Unglaublich, dieser Michael Jackson. Gerade mal tot — und schon wieder als Geist unterwegs. In “Neverland” so berichtet Bild.de, habe man etwas gesehen, was nach Meinung von Johannes von Buttlar (laut Bild.de ein “Mysterien-Experte”) zum einen der Geist von Jackson sein könne und zum anderen leicht erklärbar sei: Das Phänomen kenne man, Jackson habe sich vermutlich noch von “Neverland” verabschieden wollen. Oder so.
Prominente machen das ohnehin gerne mal, dieses Rumgeistern, weiß Bild.de weiter. Elvis beispielsweise. Der wird ja alle Naslang irgendwo gesehen. Als Kronzeugen dafür nennt “Bild.de” die Seite “ghost-pictures.org”. Und in der Tat, die Seite nimmt ihren Auftrag (nämlich ganz offensichtlich den der Satire) sehr ernst und enthüllt sagenhafte neue Dinge.
Beispielsweise, wie das wirklich war, als die ersten Menschen den Mond betraten:
What the astronauts failed to see was that the ghost of Elvis was there to greet them and indeed to serenade them with a medley of his best loved songs.
Natürlich belegt “ghost-pictures.org” auch mit exklusivem Fotomaterial, wie Elvis die Astronauten mit einem kleinen “Medley seiner beliebtesten Lieder” auf dem Mond begrüßte — und vermutlich ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, wann Jackson dort auftaucht, als Erfinder des Moonwalk ist er dafür geradezu prädestiniert.
Wenn’s soweit ist — Bild.de wird uns sicher auf dem Laufenden halten.
Mit Dank an Markus F.
Nachtrag, 14.7.: Unser Leser Klaus M. hat den Freunden von “ghost-pictures.org” eine nette Mail geschickt und sie darauf hingewiesen, dass auf ihrer Seite stehe, “Elvis was there to great them”. Inzwischen haben es die Geisterbildersammler in ein korrektes “to greet them” umgewandelt, weswegen jetzt auch bei uns die korrekte Version zu finden ist.
Dass Michael Jackson am gestrigen Donnerstag im Alter von 50 Jahren verstorben ist, dürfte inzwischen jeder mitbekommen haben, der sich heute nur in der Nähe eines Computers, Radios oder eines anderen Menschen aufgehalten hat.
In der Nacht war die Nachrichtenlage noch deutlich unübersichtlicher: Der Onlinedienst TMZ.com war sich ganz sicher (wie der diensthabende Redakteur der “LA Times” erzählte), als er um 23:44 Uhr deutscher Zeit verkündete, Jackson sei tot. Aber war der Nachricht auch zu trauen?
Was folgte, ist ein Lehrbuch-Beispiel dafür, wie Journalismus im Jahr 2009 funktioniert — immer getrieben von den teils unvereinbaren Wünschen, möglichst der Erste zu sein und möglichst nichts falsches zu berichten:
Bild.de um 23:59 Uhr:*
Bild.de um 00:01 Uhr:
Bild.de um 00:14 Uhr:
Bild.de um 00:30 Uhr:
Bild.de um 00:50 Uhr:
Bild.de um 01:09 Uhr:
Aber auch bei anderen Medien gab es ein gewisses Chaos, bis schließlich Gewissheit herrschte. So konnte man um 00:34 Uhr bei “RP Online” diese Überschrift lesen:
Unter dem Artikel aber stand ein Kommentar von 00:01 Uhr, der nahelegt, dass Überschrift und Aussage des Artikels zu diesem Zeitpunkt etwas anders ausgesehen hatten:
Um 00:44 Uhr stand dann auch für “RP Online” fest:
Zum gleichen Zeitpunkt gab sich die britische “Sun” noch außergewöhnlich distanziert:
Doch nicht alle Online-Redaktionen konnten zu dieser Nachtschlafenden Zeit schnell reagieren. Um 00:56 Uhr lauteten die Top-Stories bei stern.de und sueddeutsche.de noch
beziehungsweise
Um etwa 01:20 Uhr wäre man dann aber auch bei diesen beiden Seiten zumindest grob informiert gewesen.
Während MTV in den USA sein Programm umstellte und Michael-Jackson-Videos zeigte, liefen bei den deutschen Musiksendern in der Nacht noch die vorbereiteten Clips. Die Startseite von mtv.de aber sieht seit seit mindestens ein Uhr schlicht und ergreifend so aus:
Sämtliche Die meisten gedruckten Zeitungen von heute waren damit natürlich vergleichsweise uninteressant …
Mit Dank auch an Jochen K.
*) Diesen Screenshot haben wir um 16:15 Uhr nachgetragen. Wir verdanken ihn unserem Leser Thorsten K.
Verehrter Ex-Tennisstar Michael Stich, mit Verlaub… — Sie sind ein Macho! Da beginnt das wichtigste Tennisturnier der ganzen Hemisphäre und Sie, Stich, Sie mosern rum, dass es zumindest im Damenwettbewerb doch wieder nur um das Eine (nein, nicht um Sport) gehe.
Wundern Sie sich da noch, dass die Sport-Gleichstellungsbeauftragten von Bild.de daraus sogleich eine dicke Schlagzeile machen?
Und wer könnte Stich berechtigter zum “Macho” erklären als das Tennis-Fachorgan “Bild”, das den Stich-Artikel online mit zwei Fotogalerien (“Sexy Fotos: So schön ist Ana Ivanovic” und “Sexy Kalenderfotos: Maria Scharapowa in Bademode”) illustriert und die Dinge im Damen-Tennis ohnehin erst kürzlich auf den Punkt brachte?
… um sich anschließend in kreativer Namensgebung für Sportlerinnen (Sportart + Vorname + Körbchengröße) zu betätigen:
Ach ja: Nach Bild.de hat sich dann übrigens auch die gedruckte “Bild” Stichs “Macho-Attacke” angenommen — neben den Brüsten von Simona Halep (“Lässt tief blicken”) und unter dem Titel:
Was nun insofern in die Irre führt, als Stich in der Geschichte ebenfalls zu Wort kommt. Allerdings wie folgt:
Michael Stich zu BILD: “Die Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen. (…)” Das mit dem Sex-Appeal habe er so nie gesagt, es sei doch allen klar, dass die Tennisspielerinnen Wert auf ihr Äußeres legen.
Der Partei geht es vor allem um digitale Themen. Sie steht für Freiheit im Internet, wendet sich gegen die Internet-Sperre, tritt für ein faires Urheberrecht ein und verlangt einen Hacker-Paragraphen. (Fettung von uns.)
Letzteres, liebe Bild.de-Redaktion, wäre aber eine mehr als seltsame Forderung der Piraten — nicht zuletzt, weil es doch in Deutschland bereits einen sog. “Hacker–Paragraphen” gibt.
Mit Dank an die Hinweisgeber.
Nachtrag, 23.6.2009:Bild.de hat das mit dem “Hacker-Paragraphen” ersatzlos gestrichen.
2. Nachtrag: Der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei, Jens Seipenbusch, antwortet uns auf die Frage, ob seine Partei (wie von Bild.de behauptet) einen Hacker-Paragraphen verlange:
Der tatsächliche Hacker-Paragraph 202c ist abzulehnen, da er juristisch schlecht und unpräzise ist und die Werkzeuge verbietet, anstatt sich auf die mit ihnen begangenen Taten zu beschränken. Da sind wir eins mit dem CCC, kann ich wohl sagen. (CCC-Link von uns.)
“Sicher werde ich für einige immer
der Kinderporno-Politiker bleiben.” (Jörg Tauss im “BILD-Verhör” vom 30.3.2009)
Und siehe da: Als sich die Bild.de-Redaktion heute entschied, abermals (siehe BILDblog von vorgestern) über den SPD-Abgeordneten Jörg Tauss zu berichten, tat sie das zunächst unter der Dachzeile:
Dass das bei Tauss vielleicht irgendwie herabwürdigendvorverurteilend nicht ganz okay ist, hat man offenbar auch bei Bild.de erkannt* und die Dachzeile nachträglich lieber wie folgt geändert:
Biertrinker müssen sich auf höhere Preise einstellen. Angesichts gestiegener Rohstoffkosten etwa beim Malz und des sinkenden Absatzes stünden die Brauereien unter Druck, sagten Vertreter des Deutschen Brauer-Bundes am Donnerstag in Darmstadt.
Deutschlands Biertrinker müssen nicht mit steigenden Preisen rechnen, obwohl die Rohstoffpreise gestiegen sind. Zurzeit seien Preiserhöhungen kaum zu realisieren, sagte der Präsident des Deutschen Brauer-Bunds, Wolfgang Burgard, in Darmstadt.
P.S.: Zum Wohle unserer Leser werden wir natürlich baldmöglichst einfach mal beim Brauer-Bund nachfragen, was denn jetzt stimmt.
Mit Dank an Jan-Dirk S., Benjamin Z., Theo W., Stephan F. und Mark F.
Nachtrag, 13.57 Uhr: Marc-Oliver Huhnholz, Sprecher des Brauer-Bundes, sagt uns auf Anfrage, der Brauer-Bund hielte es zwar für gerechtfertigt, wenn das Bier in Deutschland teurer würde, aber:
“Wir gehen nicht davon aus, dass es flächendeckend zu Preiserhöhungen kommt.”
Anders gesagt: Nachdem inzwischen ausgerechnet die korrekte Meldung (“nicht teurer”) aus den Bild.de-Newsticker gerutscht ist, ist wohl das, was beispielsweise bei Bild.de übrig bleibt und gestern sogar die Startseite zieren durfte, falsch.
Letzten Freitag war der SPD-Mann Björn Böhning für “Bild” der “Verlierer des Tages”. Er hatte sich gegen die geplante Einrichtung von Internetsperren gegen Kinderpornographie ausgesprochen, weil diese nur “Sichtblenden” seien, die Inhalte aber nach wie vor verfügbar (BILDblog berichtete).
So gesehen ist es wohl nur konsequent, dass “Bild” heute die Frau zur “Gewinnerin” macht, die das Gesetz zu den Internetsperren vorangetrieben hat: Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, von ihren Gegnern auch als “Zensursula” bezeichnet.
Sie kämpft mit Verve für den Schutz unserer Kinder: Familienministerin Ursula von der Leyen (50, CDU) forderte seit Langem ein Gesetz, das den Zugang zu Kinderporno-Seiten im Internet erschwert. Jetzt hat sich die Koalition auf einen Gesetzentwurf geeinigt. Geplant sind u. a. Stoppschilder, die vor einschlägigen Websites warnen.
Jetzt kann man, wenn man pervers veranlagt ist, seine Phantasie mit den Wörtern: “Bild”, “Kampagne”, “SPD” und “Kinderpornographie” spielen lassen, und hat ein ungefähres Bild dessen, wovor den Genossen graust. Das gegen Böhning, war nur ein kleiner Stupser.
Der SPD-Internetexperte Jörg Tauss wandte sich gestern in einem offenen Brief an seine Fraktionskollegen, in dem er unter anderem schrieb:
Wir sollten mehr Sorge um unseren Ruf [im Internet] haben, als vor einzelnen negativen Schlagzeilen in der BILD.
Schon heute kann Tauss am eigenen Leib die Wirkung negativer Schlagzeilen in “Bild” überprüfen:
Im März war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft wegen des Besitzes von Kinderpornographie gegen Tauss ermittelt. Der begründete den Besitz (auch im “‘Bild’-Verhör”) damit, er habe sich ein eigenes Bild von der Szene und ihren Verbreitungswegen machen wollen. “Zeit Online” berichtete erst heute wieder über seinen Fall.
Der gleiche Paul Ronzheimer, der Tauss Ende März für “Bild” interviewt hatte, schreibt heute:
Dieses Thema lässt ihn einfach nicht los… Der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss wehrt sich plötzlich wieder massiv gegen die geplante Kinderporno-Sperre im Internet – und das, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn noch immer wegen Kinderporno-Verdacht ermittelt.
Dabei ist die Formulierung “plötzlich wieder” ziemlicher Quatsch: Tauss war schon früh ein Kritiker der geplanten Internetsperren und hat diese auch im Mai kritisiert.
Das Wörtchen “obwohl” hingegen ist mehr als perfide — wie auch der Rest des Artikels:
Tauss und die Internetsperre – das Thema bewegt ihn seit Langem. Die Vorwürfe, selbst kinderpornografisches Material besessen zu haben, beendeten aber von einem Tag auf den anderen seine politische Karriere. Obwohl er seine Unschuld beteuert, die Kontakte in die Szene mit der Recherchetätigkeit als Abgeordneter begründete, zog er seine erneute Kandidatur für die Bundestagswahlen zurück. Der Druck aus der Partei war zu groß geworden. Vor dem Hintergrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die immer noch andauern, hielt sich Tauss zurück. BIS JETZT!
Trotz der aktuellen Berichterstattung gibt sich Tauss entspannt. So twitterte er am heutigen Nachmittag:
(Tauss bezieht sich dabei auf die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann, die Ehefrau des stellvertretenden “Bild”-Chefredakteurs Alfred Draxler)
Man kann die Empörung von Bild.de förmlich mit Händen greifen:
“Seehofers Geliebte erneut schwanger?” fragt die Taz in ihrer heutigen Ausgabe. Und: “Das ungeklärte Privatleben des CSU-Chefs verärgert viele Parteifreunde”.
Einen Beleg für Seehofers angebliches Doppelleben bleibt die links-alternative Tageszeitung allerdings schuldig.
Eigentlich eine journalistische Todsünde – dreht die Taz jetzt total durch?
Ja, verdammte Axt, die “taz” muss tatsächlich des Wahnsinns sein, wenn sie solche Sachen schreibt:
Bald hörte man in Berlin von CSU-Leuten: “Die sind noch zusammen.” In den letzten Wochen kam noch ein Detail dazu: “Die beiden bekommen ein zweites Kind.” […]
Am Tag, als das Gerücht den Weg in manche Blätter fand, feiern die Katholiken in Bayern das Fest Fronleichnam mit Prozessionen.
Fronleichnam war gestern. Und wer würde da schon Gerüchte über ein “angebliches Doppelleben” verbreiten?
Also: Wer, außer “Bild” unter Berufung auf die “Bunte”? Denn die Klatsch-Illustrierte ist offensichtlich auch total durchgedreht, als sie schrieb:
In Berlin und München überschlugen sich vergangene Woche die Gerüchte: Anette Fröhlich sei angeblich zum zweiten Mal schwanger vom CSU-Vorsitzenden, hieß es. Sogar anonyme Briefe mit dieser Behauptung wurden an mehrere Redaktionen verschickt.
Einar Koch hat sich gestern wirklich bemüht, in keinem Moment den Eindruck zu erwecken, er mache sich die vielen angeblichen Details aus dem Privatleben Horst Seehofers zu eigen, die er für “Bild” aus der “Bunten” abschrieb. Er führte sogar aus:
Nach BILD-Informationen lässt die Rechtsanwältin wegen der Veröffentlichung der Kinderfotos rechtliche Schritte gegen die Münchner Illustrierte prüfen.
Die Juristen in der Münchner Staatskanzlei hatten zeitweilig erwogen, die Auslieferung der Illustrierten wegen der Kinderfotos in letzter Minute gerichtlich stoppen zu lassen.
Der selbe Einar Koch hat übrigens für die heutige “Bild” ein Interview mit Horst Seehofer geführt:
BILD: Herr Seehofer, die “Bunte” spekuliert über ein angebliches Liebes-Comeback mit Anette Fröhlich, der Mutter Ihrer unehelichen Tochter Anna-Felicia. Was sagen Sie zu den Spekulationen?
Horst Seehofer: Dazu äußere ich mich generell nicht mehr.
BILD: Dann zur Politik: Mit dem CSU-Erfolg bei der Europawahl haben Sie Ihre Feuertaufe als Parteichef bestanden. Was ist das nächste Etappenziel?
Und das war’s dann mit dem knallharten Kreuzverhör unter der Überschrift:
“Bild” und Bild.de können sich jetzt entspannt zurücklehnen und ganz geschickt über Bande spielen: Während man die Schwangerschafts-Gerüchte heute bequem der “taz” in die Schuhe schieben kann (obwohl sie als erstes von der “Bunten” veröffentlicht wurden), plapperte man gestern fröhlich nach, was andere woanders erzählt hatten:
RTL fragte in seiner Morgensendung bei Tanja May, “BUNTE”-Chefreporterin und Autorin des Berichts, nach: Sie lässt keine Zweifel aufkommen. Auf dem einen Foto sei die kleine Anna-Felicia zu sehen, “die Kleine schlendert da raus, die Händchen in den Hoschentaschen, als wenn sie da jeden Tag rausmarschiert.” […]
Laut “Bunte” sollen beide in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai in Seehofers Ein-Zimmer-Wohnung den 35. Geburtstag von Anette Fröhlich am 1. Mai “gefeiert” haben. Die Fotos sollen also das immer noch sehr enge Verhältnis der beiden belegen!
Für Tanja May sind die Fotos der letzte Beweis, “okay, die beiden sind nach wie vor ein Paar”.
PS: Als “Bild” vor zweieinhalb Jahren exklusiv über die Schwangerschaft von Seehofers Geliebter berichtete (s.a. BILDblog vom 16. und 17. Januar 2007), hatte die Zeitung einen ähnlich schwachen “Beleg für Seehofers angebliches Doppelleben”, wie sie ihn jetzt der “taz” vorwirft:
Wie BILD zuverlässig erfuhr, wird Seehofer noch einmal Vater. Seine junge heimliche Geliebte erwartet in Berlin ein Kind von ihm.
Die “Süddeutsche Zeitung” hat mit einem Mann gesprochen, der sich in den USA mit der Schweinegrippe infiziert hatte:
Hatten Leute Angst vor Ihnen?
Ich glaube nicht. Aber viele Menschen werden sehr neugierig. Das hat mich geärgert, vor allem auch, weil eine Menge Berichte Unwahrheiten enthielten. Die Bild-Zeitung schrieb zum Beispiel online in Bezug auf mich: “Er darf das Krankenhaus verlassen.”
Wo ist das Problem dabei?
Ich war nie im Krankenhaus.