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“Bild” am Rande des Merzinfarkts

Morgen wird darüber abgestimmt, wen die CDU als neuen Vorsitzenden oder neue Vorsitzende haben will. Wen die “Bild”-Zeitung als neuen CDU-Vorsitzenden haben will, steht längst fest.

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In den vergangenen Jahren war es bei “Bild” ziemlich ruhig geworden um Friedrich Merz. Hin und wieder packte die Redaktion nochmal die Steuererklärung-auf-einem-Bierdeckel-Sache aus oder entdeckte Merz “schlank und braun gebrannt” am Rande irgendeiner Veranstaltung, sonst aber trat der CDU-Mann in der “Bild”-Zeitung kaum in Erscheinung.

Bis vor ein paar Wochen. Am 29. Oktober, keine halbe Stunde nach den ersten Gerüchten zu Angela Merkels Rückzug als Parteichefin, meldete “Bild” exklusiv:

“Bild” hatte es — vor allen anderen — “aus dem Umfeld von Friedrich Merz” erfahren.

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In der Print-Ausgabe stellte “Bild” am nächsten Tag die Runde der potentiellen Nachfolger vor. An erster Stelle: Friedrich Merz.

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Am nächsten Tag: der Kandidaten-Check. Oder eher: die Verteilung der Labels. Jens Spahn? Der Homosexuelle. Annegret Kramp-Karrenbauer? Die mit dem Doppelnamen. Friedrich Merz? Der Millionär.

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Am nächsten Tag: Titelseite.

Und im Innenteil, nahezu James-Bond-haft:

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Am nächsten Tag:

Auf der gleichen Seite widmete die Redaktion dem Mozart-Messias noch zwei weitere Schlagzeilen (Jens Spahn bekam immerhin eine):

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Am nächsten Tag: noch ein Kandidaten-Check.

Fazit zu Kramp-Karrenbauer?

Konservatives Familienbild und hartes Durchgreifen, Recht und Ordnung bei Migranten. AKK will keine “Mini-Merkel” sein!

Fazit zu Spahn?

Geförderte auch gefordert werden, Spahn will wirtschaftsliberale Politik, Leitkultur, Recht und Ordnung. Wie Merz ist Spahn der Anti-Merkel.

Fazit zu Merz?

Klare Kante, klare Worte, eigene Meinung! Merz war und ist DER Gegenentwurf zu Kanzlerin Angela Merkel.

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Am nächsten Tag:


Außerdem eine Umfrage. “Wen würden die Deutschen zum CDU-Chef wählen?” Tada:

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Zwei Tage später:

Antwort: Doch, hätte es wohl, aber fragen kann man ja mal.

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In der nächsten “Bild am Sonntag”:

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Am nächsten Tag:

Selbst die Klatsch-Seite schenkte ihm ein paar Zeilen:

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Zwei Tage später:





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Und damit war sie entfacht, die …

Doch “Bild” erklärte die Debatte kurzerhand zu einer “Neiddebatte”, und “Bild”-Kommentatoren forderten:

Wir sollten Friedrich Merz nicht daran messen, was er verdient, sondern daran, ob er die Sorgen und Nöte der Menschen hören und verstehen kann! Das ist es, was wirklich zählt.

Und damit war sie dann schon wieder beendet, die “große Debatte um Millionär Merz”.

Außerdem: So abgehoben ist der ja gar nicht!

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Und so stellte “Bild” weiter die naheliegenden Fragen:

Ergebnis des Experten: “Den größten Respekt hätten die mächtigsten Machos der Welt vermutlich vor Friedrich Merz.”

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Wenig später sprachen die drei Kandidaten Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn auf einer Veranstaltung in Baden-Württemberg. Schlagzeile?

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Kurz darauf veröffentlichte “Bild am Sonntag” eine große Übersicht, auf der aufgelistet wurde, für welchen Kandidaten die 1001 CDU-Delegierten stimmen wollen. Deutlicher Favorit der Befragten: Friedrich Merz.

Noch am selben Tag erklärten einige der Delegierten, sie hätten überhaupt nicht mit “Bild am Sonntag” gesprochen.

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Doch die “Bild”-Medien sind in diesen Wochen nicht nur bemüht, die vermeintliche Popularität, die angeblichen Vorzüge und Stärken ihres Wunschkandidaten hervorzuheben, sondern auch seine möglichen Schwachpunkte zu entkräften.

Als Merz etwa mit einer Lobbyisten-Firma in Verbindung gebracht wurde, die für Saudi-Arabien arbeitet, veröffentlichte “Bild am Sonntag” sogleich ein Statement, in dem Merz beteuerte, er habe “keinerlei Kontakte nach Saudi-Arabien” und auch “keine Gespräche angebahnt oder anbahnen lassen.”

Auch was die Firma BlackRock angeht (“Bild”: die “größte Investmentfirma der Welt!”), für die Merz als Aufsichtsratsvorsitzender und Lobbyist tätig ist, versicherte “Bild” immer wieder, dass da natürlich alles mit rechten Dingen zugehe:

Der ehemalige Unions-Fraktionschef FRIEDRICH MERZ (62) arbeitet für eine renommierte Kanzlei und ist Cheflobbyist des deutschen Ablegers von “BlackRock”. Anders als oft behauptet, ist “BlackRock” kein Unternehmen, das SPD-Legende Müntefering “Heuschrecke” nennen würde. Sein klassisches Geschäftsmodel ist also nicht, Unternehmen zu kaufen, zu zerschlagen und mit Gewinn weiterzuverkaufen. Die größte Investmentfirma der Welt hält aber eine beträchtliche Anzahl von Aktien an Dax-Konzernen.

(“Bild”, 31.10.2018)

“BlackRock ist eine Vermögensverwaltung”

Merz weiß um das (falsche) Image seines bisherigen Arbeitgebers BlackRock als “Finanzhai” und “Heuschrecke”. Menschen vertrauen dem größten Vermögensverwalter der Welt ihr Geld an; es ist kein aggressiver Fonds. Trotzdem: Diese Flanke wird noch öfter attackiert werden.

(“Bild”, 1.11.2018)

Und selbst wenn bei dem Unternehmen was verdächtig ist, heißt das ja nicht, dass auch bei Merz was verdächtig ist:


(“Bild”-Titelseite, 8.11.2018)

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Gestern dann, auf Seite 2 der Bundesausgabe:

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Und heute, einen Tag vor der Abstimmung beim CDU-Bundesparteitag in Hamburg:

(Merz natürlich mit Heiligenschein, die anderen ohne.)

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Und was haben die “Bild”-Medien davon, dass sie sich so für Friedrich Merz ins Zeug legen?

Merz klickt sich gut, das beobachtet man in der Redaktion. Und wenn sich ein Thema gut klickt, dann wird nachgelegt.

schrieb die “taz” vor ein paar Tagen. Doch für “Bild” geht es nicht nur um Klicks oder um Auflage, es geht um viel mehr: Wenn Merz morgen gewinnt, steht er in der Schuld von “Bild”. Dann kann der Chef der “Bild”-Zeitung jederzeit zum Chef der CDU sagen: “Ohne uns wärst du nicht da, wo du bist. Wir haben was gut bei dir.” Kein besonders beruhigender Gedanke.

Woher kam der Mega-Hype um Sturm-Juwel Super-Fiete?

Screenshot Bild.de: 13 Monate kein Tor, nur Stürmer Nr. 3 - HSV Talent Arp zu früh hochgejubelt
(“Bild”, gestern)

Ja, Mensch, wer macht denn sowas?

Screenshot Bild.de: HSV-Fiete ganz groß
(“Bild”, 05.11.2017)

Der Junge ist rich­tig gut. Zu gut für den HSV? Ham­burgs Sturm-Ju­wel Fiete Arp (17) dreht bei der U17-WM in In­di­en auf.

(“Bild”, 17.10.2017)

Jann-Fiete Arp heißt der Stürmer, mit dessen Talent Hamburg seit vielen Jahren niemand Vergleichbaren mehr gesehen hat. Experten sagen ihm eine ganz große Karriere voraus.

(“Bild”, 06.11.2017)

HSV-Idol über Sturm-Juwel – Hrubesch adelt Arp: „Fiete wird ganz oben ankommen

(“Sport Bild”, 02.01.2018)

Ein Bubi als Hoffnungstäger – Nur Trainer Gisdol lässt sich nicht vom Arp-Hype anstecken

(“Sport Bild”, 18.11.2017)

Screenshot Bild.de: Jetzt gibt der HSV Vollgas bei Super-Fiete
(“Bild”, 17.05.2017)

Noch in dieser Woche soll geklärt werden, ob HSV-Sturmjuwel Fiete Arp (18) zu den Bayern wechselt.

(“Bild”, 18.7.2018)

Nach seinem spektakulären Einstand im Herbst 2017 mit zwei Toren in den ersten drei Spielen entwickelte sich ein Mega-Hype um das HSV-Eigengewächs

(“Bild”, 27.2.2018)

Screenshot Sportbild: "Super-Bubi Arp: Erst die WM gewinnen, dann die HSV retten"
(“Sport Bild”, 19.10.2017)

Wende beim größten HSV-Juwel!

(“Bild”, 20.7.2018)

18-jähriges Supertalent – Für den HSV: Arp verzichtete auf 8,5 Mio.

(“Sport Bild”, 23.8.2018)

Screenshot Sportbild: Kampf um HSV-Juewel! Chelsea will Top-Talent Arp
(“Sport Bild”, 12.05.2017)

Für das HSV-Sturmjuwel ist die Partie eine ganz besondere.

(“Bild”, 13.8.2018)

Verliert der HSV nach dem Abstieg sein größtes Juwel an Bayern München?

(“Bild”, 8.3.2018)

Screenshot Bild.de: Super-Fiete: HSV will sofort verlängern!
(“Bild”, 4.11.2017)

Warum das HSV-Juwel Chelsea absagt

(“Bild”, 2.8.2017)

Hamburgs Sturm-Juwel wird seinen bis 2019 laufenden Kontrakt beim HSV nicht verlängern.

(“Bild”, 17.5.2018)

Screenshot Bild.de: Erst Mathe-Abi, dann Werder-Finale - Die Wahnsinns-Woche von HSV-Juwel Arp
(“Bild”, 2.5.2018)

Mit Dank an @WarnenUndMahnen für den Hinweis!

Bild, taz  

Merz-lich Willkommen, das ist der pure Spahn-Sinn

Wenn Friedrich Merz etwas loswerden will, wenn er die Öffentlichkeit sucht, eine Plattform braucht, dann weiß er, an wen er sich wenden muss.

Sein erstes TV-Interview gibt er im Livestream von Bild-TV. Als er auf öffentlichen Druck hin schließlich offenlegen muss, wie viel Geld er verdient, tut er es in der Bild am Sonntag, dem Schwesterblatt der Bild.

Und „Bild“ kuschelt zurück:

Mehrere Autoren der Zeitung verteidigen [Merz] und seine Verflechtungen in die Wirtschaft, seine Millionen, warnen vor einer „Neid-Debatte“. Der Leiter des Bild-Parlamentsbüros, der für die CDU zuständige Redakteur Ralf Schuler, meint via Twitter, die Merz-Kritiker wollten einen „Normenkontrollrat für korrektes Leben“ einführen. Kommentare, die sich kritisch mit Merz’ Aufsichtsratsmandaten und seiner Tätigkeit für den weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock auseinandersetzen, findet man kaum, sieht man von ein paar Beiträgen in einer Leser­umfrage ab. Und das, obwohl es in der Bild-Redaktion durchaus Leute gibt, die Merz und seine Beziehungen in die Finanzbranche kritisch sehen.

Die „taz“-Autoren Anne Fromm und Martin Kaul, von denen diese Sätze stammen, haben in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt, „innerhalb und außerhalb der Axel-Springer-Zentrale“, mit „Redakteurinnen und Redakteuren von Bild, BamS und Welt, Politikern, Beratern, Chefredakteuren und Verlagschef Mathias Döpfner“ — um das Verhältnis von „Bild“ und Merz zu beleuchten, aber auch das grundsätzliche Verhältnis von „Bild“ und Politik, die Beziehungen zwischen „Bild“-Redakteuren zu Politikern und deren Sprechern (die nicht selten selbst mal bei „Bild“ waren). Was sie dabei erlebt haben, kann man jetzt nachlesen:

Bild, Bunte  etc.

Bei Schumi nichts Neues

“Wissen Sie, gerade wenn man krank ist, braucht man die Geborgenheit der Familie und Schutz vor Öffentlichem”, sagt Erzbischof Georg Gänswein. Darum würde er “niemals etwas Privates, Vertrauliches” von seinem Besuch bei Michael Schumacher erzählen.

Außer natürlich, die “Bunte” ruft an.

Ausriss Bunte-Titelseite: Exklusiv-Interview - Georg Gänswein - Mein Besuch bei Michael Schumacher - Ich hielt ihn bei den Händen - Man erkennt ihn sofort wieder - Er spürt, dass wir an ihn denken

Oder die “Bild”-Zeitung.

Ausriss Bild-Titelseite: Deutscher Priester hielt Schumis Hände! - Sie waren warm - Ich zeichnete ein Kreuz auf seine Stirn - Man spürt, dass er Begegnungen wahrnimmt

Nun ist es eine Sache, solche Details — von denen die Redaktionen genau wissen, dass Schumachers Familie nicht möchte, dass sie an die Öffentlichkeit gelangen — sofort auf der Titelseite zu drucken. Oft rechtfertigen Medien solche Veröffentlichungen damit, dass Schumacher ja eine öffentliche Person sei, und die Öffentlichkeit somit ein Recht habe zu erfahren, wie es ihm geht.

Bloß liefern die Details in diesem Fall gar keine Antwort auf diese Frage. Denn Gänsweins Besuch fand, wie man sowohl bei der “Bunten” als auch bei “Bild” erst beim Blick in den Innenteil erfährt, nicht vor ein paar Tagen statt oder vor ein paar Wochen, sondern vor zweieinhalb Jahren.

Die Details, die der Erzbischof verrät, sind also nicht nur nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sie sind nicht mal aktuell.

Und trotzdem springen alle auf:

Collage aus Schlagzeilen: Bischof besuchte Michael Schumacher zuhause - Erzbischof spricht über Besuch: Therapeut brachte Michael ins Wohnzimmer - Erzbischof Gänswein berichtet von Besuch bei Michael Schumacher: Sein Gesicht ist fülliger geworden - Erzbischof durfte Schumacher besuchen: Ein Therapeut brachte Michael ins Zimmer - Erzbischof spricht über Begegnung mit Michael Schumacher - Bischof besuchte Michael Schumacher zuhause - Erzbischof Gänswein spricht über Besuch bei Michael Schumacher - Erzbischof Gänswein besuchte Schumi: Fasste ihn an den Händen - Papst-Vertrauter Gänswein: So war mein Besuch bei Michael Schumacher - Erzbischof berichtet von Besuch bei Michael Schumacher - Neue Details - Erzbischof traf Schumi: Man spürt, dass er einen inneren Dialog führt - Erzbischof über Schumacher: Ich saß ihm gegenüber - Erzbischof über Besuch bei Michael Schumacher: So sieht der Formel-1-Champion jetzt aus

Viele Medien deuten die Aussagen Gänsweins nun als Zeichen der “Hoffnung”. “Jetzt gibt es Worte, die Hoffnung machen”, schreibt etwa “DerWesten”. Die “Bunte” selbst schreibt:

Nach dem, was er BUNTE erzählt hat, geht es Michael Schumacher aber deutlich besser, als viele glauben.

Wenn man einem Journalisten, der fragt, wie das Wetter in München ist, antwortet: “Also vor zweieinhalb Jahren schien die Sonne”, wird er einen nur blöd angucken. Wenn es um Michael Schumacher geht, gelten andere Regeln.

Falsche Vorwürfe? Für “Bild” kein Grund zur Korrektur

So sieht es aus, wenn die “Bild”-Zeitung über eine angebliche Vergewaltigung durch einen Afghanen in der Hamburger Innenstadt berichtet:

Ausriss Bild-Zeitung - Schlagzeile Titelseite: Schon wieder! Mansor S. ist seit fünf Jahren ausreisepflichtig - Schon neunmal verurteilt - Jetzt wegen Vergewaltigung einer 14-Jährigen verhaftet - Schlagzeile im Blatt: Polizei sicher - Abgelehnter Asylbewerber vergewaltigte 14-jähriges Mädchen

So sieht es aus, wenn die “Bild”-Zeitung berichtet, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Afghanen eingestellt hat:

Ausriss Bild-Zeitung - weiße Titelseite, weiße Seiten aus dem Blattinnern

Wir haben jetzt eine Woche gewartet und uns die “Bild”-Ausgaben in dieser Zeit besonders genau angeschaut. Weder in der Bundesausgabe noch in der Hamburg-Ausgabe konnten wir einen Artikel zum Ende der Ermittlungen, zum unglaubwürdigen vermeintlichen Opfer, zu den Widersprüchen, in die sich die 14-Jährige verstrickte, finden. Nicht mal eine kleine, versteckte Meldung. Nichts.

Wir hatten bei “Bild”-Chef Julian Reichelt nachgefragt, ob man mit einer Richtigstellung rechnen könne. Er hat nicht geantwortet. Wir hatten auch bei “Bild”-Pressesprecher Christian Senft nachgefragt, ob die Redaktion noch eine Richtigstellung veröffentlichen werde. Auch er hat nicht geantwortet.

In und von “Bild” bisher also nichts. Bei Bild.de erschien am vergangenen Freitag ein neuer Beitrag zum Fall:

Screenshot Bild.de - Mutmaßliche Vergewaltigung am Saturn in Hamburg - Ermittlungen eingestellt: 14-Jährige beschuldigte Mansor S.

Gerade mal vier Sätze ist der Artikel lang. Natürlich haben die Mitarbeiter von Bild.de ihn nicht so wirksam auf ihrer Startseite platziert wie die ursprüngliche Berichterstattung zu der vermeintlichen Vergewaltigung. Und mit keinem Wort erwähnen sie, dass sie selbst auf die Unschuldsvermutung gepfiffen und Mansor S. im August als “TÄTER” schuldig gesprochen hatte:

Screenshot Bild.de - Der Täter (30) zog sie in einen Hauseingang - 14-Jährige in der Hamburger City vergewaltigt

Der Schuldspruch der Redaktion ist nach wie vor unverändert online:

Als sich die 14-Jährige entfernte, folgte er ihr, verwickelte sie immer wieder in Gespräche — und zog sie dann im Bereich von “Saturn” an der Mönckebergstraße in einen Hauseingang.

Obwohl sich das Mädchen heftig wehrte, vergewaltigte der Mann es!

Es interessiert die Bild.de-Redaktion offenbar nicht besonders, was für ein falscher Mist auf ihrer Seite steht.

“Seid ihr einfach nur bescheuert oder habt keinen Anstand?”

Skirennläufer Thomas Dreßen gewann im Januar die prestigereiche Hahnenkammabfahrt auf der Streif in Kitzbühel, und plötzlich interessierten sich Redaktionen für ihn, die seinen Namen bis dahin gar nicht kannten.

In der “Stuttgarter Zeitung” erzählt Dreßen von einer Erfahrung, die er in dieser Zeit mit dem Boulevard gemacht hat:

Nach Kitzbühel nahm ein deutsches Boulevardblatt seinen Sieg zum Anlass, die Seilbahntragödie, bei der sein Vater 2005 in Sölden ums Leben kam, noch einmal haarklein darzustellen — mit sehr viel Text und noch mehr Bildern. “Die haben wieder alles ausgegraben. Da habe ich mich gefragt: ‘Seid ihr einfach nur bescheuert oder habt keinen Anstand?'”

“Ein deutsches Boulevardblatt”. Welches das sein könnte? Am 20. Januar dieses Jahres, also an dem Tag, als Dreßen auf der Streif siegte, erschien bei Bild.de ein Beitrag mit dieser Überschrift:

Screenshot Bild.de - Sein Vater starb bei einem Seilbahn-Unglück - Die traurige Geschichte von Streif-Gigant Dreßen

Auf einen Link verzichten wir. Denn in dem Artikel erzählt die “Bild”-Redaktion von der Seilbahntragödie in Sölden, bei der auch Dreßens Vater starb, “mit sehr viel Text und noch mehr Bildern”.

Der “Stuttgarter Zeitung” sagte Thomas Dreßen mit Blick auf das “deutsche Boulevardblatt” noch:

“Die können zahlen, was sie wollen, die bekommen mein Lebtag kein Interview von mir.”

Mit Dank an Thomas (allerdings nicht Thomas Dreßen) für den Hinweis!

Nachtrag, 30. November: Entweder unterscheidet Thomas Dreßen sehr genau zwischen “Bild” und “Bild am Sonntag” — oder seine Behauptung “Die können zahlen, was sie wollen, die bekommen mein Lebtag kein Interview von mir” war nicht besonders viel wert. Am 18. November, also drei Tage bevor Dreßens Aussagen in der “Stuttgarter Zeitung” erschienen, brachte “BamS” nämlich ein längeres Doppel-Interview mit Dreßen und Skispringer Andreas Wellinger. Einen Abend zuvor erschien das Interview bereits bei Bild.de.

Mit Dank an Jens und Marian für die Hinweise!

“Also ich würde euch anzünden”

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat “Bild”-Feigenblatt “Bild”-Ombudsmann Ernst Elitz uns alle beruhigt:

Der BILD-Ombudsmann - Bild löscht Hass

Werden Migranten einer Gewalttat verdächtigt, reagieren Leser auf die Facebook-Beiträge von BILD im Sekundentakt. Viele testen dabei die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung aus. Mich erreichen Mails mit der Frage: Was tut BILD, um dabei den Hass “einzudämmen” und nicht noch zu “schüren”? (…)

Die Redaktion greift bei unangemessenen Äußerungen ein, stellt Fake News richtig und sperrt Hetzer, die andere “an den Eiern aufhängen” oder Flüchtlinge “wieder im Mittelmeer aussetzen” wollen, mit einem Klick auf die Löschtaste aus.

So, so.

Heute hat die “Bild”-Redaktion diesen Beitrag auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht:

Screenshot eines Facebook-Posts der Bild-Redaktion - Die beiden Männer fielen auf einem unbeleuchteten Weg über die junge Frau her - Frau (19) nach Herbstmarkt vergewaltigt - Fahndung

Bis jetzt über 1900 Likes, mehr als 2700 Mal geteilt, knapp 600 Kommentare. Darunter der von “Bild”-Leserin Doris, die meint, die “Kameltreiber” sollten “alle erstmal kastriert werden”, “bevor sie die Grenze übertreten dürfen”:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Zu zweit auf eine 19-jährige, was für Ehrenmänner. Irgendwann erwischen sie die Falsche, dann gibt es Rührei vom Feinsten. Die sollten, bevor sie die Grenze übertreten dürfen, alle erstmal kastriert werden. Mädels macht Selbstverteidigungskurse und zeigt den Kameltreibern mal, was deutsche Frauenpower bedeutet

Und auch “Bild”-Leserin Maria plädiert für die “Zwangskastration”:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Ach, die Geschwister Meier schon wieder. Zwangskastration, eine andere Sprache verstehen diese Typen nicht

“Bild”-Leserin Dorett ist für die Todesstrafe:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Direkt auf den elektrischen Stuhl, jepp, ohne großes reden

… genauso wie “Bild”-Leser Kai:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Anlegen und Feuer frei

“Bild”-Leser Timo findet, dass man solche Fälle nicht dem Staat überlassen sollte, und würde lieber zur Selbstjustiz greifen:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Also ich würde euch anzünden

“Bild”-Leser Max sieht das auch so:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - man könnte die doch zum Abschuss frei geben, was glaubst du wie schnell in DE wieder Ruhe wäre

Von “Bild”-Leserin Claudi gibt es die üblichen Beleidigungen:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Bei unverschleierten Frauen fällt es schon schwer, die beschnittene Kümmelstange unter Kontrolle zu halten, nicht wahr

“Bild”-Leser Joe wünscht sich einen “Österreicher” herbei — wen er damit wohl meint?

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - warum ist denn nie ein Österreicher da wenn man mal einen braucht?

Und “Bild”-Leser Alex wendet sich direkt an Adolf Hitler:

Screenshot eines Kommentars auf der Bild-Facebookseite - Oh man Addi, wo bist du, wenn man dich brauch?

Die “Löschtaste”, mit der die “Bild”-Redaktion laut Ombudsmann Elitz den Hass eindämmt, scheint derzeit zu klemmen.

Mit Dank an @bild_fb_watch für den Hinweis!

Klartext-Klartext über Ausländer

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat vor Kurzem entschieden, dass ein in Deutschland aufgewachsener Türke, der vor sechs Jahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde, ausgewiesen werden muss. Der Mann hatte auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis geklagt, doch das Gericht lehnte seinen Antrag ab.

Der Täter, so das Gericht, zeuge “von einem archaischen Frauenverständnis”, das mit dem deutschen Grundgesetz “nicht in Einklang zu bringen” sei. Die Ausweisung erscheine erforderlich, “um andere Ausländer in vergleichbarer Situation von ähnlichen Delikten abzuhalten.”

Oder in den Worten von “Bild”:

Ausriss Bild-Zeitung - Richterin spricht Klartext-Urteil des Jahres - Vergewaltiger wird zur Abschreckung in die Türkei abgeschoben, weil sein Opfer für ihn eine Schlampe war

Denn bei “Bild” ist das so: “Klartext” ist alles, was gegen Ausländer spricht.

Wenn ein Politiker sagt: “Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer!” Oder: “Das läuft mit den Ausländern falsch!” — dann ist das: “Klartext”.

Collage aus mehreren Bild-Schlagzeilen: Deutschlands mutigster Oberstaatsanwalt - Die Wahrheit über kriminelle Ausländer, Dauer-kriminelle Ausländer ausweisen! Das fordert Deutschlands mutigster Oberstaatsanwalt, Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer, Deutschlands klügster Kopf redet Klartext: Das läuft mit den Ausländern falsch

Wenn eine Schulleiterin sagt, ihre Klassen seien “arabisiert”, dann spricht sie “Klartext”.

Ausriss Bild-Zeitung - Eine Schulleiterin und ein Richter sprechen Klartext - Astrid-Sabine Busse (61) über ihre ersten Klassen - Wir sind hier an der Front. Wir sind arabisiert

Wenn ein Richter zu einer ausländischen Familie sagt:

Screenshot Bild.de - Richter Robert Grain (52) zu einer syrischen Familie - In Ihrer Kultur hat die Frau einen geringeren Stellenwert. Das ist bescheuert

… dann redet er: “Klartext”.

Wenn ein Richter zu einem straffälligen Ausländer sagt:

Screenshot Bild.de - Richter rechnet mit straffälligem Flüchtling ab - Wenn es bei uns so sch... ist, warum sind Sie dann hier?

… dann ist er ein: “Klartext-Richter”.

Wenn Hillary Clinton Angela Merkel rät, die Einwanderung nach Europa einzuschränken, dann ist das eine: “Klartext-Botschaft”.

Screenshot Bild.de - Klartext-Botschaft - Clinton empfiehlt Merkel weniger Einwanderung

Wenn eine Polizistin fragt: “Warum wird ein Marokkaner, der eine Frau vergewaltigt, nicht abgeschoben?” Dann redet sie: “Klartext!”

Ausriss Bild am Sonntag - Eine Polizistin redet Klartext! - Warum wird ein Marokkaner, der eine Frau vergewaltigt, nicht abgeschoben? - Die Justiz und wir sind am Limit, du kannst die Anzeigen auch gleich in den Reißwolf stecken - Über Intensivtäter wird viel zu lange viel zu viel diskutiert

Wer ist für “Bild” ein “Klartext-Politiker”? Thilo Sarrazin.

Screenshot Bild.de - Klartext-Politiker Thilo Sarrazin über Hartz IV - Es wächst eine weitgehend funktions- und arbeitslose Unterklasse heran

Die “Bild”-Kolumne, in der Heinz Buschkowsky auch gegen kriminelle Ausländer wettert, heißt: “Buschkowsky redet Klartext”.

Screenshot Bild.de - Buschkowsky redet Klartext - Warum Rücksicht nehmen auf hungernde Muslime?

Wenn eine Richterin sagt, die meisten Intensivtäter seien Ausländer, dann meint “Bild”:

Screenshot Bild.de - Kriminelle Ausländer - Diese mutige Richterin redet Klartext

“Klartext” ist für die Leute von “Bild” ein Qualitätssiegel. Sie verleihen es aber nicht an den klarsten Text, sondern an den, der am meisten Angst macht.

Aber da sind sie ja nicht die einzigen:

Wahlplakat der AfD: "Klartext zu Deutschland"

Mit Dank auch an den Hinweisgeber.

Der öffentliche Tod des Auswanderers

Am vergangenen Samstag ist Jens Büchner gestorben. Büchner, auch “Malle-Jens” genannt, war durch zahlreiche Auftritte in TV-Shows (unter anderem “Goodbye Deutschland”, “Ich bin ein Star, holt mich hier raus”, “Das Sommerhaus der Stars”) bekannt geworden und hatte sich jahrelang von Kamerateams im Alltag begleiten lassen. Er hatte aus seinem Leben ein Geschäft gemacht.

“Bild” macht eins aus seinem Tod.

Ausriss Bild-Zeitung - Drama um Deutschlands bekanntesten TV-Auswanderer - JENS LIEGT IM STERBEN
(Alle Unkenntlichmachungen in diesen Beitrag durch uns.)
Screenshot Bild.de - Jens Büchner (49), der Kult-Auswanderer aus Goodbye Deutschland - Unser Lieblings-Auswanderer ist tot
Screenshot Bild.de - TV-Auswanderer Jens Büchner (49) ist tot - Er starb an Lungenkrebs!
Screenshot Bild.de - Die letzten Tage und Stunden von Malle-Jens - Um 18 Uhr wurde es hektisch im Krankenzimmer - So sehen die Pläne für die Beerdigung aus
Screenshot Bild.de - Sie war bis zum Schluss bei ihrem Jens - Sein letzten Worte waren an Daniela gerichtet
Screenshot Bild.de - Das Achterbahn-Leben des TV-Auswanderers - Wie aus dem sächsischen Schlosser Malle-Jens wurde

So protokollieren “Bild” und Bild.de seit Tagen das Leben und Sterben des “Kult-Auswanderers”. Mit Sätzen wie:

[Seine Frau Daniela und ein paar Freunde] fuhren in ein Hotel in Can Pastilla, etwa acht Kilometer von Palma entfernt. Dort verbrachte Daniela einige Stunden im Hotel. Der Grund: Sie war informiert worden, dass Reporter vor ihrem Haus auf sie warteten.

“Bild” machte jedenfalls fleißig weiter.

Ausriss Bild-Zeitung - Letzte Ruhe in goldenen Turnschuhen
Screenshot Bild.de - Seine letzten Auftritte - Hier wusste Jens schon, dass etwas nicht stimmt
Screenshot Bild.de - Die Patchwork-Familie des Kult-Auswanderers - Acht Kinder werden Jens vermissen
Ausriss Bild-Zeitung - So erklärte die Witwe ihren Kindern den Tod von Malle Jens - Papa ist jetzt die Sonne
Screenshot Bild.de - Tochter von Jens Büchner - Ich werde dich immer lieben, Papa
Screenshot Bild.de - Sommerhaus-Kumpel Frank Fussbroich weint um Jens Büchner - Als würden die mir ein Stück aus dem Herz reißen
Screenshot Bild.de - Wie geht es nach dem Tod von Malle-Jens für Danni und die Kinder weiter? Das Geld reicht für ein Jahr
Screenshot Bild.de - TV-Auswanderer starb am Samstag an Lungenkrebs - Malle-Jens eingeäschert! Was er sich für seine Gedenkfeier wünschte
Screenshot Bild.de - Kult-Auswanderer gestorben - Zehn Tage vor seinem Tod wurde Jens noch einmal Opa
Screenshot Bild.de - Sie waren mit den Büchners im Sommerhaus der Stars - Bauer sucht Frau-Stars - Danni, wir sind immer für dich da!
Screenshot Bild.de - Danni Büchner gibt nicht auf - Witwe von Malle-Jens will auf Mallorca bleiben
Screenshot Bild.de - Bild-Malle-Reporter über das Phänomen Jens Büchner - Warum sein Tod so viele berührt

Warum sein Tod die “Bild”-Redaktion so berührt, ist kein großes Rätsel — das Thema gehört seit Tagen zu den meistgeklickten auf Bild.de, viele der Artikel sind kostenpflichtig. So wie dieser:

Screenshot Bild.de - Hier holt Daniela Büchner die Asche ihres Mannes [dazu ein von uns unkenntlich gemachtes Foto der Witwe, die eine Papiertüte in den Armen trägt]

Das (offenbar heimlich gefilmte) Video gibt es nur für zahlende Kunden.

Mit trauriger Klaviermusik unterlegt, zeigt Bild.de, wie die Witwe aus dem Krematorium kommt, die Urne mit der Asche ihres Mannes fest umschlossen. Das Bild friert ein, zoomt immer näher an die weinende Frau heran, während “Bild” kommentiert: “Kaum vorstellbar, was in diesem Moment in ihr vorgehen muss.”

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