Archiv für 6 vor 9

DW-Türkei-Kanal, Steingarts Podcast-Expansion, Ungültiges Baby

1. “Journalismus ohne Risiko gibt es nicht.”
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Die Deutsche Welle (DW) hat sich mit einigen internationalen Partnern zusammengetan und einen YouTube-Kanal für die Türkei gestartet. In Anlehnung an die türkische Ländervorwahl hat man den Kanal “+90” getauft. “Kontakt halten, Meinungsfreiheit und Vielfalt stärken” sei das Ziel. Man setze auf längere Erklärstücke und wolle keinen “Billigramsch” anbieten, so Intendant Peter Limbourg über die Pläne des Senders.

2. Phoenix lässt über Misstrauen gegen Medien diskutieren
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Am 3. Mai wird der Internationale Tag der Pressefreiheit begangen. Bereits am Vorabend bietet der Fernsehsender Phoenix einen Themenabend unter dem Motto “Wie mächtig sind Medien?” an. Zunächst gibt es drei Dokus über die Situation in den USA. Um 21:45 Uhr geht es dann in einer Diskussion um das gewachsene Misstrauen gegenüber den Medien und die Frage, inwiefern diese selbst dazu beigetragen haben.

3. Was für ein Job!
(twitter.com, Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs, Video: 1 Minute)
Die Redaktion von “Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs” (WDR) hat einen wunderbaren Filmschnipsel von 1977 aus dem Archiv ausgegraben: “Was für ein Job! Dieser Mann betreibt alleine einen Fussball-Ergebnisdienst. Er hört mit Kurzwellengeräten ausländische Radiosender ab und verkauft die Ergebnisse an deutsche Sender.”

4. Diese Instagram-Accounts gingen im April durch die Decke
(horizont.net, Giuseppe Rondinella)
“Horizont Online” lässt regelmäßig die wachstumsstärksten deutschsprachigen Instagram-Accounts ermitteln. Im April kommen die Top 4 der Kanäle mit dem größten Follower-Zuwachs aus Heidi Klums Model-Rekrutierungsmaschine “Germany’s Next Topmodel”.

5. Ohne Werbung: Gabor Steingart baut an einem Medienimperium mit 30 neuen Leuten.
(turi2.de, Markus Trantow & Peter Turi)
Gabor Steingart war zwei Jahrzehnte beim “Spiegel” und danach einige Jahre in führender Position beim “Handelsblatt”. Vergangenes Jahr hat Steingart ein eigenes Medienunternehmen gegründet und bietet den täglichen Newsletter “Morning Briefing” und einen begleitenden Podcast an. Nun will er expandieren und für fünf bis zehn neue Podcasts sein Personal von 20 auf 50 Mitarbeiter aufstocken.
Weiterer Lesehinweis: Podcast Logbuch: Netzpolitik feiert 300. Ausgabe mit einer Gala in Berlin (netzpolitik.org, Markus Reuter).

6. Glücks-Tragödie bei Harry & Meghan: Ist ihr Baby ungültig?
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Yellow-Press-Experte Mats Schönauer pflegt beim medienkritischen Onlineportal “Übermedien” die Rubrik “Topf voll Gold”. Anlässlich der Schwangerschaft von Herzogin Meghan lädt Schönauer zum lustigen Schlagzeilenbasteln ein: Anhand einer vorgegebenen, eher nüchternen bis langweiligen Meldung darf man raten, was ein Regenbogenblatt Knalliges daraus gemacht hat. Die Ergebnisse dürften überraschen.

FPÖ und die “Folgen”, Paywall-Links, Kriminalität: das Böse und wir

1. “Etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann”
(arminwolf.at)
Österreichs rechtspopulistische FPÖ hat sich auf den ORF-Journalisten Armin Wolf eingeschossen. Wolfs “Vergehen”: Er hatte den FPÖ-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, zu einem rassistischem Plakat der FPÖ-Jugendorganisation befragt. Bereits während des Interviews hatte Vilimsky dafür “Folgen” angekündigt. Im Nachgang echauffieren sich nun weitere FPÖ-Politiker. Außerdem verlangt man lautstark die Entlassung Wolfs.

2. Sind Tweets, in denen auf eine Paywall verlinkt wird, kennzeichnungspflichtig?
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Oft verlinken Journalisten und Medien in Tweets und Postings eigene Inhalte, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um Bezahlartikel hinter einer Paywall handelt. Dies ist nach Ansicht des IT-Rechtlers Thomas Stadler nicht zulässig. Es müsse ausreichend deutlich gemacht werden, dass es sich um kommerzielle beziehungsweise werbliche Hinweise handelt.

3. Und das Netz vergisst doch: Die Utopie vom ewigen Speicher
(nzz.ch, Felix Simon)
Das angeblich niemals vergessende Internet habe ein Archivproblem: Es gebe keine zentrale Stelle für die Archivierung von Inhalten, die Gefahr des “digitalen Gedächtnisschwundes” drohe. Vor allem Medienhäuser seien hier in der Pflicht, allerdings würden sie oftmals Aufwand und Kosten scheuen. Felix Simon kommentiert: “Der Gedanke an Archive mag nicht so “sexy” sein wie Vorstellungen von der schönen neuen Welt digitaler Möglichkeiten. In Zeiten, in denen die Presse mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hat, ist er nicht weit oben auf der Agenda. Doch ohne verlässliche Archive riskieren wir nicht nur, dass bestimmte Versionen der Geschichte später die Oberhand gewinnen, wenn es nichts gibt, mit dem sie korrigiert werden können — wir riskieren auch, dass die historischen Wissenslücken, die sich zwangsläufig in Zukunft auftun werden, noch grösser sind als die der Vergangenheit.”

4. Vorschau in die Vergangenheit: Geschlechterverteilung auf dem Buchmarkt
(einfacherdienst.de)
Der Anteil an Autorinnen im Sachbuch-Bereich führender Verlage liegt bei gerade mal 20 Prozent. Dies ergibt eine Auswertung der Verlagsvorschauen für den Frühling 2019. Einziger Trost: Bei Romanen sieht es mit 42 Prozent deutlich besser aus.
Dazu ein Lesetipp aus dem Jahr 2015: Frauen auf dem Buchmarkt: Es sich selbst machen (taz.de, Fatma Aydemir).

5. Das Böse und wir
(zeit.de, Tonio Walter)
Obwohl die Zahl der Gewalttaten heute deutlich niedriger ist als vor zwanzig Jahren, sind viele Menschen vom Gegenteil überzeugt. Dies liege auch daran, wie Polizei und Medien berichten. Strafrechtsprofessor Tonio Walter erklärt, warum keinesfalls alles immer schlimmer wird und warum volle Gefängnisse die Kriminalität erhöhen. Es geht um Beobachterfehler, Untergangsempfinden und selektive Erinnerung.

6. Die netzpolitischen Highlights auf der re:publica 2019
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Nächsten Montag startet in Berlin die re:publica, Europas größte Konferenz rund um Digitalisierung und Internet. Das Angebot umfasst etwa 600 Sessions mit 1000 Sprechern und Sprecherinnen. Mitgründer Markus Beckedahl von netzpolitik.org hat eine Auswahl lohnenswerter Veranstaltungen mit dem Fokus “Netzpolitik” getroffen. 
Hinweis in eigener Sache: Wir vom BILDblog sind in Berlin auch dabei: Am Montag, 6. Mai, um 20 Uhr starten wir auf Stage 2 zu einem wilden Ritt durch 15 Jahre “Bild”- und Boulevardbeobachtung, mit den übelsten Kampagnen, der schlimmsten Hetze und dem falschesten Katzenbenzin.



Die Legende vom “Bamf-Skandal”, EU-Wahl-Ein-Mann-Show, Leere Worte

1. “Bamf-Skandal” schrumpft weiter
(taz.de, Stefan Simon)
Im Frühjahr 2018 erschütterte der sogenannte Bremer Bamf-Skandal die Republik: Von mehr als 1.200 Asyl-Betrugsfällen war die Rede. Die Zahl ist mittlerweile auf einen Bruchteil zusammengeschrumpft: Es geht derzeit um gerade mal 50 strittige Asylentscheidungen. Obwohl nicht eine Entscheidung rechtskräftig aufgehoben worden sei, würde die Bremer Staatsanwaltschaft unverdrossen nach angeblichen Missständen im Bremer Flüchtlingsamt forschen.

2. Ein-Mann-Show
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein)
Bei der Europawahl wird indirekt auch über das Amt des neuen EU-Kommissionspräsidenten entschieden. Während Kandidaten wie Margrethe Vestager, Frans Timmermans oder Ska Keller wenig mediale Beachtung finden, stehe der Spitzenkandidat des konservativen Parteienbündnisses Manfred Weber oft im Fokus der Berichterstattung. “SZ”-Redakteur Alexander Hagelüken spekuliert über die Gründe und ordnet die Zusammenhänge ein.

3. Facebook ist ein schwarzes Loch
(blog.clickomania.ch, Matthias Schüssler)
Der Journalist und Blogger Matthias Schüssler hat einen interessanten Vorschlag, wie man verhindern könne, dass Facebook die Aufmerksamkeit von verlinkten Originalquellen abzieht: “Man könnte Facebook zum Beispiel schlicht verbieten, Diskussionen zu Beiträgen von Newsplattformen und Blogs abzuhalten: Wer sich darüber auslassen will, muss sich wohl oder übel auf die Originalplattform bemühen. Nur dort wird kommentiert — und sonst nirgendwo. Das hätte nebenbei auch zur Folge, dass viele Debatten gesitteter stattfinden würden.”

4. Angesagte Teenie-App TikTok: Deutsche Publisher experimentieren – doch es fehlt ein Geschäftsmodell
(meedia.de, Robert Tusch)
An den sensationellen Erfolg der Video-Clip-App TikTok wollen sich nun auch deutsche Publisher und Marken hängen und experimentieren mit Inhalten und Communities. Die Aussichten sind derzeit völlig unklar, wie Robert Tusch für “Meedia” berichtet: Keiner wisse, wie lange der Hype anhalte und wie damit Geld verdient werden könne. Zudem sei die Plattform anfällig für Mobbing und Hass.

5. Neue Sicht auf die Dinge
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Immer mehr Fernsehsender sparen sich Kamerateams und statten ihre Reporter mit Smartphones aus. Kritiker finden den Trend bedenklich. Es bleibe all das auf der Strecke, was die Kunst eines jahrelang ausgebildeten Kameramannes oder einer jahrelang ausgebildeten Kamerafrau ausmache. Hans Hoff wägt Vor- und Nachteile der neuen Technik gegeneinander ab und lässt Bedenkenträger und Fürsprecher zu Wort kommen.

6. Hey Siri, wie viele Menschen hören mich ab?
(vice.com, Sebastian Meineck)
Es ist fast ein wenig lustig, mit wie viel Worten man nichts sagen kann. Die Unternehmen Apple, Microsoft, Google und Amazon beherrschen diese Kunst meisterlich, wie “Motherboard”-Chefredakteur Sebastian Meineck mit nur einer einzigen Frage herausgefunden hat: Meineck wollte wissen, wie viele Menschen im Zusammenhang mit Sprach-Assistenten wie Siri die Audio-Aufzeichnungen ihrer Nutzerinnen und Nutzer abhören.

Glyphosat-Berichterstattung, Sinnlose Sonntagsfrage, Notgeile AfD-Werbung

1. Wie Medien mitbestimmen, was ein Risiko ist: Der Fall Glyphosat
(medienwoche.ch, Martha Kuhnhenn)
Im ersten Teil einer Serie zu aktueller kommunikationswissenschaftlicher Forschung geht es um den medialen Umgang mit dem umstrittenen Herbizid Glyphosat. Für die Kommunikationswissenschaft und den Journalismus würden sich die gleichen Fragen stellen: “Welche Akteure kommen überhaupt zu Wort? Welche Akteure haben eine zentrale Machtposition? Wessen Argumente werden von Journalisten aufgegriffen? Welche Ressourcen verhelfen Akteuren zu (Deutungs-)Macht im Diskurs?” Daher sei die Offenlegung aller Interessen bei gesellschaftlich relevanten Risiken eine Kernaufgabe des Journalismus.

2. Wöchentlich grüßt die Sonntagsfrage
(taz.de, Hanna Lohoff)
Die Ergebnisse von Wahlumfragen sind bei vielen Medien äußerst beliebt und werden gern und oft veröffentlicht. Dabei sind die Zahlen mit größter Vorsicht zu genießen. Häufig würden sie mit einer Prognose verwechselt, sind ungenau oder wegen ihrer minimalen Schwankungen schlicht nicht von Nachrichtenwert.

3. Eine AfD-Wahlwerbung und ihre notgeile Geschichte
(schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann)
Der Politik- und Islamwissenschaftler Fabian Goldmann hat sich mit der Geschichte und Bedeutung des orientalistischen Gemäldes beschäftigt, mit dem die AfD in Berlin Europawahlkampf macht. Mit der Bildauswahl würden die Rechtspopulisten vor allem etwas über ihre eigenen Sex- und Gewaltfantasien verraten. Goldmanns Resümee: “(…) aus der Geschichte lernen, wie es die AfD auf ihrem Wahlplakat schreibt, lässt sich mit Gérômes “Sklavenmarkt” tatsächlich. Nicht etwas über die der arabisch-islamischen Welt. Aber darüber, wie sehr unser Blick auf den “Orient” auch noch heute von Klischees geprägt ist. Nichts über lüsterne und gewalttätige Araber. Aber darüber, wie die Sex- und Gewaltfantasien von Europäern unseren Blick auf eine großen Teil der Welt verfälschen können.”

4. Grindel kann nicht zurück zum ZDF
(faz.net)
Lange Zeit hieß es, der nach Korruptionsvorwürfen zurückgetretene DFB-Präsident Reinhard Grindel könne aufgrund eines gesetzlich geregelten Rückkehrrechts wieder bei seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem ZDF, arbeiten. Doch nun revidierte der Sender seine zuvor vertretene Rechtsauffassung: Grindel habe kein Rückkehrrecht.

5. Empörio Amani
(zeit.de, Mely Kiyak)
“Zeit Online”-Kolumnistin Mely Kiyak beschäftigt sich mit dem Streit zwischen der Komikerin, Schauspielerin und Moderatorin Enissa Amani und der TV-Kritikerin Anja Rützel: “(…) natürlich ist die Beurteilung von Humor keine alleinige Angelegenheit von Geschmack, sondern hat Regeln und Filter. Das unterscheidet die Meinung, den Like, das Herz und den Daumen von der professionellen Kritik. Rützel sei nicht konstruktiv, klagte Amani. Auch das ist ein seltsames Missverständnis unserer Zeit. Kritik ist kein Seminar dafür, wie man etwas besser macht. Es handelt sich hier um kein DIY-Ding, es gibt auch keine Infobox. Kritik ist Kritik.”
Weiterer Lesetipp: Im “Deutschlandfunk” zeigt sich die Feuilleton-Chefin der “Süddeutschen Zeitung”, Sonja Zekri, erstaunt von Amanis “enormer Humorlosigkeit”.

6. Die Top 30 Magazine – sechs sind im Plus
(wuv.de, Susanne Herrmann)
Die neuesten Auflagenzahlen der IVW für das erste Quartal 2019 bestätigen den Abwärtstrend bei Magazinen: Von den Top 30 sind 24 im Minus und nur sechs im Plus. “W&V” zeigt die wichtigsten Gewinner und Verlierer. Besonders schlimm habe es “Stern” und “Focus” mit zweistelligen Minuswerten getroffen.

Missliebige Missbrauchs-Doku, Mächtige InfluencerInnen, Filter-Omen

1. Arte nimmt Missbrauchs-Doku aus dem Programm
(sueddeutsche.de, Benjamin Emonts)
Der Fernsehsender Arte musste eine vielbeachtete Dokumentation über Missbrauch in der katholischen Kirche (“Gottes missbrauchte Dienerinnen”) aus der Mediathek nehmen. Der Grund: Eine Person habe sich nach Angaben des Senders in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt gefühlt und eine einstweilige Verfügung erwirkt. Arte hält die Entscheidung für falsch und prüft die rechtlichen Möglichkeiten.
Weiterer Lesetipp: Matthias Drobinski hat den Film über sexuelle Gewalt gegen Nonnen für Süddeutsche.de rezensiert. Der Film habe Schwächen, doch die Stärke des Films überwiege: “Das Schweigen ist gebrochen.”

2. Neue gegen alte Mediengeneration
(taz.de, Anne Fromm)
Der Komikerin Enissa Amani passte eine Kritik bei “Spiegel Online” nicht, und so keilte sie auf ihren Social-Media-Kanälen heftig gegen die Verfasserin aus. Der öffentlich ausgetragene Streit zeigt auch die neuen Machtverhältnisse. Heutzutage haben InfluencerInnen dank hunderttausender treuer Fans viele Möglichkeiten, sich zu wehren. Amani konstruierte gar einen Kampf gegen die “Mächtigen”, zu denen sie “Spiegel Online” und “Bild” zählt. “taz”-Redakteurin Anne Fromm kommentiert: “Da tönt eine Form der Elitenkritik, die man sonst eher aus der rechten Ecke kennt. Allerdings sind “die da oben” und “wir hier unten” eben nicht mehr so leicht voneinander zu trennen, wenn man, wie Amani, bei Instagram über eine halbe Million Menschen erreicht.”
Siehe dazu auch: Am längeren Hebel (sueddeutsche.de, Quentin Lichtblau).

3. Ende einer Trolljagd – Compact-Magazin scheitert am BGH mit Nichtzulassungsbeschwerde
(kanzleikompa.de, Markus Kompa)
Für Rechtsanwalt Markus Kompa und seinen Mandanten Richard Gutjahr war 2017 ein aufreibendes Jahr: Journalist Gutjahr war ins Visier einiger besonders bösartiger und hartnäckiger Verschwörungstheoretiker geraten, mit ziemlich unangenehmen Folgen für sich und seine Familie. Nun gelang ein wichtiger juristischer Sieg gegen den Verlag des rechtsdrehenden und verschwörerischen “Compact”-Magazins, der von Kompa und Gutjahr in zwei Instanzen erfolgreich verklagt worden war. Weil das OLG Köln hiergegen keine Revision zuließ, habe der Verlag Beschwerde beim Bundesgerichtshof erhoben. Diese sei vergangene Woche vom 6. Zivilsenat des BGH als unbegründet abgewiesen worden. Ein teurer Spaß für das “Compact”-Magazin, so Kompa: “Dieser Rechtsstreit kostet die Gegenseite damit rund 25.000,- €.”

4. Netzwelt-Newsletter: Nach den Anschlägen
(spiegel.de, Sonja Peteranderl)
Nach den Terroranschlägen in Sri Lanka mit mehr als 300 Toten verhängte die Regierung eine Netzsperre und blockierte unter anderem Facebook, WhatsApp, Instagram und YouTube. Der Grund: Man wolle die Verbreitung von Hass und Falschnachrichten eindämmen. Die Blockade wurde im Netz von vielen Menschen positiv aufgenommen und gelobt. Sonja Peteranderl kommentiert: “Dass die Blockade so viel Zustimmung erhält, entspringt dem Gefühl der Ohnmacht, das sich nach globalen Hasskampagnen und live ins Netz übertragenen Anschlägen wie in Christchurch verbreitet hat. Es gibt aber keine einfache Lösung gegen Gewalt. Statt Netzwerke abzuschalten, müssen sie zu einer stärkeren Moderation des Hasses gezwungen werden. Und das bedeutet eben viel Aufwand, Arbeit und Frust, für Konzerne, Regierungen und die Zivilgesellschaft.”

5. Die Geschichten hinter der Forschung erzählen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 5:10 Minuten)
Beim “Deutschlandfunk” geht es um das Wissenschaftsmagazin “Science Notes”, das vor einem Jahr mit einer Startauflage von 5.000 Stück auf den Markt kam. Die Klaus-Tschira-Stiftung fördere das Magazin für mindestens zwei weitere Ausgaben. Annika Schneider ist äußerst angetan von Inhalten und Aufmachung: “‘Science Notes’ ist ein Designheft, das nicht nur zum Schmökern auf dem Sofa einlädt, sondern sich auch auf dem Couchtisch gut macht. Das dicke Papier zieren stilvolle Grafiken und außergewöhnliche Schriftarten. So will die Redaktion eine Brücke aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm mitten in die Gesellschaft schlagen.”

6. Omen für EU-Urheberrechtsreform: Uploadfilter sperren Mueller-Bericht
(heise.de, Martin Holland)
Uploadfilter des Webportals Scribd, einer Art YouTube für Dokumente, sperrten den gemeinfreien Abschlussbericht des US-Sonderermittlers Mueller. Kritiker sehen dies als weiteren Beweis für die Fehleranfälligkeit von Uploadfiltern, die nach der EU-Urheberrechtsreform bald notwendig sein dürften.

Wütende Komikerin, “Society-Expertin”, Dagobert und “Bild”

1. Die Angst vor Echokammern ist übertrieben. Ein Rückblick auf den Wahlkampf 2017 im Netz
(netzpolitik.org, Wolf J. Schünemann & Stefan Steiger & Fritz Kliche)
Forscher der Universität Hildesheim haben den Online-Wahlkampf 2017 unter die Lupe genommen und die Echokammer-Hypothese überprüft. Dazu haben sie 2,9 Millionen Facebook-Posts analysiert. Ihr Resümee: Im Gegensatz zu den USA sei das Echokammer-Phänomen hierzulande nur gering bis gar nicht ausgebildet. Auch für die kommenden Europawahlen sei nichts anderes zu erwarten. Da sich die Medienberichterstattung und Parteienkommunikation in EU-Wahlkämpfen in nationalen Bahnen bewege, gäbe es jedoch ein anderes Problem: den “strukturellen Nationalismus”.
Weiterer Lesetipp: Wie die EU gegen Falschnachrichten kämpft (deutschlandfunkkultur.de, Nico Schmidt & Michael Kreil).

2. Sibylle Weischenberg: Mit der Glaskugel im Kopf der Stars
(dwdl.de, Hans Hoff)
Im ARD-Magazin “Brisant” erscheint regelmäßig eine “Society-Expertin” namens Sibylle Weischenberg, die augenscheinlich Zugang zu den Stars dieser Welt und deren privaten Geschichten hat. Hans Hoff kommentiert auf die ihm eigene ironische Weise: “Nun gibt es böse Zungen, die Sibylle Weischenberg unterstellen, sie könne all das, was sie da von sich gebe, gar nicht wissen, weil die jeweiligen Stars nicht mit ihr geredet hätten, dass sie vielmehr immer dann zum Einsatz komme, wenn “Brisant” der direkte Zugang zu den Prominenten versperrt bleibe und die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich presserechtlich gegen breitgetretenen Quark zur Wehr setzen, eher gering ausfällt. Die verkennen natürlich, dass Sibylle Weischenberg nicht mit jemandem reden muss, um zu wissen, was sie weiß. Sie weiß das einfach, und als Top-Journalistin, die sie natürlich ist, hält sie ihre bisweilen auch telepathisch angezapften Quellen natürlich geheim.”

3. Hauptsache: Gendern
(jetzt.de)
Das Onlinemagazin “Jetzt” widmet sich in einem Themenschwerpunkt der geschlechtergerechten Sprache. Welche Formen der gendersensiblen Sprache gibt es?, Warum ist geschlechtergerechte Sprache so verhasst? und Was müssen sich Studierende von Gender Studies so alles anhören? (Spoiler: “Keine echte Wissenschaft, alle lesbisch und ideologisch versaut.”)

4. Journalistin macht sich über Enissa Amani lustig – deren Fans starten eine Insta-Hetzjagd
(watson.de, Philip Buchen)
Trash-TV-Edelfeder Anja Rützel hat über die Verleihung der About-You-Awards geschrieben und dabei nicht mit Spott und Kritik an den Veranstaltern und auftretenden Influencern gespart. Der von ihr ebenfalls erwähnten “Comedienne” und “Standup-Künstlerin” Enissa Amani gefiel das gar nicht, und so ließ diese ihrem Ärger auf Instagram freien Lauf. Mit unangenehmen Folgen für Rützel, denn einige von Amanis Followern (Gesamtzahl: 500.000) fluteten Rützels Profil mit Beleidigungen. Dies war jedoch nur der Beginn der Eskalation: Die gekränkte Komikerin, die nicht Komikerin genannt werden will, legte weiter nach und beschimpft ihre Kritikerin unter anderem (unzutreffend) als Nazi-Steigbügelhalterin.

5. Ein Waldspaziergang zum Lesen
(deutschlandfunk.de, Sebastian Wellendorf)
Promigestützte Celebrity-Titel scheinen die neue kaufmännische Hoffnung des Verlags Gruner + Jahr zu sein: Ob Barbara Schönebergers “Barbara”, Joko Winterscheidts “JWD”, Guido Maria Kretschmers “Guido” oder Eckhard von Hirschhausens “Stern Gesund leben”. Nun legt der Verlag ein weiteres Promi-Magazin auf. Diesmal “Wohllebens Welt”, benannt nach dem Bestseller Autor Peter Wohlleben (unter anderem “Das geheime Leben der Bäume”). Sebastian Wellendorf fasst den Inhalt wie folgt zusammen: “Wohllebens Welt ist in seiner Heile-Welt- beziehungsweise Heile-Naturdarstellung eine Art flauschige Kuscheldecke für den gehfaulen Outdoorfan. Bilder und Texte von den Problemen der Natur, Monokulturen, Überdüngung, Artenschwund sucht man hier vergeblich.”

6. “Ich bin ja wie ein Zombie durch die Gegend gelaufen”
(spiegel.de, Martin Pfaffenzeller)
“Spiegel Online” hat sich mit Arno Funke zum Interview getroffen, der vor 25 Jahren als Bomben und Brandsätze legender Kaufhaus-Erpresser “Dagobert” Berühmtheit erlangte. Vor allem Funkes technischen Basteleien, die gescheiterten Geldübergaben und sein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei hatten damals für viel mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Schließlich wurde Funke geschnappt und wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Als er nach sechs Jahren wegen guter Führung vorzeitig entlassen wurde, habe vor der Anstalt eine “Bild”-Reporterin auf ihn gelauert, so Funke: “Am nächsten Tag erschien ein großes Foto und die Überschrift: “Designerkleidung, Markenfahrrad und teure Markenschuhe — woher hat er das Geld?” Dabei hatte ich das Rad für 50 Mark vom Schrotthändler und die Schuhe aus dem Quelle-Katalog, die Jacke von C&A.”

Presse(un)freiheit, AfD-Sprecher “lupenreiner Neonazi”, Farbattacke

1. Hetze gegen Medienschaffende
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die “Reporter ohne Grenzen” haben eine neue Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Am stärksten verschlechtert habe sich die Lage auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Aber auch in Europa habe sich vieles verschlechtert. Deutschland ist um zwei Plätze nach oben auf Rang 13 gerückt, doch das ist kein Grund, stolz zu sein: Bei uns gab es einen Anstieg der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten, die Pressefreiheit in anderen Ländern nahm jedoch noch stärker ab.
Weiterführender Link: “Rangliste der Pressefreiheit 2019” samt Rang und Vorjahresrang als PDF (reporter-ohne-grenzen.de).

2. Farbattacke auf Heidelberger Fotografen
(swr.de)
In Heidelberg kam es zu einem Farbanschlag gegen einen Fotografen. Eine symbolische Blutspur führt von der Eingangstür fast um das ganze Haus. An einer Wand steht der Name des Kindes des Fotografen, darunter der Satz: “Dein Papa tötet Dich.” Der Verdacht richtet such momentan auf eine politisch motivierte Straftat — der Fotograf war auf Demonstrationen bereits mehrfach von Rechtspopulisten bedroht worden. Laut der Polizei Mannheim habe sich die Kriminalität aus dem rechten Milieu in der Region von 2017 auf 2018 um gut ein Drittel erhöht.

3. Ich will der Frage nicht ausweichen, aber…
(planet-interview.de, Jakob Buhre)
Der Programmchef der ARD Volker Herres spricht im Interview über den rückläufigen Frauen-Anteil unter Drehbuchautoren, weibliche “Tatort”-Regisseure, Geschlechtergerechtigkeit — und bricht dann das Gespräch nach acht Minuten ab. Mehr sei angeblich nicht vereinbart worden. Ärgerlich für den freien Journalisten Jakob Buhre, der extra dafür von Berlin nach Hamburg gereist war. Zu den vielen Merkwürdigkeiten von Gespräch und Veranstaltung kommt die Frage, warum ein Fernsehsender seine eigene Pressekonferenz nicht per Live-Stream anbieten kann.

4. “Glaubwürdigkeit ist was für Weicheier”
(deutschlandfunk.de, Matthias Dell)
“Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche”, sprach dereinst der Lyriker, Zeichner und Satiriker F.W. Bernstein. Eben jenen Spruch könnte man auf den “Zeit”-Journalisten Jochen Bittner anwenden. Dieser plädiert in einem Text gegen den sogenannten Haltungsjournalismus für mehr Objektivität im Journalismus, obwohl er selbst schon ein Beispiel für mangelnde Distanz zur Politik war, wie sich Matthias Dell im “Deutschlandfunk” erinnert.

5. Am Tisch mit der politischen Macht
(kontextwochenzeitung.de, Arno Luik)
Der langjährige “Stern”-Autor und ehemalige “taz”-Chefredakteur Arno Luik hat beim Demokratiekongress der Anstifter eine Rede gehalten, die es in sich hat. Unter anderem ordnet er das Vorgehen des damaligen Burda-Vorstands und Hardliners Jürgen Todenhöfer ein, dem es damals darum gegangen sei, die Politmagazine, “Panorama”, “Monitor” zu zerstören (“… das Angriffsmittel waren Shows, Erotikshows, Quizshows, Krawallshows, Unterhaltungsfilme, Sport, Sport und nochmals Sport.). Auch Harald Schmidt habe bei der Verdummung mitgeholfen: “Sein Auftrag war, das Kabarett, das als prinzipiell linksverdächtig galt, also Hildebrandt & Co, nicht nur zu entschärfen, und als “Gutmenschentum” zu verhöhnen, sondern das Kabarett strukturell in etwas zu verwandeln, das nicht mehr der Aufklärung verpflichtet ist, sondern, etwas platt ausgedrückt: der Verdummung. Harald Schmidt änderte den Charakter des Kabaretts, er machte sich lustig über Minderheiten, verspottete Schwache, machte Polenwitze. Mit dieser rücksichtslosen Enttabuisierung half er mit, dass dieses Land (sozial)-politisch verrohte.”

6. Vor zwei Wochen verhandelten wir einen Fall vor dem Amtsgericht Dresden.
(facebook.com, Rechtsanwaltskanzlei Kasek)
Das Amtsgericht Dresden hat entschieden, dass die Bezeichnung des Pressesprechers der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag als “Neonazi” (genauer Wortlaut: “lupenreiner Neonazi”) im politischen Diskurs zulässig und von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.
Wie die beteiligte Rechtsanwaltskanzlei ebenfalls mitteilt, habe das Landgericht Dresden entschieden, dass auch die Bezeichnung des sächsischen AfD-Vorsitzenden als “Nazi” im politischen Diskurs zulässig und von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Lehren aus der Niederlage, Debiasing, Als “der Ulli” rechts abbog

1. Was das Internet nicht vergessen sollte
(golem.de, Friedhelm Greis)
Die Schlacht um die Urheberrechtsreform wurde geschlagen, die Netzaktivisten unterlagen. Friedhelm Greis hat sich auf die Suche nach den richtigen Lehren aus der jahrelangen Debatte gemacht. Wie lassen sich in der Zukunft solche Niederlagen vermeiden? Seine Analyse in Kurzform: “Harte Fakten einfordern. Die großen IT-Konzerne sind keine guten Verbündeten. Wahlen können etwas ändern. Online-Proteste nützen wenig.”

2. Gerüchte und Spekulationen im Netz
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing & Silvia Stöber)
Nach (oder noch während) einer Katastrophe kursieren im Netz augenblicklich Gerüchte über Ursache und Hergang, so auch bei der brennenden Kathedrale Notre-Dame in Paris. Vor allem rechte Blogs streuten Spekulationen über einen angeblichen Anschlag. Der “Faktenfinder” ist der Sache nachgegangen. Dabei spielt auch Donald Trump eine Rolle mit seinem Ratschlag, die französische Feuerwehr möge schnell Löschflugzeuge einsetzen.
Weiterer Lesehinweis: Thomas Lückerath kommentiert bei “DWDL” die Kritik, ARD und ZDF hätten wegen des Geschehens in Paris ihr Programm unterbrechen sollen: “Besonders komisch wird es übrigens immer dann, wenn Print-Journalisten vermeintlich mangelnde Aktualität bei ARD und ZDF in solchen Fällen kritisieren und ebenso süffisant darauf hinweisen, dass man in solchen Fällen besser ausländische Nachrichtensender guckt. Es wären die Verlage, die neben den privatwirtschaftlichen Nachrichtensendern am lautesten aufschreien würden, wenn die Politik ARD und ZDF grünes Licht für einen echten öffentlich-rechtlichen Nachrichtensender geben würde.”

3. Weniger verzerrt
(journalist-magazin.de, Janina Kalle)
Unter einem Bias oder einer “kognitiven Verzerrung” versteht man die “systematische fehlerhafte Neigung beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen”. Auch wenn wir noch so sehr meinen, rational zu urteilen, unterliegen wir oftmals diesen Verzerrungen und Selbsttäuschungen. Dies gilt nicht nur für Medienleute, sondern betrifft uns alle. Janina Kalle hat einen spannenden Text vorgelegt, in dem sie erklärt, wie man der Bias-Falle entkommt, und einige “Debiasing”-Techniken vorstellt.

4. Als “der Ulli” rechts abbog
(taz.de, Timo Hoffmann)
Der Journalist und Autor Ulrich Kulke hat eine bemerkenswerte Vita: Vor 40 Jahren hat der heute 66-Jährige die “taz” mitgegründet. Später arbeitete er für die Grünen. 2001 ging er für 15 Jahre zur Tageszeitung “Welt” des Axel-Springer-Verlags. Heute nimmt er die AfD in Schutz und schreibt Kommentare für das Onlineportal “Die Achse des Guten”. Wie ist es dazu gekommen? “taz”-Redakteur Timo Hoffmann hat Kulke bei ihm zu Hause besucht und ein lesenswertes Porträt verfasst, das nicht urteilt.

5. Google, Facebook und der Journalismus – oder: wenn sich das Problem als Teil der Lösung sieht
(medienwoche.ch, Daniel Faulhaber)
Im italienischen Perugia trifft sich die Medienbranche seit 13 Jahren jährlich zu einem der größten Branchentreffen, dem “International Journalism Festival”. Dieses Jahr besonders im Fokus: Facebook, Google und das problematisches Verhältnis dieser Konzerne zum Journalismus. Daniel Faulhaber war in dem umbrischen Städtchen und hat sich angehört, wie die Netzgiganten derzeit agieren: Mit einem Schmusekurs, den sich Facebook allein 300 Millionen Euro kosten lässt, die es den Verlagen für Journalismusprojekte zur Verfügung stellt.

6. Wie kann ich als Mann Feminist sein?
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
Ein Medien-, aber auch ein Alltagsthema: “Wie können Männer Feministen sein?” Margarete Stokowski hat eine Liste mit 40 Punkten angefertigt: “Die Liste ist unvollständig und die Reihenfolge egal. Erledigen Sie so viele Punkte wie möglich, dann sind Sie auf der sicheren Seite.”

Linker “Welt”-Hitler, Notre-Dame, Chaos Computer Club besorgt

1. Hufeisenweitwurf mit der “Welt”
(taz.de, Daniel Kretschmar)
Gestern schlagzeilte die “Welt”: “Hitlers politische Karriere begann im Linksextremismus”. Der “taz”-Redakteur Daniel Kretschmar kommentiert die steile These von Hitler als Linkem: “Die ständigen Versuche, alles Linke durch die bizarrsten Vergleiche zu delegitimieren, tragen aber weder zur Erklärung vergangener noch gegenwärtiger Phänomene bei. Das ist auch nicht der Sinn solcher Rhetorik. Die soll einzig und allein alle Kritik an den gegebenen Verhältnissen vernebeln und für generell unzulässig erklären.”

2. Die Reform kommt – stirbt das Netz?
(sueddeutsche.de, Simon Hurtz)
Der EU-Rat hat der Urheberrechtsreform zugestimmt. Wie lange dauert es, bis die Richtlinie umgesetzt wird? Drohen Upload-Filter? Und was macht Deutschland? Simon Hurtz mit den wichtigsten Antworten zu dem nicht einfachen Komplex.
Weiterer Lesehinweis: In der “taz” kommentiert Svenja Bergt: “Hätte Deutschland im EU-Rat anders abgestimmt — also mit einem Nein oder auch nur einer Enthaltung –, dann wäre diese Reform gar nicht erst durchgegangen. Dass also am Ende zwei Handvoll deutscher Bundespolitiker:innen darüber entscheiden konnten, ob die EU-weite Reform so kommt oder nicht, das ist wirklich alles andere als lustig.”

3. Notre-Dame brennt und das deutsche Fernsehen sendet…
(youtube.com, Planet Interview Video)
Um sich über den Brand der Pariser Notre-Dame zu informieren, schaltete Jakob Buhre den Fernseher ein und zappte sich durch die Kanäle. Auf CNN und BBC World News wurde live vom Brand berichtet, während unsere Öffentlich-Rechtlichen ihr reguläres Programm abspulten, einschließlich der Nachrichtenkanäle Phoenix, tagesschau24 und ZDFinfo. Allein bei arte hätte man so etwas wie einen aktuellen Bezug konstruieren können: Dort lief eine Liebeskomödie aus … Paris.

4. Wie eine Studie die Tür zur regionalen Presseförderung öffnen könnte
(kress.de, Steffen Grimberg)
Der Lokaljournalismus macht einen Schrumpfungs- und Konzentrationsprozess durch. Besonders deutlich wird dies in Thüringen, das beinahe flächendeckend von drei Titeln der Funke-Gruppe abhängig ist. Ein neues Gutachten legt nun Grundlagen für die inhaltliche Förderung von lokalen und regionalen Presseangeboten, wenn die vom Markt getragene Vielfalt schwindet.

5. Chaos Computer Club besorgt über aktuelle Angriffe auf die Pressefreiheit
(ccc.de, Linus Neumann)
Der Chaos Computer Club bezeichnet die drei jüngsten Festnahmen der Whistleblower Chelsea Manning, Julian Assange und Ola Bini als “frontalen Angriff auf die Pressefreiheit” und als schockierende und koordinierte Verletzungen von Menschenrechten. Der CCC fordert die sofortige Freilassung von Chelsea Manning aus ihrer Beugehaft in den USA, die Freilassung von Ola Bini aus ecuadorianischer Haft und keine Auslieferung von Jullian Assange an die USA, wo dessen Chancen auf ein faires Verfahren gering seien. “Wir rufen die Bürger, Journalisten und Regierungen Europas auf, sich für diese Ziele einzusetzen”, so der Appell des Clubs an die Öffentlichkeit.

6. TV Movie ist die schlimmste Seite im deutschsprachigen Internet. Ein Thread als Beweisführung.
(twitter.com/gavinkarlmeier)
Gavin Karlmeier hat sich angeschaut, was sich hinter den spektakulären Promi-Meldungen der Fernsehzeitschrift “TV Movie” verbirgt. Es ist der Blick ins große leere Nichts.

Assange-Anklage, Informationselite-Paywall, Satire bitte auch senden

1. Die Anklage gegen Assange ist eine Warnung an alle Journalisten
(sueddeutsche.de, Bastian Obermayer)
Was die US-Justiz gegen “WikiLeaks”-Gründer Julian Assange vorbringt, sei äußerst dünn, befindet Bastian Obermayer auf Süddeutsche.de. Große Teile der Anklage würden normale Recherchearbeit beschreiben: “Wenn solche Anklagen Schule machen, und wenn Journalisten — egal ob sie Australier sind wie Assange oder eben Deutsche — deswegen mit Verhaftung und Auslieferung in die USA rechnen müssen, dann leben wir tatsächlich in einer dunklen Zeit für den Enthüllungsjournalismus.”
Weitere Lesehinweise: Der ehemalige “WikiLeaks”-Mitarbeiter James Ball erklärt im Gespräch mit Jannis Brühl (“SZ”), warum er Julian Assange für hochmütig hält — und man den Verhafteten dennoch unterstützen müsse: “Wir gingen die Depeschen durch, er ging Twitter durch”.

2. Die gesellschaftlichen Folgen von Paywalls: Sind wir auf dem Weg zur Informationselite?
(nzz.ch, Cosmin-Gabriel Ene)
Cosmin-Gabriel Ene kritisiert die Tendenz der Verlage, wichtige Online-Inhalte nur noch nach Abschluss eines kostspieligen und bindenden Abos herauszurücken. Die Verleger würden damit ihren Kunden die Möglichkeit vorenthalten, einzelne Texte oder Tagesausgaben zu geringen Preisen nach Bedarf zu kaufen, so Ene: “Dabei wäre in der Welt gedruckter Presseerzeugnisse niemand je auf die Idee gekommen, den Verkauf der Einzelausgabe zu unterbinden.” Sein Kommentar in Richtung der Verlage: “Dass die Leser bei solch einer Missachtung ihrer Kundenbedürfnisse den Verlagen den Rücken kehren, sollte eigentlich kein Medienmanager übersehen. Egal, mit wie viel Selbstmitleid er vom Sündenfall der Kostenlos-Kultur im Netz lamentiert.” Nicht ganz unwichtig ist dabei aber wohl auch der Hinweis, dass Ene ein Unternehmen gründete, das eine Paywall-Lösung zum Einzelartikelkauf anbietet.

3. Armin Wolf an ORF-Chef: “Scharfe Satire auch senden”
(derstandard.at)
Am Samstag fand in Österreich die Romy-Verleihung statt, ein Film- und Fernsehpreis, der in Erinnerung an die Schauspielerin Romy Schneider jährlich von der Tageszeitung “Kurier” vergeben wird. ORF-Anchorman Armin Wolf hat sich dort nicht nur für seine vierte Romy bedankt, sondern auch den Senderverantwortlichen ins Gewissen geredet. Dabei ging es unter anderem um eine Satiresendung, in die der Sender eingegriffen hatte. (Weitere Informationen dazu: Satire wird zum Drahtseilakt: “Vom Neonazi zum Sportminister — eine typisch österreichische Karriere”: Warum der ORF ein Stück über Vizekanzler Strache aus dem Programm nahm (sueddeutsche.de, Peter Münch).)
Weiterer Lesehinweis: Wolfs vollständige Dankesrede gibt es bei ihm im Blog.

4. Richtig & Wichtig (S01E01): Überwachungsstaat
(youtube.com, Tilo Jung)
Nachdem das ZDF mit den beiden Machern des Aufwachen-Podcasts Tilo Jung und Stefan Schulz zwei Sendungen ihrer politischen Late Night Show “Richtig und Wichtig” aufgezeichnet hatte, verschwanden die Bänder über ein Jahr in irgendeinem düsteren Keller der Anstalt. Nun hat ZDF Neo den Piloten ausgestrahlt — an einem Sonntagmorgen um 4:55 Uhr … Wer so früh noch nicht wach war: Bei Youtube kann man sich die Sendung anschauen.

5. Google und Facebook haben Probleme mit der Transparenz
(tagesspiegel.de, Nico Schmidt)
Gemäß einer Recherche des europäischen Journalisten-Netzwerks “Investigate Europe” kommt der Kampf gegen Fake News zur Europawahl nur schleppend voran. Und immer noch gibt es keine Verpflichtung der großen Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter, ihren Nutzern anzuzeigen, wer für welche politischen Werbeanzeigen gezahlt hat.
Weiterer Lesehinweis: Rechtsextreme Hetze: Youtube sperrt Kanal des “Volkslehrers” (tagesspiegel.de, Alexander Fröhlich).

6. Warum die Brexit-Verschiebung uns alle freuen sollte
(dwdl.de, Hans Hoff)
“DWDL”-Kolumnist Hans Hoff freut sich, dass der Brexit verschoben ist. Er hatte bereits arbeitslose Phoenix-Journalisten und Langeweile bei Twitter und Facebook befürchtet. Doch jetzt könne es, Gott sei Dank, weitergehen mit der großen Brexit-Show.

7. Liebe Medien, wenn Ihr schon Straßenumfragen zu “Enteignungen” macht…
(twitter.com, Lorenz Meyer)
Der “6 vor 9”-Kurator auf Twitter: “Liebe Medien, wenn Ihr schon Straßenumfragen zu “Enteignungen” macht, erklärt den Leuten, dass es sich nicht um “Raub” handelt. Der Staat muss im Gegenzug nämlich eine Entschädigung zahlen und die muss “angemessen” sein. Es ist also eine Art verordneter Kauf.”

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