Wut darüber, dass er die deutsche Nationalhymne nicht mitsingt, eine Rolle. Vielleicht das generelle Misstrauen gegenüber, der Hass auf Türken. Auf jeden Fall immer noch das Foto mit Erdogan. Karim Benzema, französischer Fußballer mit algerischen Wurzeln und früher Stürmer in Frankreichs Nationalmannschaft, sagte mal: “Wenn ich ein Tor schieße, bin ich Franzose, aber wenn ich keins schieße oder wenn es Probleme gibt, dann bin ich Araber.”
Am Sonntag erschien in “Bild am Sonntag” und bei Bild.de (dort inzwischen gelöscht) ein Kommentar von Hatice Akyün:
Sie kritisiert völlig zurecht die ausländerfeindlichen Parolen von AfD-Politikern gegen Mesut Özil. Zur Rolle der Medien verliert sie hingegen kein Wort, leider auch nicht zur Kampagne von “Bild” und Bild.de, die für den “Rassismus gegen Özil” mindestens ein nützliches Klima geschaffen hat.
Alter wie ekelhaft wie ausgeleihert sie bestimmt bereits ist abartig jeder man der sie nimmt baaah muss jetzt dabei denken das 400 männer oder mehr vor ihn bereits eingelocht haben
400 super 😉 Bist bestimmt stolz drauf ne Muschi wie nen Scheunentor, da freut sich deine Freund bestimmt drauf … ich kotze gleich im Quadrat.
Das kommt dabei raus, wenn Bild.de eine Schlagzeile erfindet, und Bild.de-Leser aufgrund dieser erfundenen, falschen Schlagzeile Schaum vor dem Mund haben.
Es geht um diese Überschrift, die die “Bild”-Onlineredaktion bereits am 17. Oktober veröffentlicht hat:
Das Zitat, das Bild.de in die Titelzeile gepackt hat, ist nie gefallen, jedenfalls nicht von Ilan Stephani, um die es in dem “Bild plus”-Artikel geht und der die angebliche Aussage von der Redaktion zugeschrieben wird. Es wäre auch merkwürdig, wenn Stephani sagen würde, sie habe “mit über 400 Männern geschlafen”, denn das hat sie nicht. Das Zitat ist also nicht nur erfunden, sondern inhaltlich auch noch falsch.
Ilan Stephani hat zwei Jahre lang in einem Berliner Bordell als Prostituierte gearbeitet. Im Oktober erschien ein Buch von ihr über diese Zeit. Rund um die Veröffentlichung hat Stephani mit mehreren Journalisten gesprochen, darunter auch eine Autorin, die für “B.Z.” und “Bild” schreibt. In einem Artikelentwurf, der Stephani zum Absegnen vorgelegt worden sei, steht dieser Satz:
Dort arbeitete sie zwei Jahre lang im Schnitt einmal in der Woche, betreute bis zu fünf Männer und hatte mindestens 400 Mal bezahlten Sex.
Damit es auch die Leute bei Bild.de verstehen: Wenn man “mindestens 400 Mal bezahlten Sex” hatte, gibt es ganz viele verschiedene und zwei extreme Möglichkeiten, wie diese Zahl zustande gekommen sein kann: Man hat als Prostituierte entweder mit 400 unterschiedlichen Männern jeweils einmal geschlafen. Oder man hat mit demselben Mann 400 Mal geschlafen. Das Ergebnis in beiden Fällen: Man hatte “mindestens 400 Mal bezahlten Sex”.
Die Wahrheit liegt bei Ilan Stephani irgendwo zwischen diesen beiden Extremen, wie sie uns auf Nachfrage bestätigte: Sie habe nach einer gewissen Zeit Stammfreier gehabt, zwischendurch seien neue Männer dazugekommen. 400 verschiedene Männern seien es jedenfalls nicht ansatzweise gewesen. Sie könne allerdings auch keine exakte Zahl nennen und habe dies auch nie getan.
Der eine Satz aus dem Artikelentwurf hat es am Ende nicht in den Bild.de-Text und auch nicht in den der “B.Z.” geschafft — er wurde offenbar von den Redaktionen gestrichen. Dafür landete er falsch übersetzt und in Zitatform in der Bild.de-Überschrift und verbreitete sich von dort aus. “Focus Online” hat die falschen “400 Männer” zum Beispiel aufgegriffen:
Wie die “Bild” berichtet, hat die junge Frau in dieser Zeit mit mehr als 400 Männern Geschlechtsverkehr in einem Berliner Bordell gehabt.
Die Unfähigkeit der Bild.de-Redaktion, Fakten sauber zu recherchieren, führt zu vielen weiteren falschen Artikeln und hasserfüllten Kommentaren bei Facebook.
Nachtrag, 17:53 Uhr: Weil die Gefahr besteht, dass dieser Punkt in unserer Kritik untergeht: Was die Kommentatoren bei Facebook geschrieben haben, wäre genauso arschgeigig, wenn Ilan Stephani oder irgendeine andere Frau tatsächlich mit 400 Männern geschlafen hätte. Völlig egal, ob mit vier Männern, mit 400 oder mit 40.000 — es gibt keinen Grund auf dieser Welt, sich derart frauenfeindlich zu äußern.
Jawoll — das war laut Polizei das Spitzentempo der nächtlichen Raserei durch Köln, allerdings nicht auf der Mülheimer Brücke!
Und weil sie es als einzige hinbekommt, auch noch ein falsches Datum mitzuteilen, wann das Autorennen stattgefunden haben soll (“in der Nacht von Samstag auf Sonntag” statt richtigerweise in der Nacht von Freitag auf Samstag), geht der Zuschlag für die heißeste Umsetzung an die Online-Redaktion des “Express”.
Manchmal ist es ganz wesentlich, wer etwas in welcher Situation gesagt hat, wenn man den Inhalt einer Aussage bewerten will.
Am Bonner Landgericht läuft aktuell ein Prozess, in dem es um eine Vergewaltigung auf einem Campingplatz geht. Der Fall hatte vor einigen Monaten überregional für Aufsehen gesorgt. Und um es von Anfang an klar zu sagen: Sollte der Angeklagte aus Ghana — entgegen seiner Unschuldsbeteuerung — die Tat begangen haben, muss er dafür natürlich verurteilt werden.
Am Montag vergangener Woche sagte unter anderem die Kripobeamtin aus, die nach der Tat mit dem Vergewaltigungsopfer gesprochen hatte. Einen Tag später veröffentlichte das Kölner Boulevardblatt “Express” einen größeren Artikel, in dessen Überschrift die Redaktion auch ein Zitat eingebaut hatte:
Im Text taucht das “schwarze Monster”-Zitat noch einmal auf. Und auch dort wird nicht eindeutig klar, von wem es stammt:
In Wahrheit habe sie [das Opfer] unter Schock gestanden. “Trotz Todesangst um sich und ihren Freund” habe die 23-Jährige geistesgegenwärtig reagiert, als sie sich entschied, sich nicht zu wehren. So ergab sie sich dem “schwarzen Monster”, ihren Freund beschwor sie noch beim Verlassen des Zeltes, das Schweizer Messer stecken zu lassen und die Polizei zu rufen.
Auf Nachfrage schreibt uns die Redaktion, dass das Zitat von der Polizistin stamme. Allerdings handele es sich dabei nicht um deren eigene Worte, sondern um “die Reaktion des Opfers”, die die Beamtin in ihrer Aussage lediglich wiedergegeben habe. Warum macht der “Express” in seinem Artikel nicht eindeutig klar, wer da redet? Und wer wen zitiert?
Der “Express” erklärt zur “schwarzen Monster”-Aussage an sich:
Wer derart Erschreckendes [wie das Opfer] erlebt hat, wird sich kaum in dieser Schocksituation auf politisch Korrektes besinnen. Wenn Sie sich in die Tiefen des Falles einarbeiten, können Sie sicherlich nachvollziehen, dass die Äußerung keineswegs in einem rassistischen Zusammenhang zu sehen ist, sondern aus dem Effekt heraus getan wurde.
D’accord.
Nur war schon die Aussage der Kripobeamtin vor Gericht nicht mehr “aus dem Effekt heraus”. Und der anonyme Autor des “Express”-Artikels hat seinen Text erst recht nicht mehr “aus dem Effekt heraus” aufgeschrieben. Und dennoch hat das Blatt das “schwarze Monster” sowohl in der Titelzeile als auch im Artikel einfach so übernommen. Keine Distanzierung, keine Bemerkung zur Wortwahl (und wäre es nur eine wie in der Stellungnahme uns gegenüber), als handele es sich um eine ganz normale Aussage. Dabei ist sie, wie sie im “Express” daherkommt, gleich doppelt problematisch. Schon das “Monster” entmenschlicht eine Person, die zweifelsohne etwas Schreckliches getan haben soll, aber noch immer ein Mensch ist. Das “schwarze Monster”, die Betonung der Hautfarbe des Angeklagten, ist Rassismus und ein rassistisches Klischee. Dass die Haut des mutmaßlichen Täters schwarz ist, hat nichts mit der ihm angelasteten Tat zu tun. Der “Express” hätte problemlos ohne das “schwarze Monster” auskommen können.
Das sieht die Redaktion anders:
Wie Sie wissen, steht der EXPRESS für unabhängige Berichterstattung, Toleranz, Vielfalt und soziale Verantwortung. Die Redaktion hält sich an den Pressekodex und achtet dessen Vorgaben. In diesem Fall sehen wir den Schockausruf des Opfers nicht als rassistisch an, sondern als Ausruf der Verzweiflung. Die Verbreitung des Zitats ist in diesem Fall aus unserer Sicht zulässig, um den kompletten Horror des Erlebten zu beschreiben. Aus unserer Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: Sie berichten authentisch über diesen wohl in seiner Brutalität einzigartigen Fall, der ein hohes Interesse in der Bevölkerung hervorruft, oder sie vermelden kühl Anklage und Urteil. Sich auf diesem Weg von klaren Zitaten eines Dritten, die in einer Gerichtsverhandlung fallen, zu distanzieren, diese politisch korrekt zu biegen und zu verfälschen, würde die Glaubhaftigkeit der Presse eher untergraben.
Das “schwarze Monster” kann aus Sicht des “Express” also nicht nur in den Artikel, es muss hinein, wenn man verantwortungsvoll berichten will. Und augenscheinlich auch noch in die Überschrift. Um es noch mal klar zu sagen: Uns geht es nicht darum, etwas “politisch korrekt zu biegen und zu verfälschen”, sondern um einen bewussten Umgang mit Sprache und die fahrlässige Reproduktion rassistischer Äußerungen.
“Schwarzes Monster“ (O-Ton). Merkel ich mir, wunderbar zutreffend und nicht zensierbar.
Soll sie sich doch bei merkel bedanken, dass schwarze Monster konnte nur durch merkels gechicke her kommen. Lasst euch trösten! Es kommt jeder mal dran, denn die Grenzen sind immer noch offen, und 200000 Menschen reisen nun legal ein Plus Familiennachzug.
Was ein Monster typisch mal wieder ein Ausländer die jagt auf unsere Frauen machen. Wer hat denn überhaupt rein gelassen 😠
Dieses Monster sollte man ohne Fallschirm über seiner Heimat abwerfen! Die Grenzen müssen endlich wieder gesichert werden, sonst bekommen wir noch mehr von diesen Monstern inns Land.
Aus Ghana. Gehört Ghana jetzt auch zum syrischen Kriegsgebiet, oder warum war dieses Monster überhaupt in Deutschland?
Warum wird denn hier der Täter noch in Schutz genommen. Zeigt uns dieses Monster
Was für ein Monster, und sowas sollen wir hier aufnehmen und beherbergen?! Dieser Mann ist eine tickende Zeitbombe!
Denn angeblich sickerte bereits die Handlung der nächsten James Bond-Folge durch. Und die spektakulären Geheimpläne, die die “New York Post” veröffentlicht, haben es in sich.
Denn angeblich soll Daniel Craig als 007 im nächsten Film nicht nur seine Lizenz zum Töten an den Nagel hängen, er heiratet auch.
Solche “angeblichen” Enthüllung von “spektakulären Geheimplänen” gehören zur James-Bond-Folklore wie geschüttelte Martinis, skrupellose Bösewichte und die Worte “Mein Name ist Bond, James Bond!”: Vor jedem neuen Film erscheinen jede Menge Artikel über “angebliche” Titel, die Handlung, Darsteller und Interpreten des Titelsongs, die sich im Nachhinein als Quatsch herausstellen — oder vielleicht, will man in der Welt der Agenten bleiben, als gezielte Desinformationskampagnen der Filmproduzenten, um bereits vorab für möglichst viel Aufmerksamkeit zu sorgen.
Aber nehmen wir mal an, die anonyme Quelle, die die “New York Post” da zitiert, hätte Recht. Dann lassen wir express.de einfach mal weiter enthüllen:
Auch wer die zukünftige Frau Bond ist, will der Insider wissen: Die schöne Léa Seydoux alias “Dr. Madeleine Swann”, die der Superspion in der letzten Folge “Spectre” in letzter Sekunde gerettet hatte. Sowas verbindet natürlich — auch wenn Bond bisher die vielen schönen Frauen, die er retten konnte, nie ehelichte.
Und — und jetzt wird richtig gespoilert: Der Film soll kein Happy End haben. Denn: “Bonds Ehefrau wird umgebracht und 007 geht danach auf einen Rachefeldzug.”
Wenn das mit der Karriere bei express.de nicht mehr so läuft, stehen die Chancen auf eine Anschlussverwendung bei einem Geheimdienst allerdings schlecht, denn da sollte man natürlich wissen, mit wem man es zu tun hat: James Bond (also die Figur, die sich Ian Flemming 1953 ausgedacht hat und die seitdem in — je nach Zählweise — 24, 25, 26 oder 27 Filmen zu sehen war) war schon einmal verheiratet — und seine Frau Teresa “Tracy” Bond wurde umgebracht. Im Roman “Im Geheimdienst Ihrer Majestät” und in dessen Verfilmung.
Um das zu wissen, muss man nicht mal ein “eingefleischter ‘007’-Fan” sein — man muss nur den Artikel bei der “New York Post”, auf den sich express.de beruft, vollständig gelesen haben:
Ein Blog, Inverse.com, wies darauf hin, dass “Ian Fleming Bond in seinen Büchern ständig darüber nachdenken ließ, sich zur Ruhe zu setzen” und “Sowohl in der Buch- als auch in der Filmversion von ‘Im Geheimdienst Ihrer Majestät’ heiratet Bond Tracy Draco, nur damit sie im tragischen Finale des Films brutal von [Bonds Erzfeind] Blofeld ermordet wird.” Draco wurde in dem Film von Diana Rigg gespielt — auch bekannt als Olenna Tyrell aus “Game of Thrones”.
(Übersetzung von uns.)
Vergangenen Mittwoch ist ein Schlauchboot mit mehreren Dutzend Flüchtlingen an Bord am spanischen Playa de los Alemanes angekommen. Die Personen sprangen ins Wasser, liefen über den Strand und verschwanden. Drumherum standen Urlauber und Einheimische in Badehosen und Bikinis, die meisten wohl ziemlich überrascht.
Verschiedene Medien berichteten über die Ankunft der Geflüchteten, darunter auch express.de. Dort klang die Situation recht beängstigend. Auf ihrer Startseite schrieb die Redaktion:
Einige der Badegäste hatten ihre Handys gezückt und das Geschehen gefilmt. Im Artikel von express.de ist ein 20-sekündiges Video eingebettet. Was man dort nicht sieht: “Strandbesucher in Angst und Schrecken”.
Für ein paar mehr Klicks dichtet express.de eine Schlagzeile, die kaum etwas mit der Realität zu tun hat, und lässt Flüchtlinge Angst und Schrecken verbreiten.
Bild.de hat zu dem Thema ebenfalls einen Artikel veröffentlicht. Immerhin kommt die Redaktion ohne größere Angstmacherei aus, dafür ist geografisch einiges danebengegangen.
Gleich zu Beginn des Textes schreibt Bild.de:
Knapp 100 Kilometer liegen zwischen der afrikanischen Küste und dem Urlaubsort Cadiz auf dem südspanischen Festland. 100 Kilometer, die für viele Flüchtlinge den Unterschied zwischen zwischen (sic) Armut und Arbeit, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit ausmachen — dafür riskieren viele ihr Leben.
Und:
Unwirkliche Szenen mitten in der Urlaubs-Idylle am Strand von Cadiz
Allerdings sind die Geflüchteten gar nicht am Strand der Stadt Cádiz angekommen, sondern an einem Strand in der Provinz Cádiz. Genauer: in der Nähe des Küstenortes Zahara de los Atunes. Dorthin sind es von der afrikanischen Küste (nehmen wir als Startpunkt mal die marokkanische Stadt Tanger) auch nicht 100 Kilometer (wie bis zur Stadt Cádiz), sondern etwas über 40 Kilometer — was noch immer eine verdammt weite Strecke ist, wenn man in einem überfüllten Schlauchboot sitzt, das nicht für solche Überfahrten gemacht ist.
Wenn in den europäischen Fußballligen Sommerpause ist, ist der (Sport-)Boulevard besonders aktiv. In diesen Wochen raten die Redaktionen von “Sport Bild”, “Bild”, “Express” und all den anderen Fachblättern fröhlich rum, ob Mittelfeldstratege A nicht vielleicht zu Verein B wechselt, und Außenverteidiger X an Klub Y ausgeliehen wird. Im Fall von Anthony Modeste lagen sie nun ordentlich daneben.
Spätabends am 19. Juni meldeten die Onlineportale von “Bild” und “Express” Vollzug: Modeste, bisher Stürmer beim Fußballbundesligisten 1. FC Köln, wechselt zum chinesischen Klub Tianjin Quanjian.
Wie BILD erfuhr, wird Anthony Modeste (29) den FC verlassen.
Und:
Der Modeste-Hammer!
Am vergangenen Wochenende hatten sich Sport-Boss Jörg Schmadtke (53) und Finanz-Chef Alexander Wehrle (42) mit Vermittlern von Tianjin Quanjian auf Ibiza (Spanien) getroffen. Eine Entscheidung wurde zunächst vertagt — jetzt soll sie gefallen sein.
Und:
Verkündet wird der Transfer wohl erst gegen Ende der Woche. Denn vorher will Sport-Chef Jörg Schmadtke noch mit dem Spieler persönlich in Köln reden.
Der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte ist perfekt!
Nach EXPRESS-Informationen wurde Einigung im Deal um den Wechsel von Anthony Modeste (29) nach China erzielt.
Die Ablöse für den 25-Tore-Mann beträgt 35 Millionen Euro — Modeste wechselt zu Tianjin Quanjian.
Am vergangenen Wochenende hatten sich Sportboss Jörg Schmadtke und Wehrle auf Ibiza mit den China-Vermittlern getroffen. Nun ist der Transfer durch.
Schmadtke wird noch ein finales Gespräch mit dem Publikumsliebling führen, doch am Montag war der Mega-Deal durch.
Alles durch. Bis der 1. FC Köln mit einer Mitteilung auf der Vereinshomepage heute alles durchkreuzte:
Der 1. FC Köln hat Verhandlungen über einen möglichen Transfer von Anthony Modeste zu Tianjin Quanjian abgebrochen.
FC-Stürmer Anthony Modeste wird nicht zum chinesischen Erstligisten Tianjin Quanjian wechseln, nachdem keine Einigung aller Parteien für einen möglichen Transfer erzielt wurde. Zwischen den Clubs war darüber hinaus keine den Verbandsstatuten entsprechende Einigung möglich. Der 1. FC Köln hat die Verhandlungen daher am heutigen Mittwoch abgebrochen. Der Vertrag von Anthony Modeste beim FC läuft bis 30. Juni 2021.
Inzwischen haben es auch die Kaffeesatzwechsler von Bild.de und Express.de eingesehen:
die Amerikaner haben ihre größte konventionelle Bombe mit 8.000 Kilogramm Sprengstoff über Afghanistan abgeworfen. Der erste Einsatz dieser Bombe überhaupt. (In einem Land, in das Bundesinnenminister Thomas de Maizière immer noch abschieben will, weil er es für sicher hält. Aber das nur nebenbei.)
Tut uns bitte in der Berichterstattung den Gefallen und übernehmt nicht gedankenlos die Kriegsrhetorik der US-Streitkräfte: Der Begriff “Mutter aller Bomben” ist testosterondampfende Militär-Poesie und eine unangemessene Trivialisierung und Bagatellisierung eines Kriegsaktes.
Abgesehen davon bringen Mütter nicht den Tod, sondern schenken Leben.