Germany’s Next Toplessmodel (3)

“Bild” zeigte ja gestern großflächig einige Fotos aus einer älteren “Penthouse”-Ausgabe, weil darauf Aline, aktuell Kandidatin der ProSieben-Castingshow “Germany’s Next Topmodel”, zu sehen ist, und dichtete ihr einen “Nackt-Skandal” an (wir berichteten), den viele Medien seit gestern begierig weiterverbreiten.

Weil aber “Bild” heute noch einmal nachlegt, müssen wohl auch wir.

Schließlich behauptet “Bild” heute bereits auf der Titelseite, es seien “nach den ‘Penthouse’-Bildern jetzt auch Sex-Fotos aufgetaucht”. Aufgetaucht ist jedoch mit Blick auf die Quellenangabe ein großes Wort: Die “Sex-Fotos” (zwei harmlose Aufnahmen aus einer Foto-Love-Story des Panini-Jugendmagazins “Hey!”) stammen offenbar vom Fotografen Deniz Kalkavan, von dem auch die gestrigen “Penthouse”-Bilder waren.

Aber auch die neuen Fotos taugen nicht für einen “Skandal bei Heidi Klums Show”. “Bild” behauptet zwar, es seien “Bilder, die Folgen haben”. Doch davon will man bei “Heidi Klums Show” nichts wissen: “Die Bilder haben in der Sendung keine Folgen für Aline”, betont ProSieben-Sprecher Christoph Körfer auf Nachfrage. Die “Hey!”-Fotos spielten in der Show sogar überhaupt keine Rolle. Und bezüglich des “Bild”-Gerüchts, die Nacktfotos seien “angeblich (…) der Hauptgrund”, dass Aline bei den “Topmodels” in Bälde ausscheiden werde, empfiehlt der ProSieben-Sprecher vielsagend, die Sendung einfach mal aufmerksam zu verfolgen, um festzustellen, ob es stimmt.

Aber vielleicht mag man in der heutigen “Skandal”-Fortsetzung schon einen Fortschritt zu erkennen glauben. Anders als gestern wird darin immerhin an keiner Stelle mehr fälschlicherweise behauptet, Aline habe “alle belogen”, weil die “Topmodel”-Kandidatinnen im Vorfeld “schriftlich erklären” müssten, “dass es keine professionellen Nacktfotos gibt”. Doch der positive Eindruck erledigt sich, sobald man das Video gesehen hat, das “Bild” ihren Lesern heute online zeigt und zum Download aufs Mobiltelefon anbietet. Darin lügt “Bild” nämlich unbeirrt:

Bei der Anmeldung für “Germany’s Next Topmodel” müssen alle Kandidatinnen schriftlich erklären, dass es keine professionellen Nacktaufnahmen von ihnen gibt. Aline hat alle belogen.

Wie falsch “Bild” damit liegt, ja, wie wenig der Nachdruck von Alines Nacktfotos überhaupt zu einem “Skandal” taugt und wie verlogen das alles ist, zeigt übrigens auch ein Blick ins Archiv:

Eine der Kandidatinnen der ersten “Topmodel”-Staffel vor zwei Jahren war eine junge Frau namens Micaela Schäfer. Schäfer hatte sich vor ihrer Teilnahme schon wiederholt nackt fotografieren lassen. Und die Nachricht, dass sie deshalb bei der Wahl zur “Miss Germany 2004” disqualifiziert worden sei, sorgte sogar für einschlägige Schlagzeilen, ebenso wie ihre Affäre als “Nackt-Geliebte” eines Berliner CDU-Politikers. Mitmachen durfte sie bei den “Topmodels” trotzdem. Und ein Skandal war das damals nicht – nicht für ProSieben und nicht mal für “Bild”.

Germany’s Next Toplessmodel (2)

Es ist alles viel schlimmer.

Von dem “Nacktskandal” bei “Germany’s Next Topmodel”, mit dem “Bild” heute aufmacht (wir berichteten), bleibt ja bei genauerem Hinsehen nur der Vorwurf, die Kandidatin Aline habe gelogen.

Bei noch genauerem Hinsehen bleibt: ungefähr nichts.

“Bild” schreibt:

Aber möglicherweise muss Aline den Traum vom Topmodel-Dasein trotzdem aufgeben. Gestern durfte sie noch in der Show bleiben.

Aber: Bei der Anmeldung müssen die Kandidatinnen schriftlich erklären, dass es keine professionellen Nacktfotos gibt.

Hier hat Aline alle belogen! Eine Lüge, die Folgen haben könnte.

Auf Nachfrage erklärt Aline gegenüber BILDblog:

“Ich habe nicht gelogen. Ich wurde nie in einem Fragebogen gefragt, ob ich Nacktfotos gemacht hätte. Als ich gefragt wurde, habe ich alles erzählt.”

Bei ProSieben bestätigt man uns: Es gebe in der Anmeldung, die die Kandidatinnen bei ihrer Bewerbung ausfüllen, keine Frage nach professionellen Nacktfotos. Aline habe nur von ihren Aufnahmen, die (angeblich gegen ihren Willen) im “Penthouse” und auf Bild.de erschienen sind, niemandem erzählt — bis sie von Heidi Klum mit der Bild.de-Seite konfrontiert wurde.

Auf die Frage, ob Aline gelogen habe, antwortete uns ein ProSieben-Sprecher:

“Nein.”

Mit Dank an Peer S.!

Germany’s Next Toplessmodel

Irgendwas ist ja immer.

Gestern zum Beispiel machte die “Bild”-Zeitung mit dem “Geständnis” des ehemaligen Arbeitsministers Walter Riester auf, dass er in seiner Zeit als Fliesenleger auch mal schwarz gearbeitet habe. Riester war zwischen 1957 und 1969 Fliesenleger.

Heute macht die “Bild”-Zeitung mit dem “Nackt-Skandal” auf, der die ProSieben-Show “Germany’s Next Topmodel” erschüttere. Eine der Kandidatinnen hatte vor einem Jahr Akt-Fotos von sich anfertigen lassen, die im “Penthouse” veröffentlicht wurden, das im Teilnehmer-Fragebogen der Fernsehshow aber nicht angegeben.

Und um die Frage, “Wird Model Aline jetzt gefeuert”, die “Bild” auf dem Titel stellt und im Artikel in mehreren Variationen wiederholt, schnell zu beantworten: Nein, Model Aline wird jetzt nicht gefeuert. Oder in den Worten von Moderatorin Heidi Klum in der Sendung gestern: “Es ist nicht so, dass du jetzt gehen musst.”

“Bild” spricht von einem “schlüpfrigen Geheimnis”, das Aline verschwiegen habe und von “eindeutigen Sex-Posen”. Was “Bild” nicht erwähnt: Wo “Germanys Next Topmodel” im Internet auf diese beinahe pornografisch klingenden Fotos stieß. In der Sendung selbst konnte man es erahnen:

Richtig: Auf Bild.de. Als Teil der großen Bild.de-Wahl zum “Penthouse Girl 2008”. Der Skandal, wenn es denn einen gibt, besteht allein darin, dass die Kandidatin die Existenz solcher Fotos geleugnet hatte.

(Die “Bild”-Schwesterzeitung “B.Z.” übrigens berichtete unter der Überschrift “Vernackten die Sexfotos Aline den Sieg bei Heidi?” gestern schon über die Fotos — mit ausdrücklichem Verweis auf Bild.de als Ort der Veröffentlichung. Online ist der “B.Z.”-Artikel inzwischen aus unbekannten Gründen gelöscht.)

Der heutige “Bild”-Artikel endet mit den Worten:

Eine Lüge, die Folgen haben könnte.

Nein: Eine Lüge, die Folgen hat. Denn die skandalösen Fotos, von denen Aline im Nachhinein sagt, sie wollte, dass sie niemand sieht, können dank der gemeinsamen Scheinheiligkeit von Heidi Klum, ProSieben und “Bild” heute elfeinhalb Millionen “Bild”-Leser sehen, eines davon im beeindruckenden Maßstab von fast 1:5.

6 vor 9

Google verschenkt YouTube
(spiegel.de, Christian Stöcker)
Revolution auf YouTube: Künftig darf sich jeder eine eigene Videoseite mit Hilfe des Portals bauen – und sogar Werbeeinnahmen dafür kassieren. Die Zeche dafür bezahlt Eigentümer Google, doch selbstlos ist das Projekt keineswegs: Es soll nichts weniger als die Vorherrschaft im Internet sichern.

Mein Raum gehört mir
(faz.net, Tobias Rüther)
Was ist hier eigentlich der Skandal? Der amerikanische Gouverneur Eliot Spitzer hatte Sex mit einer Prostituierten. Und weil es sich so schön inszenieren lässt, wird die junge Frau nun in die Öffentlichkeit gerissen, ihr Lebensinhalt zweckentfremdet.

Ach Schadzii, du bist so tolliii!
(freitag.de)
Das soziale Leben findet im Netz statt. Wie Jugendliche sich auf der Online-Plattform SchülerVZ inszenieren. Eine Feldforschung.

Dann kamen die Zombies
(zuender.zeit.de, Markus Kavka)
Michael Jackson wurde auch einer und tanzte: Seit vierzig Jahren gibt es Musikvideos. Welches ist das beste? Markus Kavkas Top 100.

Reporter Hates Anchor. Anchor Hates Reporter.
(holytaco.com, Video, 1:49 Minuten)
I usually wait to unleash all my hostile, bitter hatred for someone until I?m on live television with them. This little exchange between two Fox reporters shows you why.

BVG-Streik lohnt sich!
(watchberlin.de, Video, Harald Martenstein, 3:49 Minuten)
Harald Martenstein spinnt die Information des Finanzsenators, dass die Stadt Berlin mit dem aktuellen Streik ihrer Verkehrsbetriebe Gewinn macht, weiter, und findet heraus, dass, wenn 100 Jahre gestreikt würde, Berlin schuldenfrei wäre.

Weniger ist manchmal mehr

"16.700 Euro Ausgaben: Wiesbaden - Jeder Bundesbürger hat 2007 im Schnitt 16.700 Euro für Konsum (...) ausgegeben, das waren 0,7 % weniger als 2006 (Stat. Bundesamt)."“[B]esonders große Buchstaben bedeuten nicht automatisch besonders große Fehler!” hat “Bild”-Chef Kai Diekmann mal behauptet. Aber irgendeinen Sinn muss es ja haben, dass “Bild” jeden Tag auch ein paar besonders kleine “Nachrichten” auf die Titelseite druckt. Heute z.B. erfährt man dort u.a., dass Ex-Postchef Klaus Zumwinkel Aufsichtsrat bei Arcandor bleiben soll, die Zahl der Mitglieder in deutschen Fitness-Studios gestiegen ist und kleinere Männer wegen ihrer Körpergröße schneller eifersüchtig sind. Dazwischen steht obige “16 700 Euro”-Meldung.

16.700 Euro Ausgaben

“Die privaten Haushalte in Deutschland haben ihre Konsumausgaben 2007 um 1,2% gesteigert, 2006 lag die Wachstumsrate bei 2,3%.”
(Quelle: Stat. Bundesamt)

Der Informationsgehalt der Meldung ist jedoch noch geringer als ihre Größe. Denn wie “Bild” auf die “0,7 % weniger” kommt, ist uns schleierhaft.* Laut Statistischem Bundesamt (siehe Kasten), das ja “Bild” als Quelle zu dienen scheint, sind die 16.700 Euro aus der Überschrift mithin ein Zuwachs von 1,2 Prozent gegenüber 2006. Weniger geworden ist also eigentlich nur das Mehr, allerdings auch nicht um “0,7 %”, sondern um fast die Hälfte bzw. 1,1 Prozentpunkte.

Mit anderen Worten: Womöglich hat Kai Diekmann Recht.

Mit Dank an den Hinweisgeber für die Anregung.

*) Korrektur, 23.45 Uhr: Wir waren voreilig. Inzwischen ist uns nicht mehr schleierhaft, wie “Bild” auf die “0,7 % weniger” gekommen ist. Die Zahl stammt aus einer AFP-Meldung. Und: Die Zahl stimmt. Sie findet sich auch in den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes. Unter Berücksichtigung der gestiegenen Preise bedeutet das Mehr letztlich ein Weniger. Und hätte “Bild” das Wörtchen “preisbereinigt” vor die “0,7 % weniger” geschrieben, wären wir nicht so dumm gewesen, an der Meldung herumzumäkeln. So gesehen hat Diekmann womöglich doch nicht Recht. Und wir bitten um Entschuldigung!

Kurz korrigiert (454)

Auch der Blick ins eigene Archiv will gelernt sein. Und wenn Bea Peters es wichtig findet, in der heutigen “Bild” zu behaupten, das aktuelle “Playboy”-Covergirl Liza Li sei “mit 18 ein Pop-Ferkelchen (Lied-Text: ‘Warum gibt’s nicht lila Augen, warum muss man beim Blasen saugen … Mit unverhüllter Fantasie, dein Arsch ist pure Poesie’)” gewesen, dann stimmt die Sache mit dem “Pop-Ferkelchen” nur so halb:

Ja, in einem “Bild”-Artikel mit der Überschrift “Pop-Ferkelchen” (siehe Ausriss) tauchte im September 2006 auch Liza Li (1) auf. Nein, die zitierte Textpassage wurde damals zu Recht der Sängerin Roxy (2) zugeschrieben.
 
Mit Dank an Roxys “Lied-Text”-Mittexter Lutz K. für den Hinweis.

6 vor 9

“Bis vor kurzem gaben die Reaktionäre den Ton an”
(sueddeutsche.de, Leif Kram und Stephan Weichert)
“Gegenläufiges Publizieren”, erst fürs Netz und dann fürs Print, ist für Jay Rosen der Schlüssel zum Erfolg. Im Interview erklärt er, warum die Zukunft den Bloggern und Bürgerjournalisten gehört.

Peinlich – Die Lügen von Politikern, Journalisten und Sportlern in den Medien
(ndr.de, Video, 8:55 Minuten)
Zapp über Lügen und Wortbrüche in den Medien.

2.0-Visionen
(jungle-world.com, Elke Wittich)
Wie wird man in Zukunft Filme machen und konsumieren? Medientheoretiker und Trendsetter aus der Filmbranche sind sich einig: Alles wird sich um das Internet drehen.

«Du» – In Zuneigung zur Welt
(woz.ch, Stefan Howald)
Pionierwerk der Schweizer Fotografie und Kunstvermittlung. Hochglanzbrevier des Bildungsbürgertums: Die berühmteste Kulturzeitschrift der Schweiz versucht einen Neustart. Ein Rückblick auf 782 Nummern.

Küss mich: Warum die Medien American Apparel lieben
(blog.dummy-magazin.de, Oliver Gehrs)
“Es ist schon seltsam, wie leicht es manche Firmen haben, Verbrauchern und Medien eine ‘corporate social responsibility’ vorzugaukeln, hinter der meist nicht mehr steckt als ein Marketingtrick.”

video on demand – Die Redebeiträge
(hr-online.de, Videos)
Hier können Sie sich alle Redebeiträge des “Frankfurter Tag des Online-Journalismus” anschauen.

Ups, verpersonalisiert!

Personalisierung gehört zum Wesen des Boulevards. Und deshalb präsentiert die “Bild”-Zeitung heute ihren über elf Millionen Lesern Umberto Angeloni als “Verlierer” des Tages (siehe Ausriss). Der Grund: Die Modefirma Brioni hat was verloren – den Zuschlag nämlich, im nächsten James-Bond-Film den Hauptdarsteller Daniel Craig einzukleiden.

Da aber Tom Ford, der den James-Bond-Deal für seine Firma eintüten konnte, auf der “Gewinner”-Seite keinen Platz mehr fand (dort wird bereits “Bild”-Liebling Paul Kirchhof für einen Preis gefeiert, den zuvor auch schon “Bild”-Liebling Benedikt XVI bekommen hat), ziert eben das Gesicht von “Umberto Angeloni (65), Chef des Herrenausstatters Brioni”, auf der Titelseite von Europas größter Tageszeitung die “Verlierer”-Meldung, und:

BILD meint: Hauptsache, vom Feinsten!

Wir meinen: Hauptsache, null null Ahnung! Denn Angeloni, der “Chef des Herrenausstatters Brioni” (“Er kleidet nur die Reichsten und Schönsten ein!”), hat das Unternehmen – wie übrigens schon im Herbst 2006 angekündigt – bereits im Juni 2007 verlassen.

Mit Dank an den unbekannten Hinweisgeber.

Nachtrag, 13.3.2008: In der “Korrekturspalte” heißt es heute [mit Unterstreichungen von “Bild”.]: “Umberto Angeloni (65) ist nicht, wie BILD gestern berichtete, Chef des Herrenausstatters Brioni, sondern war es. (…)” Aha. “Verlierer” bleibt er für “Bild” offenbar trotzdem [Unterstreichung von uns].

6 vor 9

Sozial 2.0: Herr, Knecht, Feind, Freund
(de-bug.de, Mercedes Bunz)
Soziale Netzwerke und die Ökonomie der Freundschaft.

Jetzt wird zurückgelogen
(stefan-niggemeier.de)
“Die Deppen in dieser Geschichte sind Michael Kneissler und Marcus Böttcher. Und in einem Abwasch gleich all ihre vermutlich zigtausend Kollegen, die das Leben von Stars – oder das, was uns mithilfe von Paparazzi-Fotos, PR-Geschichten und Halb- und Unwahrheiten als solches vorgegaukelt wird – alltäglich zu bunten Märchen oder hämischen Abgesängen verarbeiten.”

Komm, lies mit!
(falter.at, Ingrid Brodnig)
Die E-Mails des Ex-Innenministers wurden gestohlen. Das geht leichter, als man denkt. So unsicher sind unsere Mails.

Medienmacht SPD
(zeit.de, Hendrik Reffken)
Dürfen Parteien sich an Medien beteiligen? Das hessische Privatfunkgesetz verbietet es. Doch mit dem Grundgesetz ist das nicht vereinbar. Ein Gastbeitrag.

Von der Gratiszeitung zum Gratishaus
(blogdessennamenmansichnichtmerkenkann.wordpress.com, ugugu)
“Was machen Engländer, wenn sie von den Gratiszeitungen, die überall in den U-Bahnen und auf den Strassen den Weg versperren, definitiv die Schnauze voll haben? Sie sammeln die ‘Free Newspapers’ ein und bauen daraus ein nettes Häuschen.”

A Twist on the Traditional Magazine Model
(newsweek.com, Jennifer Ordoñez)
8020‘s publications are filled entirely with content generated by online readers. But will people pay for it?

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