Haltbarkeitsdatum überschritten

Bild.de ist die Mikrowellenküche des Online-Journalismus. Statt aufwendig was Neues zu kochen, wärmen sie dort viel lieber was von gestern auf, das spart Zeit und eine Menge Arbeit.

Selbst Dinge, die schon seit Jahren im Kühlschrank vor sich hingammeln, werden bei Bild.de liebend gerne wieder hervorgeholt.

So wie die Fotostrecke „Doppelgänger des Sports“, die auf Bild.de erstmals im Jahr 2009 veröffentlicht und dann im August 2009, im Februar 2010, im Dezember 2010, im Januar 2011, im September 2011, im November 2011, im Mai 2012, im Juli 2012 und im November 2012 wiederverwertet wurde.

Darin finden sich dann etwa solche “irren Zwillinge”:Die Doppelgänger des Sports - Pavian und Paul Breitner (Fußball-Weiser)

Am vergangenen Donnerstag erschien die Klickstrecke ein weiteres Mal, mittlerweile hat sie ihr Haltbarkeitsdatum aber ein ganzes Stück überschritten:

  • Rene Adler (Foto 13) spielt nicht mehr bei Bayer Leverkusen, sondern beim Hamburger SV.
  • Lucas Barrios (Foto 14) wechselte im Sommer zu Guangzhou Evergrande in China und spielt nicht mehr bei Borussia Dortmund.
  • “Brasilien-Star” Ronaldinho (Foto 17) absolvierte sein letztes Länderspiel für die Seleção im Februar.
  • Rüdiger Kauf (Foto 23) spielt nicht mehr bei Arminia Bielefeld, sondern hat 2011 sein Karriereende bekannt gegeben.
  • Nicolas Anelka (Foto 25) ist seit Anfang 2012 Spieler bei Shanghai Shenhua und nicht mehr beim FC Chelsea.
  • Ashkan Dejagah (Foto 30) spielt seit September nicht mehr beim VfL Wolfsburg, sondern beim FC Fulham.
  • Felix Magath (Foto 43) ist nicht mehr Trainer bei Wolfsburg, sondern seit Oktober vereinslos.
  • Zlatan Ibrahimovic (Foto 45) ist seit dem Sommer bei Paris Saint-Germain unter Vertrag und nicht mehr beim AC Mailand.
  • Michael Ballack (Foto 46) hat seine Karriere im August beendet und spielt nicht mehr bei Bayer Leverkusen.
  • Andrij Schewtchenko (Foto 48) spielt nicht mehr bei Dynamo Kiew und ist seit dem Sommer auch bei keinem anderen Verein mehr unter Vertrag.

Gut, man könnte vor dem Aufwärmen natürlich den Schimmel abkratzen und ein bisschen nachwürzen, aber selbst das ist den Leuten von Bild.de offenbar schon zu viel.

Mit Dank an Steffen S.

Nachtrag, 18.03 Uhr: Einige Leser haben uns noch auf einen weiteren Fehler aufmerksam gemacht: Bei dem Affen neben Paul Breitner handelt es sich offenbar nicht um einen Pavian, sondern um einen Gibbon.

100 Prozent der Überschrift sind falsch

Die Schweizer Boulevardzeitung “Blick am Abend” befasste sich gestern mit der Situation der Asylbewerber im Land. Und mit deren Gesundheitszustand.

Das Blatt stellt fest, dass …

(…) viele [Asylbewerber] mit dem HI-Virus infiziert sind. In einer Kurzanalyse des Bundesamts für Gesundheit (BAG) steht: “Ein vergleichsweise hoher Anteil HIV-Positiver geht auf Personen aus der Subsahara-Region zurück.” Also Leute aus Ländern wie Nigeria, Eritrea oder dem Kongo.

Im nächsten Absatz wird es etwas komplizierter. Dort kommt ein Sprecher der Schweizer Aids-Hilfe zu Wort:

“Mit Blick auf Personen aus Subsahara zeigen die epidemiologischen Daten, dass sich über 60 Prozent der betroffenen Personen bereits in ihren Herkunftsländern mit HIV infiziert haben”, sagt Harry Witzthum von der Aids-Hilfe.

Offenbar zu kompliziert für die Redakteure von “Blick am Abend”. Denn aus dem Zitat bastelten sie diese Überschrift:"60 Prozent der Asylbewerber sind HIV-positiv"

Der zitierte Sprecher Harry Witzthum schrieb uns auf Anfrage:

Meine Aussage hat mit der Überschrift nichts zu tun, das ist ein falsches Zitat. Meine Aussage, die im Text richtig zitiert wird, lautet, dass mehr als 60% der in der Schweiz diagnostizierten HIV-positiven Migranten sich bereits im Herkunftsland mit HIV infiziert haben. Die Aussage, dass 60% der Asylbewerber HIV-positiv sind, ist vollkommen falsch. Der Titel wurde nicht von der Journalistin gesetzt.

Via @FabianEberhard.

Nachtrag, 6. Dezember: In seiner gestrigen Ausgabe hat sich der “Blick am Abend” für seine “Unsorgfältigkeit” entschuldigt:Titel war falsch

Bild.de, Skateboard, Asylunterkunft

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Unerträglich dämlich”
(taz.de, Anna Klöpper)
Anna Klöpper rezensiert die “Sachsen-WG” auf Bild.de: “Die ‘Sachsen-WG’ zeigt, dass man Scripted Reality offenbar auch prima auf Print/Online übertragen kann. Zwar will man bei Springer weder von Inszenierung etwas hören noch davon, man benutze das Vorbild des Scripted-Reality-TV für das geschriebene Wort.”

2. “Analyse: der typische Bild.de-Nutzer”
(meedia.de, Jens Schröder)
Auf den typischen “Spiegel-Online”-Nutzer folgt der typische Bild.de-Nutzer: “Er ist männlich, zwischen 14 und 29 Jahre alt, hat mindestens einen Realschulabschluss und ist berufstätig. Im Vergleich zu Spiegel Online ist er etwas weiblicher, jünger, etwas schlechter gebildet und verdient weniger Geld. Inhaltlich interessiert sich der Bild.de-Leser vor allem für Boulevard-Themen, gern mit TV-Hintergrund, sowie für Sport und das Thema Geld.”

3. “Presse-Leistungsschutzrecht: Ein Schaden für die Gesellschaft”
(telemedicus.info, Adrian Schneider)
Die Presseverleger und das Leistungsschutzrecht für Presseverleger: “Es ist vollkommen legitim, dass Verlage eine Forderung an die Bundesregierung herantragen. Die Art und Weise, wie aber gleichzeitig mit als journalistische Mittel getarnter Lobbyarbeit Druck aufgebaut wurde, ist ein Missbrauch publizistischer Macht.” Siehe dazu auch “Leistungsschutzrechtsgesetz ist Eingriff in Freiheit des Internets!” (junge-union.de), “Leistungsschutzrecht stoppen!” (vimeo.de, Video, 2:07 Minuten) und “Schluss mit Schweigen – Google-Kampagne bringt Presse zum Reden” (bluereport.net, Samantha Engelmann).

4. “Schluss mit dem Schmarotzertum: t3n fordert Berichterstattungsgebühr”
(t3n.de, Johannes Haupt)
Das Magazin “t3n” fordert “eine Berichterstattungsgebühr (BEG) für Presseverleger”: “Wir meinen: Unternehmerische und persönliche Leistungen, die Medien mittels Berichterstattung ausschlachten, kosten Zeit und Geld. Darum können wir es sehr gut verstehen, dass Berichterstattungsobjekte an den Erlösen der Verleger beteiligt werden wollen.”

5. “‘Männer, die Skateboard fahren’ – Stellungnahme der Redaktion”
(brigitte.de)
Der kurze Artikel “Erwachsene Männer, die Skateboard fahren: Steig ab, Mann!” löst eine Flut von Kommentaren und mehrere Stellungnahmen der Redaktion aus.

6. “Ein Journalist. Ein Monat. Eine Asylunterkunft.”
(asylblog.ch, Mario Fuchs)

Nicht gesagt ist gesagt

Am Dienstag wurde in Berlin der Deutsche Sozialpreis 2012 verliehen. Damit werden seit einigen Jahrzehnten journalistische Arbeiten zu sozialen Themen ausgezeichnet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel war gekommen, sie hielt das Grußwort.

Und so berichtet Bild.de über die Preisverleihung:Merkel rüffelt TV-Macher

Klamaukiger Tatort, immer mehr Scripted Reality und Rosamunde Pilcher im deutschen Fernsehen – seit Jahren wird über die Qualität im TV gestritten.

Jetzt schaltet sich in die Trash-TV-Debatte überraschenderweise Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein!

Nun, dieses “Einschalten” und “Rüffeln” der Kanzlerin bestand aus genau drei Sätzen, wie man hier nachlesen kann. Frau Merkel sagte:

Ich möchte mich auch an die anwesenden Medienvertreter richten. Ich will zwar nicht vorschlagen “mal einen Krimi weniger und stattdessen etwas aus dem richtigen Leben” – aber so etwas in der Richtung. Ich plädiere also für gute Sendezeiten für die Beiträge, die etwas über das wirkliche Leben erzählen.

Auf Bild.de liest sich das dann so:

Mal einen Krimi weniger und stattdessen etwas aus dem richtigen Leben”, gab sie den deutschen TV-Machern auf den Weg. (…) Programmverantwortliche sind also jetzt von oberster Stelle aufgefordert: Weniger Tatort und Landarzt – mehr echtes Leben.

Auch die “taz” schreibt heute:

“Mal ein Krimi weniger und dafür was aus dem richtigen Leben!”

Angela Merkel gibt den Programmverantwortlichen der TV-Sender wertvolle Tipps

Die “taz” hat sich dafür die passendste Stelle im Blatt ausgesucht: Es steht (ohne weitere Kommentierung) in der Rubrik “Gesagt ist gesagt”.

Mit Dank an Christian S.

Franz Josef Wagner, Tageszeitungen, WAZ

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Lieber Franz Josef Wagner …”
(buggisch.wordpress.com)
Christian Buggisch antwortet auf eine Kolumne von Franz Josef Wagner: “Jeder Mensch, der weniger aufrecht durchs Leben stolziert als Sie, ist also unglücklich? Alle Rollstuhlfahrer? Herrje, was für ein ekliges, naives, ahnungsloses, arrogantes, zynisches, pauschalierendes Geschwätz!” Siehe dazu auch “Leidmedien.de haben Post an Wagner” (facebook.com).

2. “Das Social Media Monitoring des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF)”
(bisculm.com)
Ein Interview mit Daniel Segmüller, dem Leiter des Kundendienstes des Schweizer Radio und Fernsehen: “Unser tägliches Monitoring ist für uns zudem das beste Früherkennungs-Warnsystem, das uns aufmerksam macht, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Beispielsweise haben wir den Hinweis, dass es vor ein paar Monaten während eines Donna-Leon-Krimis einen Tonausfall gab, via Twitter erfahren. So konnten wir sofort die betroffenen Stellen informieren und noch grösseren Schaden verhindern.”

3. “‘Je schwachsinniger, desto besser'”
(taz.de, Gabriele Lesser)
Gabriele Lesser bemerkt einen Niedergang polnischer Medien: “Für Zakowski und Jagielski steht fest: Nicht nur in Polen, auch in den anderen Ländern habe das Infotainment die Glaubwürdigkeit der Medien zerstört. Doch in Polen bestrafen das die Leser besonders hart: Die Auflagen aller wichtigen Zeitungen in Polen brachen ein, die Quoten früher wichtiger Informationssendungen stürzten in den Keller.”

4. “Anhaltende Krise – Verleger kleben am Druckpapier”
(ndr.de, Video, 7:05 Minuten)
Auch deutsche Tageszeitungen sind im Niedergang, die Auflage und die Werbeeinnahmen gehen kontinuierlich zurück.

5. “Remco findet ein Schwarzes Loch”
(scilogs.de, Markus Pössel)
Der niederländische Forscher Remco van den Bosch vom Max-Planck-Institut sucht und findet besonders massereiche Schwarze Löcher – ein Teil der hiesigen Berichterstattung dreht sich dann aber um Forscher in den USA. Als “Öffentlichkeitsarbeiter für das MPI für Astronomie” fragt sich Markus Pössel, was er falsch gemacht hat: “Haben wir unsere Meldung nicht attraktiv genug präsentiert? Bekommen Meldungen aus den USA generell mehr Aufmerksamkeit als solche aus Deutschland?”

6. “Wie einseitig die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) über das geplante Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverleger informiert”
(pottblog.de, Jens)
Siehe dazu auch “Die Nacht der Leistungsschutzrechte” (perlentaucher.de, Thierry Chervel).

Das Magazin, Hamburger Abendblatt, BDZV

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Falschmeldung mit hoher Reichweite: Google kauft Wi-Fi-Unternehmen ICOA für 400 Millionen Dollar”
(drweb.de, Dieter Petereit)
Google hat kein Unternehmen für 400 Millionen US-Dollar übernommen. “Die falsche Pressemitteilung, eingereicht über einen kostenlosen Presseservice namens PRWeb, hatte vermutlich zum Ziel, den Wert der ICOA-Aktie, der bei einem Bruchteil eines Pennies vor sich hindümpelt, kurzfristig zu erhöhen. Das gelang sogar. Der Wert vermehrfachte sich.”

2. “Nordkorea hat die Sexbombe”
(spiegel.de)
Die chinesische Zeitung “People’s Daily” nimmt die Nachricht der Satirezeitschrift “The Onion” auf, Kim Jong-un sei zum “Sexiest Man Alive” gewählt worden.

3. “Journalisten-Kodex verletzt”
(persoenlich.com)
“Das Magazin” hat in einem Artikel versehentlich die Namen von zwei Personen unverändert abgedruckt. Ein Fall für den Presserat wurde es, weil sich das Magazin weder öffentlich für den Fehler entschuldigt, noch genügende Korrekturmaßnahmen eingeleitet hatte.

4. “Zugespitztes Zitat von Ex-Tagesschau-Sprecherin war rechtmäßig”
(heise.de/tp, Markus Kompa)
Eva Hermann verliert vor dem Bundesverfassungsgericht im Streit um eine Passage im “Hamburger Abendblatt”: “Die Beschwerdeführerin, der es nicht gelungen sei, sich unmissverständlich auszudrücken, müsse die streitgegenständliche Passage als zum ‘Meinungskampf’ gehörig hinnehmen.”

5. “Journalisten am Ende?”
(statistiker-blog.de, Tilman Weigel)
In der Zeit von 1999 bis 2011 stieg die Zahl der Beschäftigten im Bereich “Publizisten” gemäß der Bundesagentur für Arbeit um rund 25 Prozent an.

6. “BDZV: Arbeit von Suchmaschinen ist mit Ladendiebstahl vergleichbar”
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Tweets von @BdzvPresse, dem Twitter-Kanal des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger.

Gaga-Web

In Unna steht eine Frau wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht, die ihren Ex-Freund mit ihren Brüsten “hinterhältig angegriffen” haben soll.

Ein gefundenes Fressen für die Boulevardmedien:

Damit sich die RTL-Zuschauer von der Situation ein Bild machen konnten, versuchte die Redaktion des TV-Magazins “Explosiv”, die bizarre Situation nachzustellen – in einem Puff!

So berichtet Bild.de — und hat auch eine passende Bezeichnung für diese Art der Berichterstattung:

Gaga-TV: RTL "Explosiv" stellt Busen-Mord nach

Die Kritik verliert etwas dadurch an Gewicht, dass Bild.de im gleichen Artikel auf einen eigenen Artikel von letzter Woche verweist, in dem die “bizarre Situation” zwar nicht im Puff nachgestellt, wohl aber vom “Bild”-Zeichner optisch nachempfunden wurde:

Gaga-TV: RTL "Explosiv" stellt Busen-Mord nach

Mit Dank an Christian G.

Bild  

Denkt wieder niemand an die Kinder

Man soll ja nie von Vorsatz ausgehen, wo einfache Dummheit als Erklärung auch ausreicht. Vielleicht haben die Leute, die für die Hamburger “Bild”-Ausgabe über den FC St. Pauli schreiben, tatsächlich keine Ahnung von ihrem Gegenstand, wenn sie fragen:

Auch im Artikel rätseln die Reporter fröhlich ahnungslos vor sich hin:

Wieder einmal sorgen Ultra-Fans für Kopfschütteln – und haben offenbar endgültig eine Grenze überschritten!

Wurde die Familie von St. Paulis Vize-Präsident Dr. Gernot Stenger (57) bedroht? […]

[K]urz nach der Partie am Sonntag war ein Plakat zu sehen mit der Aufschrift: “DENK AN DIE KINDER”.

Eine unfassbare Drohung gegen Stenger, der zwei Söhne im Alter von 8 und 10 Jahren hat?

Gut: Richtige Journalisten würden diese Frage vielleicht nicht ihren Lesern stellen, sondern irgendjemandem, der auch eine Antwort darauf hat. “Recherche” würde man das nennen.

Aber “Bild” hat ja laut eigener Aussage einen Kronzeugen gefunden:

So sieht es St. Paulis zweiter Vize Bernd-Georg Spies (57). Sein Kommentar: “Geschmacklos!” Stenger war vor der Jahreshauptversammlung gestern nicht zu erreichen.

Der FC St. Pauli selbst widersprach heute zunächst mal der Behauptung, das Plakat sei von den eigenen “Ultras” hochgehalten worden:

Dazu stellt der FC St. Pauli folgendes fest, falls es noch nicht bei allen durchgedrungen ist: Ultra Sankt Pauli steht mitnichten auf der Gegengerade, sondern seit über vier Jahren auf der Südtribüne. Somit ist die Interpretation, dass es sich bei dieser Aktion um eine von Anhängern der Ultra-Gruppierung inszinierte handelt, schlichtweg falsch.

Eine Antwort auf die vielen Fragen, die “Bild” so eindrücklich stellt, hätten die Reporter mit ein bisschen Mühe auch finden können: “Vermutlich nicht.”

Das für gewöhnlich gut informierte Fanzine “Übersteiger” erklärt in seinem Blog das Plakat mit der Aufschrift “Denk an die Kinder” nämlich so:

Denk an die Kinder!” ist seit ein paar Jahren ein Running Gag innerhalb der Fanszene.
Ihr wollt wissen woher das kommt? Gerne!

Im Rahmen der Proteste gegen Montagspiele wurde wiederholt “Scheiß DSF!” auf Plakaten, Flyern und als Ruf im Stadion verwendet.

Bei einem Gespräch zwischen Präsidium und Fanszene wurden wir darum gebeten, auf diese Art der Unmutsäußerungen zu verzichten, denn (Zitat): “Denkt an die Kinder!” Denn die sind ja bekanntlich auch in diesen gefährlichen Stadien oder verfolgen das Spiel stattdessen im Fernsehen. Und: Alternativ könne man ja “Kein DSF!” rufen. Denkt an die Kinder, eben, drum!

Aber dann hätten die “Bild”-Reporter ja nicht mal mehr unbeantwortete Fragen gehabt, mit denen sie ihre Zeitung hätten füllen können. Von einer Story ganz zu schweigen.

Mit Dank an Andreas S., Maik K., Christian G., Martin und Moritz.

Piratenpartei, Hubert Burda, Kartoffelchips

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Oe24.at macht Tyra Banks zum Alien”
(kobuk.at, Tom Hauser)
Tyra Banks twittert mit einer App veränderte Fotos von sich selbst. Madonna.oe24.at schreibt dazu: “Seit wann hat Tyra so ein deformiertes Gesicht? Die Wahrheit ist – schon immer.”

2. “Der Piraten-Exzess der Medien”
(zeit.de, Lenz Jacobsen)
Am Parteitag der Piratenpartei in Bochum standen 250 Journalisten etwas mehr als 2000 angereisten Mitgliedern gegenüber. “Eins zu acht – eine Quote, von der andere Parteien nur träumen können. Bei dieser Verteilung war es wahrscheinlich und logisch, dass sich immer wieder Journalisten aus Versehen gegenseitig zu interviewen versuchten, ein absurdes Bild.”

3. “‘Ich bereite mich auf den Tod vor'”
(welt.de, Cornelius Tittel)
Cornelius Tittel geht Essen mit Hubert Burda in Berlin. Burda: “Wissen Sie, es ist ja kein Geheimnis, dass ich ‘Bild’ sehr schätze. Ich halte Mathias Döpfner für einen ganz großen Verleger. Aber ich verstehe überhaupt nicht, warum er einen so guten Blattmacher wie Kai Diekmann für ein Jahr ins Silicon Valley geschickt hat. Das ist doch Unsinn, oder?”

4. “Das heilige Gebrechen von Frank Schirrmacher”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer antwortet auf den FAS-Artikel “Das heilige Versprechen” von Frank Schirrmacher und weist auf angebliche* faktische Fehler hin. Siehe dazu auch “Die Dauer von Strukturwandel und die Ungeduld des Frank Schirrmacher” (neunetz.com, Marcel Weiss).

5. “Zeitungssterben: Ihr habt mich abgehängt”
(epapa100.blogspot.de, Evangelos Papathanassiou)
Nichts anderes als Digitalisierung sei das, was derzeit unter dem Titel “Zeitungssterben” breit diskutiert werde, schreibt Evangelos Papathanassiou: “Ich bin der Überzeugung, dass die digitale Zeitung ein viel loseres Netzwerk sein wird als die Redaktionen, die wir heute kennen. Das wird die festen Kosten klein und viele andere Ausgaben variabel halten.”

6. “Neue Studie beweist: Kartoffelchips machen schlank”
(kojote-magazin.de)

*) Hinweis/Korrektur, 19.30 Uhr: Wir haben das Wort “angeblich” nachträglich eingefügt, weil es sich nur um einen zweifelsfreien Fehler handelt.

Keine Angst vor Long Dong Silver

Es muss die Leute bei Bild.de große Überwindung gekostet haben, sich auf 20 zu beschränken:

20 SYNONYME FÜR DEN PENIS

Andererseits geht’s ja auch nicht primär um abwegige Begriffe, die hoffentlich niemand in den Mund nimmt (“Ballerbüchse”, “dicke Bertha”, “Geigerzähler”, “Liebeslanze”, …), sondern um praktische Lebenshilfe:

Denn Schwanz ist nicht gleich Schwanz: Die besten Sex-Stellungen für jede Größe

Neben den Stellungs-Empfehlungen gibt es aber auch noch ein bisschen … nun ja: Smalltalk-Wissen:

Zu groß? Ein großer Penis ist nett anzuschauen, gar keine Frage. Aber wenn ER damit zu heftig zustößt, erzeugt das meist nur eines: Schmerzen. Weil sein dickes Ding an ihren Muttermund stößt. Und das ist nicht wirklich schön. Die perfekte Stellung für (zu) gut Bestückte: Im Stehen. Oder noch besser: die Reiterstellung. Wenn SIE auf ihm sitzt, kann sie selbst bestimmen, wie tief sein Johnny in sie eindringen darf. Den längsten soll übrigens ein Herr namens "Long Dong Silver" haben. 45 Zentimeter! Sein Beruf? Pornodarsteller...

Die Geschichte von “Long Dong Silver” wird in solchen Service-Strecken gerne erzählt, sie hat aber einen kleinen Haken: “Long Dong Silver” ist eine Erfindung des Fotografen Jay Myrdal, der den angeblichen Riesenpenis mit analoger Bildbearbeitung erschuf. In den Filmen kam dann eine Prothese zum Einsatz, die von einem Maskenbildner geschaffen wurde.

Mit Dank an Markus.

Blättern:  1 ... 525 526 527 ... 1158