Die Frage, ob ein Fußballverein in jedem Spiel drei Punkte holt oder alle drei Spiele einen Punkt, macht den Unterschied zwischen Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach aus.
Die Frage, ob die Deutschen Autofahrer pro Minute 20 Punkte in Flensburg sammeln oder alle zwanzig Minuten einen Punkt, macht den Unterschied zwischen einer dpa-Meldung von 17.21 Uhr und einer von 14.50 Uhr aus.
Am Freitag hatte das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg seinen Jahresbericht vorgestellt und auf Seite 38 (PDF) dieses anschauliche Bild gebracht:
Im Jahr 2010 wurden Verkehrsdelikte “im Wert von” schätzungsweise 10,5 Millionen Punkten an das [Verkehrszentralregister] gemeldet (siehe Diagramm 15). Damit sind 2010 rein rechnerisch in jeder Minute rund 20 Punkte für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung vergeben worden.
Die Deutsche Presseagentur (dpa) muss das irgendwie falsch verstanden haben, weswegen sie um 14.50 eine Meldung verschickte, deren Überschrift schon nichts Gutes verhieß:
Alle 20 Minuten gibt’s einen Punkt in Flensburg
Männer sind die größeren Sünder im Verkehr: Im Flensburger Punkteregister liegen sie mit 78 Prozent deutlich vorn. Auch die Art der Regelübertretungen variiert nach Geschlecht.
Flensburg (dpa) – Die Zahl der Verkehrssünder ist im vergangenen Jahr erneut angestiegen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg verzeichnete 2010 einen Zuwachs um 31 000 auf knapp neun Millionen Autofahrer mit Sündenregister, sagte sein Präsident Ekhard Zinke am Freitag. Laut KBA-Jahresbericht wuchs die Zahl der Punkte damit um 0,3 Prozent – alle 20 Minuten kam ein Punkt dazu.
Kurze Zeit später stand der Fehler zum Beispiel beim “Handelsblatt”, dem “General-Anzeiger Bonn”, dem “Wiesbadener Kurier”, der “Nordwestzeitung”, den “Ruhr Nachrichten” und bei n-tv.de online — und am nächsten Tag auf der Titelseite der “Berliner Morgenpost”.
Zweieinhalb Stunden später verschickte dpa dann einen neuen Artikel — nicht etwa eine Korrektur des ersten, aber einen, in dem die Statistik plötzlich stimmte:
2010 stieg die Gesamtzahl nur leicht um 0,3 Prozent, das sind ungefähr 31 000 Verkehrssünder mehr. Insgesamt sind dort nun knapp neun Millionen Autofahrer registriert. Rechnerisch wurden jede Minute 20 Punkte vergeben.
Wer also lang genug gewartet hatte, war auf der richtigen Seite, so etwa stern.de oder auto-motor-und-sport.de.
Die anderen Medien haben noch nicht gemerkt, dass der erste dpa-Artikel falsch war — auch wenn dieses Wissen erfahrungsgemäß nicht zwingend zu einer Korrektur auf ihren Webseiten führen würde.
Mit Dank an Tom und Matthias T.
Nachtrag, 17.05 Uhr: Der “Wiesbadener Kurier” und die “Ruhr Nachrichten” haben die Meldung jeweils offline genommen.
2. Nachtrag, 6. April: Bereits gestern um 16.56 Uhr hat dpa eine Korrekturfassung des fehlerhaften Artikels verschickt.
Auf n-tv.de ist der Artikel jetzt offline, die “Berliner Morgenpost” hat ihren Artikel in der Online-Version unauffällig korrigiert.
3. Nachtrag, 7. April: dpa hat uns noch folgende Erklärung für den Fehler geschickt:
Bei der ersten, von der Autorin korrekt angelieferten Meldung war am Desk ein Redigierfehler unterlaufen, den wir bedauern. Dieser Fehler war leider auch später nicht mehr aufgefallen, als der zweite korrekte Bericht gesendet wurde.