Archiv für 6 vor 9

Verschleierungskünstler Reichelt, BR-Fremdkörper, Gut-genug-Magazin

1. Julian Reichelts abwegige Verteidigung
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
„Bild“ veröffentlichte einen ganz offensichtlich gefälschten Mailwechsel, der den Juso-Chef Kevin Kühnert inkriminieren sollte (#miomiogate), was infam und reichlich absurd war. Dieser Vorgang wird nur noch getoppt von den zweifelhaften Rechtfertigungsversuchen des „Bild“-Chefs Julian Reichelts. Dessen abwegige Ein- und Auslassungen haben Stefan Niggemeier keine Ruhe gelassen und so hat er sich auf „Übermedien“ nochmal des Falls angenommen.

2. Gastronom scheitert mit Klage gegen MDR
(thueringer-allgemeine.de, Martin Debes)
Ein Gastronom sah sich in einem 2015 ausgestrahlten Film des MDR über die organisierte Kriminalität in Erfurt zu Unrecht in die Nähe der Mafia-Organisation ’Ndrangheta gerückt. Nachdem er erfolgreich auf Unterlassung geklagt hatte, verklagte er Sender und Autoren des Berichts auf 50.000 Euro Schmerzensgeld. Dies wurde nun vom Thüringer Oberlandesgericht zurückgewiesen.

3. Warum sich Frauen online viel seltener in Debatten einmischen als Männer
(nzz.ch, Corinne Plaga)
In den Kommentarspalten der Medien dominieren meist männliche Namen, so auch bei der „NZZ“. Warum melden sich Frauen so selten zu Wort? Warum geht es in den Kommentarspalten oft zu wie an einem virtuellen Männerstammtisch? Corinne Plaga und das „NZZ“-Community-Team haben zu dieser Thematik Leser und Experten befragt. Die Gründe sind vielfältig und reichen von Zeitmangel bis zur kritisierten Oberflächlichkeit des Austauschs und der Sorge, im männerdominierten aggressiven Diskurs unter die Räder zu geraten.

4. “Ein Fremdkörper mitten im BR-Programm”
(sueddeutsche.de, Rudolf Neumaier)
Die bayerische Polit-Sendung „Quer“ mit Christoph Süß feiert dieses Jahr ihren zwanzigsten Geburtstag. Die „SZ“ zeichnet die Entstehungsgeschichte des Erfolgsformats nach, das zuletzt über eine Million Zuschauer hatte. PS: Die nächste Sendung gibt es am Donnerstag um 20.15 Uhr und danach auf der „Quer“-Seite des Bayrischen Fernsehens.

5. Facebook durchleuchtet die geistige Gesundheit seiner Nutzer
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Facebook setzt außerhalb von Europa verschiedene KI-Techniken ein, um ein Frühwarnsystem für suizidgefährdete Nutzer zu schaffen. Ein neuronales Netzwerk analysiere die Statusmeldungen und die Reaktionen anderer Nutzer, etwa Fragen wie „Kann ich helfen“ oder „Geht es dir gut?“, erstelle einen Gefahrenwert und löse ggf. einen Notfalleinsatz aus. Was sich zunächst hilfreich und verantwortungsvoll anhört, sorgt für Bedenken wegen mangelnder Transparenz und möglichem Missbrauch des Systems.

6. Folge 137, Radioserie der Zentralen Intelligenz Agentur im Deutschlandradio Kultur, 2008
(folge137.de, Audio, 54:45 Minuten)
Vor zehn Jahren startete bei „Deutschlandradio Kultur“ eine sechsteilige Serie fiktiver und subversiver Radiomagazine. Nun will man nach und nach die Folgen als Podcast veröffentlichen. Den Anfang macht die einstündige Sendung “Gut Genug – Magazin von Mittelmäßigen für Mittelmäßige“, bei der es fast wie im normalen Kultur-Hörfunk zugeht: Ein Reisereporter berichtet aus dem beschaulichen Molpe, der “matten Perle im Moor”, der Haus-Lyriker lobt das lauwarme Wasser und der Wissenschaftskorrespondent beklagt die Erkenntnis, dass durchschnittliche Gesichter nun doch nicht die schönsten seien.

Doppelter Auftragsmord, Söders Sidekick, Von der AfD lernen

1. „Doppelter Auftragsmord“
(taz.de, Alexandra Mostyn)
In der Slowakei sind der Investigativjournalist Ján Kuciak und seine Freundin Martina K. durch Auftragsmörder regelrecht hingerichtet worden. Kuciak hatte über Klüngeleien zwischen Politik und Wirtschaft recherchiert und sich mit Immobilienspekulanten angelegt. Er war seit 2015 Redakteur des Newsportals aktuality.sk, welches zu Ringier Axel Springer Slovakia gehört. 

Weiterer Lesetipp: Bastian Obermayer weist in der „SZ“ darauf hin, dass mit Ján Kuciak erneut ein Journalist ermordet wurde, der an den Panama Papers mitgearbeitet hat: „Die slowakische Politik muss nun zeigen, dass sie derartige Verbrechen nicht duldet. Sie muss mit aller Entschlossenheit den oder die Täter zur Verantwortung ziehen. In einem Land, in dem sowohl der Regierungschef als auch ein Minister sich abfällig über recherchierende Journalisten geäußert haben, ist dies leider nicht selbstverständlich. Auch in diesem Punkt gibt es also Parallelen zu Malta, wo noch immer vollkommen unklar ist, wer Daphne Caruana ermorden ließ und warum.“

2. Die AfD und ihr Newsroom
(buggisch.wordpress.com, Christian Buggisch)
Als die AfD ankündigte, einen Newsroom einzurichten, gab es teilweise empörte Reaktionen. Christian Buggisch kann die Empörung nicht teilen, sondern ermuntert die anderen Parteien an dieser Stelle von der AfD zu lernen: „Durch die Professionalisierung ihrer Kommunikation mittels Newsroom-Organisation könnte die AfD ihren Reichweiten-Vorsprung gegenüber anderen Parteien weiter ausbauen. Anstatt wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren und der AfD beleidigt Propaganda vorzuwerfen, sollten sich diese Parteien einen Ruck geben und ihre Kommunikation ebenfalls professionalisieren, modernisieren und an den Zielgruppen ausrichten – und sei es, indem sie das Newsroom-Modell ebenfalls adaptieren.“

3. Microsofts Nachrichtenzentrale
(wuv.de, Holger Schellkopf)
Vom Berliner “MSN”-Newsroom aus bespielt ein internationales Team die Nachrichtenangebote von Microsoft in zehn Ländern. Seit August 2017 werkeln dort etwa 70 Mitarbeiter aus den verschiedensten Ländern an den News von “MSN”, “Bing”, “Edge” und den Inhalten diverser Apps. Holger Schellkopf erklärt auf wuv.de wie das Ganze funktioniert.

4. Von der Redaktion in den Bundestag
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Manchmal engagieren sich Journalisten neben ihrer eigentlichen Arbeit auch parteipolitisch, und manchmal werden sie sogar Berufspolitiker wie im Fall von Tabea Rößner (Grüne) und Ralf Kapschack (SPD). Im „Deutschlandfunk“-Beitrag geht es um Fragen wie: Dürfen sich Journalisten politisch einbringen? Und wie wirkt sich ihre frühere Tätigkeit auf den späteren Job als Politiker aus?

5. Spiegel online fragt nach Zweifeln am Journalismus und liefert gleich Anlass
(stefan-fries.com)
Bei „Spiegel Online“ hat man die Leser zu ihrer „Haltung zu deutschen Medien“ befragt („Ich vertraue Ihnen weitgehend / Ich misstraue ihnen eher.“) und zu ihren Informationsquellen. Stefan Fries erklärt, warum diese Art der Befragung aus seiner Sicht genau den Zweifel an der journalistischen Arbeit aufkommen lässt, den man eigentlich abfragen will.

6. Söders Sidekick: Sat.1-Moderator auf CSU-Tour
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Wenn ein Moderator von „Sat.1 Bayern“ auch bei der CSU und großen Unternehmen moderiert, wirft dies Fragen z.B. zu seiner journalistischen Unabhängigkeit oder der Glaubwürdigkeit der Nachrichtensendung auf. Boris Rosenkranz hat versucht, Antworten auf diese Fragen zu bekommen. Es war ein beschwerlicher Weg, denn Moderator, Produzent und Sender sahen an keiner Stelle Probleme. Zum Glück kann sich Rosenkranz an einen alten Moderationsausschnitt aus dem Jahr 2009 erinnern, der seine Fragen gewissermaßen beantwortet.

Reichelts Lavieren, Dauerklauer “Focus”, Berlinale-Kleiderfragen

1. Schwache Verteidigung
(taz.de, Jürn Kruse)
Jürn Kruse schwankt hin und her, ob er die Einlassungen und Rechtfertigungsversuche des „Bild“-Chefs Julian Reichelt zum #miomiogate blöd oder bigott finden soll. Dieser hatte zuletzt seine Strategie geändert und sich auf den Auftritt von „Titanic“-Redakteur Moritz Hürtgen bei „RT“ eingeschossen. Reichelt hatte u.a. getwittert: „Wer professionell gezielte Desinformation betreibt und damit RT bedient, kann sich nicht auf Freiheit der Satire berufen.“
Kruse nötigt das ein trockenes „Doch, Herr Reichelt, kann er.“ ab. „So wie Sie sich auf die Freiheit der Presse berufen dürfen, wenn Sie einen Hund in die SPD einschleusen.“

Weiterer Lesetipp: Julians Einmaleins (daily.spiegel.de, Ulrike Simon)
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2. Das Gift der asozialen Medien
(wiwo.de, Dieter Schnaas)
Dieter Schnaas entwickelt in der „Wirtschaftswoche“ interessante Gedanken über „das Gift der asozialen Medien“. Die eigentliche Gefahr liege im stillen Bündnis von Politik und sozialen Medien: „Donald Trump und Mark Zuckerberg kommt es eben nicht auf Virilität und Mobilisierung an, auf die Kraft von Worten, Kriterien und Argumenten, sondern auf Zerstreuung und Entpolitisierung – auf die Entkräftung der Gesellschaft durch die Bewirtschaftung von Emotionen. Man muss Zuckerberg bei seinem Weltfriedensprojekt schon beim Wort nehmen, um es wirklich fürchten zu lernen: Er und Trump bringen die Menschen durch die systematische Trivialisierung der Welt einander näher – indem sie Nutzern und Wählern die Denk- und Diskursfähigkeit abtrainieren. Für beide, Zuckerberg wie Trump, zählt der Trend, nicht die Bedeutsamkeit. Das „Gefällt mir“, nicht dessen Grund. Der Präsenzerfolg, nicht die Arbeit an einem Ziel.“

3. „Textaufbau, Einstieg, teilweise ganze Passagen kopiert“: Focus Online löscht Artikel und entschuldigt sich für Inhalte-Klau bei Welt
(meedia.de, Marvin Schade)
Zwischen den Unternehmen Axel Springer und Hubert Burda Media gibt es immer mal wieder Zoff. Axel Springer hatte dem Focus zum Beispiel„systematischen Inhalte-Klau“ vorgeworfen und war deswegen sogar vor Gericht gezogen. Es kam jedoch nicht zur Eskalation: In einer gemeinsamen Presseerklärung teilten beide Medienunternehmen damals mit, man habe sich geeinigt. Nun gibt es einen neuen Fall des Inhalte-Diebstahls: Die „Welt“ beklagt sich darüber, dass „Focus Online“ sich bei ihr allzu großzügig bedient habe („Textaufbau, Einstieg, teilweise ganze Passagen vom WELT-Original kopiert“).
Mittlerweile ist der Focus-Artikel verschwunden und die stellvertretende Chefredakteurin hat sich auf Twitter entschuldigt. Die lapidare Einleitung „Fehler passieren.“, lässt ahnen, wie Ernst es ihr damit ist.
Weiterer Lesetipp: „Eindruck einer Satire-Session“: Focus Online bemüht sich jetzt um konstruktiven Journalismus (meedia.de, Marvin Schade).

4. Wozu Rundfunk-Gebühren? Frequently Asked Questions
(arminwolf.at)
In der Schweiz findet in wenigen Tagen eine erbittert umkämpfte Volksabstimmung über die Erhebung von Rundfunkgebühren statt. Da die österreichische FPÖ ebenfalls die Abschaffung der „Zwangsgebühren“ fordert, hat Armin Wolf die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema zusammengestellt. In vollem Bewusstsein, dass man ihm Parteinahme vorwerfen könnte: „Jetzt können Sie natürlich sagen: Eh klar, dass er das schreibt, er kriegt ja sein Gehalt dort. Stimmt, ich bekomme mein Gehalt im ORF – großteils aus Ihren Gebühren (vielen Dank!), aber ich wäre auch für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wenn ich ganz was anderes arbeiten würde. Einfach als Staatsbürger. 80 Cent am Tag ist mir das wert.“
Lesetipp zur Abstimmung über die Abschaffung der Rundfunk- und Fernsehgebühren in der Schweiz: Bastion der Demokratie (zeit.de, Thomas Beschorner & Caspar Hirschi)

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5. Steingart kritisiert zum Abschied Dieter von Holtzbrinck
(dwdl.de, Timo Neumeier)
Gabor Steingart hat zu Beginn des Monats seinen Posten als Herausgeber und Geschäftsführer der Handelsblatt Media Group verloren. Nun hat er sich in einer Abschiedsmail an seine Mitarbeiter gewandt und noch einmal Verleger Dieter von Holtzbrinck kritisiert. Dessen “Handhabung der Presse- und Meinungsfreiheit in Sachen Martin Schulz” habe letztendlich zur Entfremdung geführt.
Weiterer Lesetipp: Gabor Steingarts Abschiedsbrief im Original (kress.de, Bülend Ürük).

6. Die Reaktionen auf Lena Meyer-Landruts Kleid zeigen, wie sexistisch deutsche Medien sind
(vice.com, Rebecca Baden)
Eine „n-tv“-Journalistin fühlte sich durch die sexistische Berichterstattung über Lena Meyer-Landruts Auftritt bei der Berlinale gestört und schrieb einen offenen Beschwerdebrief. Diesen richtete sie jedoch nicht, wie zu vermuten, an die „Bild“, sondern an Meyer-Landrut. Ihr freundlich eingeleiteter “Liebe Lena”-Brief lese sich dabei wie „die auf Diddl-Blättern verfassten Hassbotschaften, in denen Grundschülerinnen sich die Freundschaft kündigen“, so Rebecca Baden in ihrer Erwiderung.

Reichelts Worte, Traurige Sex-Hetze, Panikmache und Scharfmacherei

1. Nach SPD-Posse der Titanic: Reichelt entschuldigt sich beim Bild-Team
(wuv.de, Lisa Priller-Gebhardt)
Während es im Netz in der Sache #miomiogate Hohn und Spott für “Bild”-Chef Julian Reichelt gibt, versucht dieser wenigstens seinem Team per Rundbrief weiszumachen, man habe alles richtig gemacht.
Ganz zum Schluss beschwört der ehemalige Kriegsreporter und Militarismusfan nochmal seine virtuellen Truppen: “(…) zusammenzustehen, wenn wir Anfeindungen ausgesetzt sind, geht auf uns alle” — und man sieht ihn dabei förmlich im Büro auf dem Feldbett sitzen. Wenn er nicht längst einen Architekten damit beauftragt hat, im Axel-Springer-Hochhaus Schützengräben auszuheben.

2. Die Lüge von der „Sex-Broschüre für Kita-Kinder“
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Sobald es um Themen wie Intersexualität und Transsexualität geht, scheinen bei Boulevardmedien die Sicherungen durchzubrennen. So auch bei einer von “Bild” und “BZ” zum Skandal hochgejazzten Broschüre für pädagogische Fachkräfte. Stefan Niggemeier kommentiert den traurigen Vorgang: “(…) was hier passiert, ist keine Diskussion über die Inhalte der Broschüre. Es ist eine Schmutz- und Desinformationskampagne. Sie verbreitet erneut die Mär von der “Frühsexualisierung” und vielen damit verbundenen Unterstellungen wie der, dass linke Pädagoginnen und Pädagogen heimlich daran arbeiten, die ganze Welt transsexuell oder wenigstens schwul zu machen, und „normale“ Kinder verachten und vernachlässigen.”

3. Änderungen in der Google-Bildsuche – Probleme bleiben
(djv.de, Michael Hirschler)
Die Fotobranche hat schon seit Längerem Probleme mit Google und dabei wird es wohl auch bleiben. Mittlerweile hat der Suchmaschinengigant zwar die sogenannte Einzelbildpräsentation abgeschafft. Dies erfolgte jedoch nicht aus Einsicht oder Wohlwollen, sondern ist auf einen Deal mit der Firma Getty Images zurückzuführen. Michael Hirschler kommentiert: “Ein kritischer Beobachter könnte auch meinen: der Firma Getty Images wurde ihre Beschwerde wohl eher abgekauft. Das erinnert an die Praxis der Firma Microsoft, als die EU-Kommission wegen Wettbewerbsverletzungen gegen sie vorging. Firmen, die eine Beschwerde eingelegt hatten, wurden von Microsoft einfach aufgekauft. Auch wenn Getty Images jetzt (noch) nicht direkt von Google aufgekauft wurde, sieht es ziemlich ähnlich aus.”

4. Kenntnisfreie „Fakten-Checker“ bei „Hart aber fair“: Plasberg und Bild strapazieren das „gesunde Volksempfinden“
(meedia.de, Thomas Fischer)
Die vergangene “Hart aber Fair”-Sendung mit Frank Plasberg wurde in den Medien vielfach kritisiert. Hans Hütt fand in der “FAZ”, dass die Sendung ihren Informationsauftrag verfehlt hätte und macht dafür auch die Fragen von Gastgeber Plasberg verantwortlich. Christoph Kammenhuber sah es in der „taz“ ähnlich: Dem Moderator habe es an juristischem Fingerspitzengefühl gefühlt und er habe als Vertreter des „gesunden Volksempfindens“ Stimmung gegen die Justiz gemacht.
 Nun nimmt sich mit Bundesrichter a.D. Thomas Fischer jemand vom Fach der Sendung an. Sein Befund: “Fünf Viertelstunden kenntnisfreier Panikmache und rechtspolitischer Scharfmacherei auf sehr niedrigem Niveau“.

5. Hass-Reden gegen Menschenrechte
(taz.de)
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat ihren Jahresbericht vorgestellt. „Das Schreckgespenst von Angst und Hass macht sich in der Weltpolitik breit und es gibt wenige Regierungen, die sich in diesen unruhigen Zeiten für Menschenrechte einsetzen“, beklagt der Vorsitzende Salil Shetty. Negativ hervorgehoben hätten sich die Staatschefs von Ägypten, Venezuela und der Philippinen, aber auch der russischen Präsidenten Wladimir Putin, der chinesischen Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Donald Trump.

6. “Wer hat Julian Reichelt erlaubt, die Demokratie so in den Dreck zu ziehen?”
(tagesspiegel.de, Christopher Lauer)
Christopher Lauer wendet sich in seiner Video-Kolumne an den „Bild“-Chef: „Lieber Julian Reichelt, wer hat Dir erlaubt, die Demokratie so in den Dreck zu ziehen, wie es Deine Zeitung gerade macht?“

#miomiogate, Antisemitismus, Schleichwerbeverdacht

1. „Man hätte sehen können, dass es ein Fake sein kann“
(faz.net, Oliver Georgi)
Reißerisch und prominent auf der Titelseite schrie „Bild“ eine schier unglaubliche Geschichte in die Welt hinaus: Juso-Chef und Groko-Gegner Kevin Kühnert hätte in Kontakt mit russischen Trollen gestanden. Ziel der angeblichen Zusammenarbeit mit Mittelsmann „Juri“: Die Juso-Kampagne gegen die große Koalition zu unterstützen. „Bild“ meinte Belege für diese Räuberpistole zu haben. „Ein unfassbarer E-Mail-Wechsel, der BILD exklusiv vorliegt“, schrieb die Zeitung (obwohl große Zweifel bestanden,BILDblog berichtete).
Nun behauptet die „Titanic“, dass das ganze Russenmärchen auf ihr Konto geht. Im Interview mit der „FAZ“ erzählt „Titanic“-Redakteur Moritz Hürtgen, wie leicht es gewesen sei, die Geschichte der „Bild“ unterzujubeln: 
„Wir haben einfach eine Runde „Copy and paste“ gespielt und uns eine Konversation zwischen Kevin Kühnert und einem ominösen Russen namens Juri aus St. Petersburg ausgedacht. Dieser Mailwechsel umfasst neun Mails, die angeblich zwischen beiden hin- und hergingen. Wir haben die Mails aufgeschrieben, die Zeitstempel angepasst und auch einige Serverdaten in eine Maildatei hineinkopiert. Das haben wir dann einem Politikredakteur der „Bild“ per Mail zugespielt, den wir uns vorher ausgesucht und über Twitter kontaktiert hatten.“
Mittlerweile hat Julian Reichelt in einer einzigartigen Kombination aus Rechtfertigungsversuch und Uneinsichtigkeit reagiert, die wir hier auf BILDblog bereits eingeordnet haben.
Weitere Lesetipps: Medienwissenschaftler Volker Lilienthal schreibt “Auf die ‘Bild’-Zeitung ist kein Verlass” und berichtet von seiner persönlichen Haltungsänderung: Seine Einschätzung, “Bild” habe sich sozusagen zivilisiert, sei blauäugig gewesen. Er nehme sie zurück …
Stefan Kuzmany kommentiert im „Spiegel“: “‘Bild’ ist in der Kühnert-Mail-Affäre nicht etwa einer ‘Titanic’-Fälschung aufgesessen. Vielmehr scheint dem Springer-Blatt jede noch so windige Geschichte recht zu sein, um der SPD einen Tritt zu versetzen.”
In der “Frankfurter Rundschau” schreibt Arnd Festerling: “Das Boulevard-Blatt hat eine erfundene Nachricht für ihre niederträchtigen Ziele benutzt und ist deshalb kein Opfer.”
Einzig Jakob Augstein sorgt auf Twitter für, nennen wir es neutral: Erstaunen.

2. Was bleibt von #MeToo?
(deine-korrespondentin.de, Pauline Tillmann)
Unter dem Hashtag „metoo“ haben sich weltweit Frauen zu Wort gemeldet und von ihren Erfahrungen mit Sexismus oder sexualisierter Gewalt berichtet. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Hat die Debatte etwas verändert? Die Journalistin Pauline Tillmann hat fünf Medienfrauen nach ihrer Einschätzung gefragt.

3. “Die Menschheit hat nach Auschwitz nichts gelernt”
(derstandard.at, Vanessa Gaigg & Oona Kroisleitner)
Der „Standard“ hat sich mit der Kognitionswissenschafterin Monika Schwarz-Friesel über Antisemitismus unterhalten: „Wir können Antisemitismus ohne seine starke emotionale Basis überhaupt nicht verstehen, erklären und auch nicht bekämpfen. Eigentlich ist Antisemitismus eine Emotionskategorie für sich. Es findet eine sehr starke Abwehr statt, verbunden mit Hass und Argwohn. Antisemitismus ist ein Glaubenssystem: Antisemiten glauben so unerschütterlich an ihre Konzeptualisierung, wie sie daran glauben, dass es Erde und Mond gibt .“

4. Tödliche Fake-News in Zentralafrika
(nzz.ch, David Signer)
Zentralafrika ist eines der ärmsten Länder der Welt und ohne funktionierende Medien. Gefährlicher als Granaten seien die Handys mit denen Falschnachrichten und Gerüchte verbreitet werden: „In einem Umfeld wie Zentralafrika können Nachrichten wie ein Zündholz wirken, das in ein Pulverfass geworfen wird – oder wie Wasser, das ein Feuer löscht, bevor es zum Flächenbrand wird.“ Eine der wenigen Hoffnungsschimmer sei „Radio Ndeke Luka“, das sich um Objektivität und Ausgewogenheit bemühe, aber immer wieder von Rebellengruppen ins Visier genommen werde.

5. “Sie können gar nicht an Mediamarkt vorbeigucken”
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio, 5:14 Minuten)
Die neue Pastewka-Staffel bei Amazon strotzt vor eingebetteter Marken. Die Medienaufseher gehen nun dem Verdacht der Schleichwerbung nach. Doch noch ist unklar, wer den Anbieter Amazon Prime überhaupt beaufsichtigt, wie Stefan Fries im Deutschlandfunk berichtet.

6. Copyright Update #2: Upload-Filter für alle außer Google, Facebook & Co?
(netzpolitik.org, Leonhard Dobusch)
Leonhard Dobusch berichtet über den derzeitigen Stand in Sachen Upload-Filtern. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD würde sich gegen die Einführung von Upload-Filtern zur Urheberrechtsdurchsetzung aussprechen. Auf EU-Ebene hätte der deutsche CDU-Abgeordnete Axel Voss jedoch einen Vorschlag vorgelegt, der weiterhin Upload-Filter vorsieht und die Dominanz von großen Internetunternehmen weiter verschärfen könnte.

Hart aber Unfair, “Bild”s SPD-Hund, Maximal dumme CEOs

1. Ein Fall für den Presserat
(faz.net, Hans Hütt)
Sowohl „FAZ“ als auch „taz“ sind sich einig in ihrer Kritik der letzten Ausgabe von „Hart aber Fair“ (ARD). Die Fälle, über die Frank Plasberg in seiner Sendung über eine überlastete Justiz diskutierte, seien schrecklich. Noch schrecklicher aber sei es, dem „gesunden Rechtsempfinden“ Vorschub zu leisten. Die Sendung hätte ihren Informationsauftrag verfehlt, was auch an den mitunter suggestiven Fragen des Gastgebers gelegen hätte. Die Aussagen von „Bild“-Chef Julian Reichelt hält “FAZ”-Autor Hans Hütt gar für einen Fall für den Presserat.
Christoph Kammenhuber sieht es in der „taz“ ähnlich: Dem Moderator Frank Plasberg fehle es an juristischem Fingerspitzengefühl, er agiere als Vertreter des „gesunden Volksempfindens“ und mache Stimmung gegen die Justiz.

2. SPD wendet sich wegen “Bild”-Bericht an Presserat
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Die SPD geht juristisch gegen die Behauptung der „Bild“ vor, ein Hund könne über die GroKo abstimmen. „Bild“ hatte das Tier als SPD-Mitglied angemeldet, die Abstimmungsunterlagen für den Mitgliederentscheid über den Eintritt in die Große Koalition bekommen und das Ganze publizistisch ausgeschlachtet. Was „Bild“ verschwieg: Für eine gültige Stimmabgabe muss dem Wahlzettel eine unterschriebene eidesstattliche Erklärung beigefügt werden.

3. Newsletter statt Blog?
(1ppm.de, Johannes Mirus)
Johannes Mirus hat sich auf Twitter umgehört, warum viele Menschen lieber persönliche Newsletter versenden, statt ein Blog zu führen. Die Antworten hat er in einem Blogartikel zusammengefasst. Manche Newsletterversender folgen einfach nur dem allgemeinen Trend, andere schätzen das ausgesuchte Zielpublikum. An möglichen Gründen wurde auch die Bequemlichkeit der Empfänger genannt und das Gefühl, Teil einer “elitären Gruppe” zu sein.

4. Ralf Höcker kritisiert PR-Profis: Warum Homestorys tabu sein sollten
(kress.de, Marc Bartl)
Wenn ein Vorstandsvorsitzender einem Magazin verrät, dass er im Winter fast jedes Wochenende zum Skifahren in die Berge fährt und ein passendes Foto beisteuert, hält Medienanwalt Ralf Höcker das aus presserechtlicher Sicht für „maximal dumm“. Höcker weiter: „Wer sich selbst öffnet, opfert einen Teil seiner Persönlichkeitsrechte. Homestorys sind deshalb tabu. Diese bescheuerten Fragebögen, in denen man erklärt, welche Bücher man mit auf eine einsame Insel nimmt, sind tabu. Man redet auch nicht über seine Familie. Wenn ein CEO sich mit seinem Auto, seiner Frau und seinen Haustieren fotografieren lässt und erzählt, wie toll sein Familienleben ist, und er drei Monate später besoffen aus dem Puff kommt und einen Hund tot fährt, kann er den Bericht darüber in der “Bild” natürlich nicht mehr verhindern. Ansonsten wäre ein solcher Artikel durchaus verbietbar gewesen.“

5. Auf dem Weg zum Blockbuster-Journalismus
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
In Amerika experimentieren große Medienhäuser wie die „New York Times“ und „Washington Post“ mit Augmented- und Virtuality-Reality-Lösungen. Adrian Lobe schreibt in der „Medienwoche“ über Chancen und Risiken der neuen Technologien.

6. Dichotom-Energie
(dirkhansen.net)
Dirk Hansen philosophiert über die Gründe einer zunehmend aggressiver werdenden Mediengesellschaft: „Wir streiten weit unter unserem Skalen-Niveau. Weil wir die Debatten quasi mit Dichotom-Energie anheizen. Und das ist gefährlich dumm. Denn die Verhältnisse werden schwer kalkulierbar, wenn wir nur mit „gleich/ungleich“ rechnen können.“

Trackingkapitalismus, Vergessene Nachrichten, Postkarte von Facebook

1. Top Ten der vergessenen Nachrichten 2018
(derblindefleck.de)
Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) e.V. hat ihre „Top Ten der vergessenen Nachrichten 2018“ vorgestellt. Dabei handelt es sich um Themen und Geschichten, die in den Medien weitgehend unsichtbar blieben, obwohl sie von gesellschaftlicher Bedeutung seien. Auf den ersten drei Plätzen: Inklusion in der Arbeitswelt, Portugal und seine Anti-Spar-Politik sowie der Monsun in Südasien.

2. Überwachungskapitalismus: Wie unser Online-Verhalten ausgewertet wird
(futurezone.at, Barbara Wimmer)
Barbara Wimmer beschreibt, was passiert, wenn private Daten im Netz gesammelt und miteinander verknüpft werden. Da kann dann schon mal die Urlaubsreise teurer oder ein Kredit abgelehnt werden, weil man im falschen Viertel wohnt oder auf Facebook mit den falschen Menschen befreundet ist. Netzaktivist und Datenanalyst Wolfie Christl: „Man kann sich das Machtungleichgewicht zwischen datensammelnden Firmen und Einzelpersonen vorstellen wie beim Pokerspiel. Die eine Seite hat die Karten verdeckt, die andere muss mit offenen Karten spielen. Es wird immer die Seite verlieren, deren Karten aufgedeckt liegen. Wie beim Pokern können Firmen das gesammelte Wissen gegen uns verwenden.“
Weiterer Lesetipp: WWW: Tracking-Methoden werden brutaler, Browser-Hersteller schauen weg (heise.de, Daniel AJ Sokolov).

3. Journalismus von morgen?
(deutschlandfunk.de, Charlotte Horn, Audio, 5:25 Minuten)
“Constructive Journalism Day” heißt die Fachkonferenz, die von der „Hamburg Media School“ und „NDR Info“ organisiert wird. Beim „konstruktiven Journalismus“ geht es darum, Lösungsideen in den Mittelpunkt zu stellen, ohne dabei die journalistischen Grundregeln wie kritische Distanz zu vergessen. Charlotte Horn berichtet von der Konferenz und lässt Experten aus Lehre und Medien zu Wort kommen.

4. Facebook will Wahlwerbung per Postkarte verifizieren
(zeit.de)
Es hört sich anachronistisch und etwas zu kurz gesprungen an, aber es ist tatsächlich so: Facebook will Wahlwerbung per Postkarte verifizieren. Jeder, der auf Facebook politische Werbung veröffentlichen will, bekomme zukünftig eine Postkarte mit einem Code zugeschickt. Erst nach Aktivierung des Codes geht die Werbeanzeige online. Auf diese Weise wolle man eine Beeinflussung der US-Wahl aus dem Ausland verhindern.

5. Arbeiten unter Angst
(taz.de, Knut Henkel)
Kolumbien ist für Journalisten ein gefährliches Pflaster. Wie Knut Henkel berichtet, gehören Morddrohungen trotz des Friedensabkommens mit der Farc für viele Journalisten zum Alltag. Letztes Jahr hätte es 310 Angriffe auf Medienvertreter gegeben, so viel wie seit 2006 nicht mehr. Angst sei ein ständiger Begleiter, viele Journalisten würden mit Selbstzensur reagieren. Doch es gibt auch mutige Stimmen, die eine Neuregelung der Medienlandschaft fordern.

6. Hallo! Wir sind die “Saarbrücker Zeitung“…
(twitter.com/medienkuh)
Die „Medien-KuH“ hat bei der „Saarbrücker Zeitung“ etwas entdeckt, das man als, nun ja… selbstreferentiell bezeichnen kann.

“Bild”s Schmutz-Kampagne, “SZ” embedded, “NZZ”-Tabakpropaganda

1. Verdacht ohne harten Beleg
(zeit.de, Kai Biermann und Karsten Polke-Majewski)
Die „Bild“-Zeitung hat angebliche Mails des Juso-Chefs Kevin Kühnert veröffentlicht, bei denen klar war, dass es sich um plumpe Fälschungen handelt (BILDblog berichtete). Die „Zeit“ greift den Fall nochmal auf und erteilt den Kollegen etwas kostenlose Nachhilfe: „Man sollte sich als Journalist schon sicher sein, wenn man einen Verdacht in die Welt setzt. Denn allein dadurch, dass man ihn ausspricht, unterstellt man, dass etwas dran sein könnte. Deshalb genügt es nicht, einen Vorwurf zu erheben und dann denjenigen zu Wort kommen zu lassen, gegen den sich der Verdacht richtet. Vielmehr braucht es starke Hinweise, dass sich der Vorwurf bestätigen könnte.“

2. Sigmar Gabriel, Deniz Yücel und die SZ
(medienblog.hypotheses.org, Michael Meyen)
Auf „Medienrealität“ gibt es Kritik am Interview der „SZ“ mit Außenminister Sigmar Gabriel: „Was dabei herausgekommen ist, liest sich so, als würde es die ganze Debatte um „embedded journalism“ nicht geben, um Reporter, die im Krieg zwar an vorderster Front dabei sein dürfen, aber dafür das zu schreiben haben, was die Kriegsherren in der Presse sehen wollen. Es gibt in dieser SZ-Geschichte das Wort Krieg nicht. Auch das Wort Völkerrecht fehlt. […] Die SZ dagegen spricht von „Spannungen in der Region“ und von einer „brisanten Lage“. Spannungen. Brisante Lage. Der Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga ist turbulenter.“

3. Eine schlechte Quote kann einen guten Film zum schlechten Film machen.
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Jakob Buhre hat sich auf „Planet Interview“ mit Roland Suso Richter unterhalten, einem der meistbeschäftigten Regisseure im deutschen Fernsehen. Es geht unter anderem um Dreharbeiten ohne Proben, Krimi-Inflation, seine VHS-Sammlung, Experimente beim “Tatort” und seine Erfahrungen mit der Einschaltquote: „Nun, ich habe es erlebt, dass eine schlechte Quote einen guten Film im Nachhinein zum schlechten Film machen kann. Das war damals bei der „Bubi Scholz Story“ so. Noch vor der Ausstrahlung habe ich dafür den Bayerischen Fernsehpreis in der Kategorie „Regie“ bekommen, dann lief der Film in der ARD, hatte nur 3,6 Millionen Zuschauer, die Redakteure riefen „Oh Gott“ – und plötzlich hieß es „naja, man müsse überlegen, ob der Film denn wirklich so gut war“.

4. Ein zu Recht umstrittenes Medium! Fernsehkritik und demokratische Meinungsbildung in der Schweiz
(geschichtedergegenwart.ch, Lukas Nyffenegger)
Lukas Nyffenegger macht sich für die öffentlich-rechtlichen Medien in der Schweiz stark und wendet sich gegen die eidgenössische Volksinitiative „Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren“ („No-Billag“): „Die Initia­tive zielt auf die Zerschla­gung und Priva­ti­sie­rung des öffent­li­chen Fern­se­hens und will die Lizenzen an die Meist­bie­tenden verstei­gern. Was droht, ist ein priva­ti­siertes Fern­sehen, das mehr der Logik eines Waren­hauses als dem Anspruch folgt, öffent­li­cher Ort demo­kra­ti­schen Streits zu sein.“

5. Die NZZ akzeptiert immer mehr Schleichwerbung
(infosperber.ch, Urs P. Gasche)
Wenn Sie in der letzten Zeit in der „NZZ“ gelesen haben, dass die Schweiz bei der Tabakwerbung „umdenken“ würde, handelte es sich höchstwahrscheinlich um einen von Zigaretten-Konzern Philip Morris bezahlten Beitrag. Zwar gibt es den Hinweis „sponsored content“, allerdings wird die Schleichpropaganda dem redaktionellen Teil „gestalterisch angepasst“, wie die „NZZ“ selbst zugibt.

6. Nein, in Mannheim werden Kameras keine Verbrecher am Gang erkennen
(motherboard.vice.com, Sebastian Meineck)
Die Stadt Mannheim will an einigen öffentlichen Plätzen Überwachungskameras installieren, denen in den Medien wahre Wunderdinge nachgesagt wurden. Dank der Auswertungssoftware würde Verdächtiges erkannt werden, dazu gehören bereits “hektische oder untypische Bewegungen, etwa ein Schlagen, Rennen oder Fallen”. Das sei jedoch „Quatsch“ wie ein Forscher vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) sagt, der die Software mitentwickelt hat.

Schufa-Knacker, Plagiatsjagd, Phantomartikel

1. Jetzt mitmachen: Wir knacken die Schufa (Update)
(netzpolitik.org, Arne Semsrott)
Das Projekt „OpenSCHUFA“ will das “Schufa”-Scoring rekonstruieren, um herauszufinden, ob dort diskriminiert wird. Dabei ist man jedoch auf „Datenspenden“ angewiesen: Je mehr Menschen kostenlos ihren “Schufa”-Score abfragen und die Daten bereitstellen, desto aussagekräftiger die Ergebnisse. Die “Schufa” hat auf die Kampagne reagiert. Dort ist man alarmiert und sieht Gemeinwohl und Gesellschaft gefährdet: „Die SCHUFA bezeichnet das Vorhaben als klar gegen die übergeordneten Interessen von Wirtschaft, Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland gerichtet.“

2. Warum die SRG Ihnen nützt, selbst wenn Sie sie nicht nutzen
(republik.ch, Mark Eisenegger & Linards Udris)
In der Schweiz tobt mit der No-Billag-Debatte ein heftiger Streit um die Zukunft der Service-public-Medien. Laut Ansicht zweier Kommunikationswissenschaftler von der Uni Zürich würden dabei die harten Fragen fast nie gestellt: Was bringt der öffentliche Rundfunk? Macht er die Leute klüger? Die Demokratie besser? Die Wirtschaft stabiler? Die privaten Medien ärmer? Und für welches politische Lager ist er wichtiger? Weiterer Lese- und Hörtipp: Christian Jakubetz hat sich im „Universalcast“ mit Konrad Weber unterhalten, der sich bei der „SRG“ um die digitale Strategie kümmert: “Öffentlich-rechtlich? Einmal neu denken, bitte!”

3. Wie ich beinahe ein Plagiat enthüllte
(zeit.de, Gabriel Yoran)
Als Gabriel Yoran an einem kalten Februarabend bei Spotify klassische Musik hört, wird er stutzig: Was ihm da als Werk eines finnischen Komponisten aus dem Jahr 1994 präsentiert wird, kennt er als das Stück eines deutsch-baltischen Komponisten aus dem Jahr 1936. Yoran wittert ein Plagiat und stürzt sich in die Recherche, die ein überraschendes Ende findet. In den Hauptrollen: Spotify, Twitter, Shazam, seine Eltern, einige Experten und die Twittergemeinde.

4. Gekaufte Experten bei Facebook
(tagesschau.de, Marcus Schuler)
Ganze 18 Monate Entwicklungszeit hat Facebook die Entwicklung einer Kinder-Chat-App gekostet. Sicher sollte die App sein und von Experten geprüft! Nun berichtet das Tech-Magazin „Wired“, dass die Experten gekauft und die Jugendschützer außen vor gelassen wurden. Ganz im Gegenteil: Mehr als 100 Experten hätten Facebook-Chef Mark Zuckerberg mittlerweile aufgefordert, die App wieder einzustellen, da sie Kinder in ihrer Entwicklung gefährde.

5. So leben Deutschlands Kinder
(spiegel.de, Lena Greiner)
Die 4. World Vision Kinderstudie basiert auf einer deutschlandweit repräsentative Umfrage unter mehr als 2500 Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren. Interessant sind die Daten zu Handynutzung und Medienkonsum: Besaßen 2010 „nur“ 66 Prozent der 10 bis 11-jährigen ein Handy, besitzen im Jahr 2017 bereits 82 Prozent ein Handy, meist ein Smartphone.

6. Phantomartikel hundertfach zitiert
(katapult-magazin.de)
Wie kann es passieren, dass ein wissenschaftlicher Phantomartikel über 400-mal zitiert wurde? Dass dieser Phantomartikel in 40 Studien Erwähnung fand, veröffentlicht in großen, repräsentativen Fachpublikationen. Das „Katapult-Magazin“ erklärt die kuriose Geschichte.

Strache vs. Wolf, AfD-Medienzentrum, Patriotische Glücksbesoffenheit

1. Fake-News-Vorwurf nur Satire?
(faktenfinder.tagesschau.de)
In Österreich gibt es einen Konflikt zwischen FPÖ und ORF, der mit zweifelhaften Mitteln ausgetragen wird. So hat Parteichef Strache einen Facebook-Eintrag veröffentlicht, in dem er auf einem Fake-Plakat in feinstem Wutbürger-Deutsch gegen den Journalisten und Moderator Armin Wolf geätzt hat. Unter Verwendung dessen Fotos. Später löschte Strache den Beitrag, es sei nur eine „Satire-Reaktion“ gewesen. Armin Wolf will den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen. Eine Medienanwältin sieht gute Chancen für Wolfs Klage gegen Strache.

2. Im Raster
(faz.net, Laura Meschede)
Etwas Zeit sollte man mitbringen, wenn Laura Meschede sich auf die Suche nach den über uns gespeicherten Informationen macht, aber die Zeit ist gut angelegt. Meschede spricht mit Technologie-Experten und Unternehmensberatern und berichtet über unseren Hang zur freiwilligen Überwachung und die damit einhergehenden Folgen. Am Ende ihrer zweimonatigen Recherche sieht ihr Rechner anders aus als zuvor: Statt Google erscheint dort startpage.com als Startseite, Cookies von Drittanbietern werden blockiert und sie verwendet den anonymen „Tor“-Browser.

3. Ungefiltert im Schmutz wühlen
(taz.de, Andreas Speit)
Die AfD bereitet eine eigene Abteilung vor, in der 20 Mitarbeiter rund um die Uhr und mit eigenem TV-Studio die AfD-Positionen und Themen verbreiten sollen. Laut Bundespressesprecher Christian Lüth ginge es darum, „eine Art War Room aufzubauen, der für uns unsere Inhalte ungefiltert an den Mann bringt“. Als Vorbild hat man sich anscheinend die FPÖ genommen, die seit Jahren ein professionelles Video-Team beschäftige.
Weiterer Lesetipp: Nathan Mattes hat unter der Domain www.wir-sind-afd.de umkommentiert einige Zitate von AfD-Politikern veröffentlicht. Nun ist er von der AfD verklagt worden, die die Domain für sich beansprucht. Eine Sache, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen kommt und bei der man ihn unterstützen kann.

4. Warum bei ARD und ZDF nicht alles Gold ist
(haz.de, Imre Grimm)
„Katarina Witt könnte als letzte Überlebende zwischen brennenden Trümmern stehen, während es giftige Frösche vom Himmel regnet — sie wäre trotzdem blendender Laune.“ Imre Grimm schreibt in einer tollen Kombination aus Information und herzhaftem Rant über patriotische Glücksbesoffenheit und eskalierende Randsportexperten bei der Olympia-Berichterstattung.

5. Deutschland: NetzDG mangelhafter Ansatz gegen Online-Vergehen
(hrw.org)
„Human Rights Watch“ wendet sich ausdrücklich gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Es könne zu ungerechtfertigter Zensur führen, ohne dass dagegen Widerspruch möglich sei. Das Gesetz sollte deshalb umgehend aufgehoben werden. Außerdem stelle es einen gefährlichen Präzedenzfall für andere Länder dar, welche die Meinungsfreiheit im Netz einschränken wollen.

6. I like this guy.
(twitter.com, Jonathan Goldsbie)
Erik Haddad wurde während eines Flugs Augenzeuge einer technischen Panne. Von seinem Platz hatte er gute Sicht auf ein ramponiertes Triebwerk. Also zückte er sein Handy und stellte die Fotos samt Kurzvideo auf Twitter ein. Sofort meldeten sich Medien, welche um Überlassung des Materials baten. Einer Bitte, der er immer, sorry FAST immer entsprach …

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