Coke Triplezero

Dieser Mann hat allen Grund, bedröppelt dreinzublicken:

Vorstandsvorsitzender von Coca-Cola Muhtar Kent nimmt an einem Treffen in Neu-Delhi teil. Coca-Cola, der größte Getränkeproduzent weltweit, plant fünf Billionen US-Dollar in den indischen Markt zu investieren.

Es ist Muhtar Kent, Vorstandsvorsitzender der Coca-Cola Company, und eigentlich wollte er gerade nur erklären, dass sein Unternehmen bis zum Jahr 2020 fünf Milliarden US-Dollar in Indien investieren will.

Doch nun schreibt sueddeutsche.de:

Vorstandsvorsitzender von Coca-Cola Muhtar Kent nimmt an einem Treffen in Neu-Delhi teil. Coca-Cola, der größte Getränkeproduzent weltweit, plant fünf Billionen US-Dollar in den indischen Markt zu investieren.

Die gute Nachricht für Mr. Kent: Er muss doch nicht tausendmal so viel ausgeben, wie ursprünglich geplant. Die Leute bei sueddeutsche.de haben nur den klassischen Denkfehler begangen und das englische Wort “billion” (auf Deutsch: “Milliarde”) mit dem deutschen Wort “Billion” (im Englischen: “trillion”) gleichgesetzt.

Mit Dank an Falk G.

Nachtrag, 28. Juni: sueddeutsche.de (wo das Foto in der Bildergalerie immer weiter nach hinten rutscht und aktuell hier zu finden ist) hat den Fehler korrigiert und hinzugefügt:

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Coca-Cola investiere fünf Billionen US-Dollar in Indien. Das ist falsch.

Wir haben dem Markennamen Coca-Cola in unserem ursprünglichen Eintrag unterdessen einen Bindestrich spendiert, damit auch hier alles seine Ordnung hat.

Niveau ist keine Hautcreme (4)

Im vergangenen Jahr wurde die Marke Nivea 100 Jahre alt und ließ sich in verschiedenen Medien feiern.

Und auch wenn es nach so einem runden Geburtstag häufig ruhiger wird um den Jubilar, braucht sich die Beiersdorf AG keine großen Sorgen zu machen, solange sie Werbeträger wie Joachim Löw hat, die von Journalisten explizit auf ihre Tätigkeit angesprochen werden:

Erschienen ist dieses Interview vergangene Woche in der “Leipziger Volkszeitung”. Bebildert war es dabei so:

Die Veröffentlichung des Interviews war offenbar die Zweitverwertung eines Interviews, das so ähnlich schon Anfang Juni in der “Schweriner Volkszeitung” erschienen war.

Die oben zitierte Passage sah dort ein bisschen anders aus, aber ganz ohne Nivea kam das Gespräch auch nicht aus:

Neben Ihrem Job sind Sie auch “Pflegecoach” einer Männerkosmetik-Marke. Der 54er-Weltmeistermacher Sepp Herberger wäre in einer solchen Rolle schwer vorstellbar…

[…]

Früher reiste man im Trainingsanzug und Turnschuhen, heute ist es wichtig, dass eine Mannschaft als Repräsentant verschiedener Institutionen geschlossen und gut angezogen auftritt.

Sie achten sehr auf Ihr Äußeres, wie eitel darf ein Fußball-Mann sein?

Fußball hat in den vergangenen Jahren eine solche Stellung eingenommen, dass gepflegtes Auftreten und ein wenig Eitelkeit einfach dazugehört. Ich persönlich nehme jeden Tag Gesichtspflege, Männerprodukte sind ja lange nicht mehr uncool.

Wenn ein Sponsor aus der Wirtschaft an Sie herantritt, wonach entscheiden Sie, ob Sie zusammenarbeiten werden?

Ich muss mich zu 100 Prozent mit der Marke identifizieren, sie im Alltag selbst benutzen und Vertrauen in die Produkte haben. Mit Nivea bin ich quasi aufgewachsen. Wir Jungs wurden immer damit eingecremt. Ein wenig erinnert mich die blaue Dose daher auch an meine Kindheit.

Mit Dank an Sebastian S.

Für sie am Ball

Für diese Schlagzeile auf Bild.de gilt das gleiche wie für die Momente, in denen man unbekleidet vom eigenen Partner mit einer anderen Person im heimischen Schlafzimmer überrascht wird: Es ist nicht, wonach es aussieht.

Martin wollte Casillas-Freundin abschießen

Zum einen ist da der Vorwurf des “Abschießenwollens”, den Bild.de so beschreibt:

Vor dem Anstoß versuchte Marvin Martin (24) die spanische TV-Reporterin Sara Carbonero (28) abzuschießen.

Die Verlobte von Spaniens Torhüter Casillas moderierte gerade am Spielfeldrand, als Martin Maß nahm.

Warum er nur Auswechselspieler ist, bewies der Mittelfeldmann eindrucksvoll: Sein Schuss verfehlte die schöne Moderatorin.

Es bedarf schon einigen bösen Willens, in dieser Aktion Absicht zu erkennen — und nicht einfach ein verunglückte Volley-Annahme:

(Auch die Behauptung, Frau Carbonero habe “im letzten Moment zur Seite springen” können, dürfte angesichts des Videos leicht übertrieben wirken. Aber eine frontal getroffene Kamera ist offenbar nicht so spektakulär, wie eine beinahe getroffene “schöne Moderatorin”.)

Zum anderen lautete die Überschrift ursprünglich “Nasri wollte Casillas-Freundin abschießen”, weil die Sportexperten von “Bild” Marvin Martin zunächst für Samir Nasri gehalten hatten.

Nachdem einige Leser in den Kommentaren auf diese Verwechslung hingewiesen hatten, überarbeitete Bild.de unauffällig den gesamten Artikel — und sorgte dafür, dass die Kommentare unter dem Artikel nicht mehr angezeigt werden.

In der gedruckten “Bild” allerdings kann man die ursprüngliche Verwechslung noch in aller Pracht nachlesen:

Nasri wollte Casillas-Freundin abschießen

Mit Dank an Jan David Sch., Moritz S., Arno W., Thomas Sch. und S.K.

Antiwählerfrühstück, Prinzessin, Euro

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ankara: Syrien hat weiteres Flugzeug beschossen”
(tagesspiegel.de, Andrea Nüsse)
In Syrien habe sich eine “Art Medienkrieg zwischen staatlicher syrischer Propaganda und Leitmedien wie den arabischen Sendern ‘Al Dschasira’ und ‘Al Arabija’ etabliert”, schreibt Andrea Nüsse. “Am Anfang des Konfliktes wiesen Medien noch oft darauf hin, dass es schwer sei, objektive Nachrichten zu erhalten, weil keine ausländischen Reporter ins Land gelassen würden. Mittlerweile übernimmt die westliche Politik und Presse oft ohne Einschränkung die Darstellungen bewaffneter Kämpfer vor Ort und der ‘citizen reporter’.”

2. “Ein bisschen Tratsch muss sein”
(sueddeutsche.de, Ekkehard Müller-Jentsch)
Vor dem Landgericht München stritten am Montag die Anwälte von Roberto Blanco, “Bunte” und “Bild am Sonntag” um die Berichterstattung zu einer Hochzeit und um einen zwischen Blanco und “Bunte” geschlossenen Exklusivvertrag.

3. “Tausche Hirn gegen Verantwortung”
(fernsehkritik.tv, Fernsehkritiker)
Zur am 1. Juli stattfindenden Wahl eines Oberbürgermeisters in Halle lädt die MDR-Sendung “Querformat” zu einem “Antiwählerfrühstück” ein und offeriert ihren Zusehern “palettenweise belegte Brötchen und Kaffee”. “Diejenigen, die nicht wählen wollen, werden nur vorbei kommen, um sich ein kostenloses Frühstück abzuholen. Und schlimmer noch: Möglicherweise werden manche Bürger, die eigentlich zur Wahl entschlossen sind, nun durch die Aussicht auf Kaffee und Brötchen davon abgehalten.”

4. “Mehr Kitsch geht nicht”
(faz.net, Jonathan Schaake)
Die ZDF-Dokumentation “Endlich Prinzessin” (zdf.de, Video, 44 Minuten) über Kate Middleton und Charlene Wittstock in der Kritik: “Der Film von Ulrike Grunewald und Annette Tewes bietet flaches Royaltainment, das auf jeglichen Blick hinter die Fassaden verzichtet.”

5. “Liebe Noch-Euro-Mitbürger!”
(ftd.de, Horst von Buttlar)
Horst von Buttlar macht sich Gedanken über die optische Gestaltung der Krise des Euro.

6. “Der Mann in unserer Garage”
(tagesanzeiger.ch, Michael Hermann)

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Freibrief für unerlaubte Fotos von Unfallopfern?

Im Oktober 2005 kam eine 32-jährige schwangere Frau bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben, den sie nicht verschuldet hatte. Weil im Fahrzeug des Unfallverursachers der Musiker Max Mutzke saß, hielten Boulevardmedien wie “Bild” den Unfall für besonders relevant.

Zwei Tage nach dem Unfall suchte ein “Bild”-Mitarbeiter die Eltern der Verstorbenen auf und bat an der Haustür um Informationen über die Getötete und ein Foto von ihr. Die Eltern verweigerten jegliche Angaben und erklärten ausdrücklich, dass sie kein Foto
zur Verfügung stellen wollten und mit einer Veröffentlichung eines Fotos ihrer Tochter in “Bild” nicht einverstanden seien. “Bild” ignorierte dies und beschaffte sich von einem unbekannten Dritten ein Porträtfoto der jungen Frau und druckte es nebst diversen Einzelheiten aus dem Privatleben der Getöteten.

Für “Bild” eine nahezu alltägliche Geschichte.

Doch die Eltern der jungen Frau taten etwas, wozu die meisten Angehörigen in so einer Situation gar nicht in der Lage sind: sie gingen juristisch gegen “Bild” vor. Die Zeitung musste sich in einer Unterlassungserklärung verpflichten, das Foto nicht erneut zu verbreiten.

Zusätzlich forderten die Eltern Schadensersatz in Höhe von 15.000 Euro von der Axel Springer AG. Nach einem ursprünglichen Urteil des Landgerichts Berlin, das Springer zu einer Zahlung von 3.000 Euro und der Übernahme der Anwaltskosten der Eltern verurteilt hatte, ging der Fall durch die Instanzen, bis der Bundesgerichtshof im März den Schadensersatzanspruch der Eltern zurückwies: “Bild” habe weder die Persönlichkeitsrechte der Eltern noch die der verstorbenen Tochter verletzt, die Eltern hätten auch keinen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr.

Das Internetportal “Datenschutz Praxis” hat sich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorgenommen und kommt zu dem Schluss, sie sei “ein Freibrief für Zeitungen, Fotos von Unfallopfern auch dann risikolos veröffentlichen zu können, wenn die Angehörigen sich strikt gegen eine Veröffentlichung aussprechen”:

Wuppertal, Günter Wallraff, Kai Diekmann

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Leistungsschutzrecht – ein Gesetz aus Schilda”
(christophkappes.de)
Christoph Kappes kommentiert den nun vorliegenden Entwurf eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger: “Die Selbstbedienungsmentalität der Verlage wird ganz deutlich, wenn man sich vorstellt, ein Metzger wolle seine Leistungen für das Zustandekommen einer Wurst schützen lassen. (…) Wirtschaftlich geht ein Leistungsschutzrecht ohnehin ins Leere, denn die Beteiligten werden darauf reagieren.”

2. “Studie ‘beweist’: In Wuppertal werden die wenigsten Räder geklaut”
(njuuz.de, Georg Sander)
“Die Welt” behauptet, in Wuppertal würden “88 Prozent weniger Fahrräder geklaut als in den anderen untersuchten Städten”: “Auf die Idee, dass in einer topfebenen Studentenstadt wie Münster pro 100.000 Einwohner auch viel mehr Fahrräder gekauft werden als im bergigen Wuppertal (und daher auch viel mehr Räder entwendet werden), sind die Qualitätsjournalisten der ‘Welt’ offenbar nicht gekommen.”

3. “Der Mann, der Günter Wallraff war”
(faz.net, Marcus Jauer)
Für einige Stunden schlüpft Marcus Jauer ist die Rolle von Günter Wallraff: “Seit vier Stunden bin ich nun Deutschlands bekanntester Enthüllungsjournalist, aber bislang hat mich niemand erkannt und mir ist auch kein Skandal untergekommen. Meine Recherche steht an einem heiklen Punkt. Als ich mir mit der Hand in den Nacken fahre, spüre ich, dass sich die Glatze langsam zu lösen beginnt.”

4. “Why Porn and Journalism Have the Same Big Problem”
(theatlantic.com, Jordan Weissmann, englisch)
“In both cases, the competition is so broad that customers are likely to go elsewhere rather than pay.”

5. “Die ‘Sponsoren’ von ‘BILD für alle!'”
(nachdenkseiten.de, Jens Berger)
Jens Berger rechnet mögliche Werbeeinnahmen der Gratis-“Bild” zusammen.

6. “Der Herr der Klobrillen”
(taz.de, Peter Köhler)
Die Karriere von “Kai ‘Sauber’ Diekmann” im Spiegel der Rubrik “Die Wahrheit”: “Eimer voller Hohn ergossen sich über ihn beispielsweise im Mai 2002, als seine misslungene Gehirnverlängerung publik wurde.”

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“Frei-BILD für alle”: Umschlagplatz Briefkasten

Am Samstag war es endlich so weit: 41 Millionen Haushalte in Deutschland bekamen die “Frei-BILD für alle”. Wer sonst nie “Bild” liest, konnte sich ein Bild davon machen, wie die Zeitung aussähe, wenn sie täglich auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen verzichtete und nur harmlos-nette Geschichten brächte.

Es war noch viel weniger eine Zeitung, als wir im Vorfeld gedacht hatten, und noch viel mehr ein Werbeprospekt: In fast allen Geschichten ging es um “Bild”. Eine weitere Eintragung ins Guinness-Buch der Rekorde wäre also durchaus verdient: als selbstbezüglichste “Zeitung” der Welt.

Wie viele Exemplare ungelesen weggeworfen wurden, weiß niemand, aber rund 250.000 Haushalte hatten der Zustellung im Vorfeld widersprochen und bekamen deshalb (wie vorher angekündigt) einen auffälligen roten Din-A-4-Briefumschlag:

Damit hatte auch das Rätselraten ein Ende, was sich wohl in dem Umschlag befinden würde:

Sehr geehrter ... Ihrem Widerspruch gegen die heutige Zustellung einer kostenlosen Jubiläums-Ausgabe der Bild-Zeitung entsprechend haben wir sichergestellt, dass sie kein Exemplar erhalten. Mit ihrem Widerspruch hatten sie uns Adressdaten übermittelt, damit wir das Zustellverbot beachten können. Wunschgemäß bestätigen wir Ihnen hiermit, dass diese Daten nach Abschluss der Jubiläumsaktion vollständig gelöscht werden, sofern sie nicht ohne ihn wegen eines bestehenden Abonummervertrages bei uns vorhanden sind und deshalb gespeichert bleiben müssen. Im Vorfeld der Jubiläumsaktion sind uns zahlreiche Widersprüche übermittelt worden, die offenbar unzutreffende Absenderangaben enthielten. Falls Sie zu den Betroffenen gehören sollten und nun keine Jubiläums-Bild erhalten haben, obwohl Sie sich darüber gefreut hätten, bitten wir um kurze Mitteilung - wir schicken Ihnen dann gerne Ihr persönliches Exemplar nachträglich zu. Mit freundlichen Grüßen, Axel Springer Vertriebsservice

Nur: Eine nicht unerhebliche Anzahl von Empfängern erhielten sowohl den roten Brief, als auch eine “Frei-BILD für alle”. Andere, die Widerspruch eingelegt hatten, bekamen trotzdem die “Frei-BILD für alle” und keinen roten Brief.

Einige Betroffene haben uns bereits geschrieben, dass sie rechtliche Schritte gegen die Axel Springer AG eingeleitet hätten. Ob diese den richtigen treffen ist allerdings fraglich: Offenbar waren einige Zusteller trotz eigentlich akribischer Planung bei der Post (BILDblog berichtete) gar nicht darüber informiert worden, dass die Adressaten der roten Umschläge keine Gratis-“Bild” bekommen sollten.

Die Betroffenen können sich jetzt an Campact wenden, die die Widersprüche organisiert hatten:

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Keine echte Überraschung

So richtig wollen es die Leute von “Bild” offenbar selbst nicht glauben:

Meister-Shirt schon aufgetaucht?

Der erste Absatz klingt noch ziemlich sicher:

Eigentlich will der BVB das große Geheimnis erst am 4. Juli lüften und sein neues Trikot für die Saison 2012/13 offiziell präsentieren. Dumm nur, dass es bereits jetzt in den ersten Geschäften verkauft wird…

Doch dann wird “Bild” ungewohnt zurückhaltend:

Hintergrund: Ausrüster Puma hat das Trikot offenbar schon ausliefern lassen, damit es passend zur Vorstellung in knapp zwei Wochen in den Läden vorrätig ist.

Allerdings mit der Verpflichtung, sie auf keinen Fall früher anzubieten. Doch an diese Vorgabe halten sich anscheinend längst nicht alle Einzelhändler.

Meister-Shirt schon aufgetaucht? Demnach ist es der Grundton komplett gelb, mit schwarzgelben Kragen und schwarzem Absatz an den Ärmeln. Sowie zwei Sternen über dem BVB-Logo auf der rechten Brust.

Schön, schlicht. Aber leider keine echte Überraschung mehr…

(Hervorhebungen von uns.)

Ja, dieses Trikot-Design ist “keine echte Überraschung mehr”: Der “Westen” hatte bereits vor über einem Monat ein Bild des neuen Dortmund-Trikots gezeigt, das vorher schon in verschiedenen Fanforen aufgetaucht war, und etwas nebulös hinzugefügt:

Aus BVB-Kreisen wurde bestätigt, dass dieses Fanforum bei der Abbildung des neuen Trikots einen Volltreffer gelandet habe.

Mit Dank an Ulas Y.

Boulevard, Brüssel, Lothar Matthäus

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Pro und Contra: Gibt es guten Boulevard?”
(taz.de, Steffen Grimberg und Felix Dachsel)
Natürlich gibt es guten Boulevard, findet Steffen Grimberg: “Guter Boulevard berührt, ohne die Emotionalisierung nur als billiges Mittel zum Zweck einzusetzen.” Felix Dachsel sieht es anders: “Das Prinzip, das dahinter steht, heißt Dorfjustiz.”

2. “Leseschwäche in Brüssel”
(stern.de, Hans-Martin Tillack)
Das Generalsekretariat und die Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen der EU-Kommission liefern Hans-Martin Tillack auf Anfrage keine oder nicht erwünschte Daten. “Sollte der Euro in den kommenden Monaten oder Jahren doch noch kollabieren, wird das zu unser aller Schaden sein. Und spätestens dann wird sich der Blick nach Brüssel richten müssen.”

3. “Klug wie ein Kühlschrank”
(spiegel.de, Arno Frank)
Die Vox-Dokusoap “Lothar – Immer am Ball” mit Ex-Fußballprofi Lothar Matthäus in der Kritik von Arno Frank.

4. “Polemik: Dumm, dümmer, BILD”
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Torsten Dewi beschäftigt sich mit einer Reihe von Klatschgeschichten auf Bild.de und Stylebook.de.

5. “Bild-Geburtstag: Dreck statt Torte”
(heise.de, Hektor Haarkötter)
Hektor Haarkötter kommt zur Gratis-“Bild” der McLuhan-Satz “The medium is the message” in den Sinn: “Nie war der Satz wahrer als im Angesicht dieser selbstbezüglichsten aller selbstbezüglichen Zeitungsausgaben.” Siehe dazu auch “Einfach gar keine Haltung” (faz.net, Claudius Seidl), “BILD nur unterm Ladentisch” (thausherr.blogspot.de, Tilman Hausherr) und ein Gespräch mit Günter Wallraff (dradio.de, Jasper Barenberg).

6. “Gratis-BILD Unboxing”
(netzfeuilleton.de, Jannis Kucharz, Video, 1:15 Minuten)

Ein Hauch von NICHTS

Was ist DAS denn? NICHTS, oder?

Genau: Nichts. Im Grunde geht es hier um etwas, das gar nicht da ist. Oder, sagen wir: vermutlich nicht da ist. Jedenfalls ist es ein gutes Beispiel dafür, was “Bild” aus einem vermeintlichen “NICHTS” alles machen kann.

Hast Du etwa nichts drunter, Heidi?

So fragte “Bild” am Montag großflächig auf der letzten Seite. Und spekulierte munter drauflos:

Warum so hüllenlos? Der Stoff des giftgrünen Kleides war gnadenlos. Hätte die Moderatorin etwas drunter getragen, es wäre wahrscheinlich sichtbar gewesen. Und somit ein absolutes No-go für einen öffentlichen Auftritt.

Um der Mutmaßerei ein bisschen Glaubwürdigkeit zu verpassen, wurde noch ein “Vertrauter” der Protagonistin herangezogen:

“Heidi überlässt NICHTS dem Zufall! Lieber kein Slip, als einen, den man sieht …”

Ganz abgesehen davon, dass sich der vermeintliche “Vertraute” mit dieser Antwort glatt als Society-Experte beim Privatfernsehen bewerben könnte, reichte den Leuten von “Bild” das Geschwurbel aber offenbar als Bestätigung für das, was sie ohnehin schon wussten — und schon gerieten die “Bild”-Mühlen in Bewegung:

Diese Promi-Damen
mögen

Unter dieser Überschrift präsentierte Bild.de eine 34-teilige Fotostrecke zu Heidi Klum und veröffentlichte parallel eine 16-teilige Fotostrecke mit “Unterwäscheblitzern” diverser Popstars.

Bild.de diente außerdem mit Beispielen wie Britney Spears (“schockte” schon 2006 mit “Unten-ohne-schamlos-Fotos”) oder Paris Hilton (“drängt uns auch immer mal wieder Unten-ohne-Fotos auf”) und vergaß dabei natürlich nicht, einige der aufgedrängten Unten-ohne-schamlos-Fotos in Großversion mitzuliefern. (Sollte ein Leser mal Zweifel am Unten-ohne-Grad der Fotos hegen, kann er sich dank der zusätzlichen Vergrößerungsfunktion sogar auf einer Groß-Groß-Version von der schamlosen Nacktheit der “Promi-Damen” überzeugen.)

Abends wusste Bild.de dann auch schon, was “Deutschland” von der ganzen Sache hielt:

Heidi Klum ohne Slip im TV: Das sagt Deutschland

“Ein Vorbild sollte sich nicht so verhalten…”, “Das hat wirklich kein Trend-Potenzial…”, “So geht das nicht…”, “Ich bin total erschrocken…”

Die Meinungen der von BILD.de befragten Passanten zu Heidi Klums (39) Sliplos- Auftritt in der US-Show “Project Runway” sind eindeutig – auf großes Verständnis für diese Aktion kann die Topmodel-Mama also nicht hoffen.

“Deutschlands” Meinung erfährt man in einem anderthalbminütigen Video (“Mädels, tragt ihr auch ‘unten ohne’?”), in dem irgendwelche Passanten etwas dazu sagen. In einer weiteren Fotostrecke (“Das sagen die Deutschen zu unten ohne”) sagen dieselben Passanten noch mal dasselbe dazu.

Dass Heidi Klum “ohne Slip im TV” aufgetreten ist, ist mittlerweile auch gar keine Spekulation mehr, sondern von Bild.de kurzerhand zur Tatsache erklärt worden.

O-Ton des Bild.de-Reporters im Video:

Heidi Klum wird immer verhaltensauffälliger. Jetzt ist die 39-Jährige in einer US- TV-Show ohne Schlüpfer aufgetreten!

Am Mittwoch war es dann so weit: Aus der Spekulation, die zur Tatsache geworden war, wurde schließlich eine “Debatte”!

Die Unten-ohne-Debatte

Die höschenlose Heidi Klum (39) im hautengen Kleid löste einen Riesenwirbel aus.

Dass man außerhalb des “Bild”-Universum von diesem “Riesenwirbel” nichts mitbekam, interessierte dort selbstverständlich niemanden. Stattdessen durften jetzt auch endlich mal die ran, die sich auch an anderen von “Bild” heraufbeschworenen Debatten immer herzlich gerne beteiligen. “BILD bittet deutsche Promis um ihre Meinung”, hieß es, und ihre wertvollen Informationen durften beisteuern: Mariella Gräfin von Faber- Castell, Jenny Elvers, “Mode-Legende” Wolfgang Joop, Franziska Knuppe (“seit fünf Jahren Gesicht und Body der Dessousfirma ‘Triumph'”) und Yasmina Filali (“‘Die Hose bleibt an! Im Auto schnalle ich mich doch auch an'”).

Jetzt wurde es selbst den Lesern bei Bild.de zu viel. Im “Slip-Voting” machten 42 Prozent der Befragten ein Kreuzchen bei: “Wieso die Aufregung? Der Slip zeichnet sich unter dem Kleid doch eh nur ab.”

Wieso die Aufregung? Gute Frage. Für Bild.de aber kein Grund zum Innehalten. Ganz im Gegenteil: Aus dem offenkundigen Desinteresse ihrer eigenen Leserschaft strickten die Leute von Bild.de wieder eine ganz neue Story. Und so ging es direkt weiter in die nächste Phase, die Post-Debatten-Phase:

Schlüpfrig? Nein. Clever!

42 Prozent sind der Meinung: “Wieso die Aufregung? Der Slip zeichnet sich unter dem Kleid doch eh nur ab” – und dieser Meinung ist auch die BILD.de-Lifestyle- Redaktion.

Denn bei genauerer Betrachtung wird klar: Das Topmodel mit einem Hang zum Perfektionismus hatte eigentlich gar keine andere Wahl, als den Slip ausnahmsweise mal im Schrank zu lassen. Wegen des zarten Satins und der transparenten Einsätze an der Seite hätte sich Unterwäsche – egal wie klein – wirklich nur unschön abgezeichnet.

Und wenn Sie jetzt sagen: Das mit dem Abzeichnen hatte “Bild” doch schon im allerersten Artikel festgestellt! — Genau.

In der normalen Welt ist unterdessen Alles beim Alten geblieben. Die Ursprungsfrage, ob jetzt ein Höschen im Spiel war oder nicht – wenn es denn überhaupt jemanden gibt, den das interessiert – ist nach wie vor unbeantwortet.

In der Welt von “Bild” und Bild.de aber gibt es nicht nur eine Antwort darauf (kein Höschen!), sondern auch eine Bewertung derselben (“Clever!”), einen wichtigen Hinweis für die Leserinnen (“IMMER daran denken, die Beine schön geschlossen zu halten”), es gibt fünf Artikel, mehrere Fotostrecken, eine Umfrage unter Passanten, eine Umfrage unter “Promis”, eine Umfrage unter den Lesern — und nicht einmal den Hauch eines Erkenntnisgewinns.

Das ist das, was “Bild” aus einem vermeintlichen “NICHTS” alles machen kann.

Nachtrag, 25. Juni: Wenn Sie schon schon ungläubig den Kopf geschüttelt haben, dann passen Sie mal auf!

Das schrieb Bild.de gestern:

Eine vermeintlich höschenlose Heidi Klum (39) löste in der vergangenen Woche einen Riesenwirbel aus. Nun geht der Schlüpfer-Rummel in die nächste Runde.

Klingt schon jetzt wie der blanke Hohn. Aber es geht noch weiter:

Mit einem luftigen Auftritt sorgt das deutsche Supermodel erneut für Aufregung. (…) Beim Werbe-Dreh für ein Haarspray in New York blies der Wind Heidis blauen Trenchcoat nach oben und gab die Sicht auf ihr knackiges Hinterteil frei!

Das heißt übersetzt: Es gibt ein Foto, auf dem ungefähr ein Zentimeter von Heidi Klums Pobacke zu sehen ist (kann man sich auf Bild.de selbstverständlich wieder in normaler, in großer und in ganz großer Version anschauen). Da stellt sich natürlich die Frage:
Lüftet dieses Foto Heidis Schlüpfer-Geheimnis?
Wir machen es kurz:

Das viel diskutierte Schlüpfer-Geheimnis kann auf diesem Foto leider nicht gelüftet werden. Selbst bei näherer Betrachtung ist das Rätsel nicht zu lösen. Es ist weder ein Slip noch kein Slip zu sehen!

Sie dürfen jetzt weitermachen mit dem Kopfschütteln.

Mit Dank an Matthias M., Sven, Robin und Ulrike H.

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