Spionage, Krieg der Welten, Beziehungsnetzwerke

1. “Journalisten als Staffage”
(weblogs.evangelisch.de, Frank Lübberding)
Wie sind die Leistungen von Tilo Jung in der Bundespressekonferenz zu beurteilen? Frank Lübberding schreibt: “Er war wirklich penetrant, vor allem wenn es um den Umgang der Bundesregierung mit den Thema ‘Folter in den USA’ ging. Im Berliner Alltag spielte das bald kein Rolle mehr. Dort geht es dann wieder um die Performance der Minister, wie sie im Berliner Hauptstadtdorf namens Mitte reüssieren. So sorgte Jung für die Irritation einer altehrwürdigen Institution, die keinen anderen Sinn mehr hat als den, nun einmal da zu sein.”

2. “In eigener Sache – Datenklau”
(taz.de)
“Die taz wurde wohl von einem Angestellten ausspioniert”, schreibt die “taz” in eigener Sache, liefert dazu eine Chronologie, leitet arbeitsrechtliche Schritte ein und stellt Strafanzeige. In einem Kommentar dazu schreibt Ines Pohl: “Tatsächlich haben wir es mit einer Spionageaffäre zu tun. Der Schock bei uns allen sitzt tief.”

3. “‘Befugtes Spionieren'”
(heise.de/tp, Markus Kompa)
Der Spionage verdächtigt wird zufolge mehrerer Quellen Sebastian Heiser, der kürzlich in seinem Blog aufgedeckt hatte, wie 2007 die Sonderseiten der “Süddeutschen Zeitung” entstanden. “Auch, wenn Heiser nun im Zwielicht steht, gilt für ihn die Unschuldsvermutung. In der Taz waren durchaus schon professionelle Spitzel unterwegs – darunter V-Leute aus dem Ministerium für Staatssicherheit und dem Verfassungsschutz. Und da Heiser auch brisante Themen behandelt und sich etliche Feinde gemacht hat, kann nicht per se ausgeschlossen werden, dass jemand ein illegales Auge auf die Redaktionsräume wirft oder ein Ei legt. So manche Abhöraffäre hatte in Wirklichkeit einen harmlosen Hintergrund.”

4. “Verschwörung, und: The War of the Worlds”
(lesenmitlinks.de, Jan Drees)
Gab es nach der Radio-Ausstrahlung von “Der Krieg der Welten” am 30. Oktober 1938 eine Massenpanik? “Besagte Panik hat es nie gegeben. Selbst jene die später eingeschaltet haben sind mitnichten auf die Straße geflohen. Es gab keine Selbstmordversuche, keine traumatisierten Hörer, die später mit Elektroschocks behandelt werden musste. Dennoch wird diesem genialen Hoax weiterhin geglaubt.”

5. “Die heikle Nähe von Leitmedien zur Elite”
(nzz.ch, Stephan Russ-Mohl)
Stephan Russ-Mohl liefert Hintergründe zu einer Auseinandersetzung zwischen den Medienwissenschaftlern Christoph Neuberger und Uwe Krüger (Kritik / Replik): “Einig sind sich Krüger und Neuberger im Blick auf ein Problem, das Journalisten selbst nur allzu gerne ignorieren: dass sie in Beziehungsnetzwerken leben und auch leben müssen, wenn sie mit Erfolgsaussichten recherchieren wollen. Und dass über solche Netzwerke Transparenz herzustellen wäre, wenn die Redaktionen sich nicht dem Verdacht der Mauschelei und der Hofberichterstattung aussetzen wollen. Das allerdings gälte dann auch für Medienforscher.”

6. “Über Fotografie, Kommunikation, dämliches Grinsen und den öffentlichen Raum”
(sixtus.net)
Mario Sixtus schreibt über das Fotografieren im öffentlichen Raum: “‘Frag doch vorher’ oder ‘frag doch hinterher’, lauten die beiden Standardratschläge, die einem unsichtbaren Fotografiedebattennaturgesetz folgend, immer wieder von irgendjemandem in den Raum geworfen werden. Sie sind beide nicht realisierbar.”

Mehrheitsmeinungen, Tilo Jung, PGP

1. “‘Es entsteht eine grell ausgeleuchtete Welt, ein monströses Aquarium, in dem kaum noch etwas verborgen bleibt'”
(zeit.de, Bernhard Pörksen)
Medienmacher und das Publikum müssen “ihre Maßstäbe zur Beurteilung des politischen Personals überdenken”, fordert Bernhard Pörksen: “Sie müssen lernen, mit Normalsterblichen zu leben, die Schwächen haben, eitel sind und manchmal erschöpft, übellaunig und unbeherrscht und deren Frisur, Vorleben oder Gesamtpersönlichkeit einem nicht notwendig gefällt. Perfektionsideale und infantile Ursehnsüchte nach Heiligen und Lichtgestalten sind ein robustes Indiz dafür, dass man die aktuelle Medienwirklichkeit nicht begriffen und das vielschichtige, moralisch schillernde Wesen des Menschen nicht verstanden hat.”

2. “Wo bleiben die abweichenden Meinungen?”
(deutschlandfunk.de, Audio, 3:57 Minuten)
Charlotte Wiedemann sieht den “lebendigen Kern der Meinungsfreiheit” in der Realität der deutschen Medienlandschaft sehr wenig praktiziert, nämlich “dass man Meinungen äussern kann, die mächtigen Interessen widersprechen und auch, dass man Minderheiten davor schützt, von Mehrheitsmeinungen erdrückt zu werden.”

3. “Dax-Konzerne starten Initiative gegen verdeckte Manipulation von Medien”
(manager-magazin.de, Sven Clausen)
Ein Arbeitskreis aus der deutschen Wirtschaft wehrt sich gegen “verdeckte Einflussnahme werbender Unternehmen auf die redaktionelle Berichterstattung” und erstellt einen “Kodex für die Medienarbeit von Unternehmen” (PDF-Datei).

4. “Der kleine Unterschied: Ahnung und Haltung”
(falk-steiner.de)
Einige Fragen von Tilo Jung bei der Bundespressekonferenz stossen auf Kritik von Kollegen. Falk Steiner versucht, den Fall zu erklären: “Manche seiner Fragen sind hilfreich, weil sie relativ undiplomatisch und direkt sind. Aber: sie sind in aller Regel auch ohne jede ernsthafte Vorbereitung gestellt. So kommt es regelmäßig vor, dass Tilo mehrfach Dinge fragt, die zwei Tage vorher in epischer Breite bereits behandelt wurden. Nur hat Tilo sie dann nicht im Video, weil er da mal nicht da war (was häufiger so ist).”

5. “The Great SIM Heist”
(firstlook.org/theintercept, Jeremy Scahill und Josh Begley, englisch)
Die Geheimdienste NSA und GCHQ verschafften sich Zugriff auf die Rechner der Firma Gemalto, welche SIM-Karten für Mobiltelefone herstellt. Und entwendeten Schlüssel, welche die Privatsphäre der weltweiten Kommunikation via Mobilfunk sicherstellten: “Privacy advocates and security experts say it would take billions of dollars, significant political pressure, and several years to fix the fundamental security flaws in the current mobile phone system that NSA, GCHQ and other intelligence agencies regularly exploit.”

6. “Editorial: Lasst PGP sterben!”
(heise.de/ct, Jürgen Schmidt)
Jürgen Schmidt schreibt über das Verschlüsselungsprogramm PGP: “Es sei Experten unbenommen, dass sie komische Codes austauschen, um Schlüssel zu checken. Aber für Erika und Max Mustermann muss das zwingend die Kommunikationsinfrastruktur übernehmen. Und hier versagt PGP völlig.”

Österreich, Regenbogenpresse, Friedensabkommen

1. “Begehrt, bemängelt, geschmäht – Journalismus”
(carta.info, Hans-Jürgen Arlt)
Hans-Jürgen Arlt listet auf, was Journalismus von anderen Publikationen abhebt: “Fünf Eigenschaften seiner Mitteilungen (unzensiert, unparteiisch, relevant, richtig, aktuell) unterscheiden den Journalismus von anderen Formaten öffentlicher Kommunikation wie Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Unterhaltung.”

2. “Österreich: Inserate für Hofberichterstattung?”
(ndr.de, Video, 6 Minuten)
Die Beziehung zwischen der Politik und den Zeitungen in Österreich: “Wer häufig und großzügig inseriert, wird mit freundlicher Presse belohnt.”

3. “‘Regenbogenhefte sind ein Shoppingerlebnis'”
(topfvollgold.de, Moritz Tschermak)
Ein Interview mit Presseforscher Andreas Vogel über die Regenbogenpresse: “Ich kann persönlich auch immer wieder nur den Kopf darüber schütteln, was in den Heften inhaltlich passiert, manchmal ärgere ich mich sogar richtig, weil die Regenbogenpresse auch für die schlechten Imagewerte der gesamten Publikunmspresse mit verantwortlich ist.”

4. “Die 10 Editorial-Topseller von Rex Features 2014”
(alltageinesfotoproduzenten.de, Robert Kneschke)
Die zehn meistverkauften Editorial-Fotos der Pressefotoagentur “Rex Features”: “Ich muss zugeben: Selten habe ich so oft und lange googlen müssen für einen Artikel wie bei diesem Text: Wer ist noch mal die Person? Warum genau ist sie berühmt? Was haben die Leute 2014 gemacht, was einen Platz in der Top 10 rechtfertigen könnte?”

5. “Du bist nicht allein”
(taz.de, Jarina Kajafa und Klaus-Helge Donath)
Wie TV-Sender in Russland und der Ukraine über den im Minsker Friedensabkommen geforderten Abzug schwerer Waffen berichten.

6. “Der Kai oder der Julian”
(twitter.com/voneff)
Siehe dazu auch “Der Russe oder der Grieche” (twitter.com/lepettre).

Live Action Media Bullshit

Heute unternehmen wir mal einen kleinen Ausflug in die englischsprachige Medienlandschaft. Dort haben einige Journalisten in den letzten Tagen nämlich fleißig über ein ungewöhnliches Bildungsprojekt aus Deutschland geschrieben — und eine fast schon “Focus Online”-würdige Recherchedoofheit an den Tag gelegt.

Zum Hintergrund: Anfang des Monats wurde in Wilhelmshaven ein ausgemustertes Kriegsschiff zu einem Raumschiff aus „Battlestar Galactica“ umdekoriert. Es diente dann mehrere Tage lang als Kulisse für ein Live-Rollenspiel (LARP), an dem über 80 Menschen teilnahmen.

Der große Unterschied zu “normalen” Live-Rollenspielen: Dieses Projekt — „Projekt Exodus“ — wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert, die damit unter anderem herausfinden wollte, wie gut sich LARPs für die Bildungsarbeit eignen.

In der Pressemitteilung (PDF) schreibt das Organisationsteam:

Inmitten der engen Räume des aufwändig umdekorierten Schiffes werden die Spieler eine von der Spielleitung grob vorgegebene Handlung erleben, die sie selbst mit ihren Reaktionen beeinflussen können. (…) Projekt Exodus greift Fragen über Sicherheit, Vertrauen und über Menschlichkeit in Zeiten großer Gefahr auf. Hinzu kommt der auch in der aktuellen Politik stark thematisierte Flüchtlingsaspekt. Auf dieser Grundlage werden die Spieler selbst die Probleme der Gesellschaft aus einem völlig neuen Blickwinkel erleben.

Die gleiche Mitteilung wurde auch auf Englisch (PDF) herausgegeben, damit sich auch Journalisten aus dem Ausland über das Projekt informieren konnten. Bloß: So richtig verstanden haben die es trotzdem nicht.

Das australische Portal news.com.au schreibt:

Basing the live-action role-play event on the popular science fiction television series is no vote-winning gimmick. (…) And the German government hopes locking up 80 of its aspirant diplomats, politicians and military leaders aboard a retired naval destroyer will teach them a lesson or two in something largely missing from modern international politics — ethics.

Und zack — werden auf dem Schiff deutsche Diplomaten, Politiker und militärische Führungskräfte ausgebildet.

Wie das Portal darauf kommt, bleibt zwar offen, für die Leute von Tor.com klang es aber offenbar auch so schon plausibel genug, jedenfalls übernahmen sie die Story ohne Bedenken:

Ebenso die “New York Daily News”:

Auch die Online-Version von “The Independent” schrieb die Falschmeldung ungeprüft ab und titelte:

Die Macher des Projekts wiesen die Medien zwar gleich auf den Fehler hin, korrigiert hat ihn bis heute aber niemand. Wissen wir immerhin: Andere Länder, gleiche Sitten.

Mit Dank an Dennis Z.

Deutungsmonopol, Frohsinn, Prinzessinnenreporter

1. “Ärger mit der ‘Lügenpresse'”
(nzz.ch, Heribert Seifert)
Wie deutsche Journalisten über das Bündnis Pegida schreiben: “Die Aufklärer, die hier auftreten, reden im Gestus strenger Kolonialoffiziere, die ihren noch immer nicht diskurshygienisch stubenreinen Eingeborenen die Leviten lesen, aber auf keinen Fall zuhören wollen. ‘Die Ansage muss lauten: ‘Jetzt hört ihr mal zu. Und zwar richtig.” (‘Süddeutsche Zeitung’) Das argumentative Inventar, mit dem hier ein Deutungsmonopol verteidigt wird, ist mit seinem phrasenhaft erstarrten, abstrakten moralischen Universalismus nicht nur bemerkenswert ausgezehrt, sondern zeigt gelegentlich Züge unfreiwilliger Komik. ”

2. “Die Frohsinns-Lawine”
(haz.de, Imre Grimm)
Imre Grimm “gönnt Düsseldorf jeden Moment des Frohsinns. Aber ist es notwendig, weite Teile des öffentlich-rechtlichen Abendprogramms über Wochen mit lokalem Brauchtum zu fluten? Brauchtum auf dem Niveau einer Après-Ski-Party in Saalbach-Hinterglemm?”

3. “Eine Hand hypt die andere”
(comiksdebris.blogspot.de, Marc-Oliver Frisch)
Marc-Oliver Frisch widmet sich Interessenskonflikten in der Berichterstattung über Comics: “Die Entscheidung eines FAZ-Redakteurs, ausgerechnet einen Comic in die Zeitung zu nehmen, an dessen Veröffentlichung er selbst beteiligt ist, wirkt unglücklich, selbst wenn man allen Beteiligten nur die besten Absichten unterstellt. (…) Immerhin klärt Platthaus—einmal in der Besprechung selbst, einmal im Kleingedruckten—den Leser über seine Verstrickung auf. Auch das ist leider keine Selbstverständlichkeit.”

4. “Why I have resigned from the Telegraph”
(opendemocracy.net, Peter Oborne, englisch)
In einem langen Artikel erzählt Peter Oborne, warum er beim “Telegraph” gekündigt hat: “If advertising priorities are allowed to determine editorial judgments, how can readers continue to feel this trust? The Telegraph’s recent coverage of HSBC amounts to a form of fraud on its readers. It has been placing what it perceives to be the interests of a major international bank above its duty to bring the news to Telegraph readers.”

5. “Europäischer Polizeikongress: Wir würden ja gerne über die Überwachungsmesse berichten, dürfen aber nicht”
(netzpolitik.org, Andre Meister)
Wie es Andre Meister ergeht, als er sich für Netzpolitik.org beim Europäischen Polizeikongress akkreditieren möchte.

6. “Prinzessinenreporter – Wo Prinzessinnen berichten”
(prinzessinnenreporter.de)

Bild  

Irgendwas vielleicht mit Hitler

Auf die Leute von “Bild” ist eben Verlass. Du schickst sie los, um über die unterirdischen Gänge in München zu schreiben, und womit kommen sie zurück? Mit einem Artikel über Hitlers Badewanne.

Gefunden haben die Reporter das Teil im Keller der Hochschule für Musik und Theater in München:

Sie wurde zwischen 1933 und 1937 im ehemaligen “Führerbau” eingebaut, in das Dienstbad des Diktators.

Dort hat er sich nach Aussage eines Münchner Historikers zwar nur “äußerst selten” aufgehalten, darum gibt sich “Bild” auf die Frage, ob sich Hitler “am Feierabend hier bei einem Schaumbad” entspannte, die Antwort gleich selbst:

Höchstwahrscheinlich nicht.

Aber egal. Hauptsache Hitler.

Und wie ging’s weiter mit der Wanne?

1948 zog das Amerika-Haus ein. Das Bad kam raus, die Wanne wurde in die Wohnung des Hausmeisters im ersten Untergeschoss eingebaut. 1957 bezog die Musikhochschule die Räume. In den 70er Jahren bekam der neue Hausmeister ein neues Bad. Seither steht die Wanne im Keller, wurde nie mehr benutzt.

Ein “rechteckiges Stück Geschichte — direkt aus Adolf Hitlers Büro-Badezimmer!” Und exklusiv hinein in die “Bild”-Zeitung.

Blöderweise liefert das Blatt für all diese Behauptungen keinerlei Belege. Weder Zitate von Experten noch handfeste Spuren oder Beweise, nicht mal die Quelle ihrer Informationen verraten die Autoren.

Wir haben deshalb mal bei der Hochschule nachgefragt, woher “Bild” das alles eigentlich wissen will. Der Kanzler antwortete uns:

Die Meldung ist aufgrund einer nicht autorisierten Auskunft unseres Hausmeisters erschienen. Bild hatte einen Bericht über unterirdische Gänge in München bringen wollen. Dabei sahen die Reporter die Badewanne im Keller und haben nachgefragt. Ob die Badewanne wirklich aus Hitlers Badezimmer stammt, wissen wir nicht. Ich wehre mich deshalb stets gegen Spekulationen. Leider war Bild nicht bereit, auf die Meldung zu verzichten.

Im Gegenteil: “Bild” machte aus der ranzigen Badewanne, in der möglicherweise Hitler höchstwahrscheinlich nicht gebadet hat, eine fast ganzseitige Geschichte. Drei “Bild”-Mitarbeiter haben daran gesessen, zwei Autoren und ein Fotograf. “Bild” holt eben “alles für Sie raus”, zur Not halt irgendwas vielleicht mit Hitler.

Mit Dank an Peter B.!

Süddeutsche Zeitung, Recht auf Vergessenwerden, Til Schweiger

1. “‘Süddeutsche Zeitung’ wehrt sich gegen ‘SZ-Leaks’: Berichterstattung keine ‘Schleichwerbung für Steuerhinterziehung'”
(newsroom.de, Bülend Ürük)
Wolfgang Krach, stv. Chefredakteur der “Süddeutschen Zeitung”, nimmt Stellung zur Arbeitsweise der Sonderthemen-Redaktion, wie sie Sebastian Heiser aufgedeckt hat: “Warum entstehen Beilagen, warum veröffentlichen wir Sonderseiten? Es ist wie bei jeder anderen Zeitung in Deutschland, die Anzeigenabteilung kommt auf die Redaktion zu und schlägt ein Thema vor. Was wir dann journalistisch daraus machen, welche Themen in diesen Beilagen gesetzt werden, das entscheidet die Redaktion.” Siehe dazu auch “Gute Frage” (heisersstimme.wordpress.com).

2. “Habe ich ‘über angebliche Verstöße nicht informiert’?”
(heisersstimme.wordpress.com)
Weiter sagt Wolfgang Krach, Sebastian Heiser habe die Ressortleitung nicht informiert “über angebliche Verstöße gegen journalistische Grundsätze”. Heiser belegt mit Tondokumenten das Gegenteil.

3. “Diekmann twittert Adresse von Herbert Grönemeyer”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann twittert ein Foto eines Schreibens des Landgerichts Köln, auf dem die Privatadresse von Herbert Grönemeyer zu lesen ist. Thomas Lückerath schreibt: “Seine Behauptung, wonach der Beschluss des Landgerichts ja öffentlich sei und sein Tweet demnach also nur schlechter Stil, nicht aber unlauter gewesen sei, ist irreführend: Die Adressen der beteiligten Parteien werden vor Herausgabe von Beschlüssen von den Gerichten geschwärzt. Nach der eigenwilligen Logik des Kai Diekmann wären bei einer juristischen Auseinandersetzung Prominente sonst zwangsläufig zum Umzug gezwungen.”

4. “Vergessene Debatte ums Recht auf Vergessen”
(nzz.ch, Rainer Stadler)
Rainer Stadler bemerkt, dass die Debatte um das Recht auf Vergessenwerden von den Medien kaum noch geführt wird: “Das Bedürfnis, die Privatsphäre zu schützen und sich den Augen des interessierten Publikums zu entziehen, ist jedenfalls riesig. Seit dem genannten Gerichtsurteil hat Google fast 218 000 Gesuche um die Löschung von Links zu 786 000 Webseiten erhalten.”

5. “‘Freiheit birgt auch Verantwortung'”
(taz.de, Cigdem Akyol)
Ein Interview mit Jana Sinram, der Autorin der Dissertation “Pressefreiheit oder Fremdenfeindlichkeit? Der Streit um die Mohammed-Karikaturen und die dänische Einwanderungspolitik”, die ohne den Abdruck der Mohammed-Karikaturen auskommt: “Ich habe lange darüber nachgedacht und mich letztlich dagegen entschieden. Jeder, der diese sehen will, kann sie problemlos im Netz finden. Die Karikaturen haben für so viel Hass auf beiden Seiten gesorgt, dass es schwierig ist, sie in einem wissenschaftlichen Buch neutral abzubilden.”

6. “Til Schweiger versus SPIEGEL ONLINE: ‘Irgendwelche Spackos'”
(spiegel.de, Christian Buß)
Christian Buß antwortet Til Schweiger, der auf Facebook fragt, wo die Qualität bleibe, wenn man versuche, “klicks dadurch zu generieren, indem man die gehässigsten twitter-kommentare von irgendwelchen internetnerds, die nix anderes zu tun haben, als zu lästern und zu haten”, publiziere.

GNTM, Wissenschaft, Kopenhagen

1. “Streitgespräch über Wissenschaft in den Medien: ‘Die sollten sich schämen!'”
(spiegel.de, Markus Becker und Axel Bojanowski)
Drei Wissenschaftler diskutieren über die Wissenschaft in den Medien. Ernst Peter Fischer: “Wenn Bambi-Preisverleihung ist, wird eine dreistündige Direktübertragung im Fernsehen gemacht. Die Nobelpreis-Verleihung bekommt zehn Sekunden in der Tagesschau.”

2. “Chips essen mit Heidi”
(coffeeandtv.de, Katharina)
Katharina denkt nach über “Germany’s Next Topmodel”: “Ja, die (privaten) Medien erziehen unsere Kinder mit, aber niemand hat sie damit beauftragt, eine Gesellschaft muss es aushalten, dass es eine Wertevielfalt gibt. Das bedeutet auch, dass es Werte gibt, die z.B. ich als Pädagogin nicht vertreten würde. Was Heidi Klum vermittelt, ist Anpassung an alle Anforderungen, und mögen sie noch so absurd sein.”

3. “Was Medien sexy finden: Oberfläche statt Tiefenschärfe”
(rolandtichy.de, Fritz Goergen)
Politikberater Fritz Goergen ist dafür, dass sowohl die Medien als auch die Politik den “trostlosen Zustand” gegenseitiger “Skandalisierung, Personalisierung und Sensationalisierung” überwinden: “Erst berichten die Medien allesamt fast gar nicht über politische Inhalte, sondern nur über Personen, am liebsten ihre Konflikte mit anderen oder noch besser über Skandale. Und dann werfen sie den Akteuren vor, keine inhaltlichen Akzente zu setzen. Aber über Inhalte von Nichtregierungs-Politik ohne Krach oder bunte Bilder berichten sie nicht. Also machen die langen Beine Politik, oder helfen wenigstens, eine Wahl zu gewinnen. Inhalt wird schon nachgeliefert.”

4. “The Sad State of Fact-Checking”
(austenallred.com, englisch)
Austen Allred beschäftigt sich mit dem Prüfen von Fakten in den Medien: “For every one person The Daily Mail pisses off by publishing its false stories, 100 people are reading it and saying, ‘Wow, The Daily Mail does some daring reporting.’ Very few people care anymore — we don’t have time to.”

5. “Image manipulation hits World Press Photo”
(bjp-online.com, Diane Smyth, englisch)
Die Wahl des Pressefoto des Jahres: “Twenty percent of the images in the penultimate round of World Press Photo 2015 were disqualified because they were manipulated, according to Lars Boering, managing director of the organisation – and the Sports Stories category was so badly affected that the jury were unable to award a third prize.”

6. “After this shooting, let’s fight even harder for the right to offend”
(spiked-online.com, Brendan O’Neill, englisch)
Nach den Anschlägen in Kopenhagen vom letzten Wochenende, die nicht nur Karikaturisten gegolten habe, sondern vielmehr engagierten Normalbürgern, die über Meinungsfreiheit diskutieren haben wollen, plädiert Brendan O’Neill für das Recht, Leute vor den Kopf zu stoßen: “How should we respond to this physical assault on a debate about free speech? By having more debates about it, in more places, more regularly, engaging more people, as many people as possible.” Siehe dazu auch “The right to free speech means nothing without the right to offend” (theguardian.com, Jodie Ginsberg, englisch).

Sonderthemen, Netflix, Michael Jordan

1. “SZ-Leaks: Schleichwerbung für Steuerhinterziehung”
(heisersstimme.wordpress.com)
“Taz”-Mitarbeiter Sebastian Heiser berichtet von seiner Zeit bei der “Süddeutschen Zeitung”, als er als Angestellter der Sonderthemen-Redaktion Seiten wie “Derivate & Zertifikate” oder “Wein aus Österreich” füllen musste – und belegt seine Bestandesaufnahme mit aufgezeichneten Gesprächen: “Ich finde meine Arbeit abstoßend und amoralisch. Und ich bin unglaublich wütend auf die Süddeutsche Zeitung, dass sie mir mein Idealbild vom Journalismus zerstört hat. Und dass sie ihre Leser betrügt und verkauft.”

2. “Warum Netflix weder 140’000 noch 180’000 Nutzer in der Schweiz hat”
(nzz.ch, Henning Steier)
Wie viele Nutzer hat Netflix in der Schweiz? “Alles, was man dazu liest, sind Hochrechnungen von Unternehmen, Marktforschern oder Medien, die sich profilieren möchten.”

3. “‘Leserjournalismus’: Als die Krone mein Fahrrad-Juxvideo klaute”
(blog.datenschmutz.net, Ritchie Blogfried Pettauer)
Krone.at verwertet einen Beitrag vom 25. Oktober 2014: “Die Redakteure der Online-Krone benutzen offenbar ein Video-Downloader Plugin und bedienten sich maximal unverschämt an meinen Inhalten. Nicht nur, dass als Quelle für Foto und Video frech Facebook / Facebook angegeben wird, nein, die schalten auch noch eiskalt einen Preroll-Werbeclip vor ihr gestohlenes Video.”

4. “David Carr is dead.”
(fusion.net, Alexis C. Madrigal, englisch)
“You made us all better”, notiert Alexis C. Madrigal über den letzte Woche verstorbenen Medienjournalisten David Carr: “David Carr was a bad motherfucker. Tough, tough. Feared nobody, pulled no punches. Called billionaires on their shit. In a field of cowardice, he was a statue of honor, even heroism.”

5. “Wie denken unsere Talkshow-Redakteure? Das Islambild in deutschen Medien”
(br.de, Audio, 59:49 Minuten)
Eren Güvercin geht in einem Radiofeature der Frage nach, wie Muslime in Deutschland von den Medien dargestellt werden.

6. “Meet the Michael Jordans of Everything”
(wsj.com, Ben Cohen und Tom McGinty, englisch)

Pressefreiheit, David Carr, Verschlüsselung

1. “Rangliste der Pressefreiheit 2015 veröffentlicht”
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die “Rangliste der Pressefreiheit 2015” (PDF-Datei) wird angeführt von Finnland, Norwegen und Dänemark. Österreich belegt Platz 7, Deutschland Platz 12, die Schweiz Platz 20. Die Länder mit der kleinsten Pressefreiheit bleiben wie im Vorjahr Eritrea, Nordkorea, Turkmenistan und Syrien.

2. “Reisen & Reportagen: Die Unentbehrlichen”
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Dank “Navi, Handy, Digitalkamera und Wikipedia” kann Torsten Dewi Reportagen heute leichter erstellen als früher. So schaffte er es, 2014 für die Zeitschrift “Liebes Land” über 50 Reportagen zu “machen”.

3. “Open Access? Veröffentlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit”
(derstandard.at, Klaus Taschwer)
Wie Verlage an der Kommunikation von steuerfinanzierten Forschungsergebnissen verdienen: “Die Wissenschaft zahlt jährlich etliche Milliarden an einige Großverlage, um die von der Öffentlichkeit ko-finanzierten Erkenntnisse innerhalb der Scientific Community zirkulieren zu lassen. Damit diese Erkenntnisse an die Öffentlichkeit gelangen, wird zwar mittlerweile jede Menge Geld in PR gesteckt. Die eigentliche Aufbereitung für die Öffentlichkeit passiert dann aber in aller Regel durch Journalisten in Medien, die meist nichts dafür kriegen und durch Leser und Werbung hauptfinanziert sind.”

4. “David Carr, Times Critic and Champion of Media, Dies at 58”
(nytimes.com, Bruce Weber und Ashley Southall, englisch)
Journalist David Carr stirbt im Newsroom der “New York Times”.

5. “‘Sie wollen das letzte Geheimnis'”
(taz.de, Jérémie Zimmermann)
Jérémie Zimmermann beschreibt den Angriff auf Verschlüsselungstechniken durch die Politik und fragt: “Soll der Staat die letzte Kontrolle über seine Bürger haben? Oder muss es nicht der Bürger sein, der Schutz vor seinem Staat genießt? Dann müsste es in einem freiheitlichen Europa gerade umgekehrt das Anliegen einer liberalen Sicherheitspolitik sein, die Entwicklung dieser Räume zu fördern: mit finanziellen Impulsen, staatlichen Förderprogrammen, gesetzlichen Schutzräumen.”

6. “Mein ICQ-Protokoll aus dem Jahr 2000: Die schrägen Tage im Netz von damals”
(t3n.de, Martin Weigert)
Martin Weigert stöbert in eigenen Chat-Protokollen aus dem Jahr 2000.

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