“Bild” erwischt Cathy Hummels schon wieder auf Dating-App

Entweder haben Tanja May, Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, und Cathy Hummels, Influencerin und Unternehmerin, beide ein sehr schlechtes Gedächtnis. Oder sie halten die “Bild”-Leserinnen und -Leser für so bescheuert, dass sie kein Problem damit haben, sie ganz offensichtlich zu verarschen.

Vergangenen Mittwoch berichtete May über Hummels bei Bild.de:

Screenshot Bild.de - Cathy Hummels auf Promi-Tinder erwischt! So lief ihr erstes Date - Wer Chancen bei ihr hat - Es handelt sich dabei laut Symbol um einen Bild-plus-Artikel

Einen Tag später schaffte es diese Entdeckung sogar auf die “Bild”-Titelseite …

Ausriss Bild-Titelseite - Cathy Hummels auf Promi-Tinder erwischt - TV-Moderatorin Cathy Hummels (35) sucht im Internet nach einer neuen Liebe

… und groß ins Blatt:

Ausriss Bild-Zeitung - Cathy Hummels bei Promi-Tinder erwischt! Ich habe schon ein paar Männern geschrieben

Was sagt denn Cathy Hummels dazu?

Im exklusiven BILD-Interview gibt die schöne Single-Mama zu, dass sie sich jetzt bei “Raya” tummelt: “Erwischt! Ja, das stimmt. Modernes Dating? Bin ich auch dabei.”

Dass die eine berichtet, jemanden “erwischt” zu haben, und die Erwischte sich “erwischt” fühlt, ist etwas überraschend. Denn vor mehr als acht Monaten, im Dezember 2022, berichtete Bild.de schon einmal über Cathy Hummels und die Dating-App Raya:

“Ich habe die Dating-App Raya ausprobiert”, verrät die Mama eines kleinen Sohnes (Ludwig, 4) jetzt gegenüber BILD.

Die Autorin des Artikels damals: Tanja May.

Es ist schon eine tolle Symbiose: Auf der einen Seite Prominente, die trotz der eigenen Reichweite in den Sozialen Medien offenbar immer noch das Boulevardscheinwerferlicht brauchen. Und auf der anderen eine Klatschredaktion, die mit derartigen Nichtigkeiten Online-Abos und gedruckte Exemplare verkaufen kann – zur Not sogar als aufgewärmtes “Erwischt!”-Märchen.

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Kein Spitzen(steuersatz)-Journalismus

Bei der Ursachenforschung zur Frage, warum namhafte Politiker und Politikerinnen so gern den “Bild”-Medien Interviews geben, wird meist die Reichweite als zentraler Aspekt identifiziert: Mit “Klartext”-Parolen in “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de kann man nach wie vor eine Menge Leute erreichen. Aber vielleicht spielt noch etwas anderes eine wichtige Rolle: Dass man beim Interview Leuten gegenübersitzt, die einen jeden Unsinn ohne Faktencheck erzählen lassen.

In “Bild am Sonntag” erschien gestern ein großes Interview mit CDU-Politiker Jens Spahn:

Ausriss Bild am Sonntag - Spahn fordert Pause bei völlig ungesteuerter Asyl-Migration

Spahn erklärt darin unter anderem seine Idee von einer im Grundgesetz verankerten “Belastungsbremse” für die Sozialabgaben. “Bild am Sonntag” will daraufhin wissen: “Braucht es darüber hinaus auch eine Steuerreform?” Antwort Spahn:

Leistung muss sich wieder mehr lohnen. Überstunden sollten steuerfrei sein. Zudem zahlt ein Facharbeiter mit 62.000 Euro Jahresgehalt schon den Spitzensteuersatz. Der sollte künftig erst ab 80.000 Euro greifen.

Da könnte man als Redaktion natürlich erstmal nachfragen, nachforschen und die Info nachliefern, wie viele “Facharbeiter mit 62.000 Euro Jahresgehalt” es in Deutschland denn so gibt. Sicher, in der richtigen Branche und/oder mit vielen Jahren Berufserfahrung gibt es die bestimmt. Aber Jens Spahn kann beim nächsten Besuch in der Kita oder im Seniorenheim oder in der Kantine des Bundestags ja mal eine Erzieherin, einen Pfleger oder eine Köchin fragen, was die so mit ihren 62.000 Euro Jahresgehalt anstellen. Wenn er Glück hat, wird er von den Fachkräften nur ausgelacht und nicht wütend rausgejagt.

Das aber nur nebenbei. Eigentlich soll es um Spahns Behauptung gehen, dass man “mit 62.000 Euro Jahresgehalt schon den Spitzensteuersatz” zahle. Das ist nämlich Unsinn. Und die “Bild”-Medien verbreiten diesen Unsinn unhinterfragt.

Richtig ist, dass der Spitzensteuersatz von 42 Prozent für das Jahr 2023 ab 62.810 Euro gilt (2022 lag diese Grenze bei 58.597 Euro). Aber es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen dem von Spahn genannten Jahresgehalt und dem zu versteuernden Einkommen. Letzteres ist für die Berechnung des Steuersatzes entscheidend. Und auf dem Weg vom Jahresgehalt zum zu versteuernden Einkommen gibt es verschiedene, individuelle Möglichkeiten, Ausgaben geltend zu machen und damit die Summe zu reduzieren: Den wichtigste Posten dürften die Sozialversicherungsbeiträge bilden, beispielsweise die Beiträge zur Krankenversicherung. Dazu kommen noch weitere Vorsorgeaufwendungen, die die Summe drücken können, Freibeträge wie der Kinderfreibetrag oder der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, außergewöhnliche Belastungen wie Krankheitskosten oder Pflegekosten für die eigenen Eltern und Sonderausgaben wie Spenden oder Kinder­betreuungs­kosten.

Nur wer nach all diesen Abzügen ein zu versteuerndes Einkommen von über 62.810 Euro hat, zahlt 2023 den Spitzensteuersatz (aber natürlich nicht auf die gesamte Summe, sondern nur auf den Betrag, der über dieser Grenze liegt; der Durchschnittssteuersatz liegt deutlich darunter: bei einem zu versteuernden Einkommen von exakt 62.810 Euro beträgt er laut Rechner des Bundesfinanzministeriums 26,12 Prozent). Oder anders gesagt: Wer “62.000 Euro Jahresgehalt” bekommt, zahlt nicht den Spitzensteuersatz.

Die Leserschaft von “Bild am Sonntag” und Bild.de erfährt von all dem nichts. Wer sich selbst mit dem Thema nicht so auskennt, wird einfach glauben, was der CDU-Politiker da erzählt.

Jens Spahn war Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Er ist als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter anderem zuständig für das Thema Wirtschaft. Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass er den Unterschied zwischen Jahresgehalt und zu versteuerndem Einkommen nicht kennt. In den “Bild”-Medien kann Jens Spahn unwidersprochen seine falsche Botschaft verbreiten.

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Prorussische Propaganda, Blockiertes Blockieren?, Afrika

1. Prompt auf Fake News reingefallen
(taz.de, Florian Bayer)
Wie die “taz” unter Berufung auf Andre Wolf vom Blog “mimikama” berichtet, sind die ORF-Nachrichten auf zwei prorussische Propagandavideos hereingefallen. Die Aufnahmen wurden fälschlicherweise als Beispiele für Zwangsrekrutierungen in der Ukraine ausgestrahlt, tatsächlich sollen sie aber unter anderem die Festnahme eines russischen FSB-Spions zeigen. Trotz breiter medialer Kritik und Hinweisen von Faktencheckern habe der ORF zunächst heftig widersprochen und erst nach einiger Zeit den Fehler eingestanden.

2. Musk will auf X das Blockieren verhindern
(spiegel.de)
Elon Musk, Eigentümer des früher als Twitter bekannten Kurznachrichtendienstes X, will offenbar die Blockierfunktion abschaffen – eine Grundfunktion eines Sozialen Netzwerks, mit der man verhindert, dass bestimmte Konten einen kontaktieren, Beiträge sehen oder einem folgen können. Das Blockieren werde als Feature abgeschafft, mit Ausnahme von Direktnachrichten, so Musk in einem Beitrag auf X.
Weiterer Lesehinweis: Untersuchungen des Fachmagazins “Nature” und der Zeitschrift “Trends in Ecology & Evolution” würden zeigen, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitglieder der Klima-Community die Plattform X/Twitter verlassen oder ihre Aktivitäten reduziert haben: Wenn die Wissenschaft verstummt (zeit.de, Eike Kühl).

3. Nur Krisen und Krieg? Afrika-Berichterstattung in Deutschland
(sr.de, Michael Meyer, Audio: 17:10 Minuten)
In der aktuellen Folge des SR-Medienmagazins “Cross und Quer” geht es um die Afrika-Berichterstattung deutscher Medien. Der Kontinent komme dort meist nur vor, wenn es um Krieg und Krisen gehe. Michael Meyer hat sich mit dem freien Journalisten und Afrika-Kenner Issio Ehrich über die Herausforderungen und Gefahren seiner Arbeit unterhalten.

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4. Kann sich die Sportschau behaupten?
(tagesspiegel.de)
Die ARD-“Sportschau” habe in Zeiten von Streamingdiensten und Pay-TV an Bedeutung verloren und verzeichne sinkende Zuschauerzahlen. Ihren “Nimbus als Pflichtveranstaltung für Fußballfans” habe sie “längst verloren”, schreibt der “Tagesspiegel”. Drei Mitglieder der Redaktion geben ihre Einschätzungen zur Zukunft der “Sportschau” ab: Joachim Huber, verantwortlicher Redakteur Medien, Kulturredakteur Christian Schröder und Sportredakteur Martin Einsiedler.

5. Fremder Fehler könnte das Aus bedeuten
(faz.net, Jochen Zenthöfer)
Jochen Zenthöfer berichtet in der “FAZ”, dass die gemeinnützige Rechtsprechungsdatenbank “OpenJur” wegen der Veröffentlichung eines von einem Gericht nicht ausreichend anonymisierten Urteils verklagt wird. Trotz einer schnellen Anonymisierung des Namens nach einem Hinweis klage nun ein Betroffener vor dem Landgericht Hamburg auf Schadenersatz. Die Klage stelle eine existenzielle Bedrohung für das Projekt dar, so Zenthöfer: “Sollte die Klage erfolgreich sein, wäre die einzige gemeinnützige Rechtsprechungsdatenbank in Deutschland am En­de.”

6. Wie das deutsche Fernsehen zum Losverkäufer wurde
(dwdl.de, Christian Richter)
Christian Richter zeichnet bei “DWDL” die Entwicklung und den Einfluss der Fernsehlotterien im deutschen Fernsehen nach. Die Geschichte beginnt 1955 mit der Spielshow “1:0 für Sie”, moderiert von Peter Frankenfeld, der durch seine humorvolle Art und die Interaktion mit dem Publikum große Popularität erlangte. Frankenfelds Idee, westdeutsche Familien zur Aufnahme von Kindern aus dem isolierten Berlin für eine Art Erholungsferien zu bewegen, führte zur Gründung der “ARD-Fernsehlotterie”, die sich aus dem Verkauf von Losen finanzierte und bedürftigen Kindern Ferienreisen ermöglichte.

KW 33/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Wie nah kommt man als Journalist an Bord eines Regierungsfliegers den Politikern?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 20:41 Minuten)
Der Versuch von Außenministerin Annalena Baerbock, nach Australien zu reisen, scheiterte kürzlich an einem Defekt an den Landeklappen des eingesetzten Regierungsfliegers. Wie meist bei solchen Reisen waren auch dieses Mal mehrere Journalistinnen und Journalisten an Bord, darunter t-online.de-Korrespondent Patrick Diekmann. Im “Übermedien”-Podcast “erzählt Diekmann, wie wichtig es für ihn ist, mit an die Orte zu reisen, an denen Außenpolitik gemacht wird. Und wie das zugeht an Bord eines Regierungsfliegers: Wer sitzt wo? Wer zahlt das, wenn Journalisten dort mitfliegen? Und wie nah kommt man ran an die Regierenden?”

2. Zwei Jahre unter den Taliban: Afghanistan in den Medien
(sueddeutsche.de, Nadia Zaboura & Nils Minkmar, Audio: 41:11 Minuten)
Vor zwei Jahren, am 15. August 2021, übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Den Jahrestag nehmen viele Redaktionen zum Anlass, mal wieder auf das Land zu schauen. Doch die aktuelle Aufmerksamkeit sei eine Ausnahme – seit dem überstürzten Abzug der westlichen Truppen und den dramatischen Szenen am Flughafen Kabuls sei es in deutschen Medien sehr still geworden um Afghanistan. Nadia Zaboura und Nils Minkmar fragen in ihrem Podcast “quoted”: “Tauchen das Land und seine Menschen so in unseren Medien auf, wie es angesichts der dramatischen Situation und der jahrelangen westlichen Militärpräsenz angemessen wäre? Geht die Berichterstattung über die Abbildung von Krise, Elend und Taliban-Gräueltaten hinaus? Und was macht das alles mit unserem Bild von Afghanistan?” Als Gast haben sie sich Emran Feroz eingeladen, österreichischer Journalist mit afghanischen Wurzeln und Autor des Buchs “Der längste Krieg. 20 Jahre War on Terror”.

3. RTL und ProsiebenSat.1 – Alarmstufe bei den Privaten?
(br.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 30:31 Minuten)
Im Medienpodcast des Bayerischen Rundfunks geht es um die Situation der Privatsender in Deutschland, die derzeit teils massiv Stellen abbauen und sich umstrukturieren müssen: “Schon länger machen die Werbeflaute und die amerikanischen Streaming-Angebote den privaten Fernsehsendern hierzulande das Leben schwer. Wir schauen auf die zwei großen Privatsender RTL und ProsiebenSat.1.”

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4. Brückner: “Paradigmenwechsel im TV-Markt”
(wdr.de, Sebastian Sonntag, Audio: 10:01 Minuten)
In Hollywood streiken die Drehbuchautorinnen und -autoren. Aber wie steht es in Deutschland um die Branche? Darüber spricht Drehbuchautor Thomas Brückner im Interview: Das aktuelle Jahr sei “von Verunsicherungen, verschobenen Projekten, Absagen geprägt.”

5. Wie wir mehr Positivbeispiele in die Medien bekommen
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann, Audio: 30:37 Minuten)
Im Deutschlandfunk-Podcast “Nach Redaktionsschluss” geht es dieses Mal um den konstruktiven Journalismus, also die Grundidee, in der Berichterstattung Lösungen statt nur Probleme aufzuzeigen. Eine Hörerin wünscht sich mehr davon und diskutiert darüber mit Lisa Urlbauer vom Bonn Institute, Charlotte Horn, Korrespondentin im ARD-Studio Neu-Delhi, und Moderator Sören Brinkmann.

6. Sicherheit für Kinder und Jugendliche im Netz
(podcast.leibniz-hbi.de, Johanna Sebauer , Audio: 26:34 Minuten)
Ob Cybermobbing, Hate Speech oder Cybergrooming – es gibt online ernstzunehmende Gefahren für Kinder und Jugendliche. Sie komplett vom Internet fernzuhalten, ist aber sicher auch keine Lösung. Der “BredowCast” stellt daher die Frage: “Wie soll diesen Gefahren begegnet werden?” Antworten liefern die Juristin Sünje Andresen und die Medienforscherin Kira Thiel.

Klimakrise, Journalisten in Afghanistan, Die Hölle auf Speed

1. Objektivität ist eine Illusion
(taz.de, Valérie Catil)
“Texten über das Klima wird häufig vorgeworfen, zu viel Haltung zu zeigen und nicht objektiv genug zu sein”, schreibt Valérie Catil in ihrem Essay über die “Klimakrise im Journalismus”: “Dabei sind wir an so einem kritischen Punkt in der Klimakrise angekommen, dass die Plattformen, die nicht ernsthaft über sie schreiben, der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt werden sollten.”

2. DJV warnt Medienschaffende vor Reisen in die Türkei: Bitte nicht pauschalisieren
(freitag.de, Barış Altıntaş)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte auf die Festnahme einer Bundestagsabgeordneten bei deren Einreise in die Türkei mit einer Art Reisewarnung für Journalistinnen und Journalisten (siehe die “6 vor 9” vom vergangenen Dienstag). Barış Altıntaş fragt im “Freitag”: “War es eine Überreaktion des DJV?” Für eine differenzierte Antwort hat Altıntaş mit mehreren Medienschaffenden und -experten in der Türkei gesprochen, und die widersprechen dem DJV zum Teil, stimmen ihm in manchen Punkten aber auch zu.

3. Reichelt revanchiert sich
(jungle.world, Markus Liske)
Markus Liske hat sich durch “Nius” gekämpft, ein neues Medienangebot, das “die Stimme der Mehrheit” verkörpern will und dessen Gesicht der geschasste “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt ist: “Dass der geradezu minimalistisch enge Meinungskorridor, den Nius abbildet, tatsächlich ‘die Stimme der Mehrheit’ wiedergibt, darf bezweifelt werden. Selbst rechte Gesinnungen in diesem Land sind deutlich vielfältiger.” Liskes Fazit: “Derzeit dient Nius hauptsächlich dazu, Julian Reichelt im Gespräch zu halten. Das immerhin scheint geglückt.”

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4. Taliban nehmen neun Journalisten fest
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen berichtet über die erschütternde Situation für Medienschaffende in Afghanistan: “In den vergangenen elf Tagen ließen die Taliban landesweit insgesamt neun Journalisten verhaften. Faqir Mohammad Faqirzai, Jan Agha Saleh, Haseeb Hassas, Habib Sarab, Sayed Wahdatullah Abdali, Shamsullah Omari, Wahidrahman Afghanmal, Ataullah Omar und Parwiz Sargand wurden bei Razzien in fünf afghanischen Provinzen ohne Angabe von Gründen verhaftet. Mit einer Ausnahme sind alle noch in Haft.” Der Text wirft auch einen kritischen Blick auf das Mitte Oktober 2022 angelaufene Bundesaufnahmeprogramm Deutschlands.
Noch ein zusätzlicher Hörtipp: Eine positive Nachricht aus einem völlig anderen Land: Natalie Amiri berichtet, dass die im Iran verhaftete Journalistin Nazila Maroofian offenbar wieder frei ist (deutschlandfunk.de, Audio: 5:50 Minuten).

5. Razzia bei Zeitung in Kansas sorgt für Entrüstung
(spiegel.de)
Die kleine Wochenzeitung “Marion County Record” aus dem US-Bundesstaat Kansas, die laut “New York Times” eine Auflage von etwa 4.000 Exemplaren hat, steht im Zentrum einer großen Debatte um die Pressefreiheit in den USA. Beamte hatten die Redaktionsräume des “Record” sowie das Haus des Herausgebers durchsucht und unter anderem Computer und Handys beschlagnahmt. Große Medienorganisationen sind von der Razzia entsetzt, sogar das Weiße Haus schaltete sich ein: Der Vorgang böte Grund zur Sorge. Inzwischen soll der Durchsuchungsbeschluss wieder zurückgezogen und die beschlagnahmten Geräte zurückgegeben worden sein.

6. Süchtig nach TikTok
(uebermedien.de, Armin Wolf)
In der neuen “Übermedien”-Serie “Geheime Leidenschaften” stellen “bekannte Leute Mediendinge vor, die sie mögen – obwohl man das vielleicht von ihnen nicht erwartet hätte.” Den Anfang macht der österreichische Journalist Armin Wolf, der über seine TikTok-Sucht schreibt: “TikTok ist die Hölle. Glauben Sie einem demnächst 57-Jährigen. Ich habe keine Erfahrung mit herkömmlichen Drogen oder anderen Substanzen, die süchtig machen. Aber der Algorithmus von TikTok ist die Hölle. Auf Speed.”

Lindemann-Berichterstattung, Erfundener Tweet?, Drosselung bei X

1. Wenn aus Erin­ne­rungs­lü­cken ein Ver­ge­wal­ti­gungs­ver­dacht wird
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
Bei den ganzen gerichtlichen Entscheidungen zur Berichterstattung unterschiedlicher Medien über Rammstein-Sänger Till Lindemann kann man schnell den Überblick verlieren: Was wurde von Gerichten alles untersagt? Und was darf aktuell noch berichtet werden? Da ist es praktisch, dass Felix W. Zimmermann bei “Legal Tribune Online” genau dazu einen Überblick liefert, die aktuellsten Entscheidungen des Landgerichts Hamburg einordnet (“Erstmals werden nun auch Schilderungen von Frauen verboten, aus denen sich der Verdacht der Vergewaltigung ergibt.”) und einen Ausblick gibt, wie es juristisch weitergeht.
Weiterer Lesehinweis: Lindemann war juristisch auch gegen Formulierungen in einer Petition der Organisation Campact vorgegangen. Nach einem Hinweis des Landgerichts Berlin soll der Anwalt des Rammstein-Sängers den Unterlassungsantrag gegen Campact allerdings zurückgezogen haben. Bei Tagesschau.de folgern Daniel Drepper, Elena Kuch, Sebastian Pittelkow und Isabel Schneider aus dem Vorgang, dass man dem Landgericht Berlin zufolge “das Rekrutierungssystem um Lindemann wohl als ‘sexuellen Missbrauch’ bezeichnen” dürfe.

2. RTL setzt Zusammenarbeit mit “Explosiv”-Moderator Maurice Gajda aus
(uebermedien.de, Frederik von Castell)
Im RTL-Magazin “Explosiv” wurde am 5. August in einem Beitrag ein angeblicher Tweet der ehemaligen AfD-Politikerin Frauke Petry eingeblendet, der inzwischen gelöscht sei. Es gibt allerdings große Zweifel daran, dass es diesen Tweet je gegeben hat. Der Vorwurf: Der Reporter habe sich den Tweet ausgedacht. Frederik von Castell berichtet, dass RTL nun erste Konsequenzen ziehe: “Der Sender teilte Übermedien auf Anfrage mit, dass er die Zusammenarbeit mit Moderator und Reporter Maurice Gajda vorerst aussetzt, ‘bis die im Raum stehenden Vorwürfe geklärt sind’.” Von Castell bietet in seinem Beitrag zusätzlich noch einen Service: “Eigentlich sollte man Journalist:innen im Jahr 2023 nicht mehr erklären müssen, wie man Inhalte, die man online findet, sichert. Muss man aber offenbar doch”. Deshalb erklärt er noch einmal, wie online das richtige Archivieren funktioniert.
Weiterer Lesehinweis: Bei “DWDL” schreibt Alexander Krei, er habe von Maurice Gajdas Management als Beweis einen Link zugeschickt bekommen, der einst zum fraglichen, aber längst gelöschten Tweet von Frauke Petry geführt haben soll. Das Problem laut Krei: Dieser Link verweist bekanntermaßen zu einem anderen gelöschten Tweet Petrys.

3. FR-Belegschaft mit Offenem Brief an Ippen: “Enorme Ungerechtigkeit” bei der Bezahlung
(journal-frankfurt.de, Katja Thorwarth)
“Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frankfurter Rundschau sind unzufrieden mit ihrem Gehalt”, schreibt Katja Thorwarth und berichtet von einem Offenen Brief, in dem die Belegschaft von der Geschäftsführung des Ippen-Verlags eine “Rückkehr in eine tarifliche Bezahlung” fordert. Thorwarth kennt sich mit der Materie aus: Sie schrieb einst selbst für die “Frankfurter Rundschau”.

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4. RBB weist Vorwürfe gegen Chefredakteur Biesinger zurück
(dwdl.de, Manuel Weis)
Der RBB widerspreche vehement einem Bericht des Portals “Business Insider”, der sich mit dem inzwischen gestoppten Bau des Medienhauses des öffentlich-rechtlichen Senders befasse und RBB-Chefredakteur David Biesinger Fehler ankreide.

5. X verhängte Zeitstrafe für missliebige Links
(spiegel.de)
Die einst als Twitter bekannte Plattform X soll für bestimmte Links eine Drosselung eingebaut haben: “Experten entdeckten eine merkwürdige Verzögerung, die auftrat, wenn man in dem sozialen Netzwerk Links aufrief, die zur ‘New York Times’, zur Nachrichtenagentur Reuters sowie zu mehreren Konkurrenzangeboten führten.” So seien nicht nur aus Sicht von X-Eigentümer Elon Musk unliebsame Medien, sondern auch die zu X in Konkurrenz stehenden Plattformen Bluesky, Facebook und Instagram ausgebremst worden. Laut golem.de habe das Unternehmen die Verzögerung nach öffentlicher Kritik wieder aufgehoben.

6. 35 Jahre Geiseldrama von Gladbeck: Was Medien heute anders machen würden
(deutschlandfunk.de, Herwig Katzer, Audio: 5:32 Minuten)
Vor 35 Jahren, am 16. August 1988, begann das Geiseldrama von Gladbeck. Herwig Katzer nimmt das zum Anlass, noch einmal auf all die furchtbaren Aussetzer der Journalisten und Journalistinnen vor Ort zurückzublicken. Er spricht auch mit einem bemerkenswert selbstkritischen Udo Röbel, der damals nicht davor zurückschreckte, ins Fluchtauto der Geiselnehmer zu steigen und sie aus Köln zu lotsen.

“Clan-Kriminalität”, Medien im Exil, Hass gegen Herr Ingeborg

1. “Clan-Kriminalität”: Gefährliche Diskurse über gefühlte Wahrheiten
(fr.de, Yağmur Ekim Çay)
“Die Redaktion der Frankfurter Rundschau hat den umstrittenen Begriff ‘Clan-Kriminalität’ intern umfassend diskutiert. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass er politisch missbraucht wird und Menschen stigmatisiert. Deshalb werden wir die Bezeichnung nur in Ausnahmefällen verwenden – nämlich wenn wir über Polizeieinsätze und politische Debatten berichten, in denen die Kategorie zentral ist. Um uns von der falschen und gefährlichen Rhetorik zu distanzieren, setzen wir von nun an den Begriff in Anführungszeichen oder machen das mit sprachlichen Formulierungen wie sogenannte Clan-Kriminalität deutlich”, schreibt die “FR”-Redaktion “in eigener Sache”. Diese Positionierung ist eingebettet in einen Text von Yağmur Ekim Çay zum Thema. Zusätzlich gibt es ein Interview mit Thomas Feltes: “Kriminologe kritisiert den Begriff ‘Clan-Kriminalität’ und Faeser: ‘PR-Gag im Vorfeld der Wahl in Hessen'”.

2. Keine Nachrichten sind schlechte Nachrichten. Medien im Exil als “letzte Bastion der Freiheit”
(de.ejo-online.eu, Simone Benazzo)
Simone Benazzo hat zu Exilmedien geforscht und präsentiert beim Europäischen Journalismus-Observatorium eine Zusammenfassung seiner Ergebnisse: 98 Exilmedien aus 33 Ländern konnte er ausmachen. Was verbindet sie? Und wo liegen die Unterschiede je nach Herkunftsregion?

3. Die Hasswelle rollt: Erste queere Person im “Sandmännchen”
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Mit Herr Ingeborg gibt es erstmals in sechs Jahrzehnten eine queere Figur beim “Sandmännchen”. Angetrieben vom Entsetzen verschiedener einschlägiger Medien (“Nius”, “Junge Freiheit”, “Bild”) sei eine Welle des Hasses ins Rollen gekommen. Joachim Huber kommentiert, dass diese Empörung empören müsse: “Da hilft kein Drumherumreden, da hilft keine Beschwichtigung: Hier toben sich Menschenfeinde aus. Und deswegen: Lasst nicht einen Herrn Ingeborg, lasst viele Herren Ingeborg um uns sein.”

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4. Qualifizierte Ausbildung für Nachwuchs beim Film
(mmm.verdi.de, Andrea Wenzek)
Wie in so vielen Branchen herrscht auch in der Filmbranche ein Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Das liege unter anderem “an den Arbeitsbedingungen für die Filmschaffenden: Befristete Arbeitsverträge, 12stündige Drehtage und eine erhöhte Arbeitsverdichtung”, schreibt Andrea Wenzek, aber auch am “unübersichtlichen Aus- und Weiterbildungsbildungsdschungel”. Wenzek präsentiert erste Initiativen, die das “kaum vorhandene und kaum regulierte deutsche Ausbildungssystem für die Filmberufe” verbessern wollen, um dem “Personalnotstand in der deutschen Filmwirtschaft entgegenzuwirken.”

5. “Es gibt nur zwei Monate, in denen Ruhe ist”
(dwdl.de, Manuel Weis)
Manuel Weis porträtiert Sky-Reporter Florian Plettenberg, der ein bekannter Vertreter einer ganz besondere Journalismusnische ist: Des Transferjournalismus, in dem es um die Vereinswechsel von Fußballspielern geht. Der Text ist allein schon wegen der Gaga-Aussagen Plettenbergs lesenswert. Kostprobe: “Je größer das ‘Transfer Update’ wird, desto größer werde ich auch.”

6. Digitales killt Requisite: Warum sich der SWR von seinem Fundus trennt
(deutschlandfunk.de, Thomas Wagner, Audio: 6:25 Minuten)
Ob Ritterrüstungen, Flipperautomaten oder Leichenteile – im Fundus des SWR gibt es alle möglichen Großrequisiten, geschätzt sind es 11.500 verschiedene Teile. Nun will der Sender den Fundus aber weitgehend auflösen: 80 Prozent will er loswerden. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Die Kosten für die Aufbewahrung sollen reduziert werden, digitale Technologien machen analoge Requisiten immer häufiger überflüssig, und viele Produktionen sind inzwischen an externe Firmen mit eigenem Fundus ausgelagert worden.

Türkei-Reisen, Mit Lügen Politik machen, Berichte aus der Sahelzone

1. Journalistenverband rät von Türkeireisen ab
(spiegel.de)
Gökay Akbulut, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, wurde kürzlich bei ihrer Einreise in die Türkei für mehrere Stunden festgenommen. Vier Jahre alte Social-Media-Posts sollen ihr als “Terrorpropaganda” vorgehalten worden sein. “Wenn selbst die parlamentarische Immunität einer Abgeordneten nicht vor der Festnahme schützt, sei die Gefahr für Journalistinnen und Journalisten umso größer”, warnt der Deutsche Journalisten-Verband. Dessen Bundesvorsitzender Frank Überall sagt: “Wer sich als Journalist schon einmal kritisch in den eigenen Beträgen und in den sozialen Netzwerken über die Türkei, ihren Präsidenten oder die Regierungspartei AKP geäußert hat, sollte sich von dem Land fernhalten.”

2. Wenn mit Lügen Politik gemacht wird
(zeit.de, Kai Biermann)
“Irgendjemand hat es auf sie abgesehen und verbreitet im Internet Lügen. Sie ist das Opfer einer breit angelegten Desinformationskampagne. Steckt dahinter die Führung eines Landes, das sie als Politikerin kritisiert hat?” Kai Biermann schreibt über die EU-Parlamentarierin Hannah Neumann und rekonstruiert dabei sehr lesenswert die Kampagne, die gegen die Politikerin läuft: vom ersten Text mit haltlosen Vorwürfen über offensichtlich extra für dessen Verbreitung geschaffene Twitter-Accounts bis zu vermeintlich seriösen Websites, die die Vorwürfe aufgreifen. Biermann hat mit Expertinnen und Experten für Desinformation über den Fall gesprochen und auch den Urheber des Ausgangstextes per Telefon erreicht.

3. Berliner Sumpf oder BRD-Mief?
(taz.de, Caspar Shaller)
Gut ein Jahr ist es her, dass RBB-Intendantin Patricia Schlesinger fristlos entlassen wurde. Caspar Shaller fasst die damaligen Vorgänge noch einmal zusammen und blickt auf die aktuelle Situation beim öffentlich-rechtlichen Sender. “Doch die Affäre rbb ist weder eine Lokalposse noch eine Geschichte über die dysfunktionale Hauptstadt”, so Shaller, sondern “ein typisches Problem der miefigen BRD”.

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4. Journalist Lutz Mükke beklagt die mediale Vernachlässigung des Sahel
(deutschlandfunk.de, Antje Allroggen, Audio: 8:23 Minuten)
Lutz Mükke forscht und publiziert schon viele Jahre zur Afrika-Berichterstattung deutscher Medien. Im Interview mit dem Deutschlandfunk spricht er speziell über die Sahelzone, die nach dem Putsch im Niger wieder in den medialen Fokus gerückt ist. Deutsche Redaktionen hätten sich bisher “ganz wenig, leider Gottes ganz wenig” für den Sahelraum interessiert, “und das schon seit vielen Jahren”, so Mükke. Man habe sich schon länger nicht mehr “um tiefgreifende Berichterstattung bemüht.” Mükke nennt verschiedene Gründe, die aus seiner Sicht dazu beigetragen haben.

5. Blackbox-Reporting: Wie Journalist*innen über KI und Algorithmen berichten können
(medium.com, Katharina Brunner & Rebecca Ciesielski & Uli Köppen & Cécile Schneider)
Künstliche Intelligenz (KI) und Algorithmen spielen eine immer größere Rolle, auch als Objekt der Berichterstattung. Aber wie können Journalistinnen und Journalisten fachkundig und angemessen kritisch über KI berichten? Ein Team des Bayerischen Rundfunks, das schon länger in dem Themenfeld recherchiert, hat dazu ein sogenanntes Whitepaper veröffentlicht. Es bietet “vier Ansätze für KI-Recherche”: 1. “Wichtig ist, was rauskommt: Recherche mit Experimenten”, 2. “Software auf dem Prüfstand: Recherche mit technischen Analysen”, 3. “Recht auf Einblick: Recherche mit juristischen Mitteln” und 4. “Erklär mir den Algorithmus: Interviews und Anfragen”. Der oben verlinkte Beitrag bietet eine Zusammenfassung, das 19-seitige Whitepaper (PDF) einen ausführlicheren Einblick.

6. Wo Hafer und Korn verloren sind
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Über den Auftritt der Medienpersönlichkeiten Markus Lanz und Richard David Precht beim Kongress “Zukunft Handwerk” wurde schon an verschiedenen Stellen geschrieben. Aber so wütend wie der Text von BILDblog-Mitarbeiter Lukas Heinser dürfte kein anderer gewesen sein. Wer sich auch über das Lanz-Precht-Geschwafel von “Hafermilch-Gesellschaft” und über das Mokieren über “Work-Life-Balance”-suchende junge Leute geärgert hat, sollte klicken. Und alle anderen auch.

Abos verkaufen mit dem Tod zweier Menschen

Bei einem Unfall auf dem Nürburgring sind vergangene Woche zwei Testfahrer eines Reifenherstellers ums Leben gekommen. Die “Bild”-Redaktion versuchte daraufhin, mit Details des tödlichen Unfalls ein paar “Bild-plus”-Abos zu verkaufen. Auf der Bild.de-Startseite lockte sie die potenzielle Käuferschaft mit diesem Teaser:

Screenshot Bild.de - Zwei Tote auf dem Nürburgring - Unfall-Fahrer (39, 44) starben bei Testfahrt - Um welches Bauteil es ging - Mit welchem Auto sie verunglückten - dazu ist ein Bild-plus-Symbol zu sehen

Im Artikel steht vor der Paywall:

Zwei Testfahrer starben bei Erprobungsfahrten auf dem Nürburgring.

Für wen die Männer auf der bekanntesten Rennstrecke der Welt unterwegs waren, was für ein Auto sie fuhren, lesen Sie mit BILDplus.

Dass die “Bild”-Medien Todesfälle und schwere Unfälle zum Ankurbeln des eigenen Abo-Geschäfts nutzen, ist nun wahrlich nicht überraschend, aber doch immer wieder abstoßend.

Höcke-Interview, Schüsse auf die Pressefreiheit, “Barbie”-Verbot

1. Hilfe, mein Interviewer brummt!
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Nach dem MDR-“Sommerinterview” mit dem rechtsextremen thüringischen AfD-Politiker Björn Höcke gab es die Diskussion, ob man jemandem wie Höcke medial Platz geben sollte (siehe die “6 vor 9” von vergangenem Freitag). Und wenn ja, dann wäre die Frage: wie? Nach Sichtung des Interviews hat Stefan Niggemeier noch eine weitere Frage – und auch eine klare Antwort: Die Gesprächsführung des MDR-Moderators zeige, “dass es ein viel elementareres Problem gibt als die gerade mal wieder heftig diskutierte Frage, ob und wie man am besten ein Interview mit Björn Höcke führen sollte. Nämlich: Wie man überhaupt ein Interview führt. Kurz gesagt: So nicht.”

2. Artikel über Rammstein-Sänger von SZ und NDR: Lindemann erwirkt weitere einstweilige Verfügungen
(tagesspiegel.de)
Till Lindemann und dessen Anwälte haben vor dem Landgericht Hamburg einstweilige Verfügungen gegen Artikel des NDR und der “Süddeutschen Zeitung” (nur mit Abo lesbar) erwirkt. Unter dem NDR-Beitrag, der bei tagesschau.de erschienen ist, steht nun: “Das Gericht untersagte auf Antrag des Rammstein-Musikers Till Lindemann, von sexuellen Handlungen zu schreiben, denen die Frauen nicht zugestimmt hätten. Die Redaktion von tagesschau.de hat sich dazu entschieden, die Passagen zunächst entsprechend anzupassen. Der NDR prüft Rechtsmittel.” Einem Twitter-Thread zufolge stehe für die Redaktion der “SZ” bereits fest, dass sie Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung einlegen wird. Das beteiligte NDR-Rechercheteam betont zu der Entscheidung des Landgerichts: “Große Teile der Berichterstattung bleiben auch nach den Verfügungen online.”

3. Drei Schüsse auf die Pressefreiheit
(taz.de, Knut Henkel)
Vergangene Woche wurde der ecuadorianische Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio erschossen. Villavicencio war lange als Journalist tätig und “dank seiner investigativen Recherchen, vor allem im hochkorrupten Ölsektor, alles andere als beliebt bei den Eliten”, schreibt Knut Henkel. Der Artikel schlägt einen Bogen zur allgemeinen Lage der Pressefreiheit in Ecuador.
Weiterer Lesehinweis: Anders als im oben verlinkten Artikel zu lesen ist, wurde inzwischen doch nicht die Umweltaktivistin Andrea González Náder, sondern der Journalist Christian Zurita von Villavicencios Partei als Ersatzkandidat nominiert.

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4. Journalisten trotzen den Gefahren
(reporter-ohne-grenzen.de)
Bald jährt sich die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zum zweiten Mal. Die Organisation Reporter ohne Grenzen erinnert daher “an das Schicksal und den Widerstand afghanischer Journalistinnen und Journalisten. Sie recherchieren trotz schwierigster Bedingungen vor Ort weiter oder informieren die Bevölkerung aus dem Exil.”

5. MDR setzte Belieferung der “Tagesschau” mit Regional-News aus
(dwdl.de, Alexander Krei)
Für mehr als zwei Wochen soll es laut einer Recherche der “Mitteldeutschen Zeitung” (nur mit Abo lesbar) in der App und auf der Website der “Tagesschau” keine Regionalnachrichten aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gegeben haben. Grund dafür sei ein Streit zwischen der in Hamburg angesiedelten Redaktion ARD-aktuell und dem MDR. Alexander Krei schreibt bei “DWDL” dazu: “Im April hatte ARD-aktuell damit begonnen, die für ‘tagesschau.de’ zugelieferten Texte der Landesrundfunkanstalten nicht mehr als externe, sondern als eigene Beiträge zu kennzeichnen. Seither werden die Leserinnen und Leser nicht mehr zur jeweiligen Landesrundfunkanstalt weitergeleitet, sondern bleiben im ‘Tagesschau’-Angebot – was der MDR-Führung offenbar nicht gefällt, weil sie dadurch eine Schwächung des eigenen Angebots fürchtete.” Inzwischen könne man bei tagesschau.de wieder Neuigkeiten aus den drei Bundesländern finden.

6. Libanesische Regierung will »Barbie«-Vorführung verbieten
(spiegel.de)
Der weltweit irre erfolgreiche Film “Barbie” sollte eigentlich Ende des Monats auch im Libanon in die Kinos kommen. Dieses Vorhaben stoppte nun aber der libanesische Kulturminister Mohammed Mourtada: “Barbie” mache “Werbung für Homosexualität und Geschlechtsumwandlung” und verstoße gegen die “moralischen und religiösen Werte”.
Weiterer Lesehinweis: Auch in Kuwait wurde “Barbie” verboten, aufgrund von “Ideen und Überzeugungen, die der kuwaitischen Gesellschaft und öffentlichen Ordnung fremd” seien, teilte der fürs Kino zuständige Zensurausschuss mit.

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