Verloren im Queensberry-Wirbel

Viel Platz ist ja nicht in der täglichen “Gewinner/Verlierer”-Rubrik auf der “Bild”-Titelseite. Umso erstaunlicher, wie viele Fehler da an einem Tag wie heute so rein passen (siehe Ausriss)

Schon die Formulierung “soll es vorher schon zweimal gegeben haben”, auf die “Bild” das “Verlierer”-Dasein der deutschen Retorten-Girlband Queensberry stützt, ist ein bisschen untertrieben. Man kann sich u.a. bei YouTube anschauen, dass der Song ganz bestimmt bereits von anderen gesungen wurde: Im Sommer Ende Oktober erschien er auf dem Album der Kanadierin Eva Avila – und unter dem Titel “Game over” nahm das Lied 2008 für Holland in Belgien am “Eurovision Song Contest” an einem nationalen Vorentscheid für den diesjährigen “Eurovision Song Contest” teil.

Und wir haben gehört: Das alles soll schon seit mehr als einer Woche völlig korrekt auf einer belgischen “Song Contest”-Website namens Belgovision.com nachzulesen sein.

Schmidt, vergreiste ARD, Mosley

1. “Schmidteinander in den Medien”
(dradio.de, Brigitte Baetz)
Neben Jopi Heesters ist er DER Liebling der sterbenden Medien (weil er sie an die guten Zeiten erinnert): Altkanzler Helmut Schmidt, der ohne Amt und ohne Lächeln, aber mit Zigarette und Grandezza die Medien an der Nase herumführt: “90 Jahre wird er am Tag vor Weihnachten, ein Grund zum Feiern, ohne Frage, und schon seit seinem 80. Ehrentag scheint Helmut Schmidt machen zu können, was er will, von Rundfunk und Presse wird es mit Wohlwollen kommentiert. Während sich Deutschlands Raucher aus den Kneipen ins zugige Freie schleichen müssen, um ihrem Laster zu frönen, quarzt der Altkanzler unter dem entzückten Beifall der Journaille wo er nur geht und steht.”

2. “Hier werden Sie ins Grab geschunkelt!”
(stern.de, Alexander Kühn)
“Das Programm der ARD ist für junge Zuschauer ungefähr so attraktiv wie Blasentee und Treppenlifter – von Ausnahmen wie Sport einmal abgesehen. Und dem einzigen Vorzeigejugendlichen: Oliver Pocher. Bericht über eine Anstalt, die mit ihrem Publikum vergreist.”

3. “Die fetten Jahre kommen”
(faz.net, Michael Hanfeld)
“Die Folgen der Weltwirtschaftskrise kennt das öffentlich-rechtliche Fernsehen nur vom Hörensagen. Es ist bei den Gebühren und im Internet auf Wachstumskurs und wird dabei von der Politik, anders als in England, nicht gebremst. So lässt es sich leben – nur auf wessen Kosten?”

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Es geht auch ohne Wagner

Das kleine Berliner Schmuddelkind “B.Z.”, das (als “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner noch “B.Z.”-Chefredakteur war) auf der Titelseite schon mal unter der Schlagzeile “Öl-Pest” statt eines ölverschmierten Vogels lieber ein kerngesundes, schwarzes Entlein zeigte, steht auch heute noch gelegentlich der großen Schwester “Bild” in nichts nach. Gestern zum Beispiel schrieb die “B.Z.”:

"Schlaganfall, Herzinfarkt, Kind verloren: In der B.Z. enthüllt TV-Koch Horst Lichter seine schweren Schicksalsschläge"

“Enthüllt” ist allerdings für das, was Horst Lichter der “B.Z.” gesagt hat, ein großes Wort. Von Schlaganfall, Herzinfarkt und seinem toten Kind hatte er (beispielsweise) auch schon der Springer-Zeitung “Die Welt” erzählt – am 13. März 2005.

Aber man braucht eigentlich nicht mal tief in den Archiven zu stöbern. Im September 2007 erschien eine (Auto-)Biographie Lichters, dessen Inhalt sein Verlag, ähm, wie folgt zusammenfasst:

(…) zwei Hirnschläge, ein Herzinfarkt, der frühe Verlust eines Kindes. Davon erzählt dieses Buch.

Mit Dank an Volker K. für den Hinweis.

Stümperhafteste Zusammenfassung

Womöglich würde RTL das so gefallen:

Übelste TV-Pannen 2008 gekürt -- Zum ersten Mal hat das Online-Medienmagazin DWDL.de seinen neuen Fernsehpreis "Der goldene Günter" vergeben. Ausgezeichnet werden fragwürdige Leistungen von Personen oder Unternehmen im vergangenen Jahr. (...) Den Titel "stümperhafteste Notfallplanung" gewann das ZDF für den weltweiten Bildausfall beim EM-Halffinal-Spiel Deutschland - Türkei

Tatsächlich aber gewann den DWDL-Titel “Stümperhafteste Notfallplanung bei einem Großevent” – anders als RTL* in seinem Teletext behauptet – nicht “das ZDF”, sondern: die UEFA.

Bei DWDL.de heißt es – ganz im Gegenteil – sogar:

Dass sich der Bildausfall beim EM-Halbfinal-Spiel zwischen Deutschland und der Türkei in Deutschland in Grenzen hielt, ist einem tatkräftigen ZDF-Bildtechniker zu verdanken. Das ZDF griff auf das Signal des Schweizer Fernsehens zurück.

*) Ach ja: Dass auch die zur RTL-Gruppe gehörenden Sender Vox (“Programmierungsdesaster des Jahres”) und n-tv (“Sinnloseste Live-Übertragung”) mit “Goldenen Güntern” ausgezeichnet wurden, erfahren die Teletext-Leser von RTL hingegen nicht.

Mit Dank an Thomas für den Hinweis.

Drei Kreuze für Queensberry

Es ist im Journalismus nichts Neues, dass bei Ereignissen, die relativ vorhersehbar sind, vorab schon mal weite Teile eines Artikels vorgeschrieben und hinterher nur noch hier und da ergänzt werden. Gerade im Online-Journalismus, wo man ja gerne so tut, als ob es auf jede Minute ankäme, lässt sich dann irgendwas ganz fix veröffentlichen.

Es ist nur blöd, wenn man so einen fast fertigen Artikel zu früh ins Netz stellt:

"Popstars": Großes Finale! xxx ist in der Band! Das ist Queensberry: Gabriella (19), Vici (16), und Leo (20) - und xxx (xx). Großes Finale bei "Popstars": Die Band ist komplett. Gabriella (19), Vici (16), und Leo (20) - und xxx (xx): Sie sind Queensberry!

Der Artikel, den Bild.de gestern Abend etwas vorzeitig abfeuerte, sah zu weiten Teilen aus wie seine aktuelle Fassung: Es ging um alles oder nichts, der erste gemeinsame TV-Auftritt von Sido und seiner Freundin war ein “Highlight der Show”, und für “die Mädels” kam es “völlig überraschend”, dass sie schon im Februar auf Tour gehen.

Wie egal es letztlich für die Sendung und den Bild.de-Artikel war, wer eigentlich das vierte Bandmitglied bei Queensberry geworden ist, offenbart dieser, nun ja, Satz…

xxx völlig fassungslos: "xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx!"

… für dessen endgültige Version Bild.de dann aber sowieso auf einen Namen verzichtete:

Danach völlig fassungslos: "Ich kann es noch gar nicht glauben!"

Mit Dank an Simone G. für den Hinweis und den Screenshot!

Nachtrag, 20. Dezember: BILDblog-Leser Nikolai K. fragt sich, warum Bild.de eigentlich in beiden Versionen des Artikels behauptet, dass während des “Popstars”-Finals “der erste gemeinsame Live-Auftrit im TV von Jury-Mitglied Sido und seiner schönen Freundin Doreen” stattgefunden habe. Immerhin gibt es bei YouTube seit Ende Mai ein Video, in dem Sido und Doreen gemeinsam bei MTV auftreten und in dem Sido den Song “Nein” (den die beiden auch bei “Popstars” gesungen haben) mit den Worten “Wir standen noch nie zusammen auf der Bühne” anmoderiert.

Wir können ihm diese Frage leider auch nicht beantworten.

Sperrfristen, Stornierungen, Enten

1. Bundesministerium storniert Anzeige bei Bild
(faz.net, Michael Hanfeld)
“So kommt man auch auf die erste Seite der ‘Bild’-Zeitung: Man ärgert sich über eine Meldung von Seite zwei, ruft den zuständigen Autor und Redakteur an, kündigt die Streichung einer geplanten Anzeige an und bestätigt das anschließend auch noch in einer E-Mail. Und landet dann tatsächlich auf Seite eins, mit dem Eigentor des Monats – dem man grundsätzliche Bedeutung beimessen darf, nicht weil es um ‘Bild’ geht, sondern um ein Bundesministerium und dessen Verhältnis zur Kritik der Presse.”

2. “Jeder stirbt für sich allein – trotz Selbstmords im TV”
(welt.de, Matthias Kamann)
“Der Selbstmord des unheilbar kranken Briten Craig Ewert in der Sendung ‘Right to die’ hat eine neue Debatte ausgelöst, wie öffentlich ein Tod darf und sein sollte. Die einen sprechen von pietätloser Sensationsgier, die anderen von notwendiger Aufklärung. Doch was zeigen solche Sendungen wirklich?”

3. “Hü und Hott der Sperrfristen”
(perlentaucher.de, Ekkehard Knörer)
Tod dem Embargo” schrieb das Topblog Techcrunch diese Tage: “Von jetzt an ist es unser Grundsatz, jede Sperre zu brechen. Wir werden uns mit allen Vorgaben einverstanden erklären und darauf machen wir genau das, was wir für richtig halten.” In Deutschland quält sich der Journalismus weiter mit Sperrfristen ab. Der Filmkritiker Ekkehard Knörer schreibt einen Essay dazu.

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Polylux, Hoesli, Korrekturen

1. “Opium fürs Volch”
(medienspiegel.ch, Fred David)
Fred David äussert sich zu den schweizer Medien: “Unsere Medien vertreten die Macht. Sie kontrollieren sie nicht, wie sie vorgeben. Dazu sind sie nicht mehr in der Lage. Diese Funktion passt nicht in ihre Marketing-, Gratis- und Sonstwiestrategien. Dass da ein wichtiges Element der Demokratie nicht mehr richtig funktioniert, scheint niemanden zu sorgen. Ausser vielleicht einen Spekulanten wie Tito Tettamanti.” Ebenfalls sehr lesenswert sind die Kommentare. Der anonyme “Skepdicker”, ganz offenbar ein Kenner der schweizer Medienszene, schreibt: “Die Inlandredaktionen schreiben seit Jahren an einer oberflächlichen Soap-Opera über den Kampf der Zwerge gegen den bösen Giganten B. Während ein Markus Schneider Bücher über die Flat Tax oder soziale Mobilität schreibt, befassen sich die Journalisten-Zwerge damit, ob Doktor B., Frau B., Bruder B., Schwester G.-B., Tochter M.-B…”

2. Interview mit Wolfgang von Mecklenburg
(weltwoche.ch, Roger Köppel)
Roger Köppel, der im Editorial mitteilt, er habe nun die Zeitschrift zu 100% übernommen, im Gespräch mit Wolfgang von Mecklenburg von der M&M Media-Agentur. Der empfiehlt dem Blick, zum alten Format zurückzukehren, vom aktuellen Zustand der Zeitungen ist er nicht gerade begeistert: “Die heutige Medienszene tendiert Richtung Massenprodukt. Wir haben zu viele graue Mäuse.”

3. “‘Polylux’ ist tot”
(taz.de, Peer Schader)
“Menschen mit kuriosen Hobbys oder außergewöhnlichen Eigenschaften konnten sich darauf verlassen, ab dem Moment, in dem das ‘Polylux’-Kamerateam bei ihnen im Hausflur stand, zum Mainstream zu gehören. Wahrscheinlich hat die Redaktion viel Zeit damit verbracht, darauf zu warten, dass andere Medien was aufschreiben, das sie dann nachdrehen kann.”

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Der Pop-Titan bleibt PR-Titan

Die Medienevolution Videoreporter-Aktion von “Bild” ist bislang offenbar noch kein richtiger Knüller. Und da hilft es auch wenig, dass “Bild” heute den 7-jährigen Marvin Pfützner, erster “Gewinner der Video-Aktion von BILD”, für ein vernuscheltes Laien-“Dingsda” zum “Gewinner” des Tages macht.

Aber es geht ja auch anders auch anders auch anders:

"Dieter Bohlen bloggt für Bild.de: Der Pop-Titan ist jetzt Blog-Titan"

Mit anderen Worten: Es gibt seit heute auch ein kurzes Wackelvideo auf Bild.de, in dem Dieter Bohlen zu sehen ist, wie er von jemand anderem mit einer offenbar nicht besonders brauchbaren Kamera gefilmt wird. “Bohlen liest BILD, Bohlen im Auto, Bohlen im Hotel, Bohlen hinter den Kulissen, Bohlen gratuliert ‘Supertalent’-Gewinner Michael Hirte zu seinem grandiosem Erfolg”, heißt es dazu auf Bild.de.

Und das alles ist wörtlich zu nehmen: Bohlen sitzt “Bild”-lesend im Auto (28 Sekunden) und gratuliert anschließend irgendwo hinter den Kulissen eines Castings für die RTL-Show “Deutschland sucht den Superstar” dem Gewinner der RTL-Show “Das Supertalent”, Michael Hirte, zu seinem dessen Erfolg (67 Sekunden) – in Abwesenheit Hirtes, versteht sich. Wir dokumentieren das trotzdem mal:

Ja, hier sitzen gleich die Kandidaten – alles natürlich top secret. Aber ich möchte einem Menschen natürlich von ganzem Herzen und von euch allen erstmal Glückwunsch sagen. Das ist hier dieser Mann [hält die aktuelle CD von Michael Hirte in die Kamera]: Michael Hirte. [Kamera zoomt auf das Cover; es folgt ein kurzer Einspieler des “Ave Maria”-spielenden Hirte]. Seit gestern abend, 18 Uhr, Nummer 1 in Deutschland. Und ich glaube, wir haben eigentlich noch nie einen gefunden, glaube ich, der’s so verdient hat wie dieser Michael Hirte. Ich habe mich gestern wirklich unheimlich gefreut für ihn. Er ist mittlerweile schon Gold und Platin und ich weiß nicht was. Und wir hatten, glaube ich, noch nie ‘nen “Superstar”* oder ‘n “Supertalent”** oder überhaupt irgend jemand, der das so verdient hat. Und ich glaub’, für den Michael Hirte hier, für ihn [hält wieder die Hirte-CD in die Kamera] wird das ‘n ganz, ganz schönes Weihnachten, und der kann sich endlich mal ‘n paar warme Bratkartoffeln leisten und vielleicht auch noch ‘ne Currywurst dabei. Michael, erstmal herzlichen Glückwunsch – und die vielen Leute, die ihm geholfen haben***, natürlich auch: Vielen Dank! Tschüß.

Es folgt ein 44-sekündiger Einspieler (“exklusiv hier auf Bild.de”), wie Michael Hirte “Stille Nacht” auf der Mundharmonika spielt. Dann ist Schluss. Außer für uns, denn wir hätten da ja noch ein paar Anmerkungen:

*) Dieter Bohlen sitzt seit 2002 in der DSDS-Jury, schrieb und (co-)produzierte u.a. die Musik der DSDS-Gewinner Alexander Klaws und Mark Medlock.
 
**) Dieter Bohlen sitzt seit 2007 in der “Supertalent”-Jury; sein Co-Produzent Joachim “Jeo” Mezei produzierte u.a. die Musik des “Supertalent”-Gewinners 2007, Ricardo Marinello.
 
***) Dieter Bohlens Co-Produzent Mezei ist an der Produktion des Albums von “Supertalent”-Gewinner Hirte beteiligt, auf dem sich u.a. auch die Mundharmonikaversion eines Bohlen-Songs aus DSDS findet. Wer sich hinter Hirtes Produzenten-Team “Dreamfactory” verbirgt, wollte uns Hirtes Plattenfirma bislang auf Anfrage nicht verraten.

P.S.: Bild.de zeigt seinen Lesern auch noch ein zweites Wackelvideo mit Bohlen. Darin geht’s dem “Blog-Titan” zwar nicht nur um seinen Hirte – aber auch.

Billag, Wallraff, SPIEGELblog

1. “NDR schafft Grand-Prix-Vorentscheid ab”
(faz-community.faz.net, Peer Schader)
Für den Eurovision Song Contest 2009 schafft der NDR den Vorentscheid, also den demokratischen Entscheid unter TV-Zuschauern, ab und ersetzt ihn mit einer Bewerbung, über die eine Jury entscheidet. Der ARD Koordinator Unterhaltung, Thomas Schreiber, “betont, dass das diesjährige Verfahren eine Ausnahme sei, um einen kompletten Neuanfang nach den miserablen Ergebnissen der vergangenen Jahre zu ermöglichen.” Das Fernsehblog beschreibt ein mögliches Profil der Kandidaten in einer Stellenanzeige.

2. “Billag schüchtert TV-Zuschauer ein”
(blick.ch, Lukas Rüttimann, Daniel Meier und Gabriel Brönnimann)
Wer meint, die GEZ sei ein schröcklicher Verein, der kennt das schweizer Equivalent, die Billag, wohl noch nicht. Mit einer aufwändig produzierten Gutenachtgeschichte in Dialekt (youtube.com, Video, 2:01 Minuten) versetzt die Schweizerische Erhebungsstelle für Radio- und Fernsehempfangsgebühren nicht nur Kinder in Panik.

3. SPIEGELblog lanciert
(spiegelblog.info)
Der Journalist Torsten Engelbrecht eröffnet unter spiegelblog.info ein Spiegel-Watchblog: “Mit seinen Analysen möchte SPIEGELblog dazu beitragen, die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, selbst Leitmedien wie dem SPIEGEL nicht blindlings Glauben zu schenken. In der Tat vertrauen selbst viele Journalisten von anderen Medien und Wissenschaftler auf das, was im SPIEGEL geschrieben steht.”

Nachtrag: Über Engelbrecht und seine “journalistische” und “wissenschaftliche” Arbeit gibt es mehrere kritische Berichte – zum Beispiel bei ScienceBlogs und bei Esowatch. Mit dem Spiegelblog und der Argumentation des Autors hat sich Torsten Dewi ausführlich beschäftigt, erst mittels Kommentaren im Spiegelblog, jetzt in einem ausführlichen Beitrag in seinem Blog. (19.1.2009, Ole)

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Allgemein  

“Nur: Sie sind nicht wahr”

Gestern abend berichtete die ARD in ihrer Reihe “Die großen Kriminalfälle” über den Altenpfleger Olaf Däter, der 2001 in Bremerhaven innerhalb von nur zehn Tagen fünf seiner ehemaligen Patientinnen getötet hatte und dafür zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist.

“Bild” über Däter:


“Er feierte Sexorgien und Champagner-Partys mit den teuersten Huren seiner Stadt. (…) Nach dem Mord feierte er Liebesnächte im Bordell (…).”

Däter hatte zur Tatzeit eine Beziehung zu einer Prostituierten, und in der Sendung hieß es dazu: “Als das bekannt wird (…), stehen in einer Zeitung, die besonders gerne besonders große Buchstaben druckt, sensationelle Geschichten über Olaf Däter [siehe Kasten] – nur: Sie sind nicht wahr.” Die im Prozess für den Fall Däter zuständige psychiatrische Gutachterin Nahlah Saimeh (die Däter übrigens laut ARD vor Gericht für voll schuldfähig erklärte) sagte:

Nach allen Informationen, über die ich persönlich verfüge, ist es vollkommen das Gegenteil gewesen: also ein Mann, der eher sich scheut, sexuelle Kontakte mit Frauen einzugehen; man möchte fast wirklich eher sagen: sowenig wie möglich – aus was für Gründen auch immer, auch die waren nicht zu hinterfragen. Aber der Sexbesessene, der alte Frauen deshalb umbringt, um irgendwelche Bordell-Orgien zu feiern, das war vollkommen falsch.

(…) Er hatte diese Prostituierte kennengelernt, hatte sie aber eigentlich nicht als Prostituierte, als Dienstleisterin angesehen, sondern hatte mit ihr sehr viel gesprochen, sich mit ihr sehr viel unterhalten und dafür Geld gezahlt und in gewisser Weise das für sich als Beziehung, als Freundschaft angesehen.

Aber soweit reicht die Fantasie von “Bild” wohl nicht.

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