1. “taz” stellt gedruckte Werktagsausgabe 2025 ein (faz.net)
Die “taz” wird ab Oktober 2025 ihre werktägliche Printausgabe einstellen und nur noch digital als E-Paper zu lesen sein. Lediglich am Wochenende werde die “wochentaz” als gedruckte Zeitung erscheinen. Nach sechs Jahren intensiver Debatte hätten 77 Prozent der Genossinnen und Genossen auf der Mitgliederversammlung für diesen Schritt gestimmt, um die wirtschaftliche Zukunft der Zeitung zu sichern.
Weiterer Lesetipp: Die “taz” berichtet in eigener Sache: Bloß nicht in Schönheit sterben.
2. Deutschland-Reports von ZDF & Sat.1: Fernsehen, warum tickst du so? (dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader kritisiert das neue TV-Format der “politisch-gefühligen Zuhör-Reisereportagen”, in denen Journalistinnen und Journalisten wie Paul Ronzheimer, Dunja Hayali und Eva Schulz versuchen, der aktuellen Stimmungslage in Deutschland nachzugehen. Trotz des ehrenwerten Ziels, Menschen ins Gespräch zu bringen, würden diese Reportagen oft in oberflächlichen Plattitüden und ohne echte Lösungsansätze enden. Schader stellt in Frage, ob es sinnvoll ist, immer wieder mit Menschen zu reden, die festgefahrene Meinungen hätten und kaum gesprächsbereit seien.
3. Theodor-Wolff-Preis geht an fünf Journalistinnen und Journalisten (tagesspiegel.de, Anna Ringle)
Der Theodor-Wolff-Preis 2024 wurde an fünf Journalistinnen und Journalisten für ihre herausragenden gesellschaftsrelevanten Beiträge verliehen: Issio Ehrich, Helene Bubrowski, Fabian Huber, Agnes Polewka und Thilo Adam. Der Preis gilt als eine der renommiertesten Auszeichnungen im deutschen Journalismus und wird jährlich vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger vergeben.
4. Elon Musk verunglimpft australische Regierung als Faschisten (spiegel.de)
Elon Musk habe die australische Regierung wegen eines neuen Gesetzes zur Bekämpfung von Fehlinformationen auf Internetplattformen als “Faschisten” bezeichnet, was heftige Kritik von Regierungsvertretern ausgelöst habe. Der Gesetzesentwurf sehe hohe Strafen für Plattformen vor, die Fehlinformationen verbreiten, was Musk als Einschränkung der Meinungsfreiheit betrachte.
Weiterer Lesetipp: Oberstes Gericht zieht Geldbuße von X und Starlink ein: “Tech-Milliardär Elon Musk streitet mit Brasiliens Bundesrichter Alexandre de Moraes über Falschinformationen und Meinungsfreiheit auf X. Das Oberste Gericht ordnete nun eine Millionenüberweisung an.”
5. Hommage an die Zeitung (verdi.de, Ute Christine Bauer)
Ute Christine Bauer schreibt über die Ausstellung “Zeitungsleser:innen” im Museum für Kommunikation Berlin. Sie zeigt Fotografien von Eddy Posthuma de Boer, die Menschen weltweit beim Zeitunglesen in alltäglichen Situationen festhalten. Die Ausstellung werfe einen nostalgischen Blick auf eine Zeit, in der gedruckte Zeitungen allgegenwärtig waren, bevor Smartphones den öffentlichen Raum eroberten.
6. Raabs TV-Totalausfall (freitag.de, Axel Brüggemann)
Axel Brüggemann schildert im “Freitag” seine Eindrücke vom Boxkampf des TV-Urgesteins Stefan Raab gegen die ehemalige Boxweltmeisterin Regina Halmich auf RTL: “Raabs Deutschland ist das Deutschland der Vergangenheit. Oder leider ein Deutschland, wie viele es noch immer pflegen: Eine Welt, in der Männer Frauen verprügeln, in der man ja wohl mal sagen darf, dass man sich gleich ‘die Fresse poliert’, allein zum ‘Essen und Saufen’ kommt, dass man auf das ‘Kampfschwein’ wartet, um der ‘Alten aufs Maul zu hauen’.”
TV-Moderator Andreas Türck hat einen neuen Job: Er wird künftig Handball-Übertragungen des Sport-Streaminganbieters Dyn moderieren. Die “Bild”-Medien berichten recht ausführlich über die Personalie, eine “richtig große Fernseh-Überraschung”. Bild.de auf der Startseite:
Seine Karriere wurde 2004 abrupt gestoppt. Grund: ein Gerichtsverfahren wegen Vergewaltigungs-Vorwürfen. Im September 2005 der Freispruch, den die Staatsanwaltschaft selbst beantragt hatte. Es gab große Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Opfers.
Trotzdem zog sich der Moderator aus der Öffentlichkeit zurück, moderierte erst wieder zwischen 2013 und 2017 auf Kabel Eins “Abenteuer Leben”.
Jetzt ist Türck als Sport-Moderator wieder da!
Aus unserer Sicht ist das eine etwas lückenhafte Darstellung – es gäbe da noch etwas zu ergänzen: die Rolle der “Bild”-Medien damals. Es sei eine “tendenziöse und vernichtende Berichterstattung der Boulevardpresse, allen voran ‘Bild’ und ‘Bild am Sonntag'”, gewesen, schrieb Sabine Sasse 2007 rückblickend. Wochenlang hatte die “Bild”-Redaktion sich an intimsten Details ergötzt und Andreas Türck vorverurteilt. Die Schlagzeilen aus dem August 2005, als der Prozess gegen Türck lief, lauteten beispielsweise “Die Sex-Akte Türck” und “Wird er böse, wenn Frauen nicht wollen?” und “Türck-Prozeß – Neue Sex-Enthüllung” und “Katharina (29) weinte gestern vor Gericht – So hat Türck mich vergewaltigt”. “Bild” habe einen “regelrechten Diffamierungsfeldzug gegen Türck” geführt, so Sasse.
Ein absoluter Tiefpunkt der Berichterstattung war ein Artikel, der unter der Überschrift “Hier steht Andreas Türck ein letztes Mal im Licht” in “Bild am Sonntag” erschienen ist. Autor Stefan Hauck schrieb darin über Türcks “erbärmliches Leben”: nur wenige Begabungen, Aktivitäten, die niemanden interessierten, und eigentlich schon längst “auf seinem Rückweg in die vorhersehbare Bedeutungslosigkeit”, der nur unterbrochen wurde, weil Türck “dann doch etwas Unvorhersehbares tat”. Dass Andreas Türck unschuldig war, zeichnete sich damals schon im Prozess deutlich ab.
So kommentierte auch Marion Horn, zu der Zeit Stellvertreterin von “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann und heute selbst “Bild”-Chefredakteurin, kurz vor Prozessende:
Von Anfang an war klar, daß die Staatsanwältin keinerlei Beweise hat. Von Anfang an war durch Gutachten bekannt, daß die Aussagen von Katharina B. nicht belastend sind.
Angesichts der Schlagzeilen und Artikel, die Horns Redaktion dennoch in den Wochen zuvor veröffentlicht hatte, klingt das wie blanker Hohn. Für Horn aber war alles “ein schmutziges Gerichtsspektakel”, inszeniert von der Justiz (die sicher ihren Anteil an dieser riesigen Schweinerei hatte). Es klingt, als wäre “Bild” regelrecht dazu gezwungen worden, einen Menschen fertigzumachen.
Auch nach dem Freispruch trampelten die “Bild”-Medien weiter auf Andreas Türck herum. Wegen des Prozesses landete er in einer “Bild”-Kolumne mit der Überschrift “Peinliche Promis”. In einem anderen Artikel stellte die Redaktion es so dar, als handele es sich nicht um einen “Freispruch erster Klasse”, weil die Tat bloß nicht mit Sicherheit hätte bewiesen werden können. “Bild” fragte süffisant: “Der schöne Andreas ist 1,93 Meter groß, sportlich, schlank, lächelt gern – aber für was soll er jetzt sein Gesicht ins Fernsehen halten?”
Dass die Antwort darauf nun lautet: Für Dyn, einen Streaminganbieter, der mehrheitlich dem Axel-Springer-Verlag gehört, ist eine späte Wendung, die etwas irre und auch ein bisschen traurig ist.
1. “Wir unterstützen die AfD mit allen Mitteln” (t-online.de, Jonas Mueller-Töwe & Lars Wienand)
Wie t-online.de berichtet, geht aus einem internen Kreml-Dokument hervor, dass Russland die AfD in Deutschland aktiv unterstützt habe, um gesellschaftliche Spannungen zu schüren und politische Ziele zu verfolgen. Die seit 2022 laufende sogenannte “Doppelgänger”-Kampagne verbreite systematisch pro-russische Propaganda über gefälschte Webseiten, die den Auftritten deutscher Medien ähneln sollen, und über Soziale Medien, um Stimmung gegen die Ukraine, die USA und die NATO zu machen. US-Behörden hätten das Netzwerk aufgedeckt und mehrere von Russland gesteuerte Webseiten beschlagnahmt.
Siehe dazu auch: Doppelgänger: USA beschlagnahmen Propaganda-Webseiten, die Deutschland im Visier hatten (correctiv.org, Max Bernhard & Alexej Hock & Sarah Thust) und Wie der Kreml rechte Influencer für sich eingespannt hat: “Sie haben Millionen Follower und sind im Netz wichtige Unterstützer von Donald Trump. Doch offenbar haben sie unwissentlich für ein Unternehmen gearbeitet, das zehn Millionen Dollar aus Russland erhielt.” (spiegel.de)
2. Jagd auf Umweltverbrecher (journalist.de, Sonja Peteranderl)
Sonja Peteranderl beschreibt die zunehmende Gefahr für Journalistinnen und Journalisten, die Umweltverbrechen wie illegalen Holzschlag, Wildtierhandel und Rohstoffausbeutung aufdecken. Solche Recherchen seien oft lebensgefährlich, vor allem in Regionen wie Lateinamerika und Asien, wo kriminelle Gruppen, Unternehmen und Regierungen involviert seien. Trotz der Gefahren sei Umweltjournalismus unverzichtbar, um Verbrechen sichtbar zu machen, die handelnden Personen zur Rechenschaft zu ziehen und den weltweiten Kampf gegen Umweltzerstörung und Klimawandel voranzutreiben.
3. FDP zu irrelevant, um eingeladen zu werden (lto.de)
Das Verwaltungsgericht Potsdam habe den Eilantrag der Brandenburger FDP abgelehnt, mit dem diese ihre Teilnahme an einer Wahlkampfsendung des RBB erzwingen wollte. Die Auswahlkriterien des öffentlich-rechtlichen Senders seien nachvollziehbar und es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Chancengleichheit. Die FDP habe ihre Nicht-Einladung als “Skandal” bezeichnet und prüfe weitere rechtliche Schritte.
4. Dutzende Fälle bildbasierter Gewalt pro Tag (netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Sebastian Meineck berichtet über die ersten Transparenzberichte der großen Pornoseiten “Pornhub”, “XVideos” und “Stripchat”, die durch neue EU-Gesetze dazu verpflichtet seien, Einblicke in gemeldete und gelöschte Inhalte zu geben. Die Berichte gäben zwar Auskunft darüber, dass täglich Dutzende Fälle bildbasierter Gewalt, beispielsweise “Rachepornos”, gemeldet würden, allerdings seine viele Löschungen pauschal unter vagen Kategorien wie “Verstoß gegen Richtlinien” zusammengefasst.
5. Vielleicht nicht wahr ist auch schon schlimm (zeit.de, Nicolas Kilian)
Der Artikel von Nicolas Kilian befasst sich mit der wachsenden Gefahr der Desinformation durch KI-generierte Bilder und Deepfakes, die immer schwerer von echten Bildern zu unterscheiden seien. Obwohl bisherige Studien zeigen würden, dass der Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf Wahlergebnisse noch begrenzt sei, warnt der Autor davor, dass die Technologie das Vertrauen in die Realität untergraben könnte.
6. Bastian Pastewka im Interview: “Ich persönlich schummle permanent vor der Kamera” (wunschliste.de, Glenn Riedmeier)
Im Interview mit “TV Wunschliste” spricht Schauspieler Bastian Pastewka über seine aktuellen Projekte, darunter der ZDF-Film “Alles gelogen” und die Serie “Perfekt verpasst” mit Anke Engelke. Er beschreibt, wie das Lügen im Showbusiness oft zum Beruf gehöre, gibt humorvolle Einblicke in seine eigene Schauspielpraxis und verrät, wo er im deutschen Fernsehen noch Verbesserungsbedarf sieht: “Ich würde mir wünschen, dass diese vielen Nebenkanäle, also ZDFneo, One, Sat.1 Gold oder RTLup, nicht immer nur das Gleiche im Kreis wiederholen, sondern sich wirklich als eigenständige Sender begreifen und Inhalte schaffen, die so gut sind, dass man sie möglicherweise auf diesen Kanälen gar nicht mehr vermutet, die man aber im Streaming oder in den Mediatheken für sich entdecken kann.”
1. Medien wollen sich in AfD-Wahlparty einklagen (faz.net)
Die AfD in Thüringen verwehrt mehreren Medien den Zugang zu einer Wahlkampfveranstaltung. “Spiegel”, “Welt”, “Bild” und “taz” wollen dies nicht hinnehmen und nun gerichtlich erreichen, dass ihre Journalistinnen und Journalisten die Veranstaltung besuchen können. Sie sehen sich in ihrer Pressefreiheit eingeschränkt. Die AfD verteidigt den Ausschluss mit Platzmangel und Sicherheitsbedenken und erwägt, die Veranstaltung abzusagen, sollte sie “gezwungen” werden, mehr Medienschaffende zuzulassen. Es ist nicht das erste Mal, dass Gerichte über den Ausschluss von Journalistinnen und Journalisten von AfD-Veranstaltungen entscheiden müssen. Die “taz” teilt dazu in einer Pressemitteilung mit: “Kritischer Journalismus wird von der AfD seit langem regelmäßig behindert. Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir die Rechtslage für künftige Fälle klären lassen und gegen diese Form der Einschränkung der Pressefreiheit vorgehen.”
2. Entscheidend wird die Prägung (lto.de, Felix W. Zimmermann)
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das “Compact”-Magazin vorerst weiter erscheinen darf, obwohl es eine verfassungsfeindliche Ideologie vertrete. Für Felix W. Zimmermann zeigt der Beschluss, dass für ein endgültiges Verbot die Frage der “Prägung” durch verfassungsfeindliche Inhalte entscheidend ist. Das Hauptverfahren werde bereits im Februar 2025 stattfinden, was die Hoffnung des “Compact”-Chefredakteurs auf eine längere Ruhephase zunichtemachen könnte.
Weiterer Lesetipp: Die Zweifel der Richter:innen (taz.de, Christian Rath).
3. Moderator und Schauspieler Louis Klamroth (n-joy.de, Norbert Grundei, Audio: 34:14 Minuten)
Der Podcast “Die Idee” wird moderiert von Norbert Grundei, Leiter der Abteilung Innovation, Produktentwicklung und Content Portfolio beim NDR. In der aktuellen Folge ist Louis Klamroth zu Gast, der als Moderator und Produzent arbeitet. Grundei fragt Klamroth unter anderem, was dieser eigentlich in den Tagen zwischen den wöchentlichen Ausgaben des von ihm moderierten Politiktalks “Hart aber fair” mache. Spoiler: erstaunlich viel.
4. Bildsprache bei Zeitschrift “test”: Stereotype vermeiden! (genderleicht.de, Christine Olderdissen)
Christine Olderdissen spricht mit der Bildredakteurin Laura Schierholz und dem stellvertretenden Chefredakteur Werner Hinzpeter von “test” über die Bildsprache der Zeitschrift, die von der Verbraucherschutzorganisation Stiftung Warentest herausgegeben wird. In dem Interview geht es unter anderem um die Frage, wie die Redaktion bei der Bebilderung von Produkttests auf Vielfalt achtet und versucht, Geschlechterstereotype zu vermeiden. Schierholz und Hinzpeter betonen die Herausforderungen bei der Verwendung von Stockfotos und erzählen, wie sie versuchen, durch eigene Fotoproduktionen eine vielfältigere und inklusivere Darstellung zu erreichen.
5. So reagiert die Branche (boersenblatt.net, Christina Schulte)
Wie gestern in den “6 vor 9” zu lesen war, stellt der Buchhändler und einstige Branchenriese Weltbild seinen Geschäftsbetrieb zum 31. August 2024 endgültig ein. Christina Schulte hat sich bei Zwischenbuchhandel, Logistikdienstleistern und Verlagen nach den Auswirkungen erkundigt. Es würden teilweise hohe Ausfälle drohen.
Weiterer Lesetipp: Weltbild-Pleite und Tolino: So sichern Sie Ihre E-Books vor dem endgültigen Verlust (literaturcafe.de).
6. Landtagswahlen: Erfundene Aussage von Olaf Scholz über Ostdeutschland und die Mauer (correctiv.org, Viktor Marinov)
Auf Tiktok zirkuliere ein hunderttausendfach aufgerufenes Video, in dem Bundeskanzler Olaf Scholz angeblich den Wiederaufbau der Berliner Mauer sowie eine Steuer für Westdeutsche zur Finanzierung des Vorhabens fordere. “Correctiv” ist der Sache nachgegangen. Das Zitat sei (natürlich) frei erfunden und ziele offenbar darauf ab, kurz vor den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern negative Stimmung gegen Scholz und die Bundesregierung zu erzeugen.
7. Verwaltungsgericht verpflichtet MDR zur Ausstrahlung eines umstrittenen Wahlwerbespots von “Die PARTEI” (radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:12 Minuten)
In eigener Sache und deshalb als siebter und zusätzlicher Link: Das Verwaltungsgericht Leipzig hat den MDR zur Ausstrahlung eines umstrittenen Wahlwerbespots der Satirepartei Die Partei verpflichtet. Der öffentlich-rechtliche Sender hat dem widersprochen. Die Entscheidung darüber wird am heutigen Vormittag erwartet. radioeins hat mich nach einer Einordnung gefragt: “Das Verwaltungsgericht Leipzig hat uns daran erinnert, dass Meinungsfreiheit auch bedeutet, Unbequemes auszuhalten.”
In Göteborg sitzt ein Mann aus Berlin in Untersuchungshaft, er steht unter Mordverdacht. Der 64-Jährige hat gemeinsam mit einem 71-jährigen Bekannten an einer Regatta in Norwegen teilgenommen. Er wird verdächtigt, seinen Segelkollegen auf dem Weg zurück nach Deutschland getötet zu haben. Der 71-Jährige wurde vor der Westküste Schwedens aus dem Meer geborgen und später für tot erklärt. Die schwedische Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann, der in Untersuchungshaft sitzt, die Tat begangen habe. Die Gründe für diese Annahme nennt sie bislang allerdings nicht, auch keine Details zum Vorfall auf dem Segelboot oder zur genauen Todesursache. Der Anwalt des Tatverdächtigen sagt, dass sein Mandant den Vorwurf bestreite.
In solchen Fällen spielt die Unschuldsvermutung eine wichtige Rolle.
In Artikel 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heißt es beispielsweise:
Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig.
Oder in Artikel 11 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (PDF):
Jeder, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, hat das Recht, als unschuldig zu gelten, solange seine Schuld nicht in einem öffentlichen Verfahren, in dem er alle für seine Verteidigung notwendigen Garantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.
Bei “Bild” sieht die Unschuldsvermutung so aus:
In ihrer Überschrift hat die Redaktion keinen Platz für rechtsstaatliche Grundprinzipien. Dabei schreibt sie selbst im ersten Satz des Artikels:
Was sich auf dem Segelboot von zwei deutschen Touristen genau abgespielt hat, ist bislang nicht klar.
In einem weiteren Artikel zum selben Fall (Einleitungssatz: “Es bleibt mysteriös”) bietet “Bild” übrigens einen interessanten Einblick in die eigene Arbeitsweise – Angehörige behelligen:
Als BILD am Haus des mutmaßlichen Mörders [A.] in einer beschaulichen Villengegend in Berlin-Zehlendorf klingeln möchte, verabschiedet die Frau gerade einen Bediensteten und sagt: “Bete für [A.], dass er schnell wieder nach Hause kommt.” Offenbar ist sie von seiner Unschuld überzeugt. Gegenüber BILD will sie die Vorwürfe nicht kommentieren, sagt nur vielsagend: “Können Sie sich das nicht vorstellen?”
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Hier im BILDblog war es – abgesehen von den “6 vor 9” – lange Zeit sehr ruhig, was unter anderem leider auch immer noch hiermit zu tun hat. Doch das soll sich nun ändern: Es soll wieder mehr und regelmäßig gebloggt werden.
1. Das Aushöhlen von Grundrechten nutzt am Ende nicht der Demokratie, sondern ihren Feinden (uebermedien.de, Andrej Reisin)
Andrej Reisin hat sich umgesehen, wie Medienschaffende und Rechtsexperten auf das Verbot des rechtsextremen Magazins “Compact” reagieren. In seinem Fazit kritisiert er Innenministerin Nancy Faeser: “Es scheint ihr nicht aufzugehen, dass die Präzedenzfälle, die sie schafft, dereinst anderen für ihre Zwecke dienen könnten. Grundrechte auszuhöhlen wird am Ende sicher nicht der liberalen Demokratie nutzen, sondern ihren Feinden.”
2. Die “Bild” und das Bibi-Blatt (taz.de, Leon Holly)
“Die ‘Bild’ will künftig mit der rechten Zeitung ‘Israel Hayom’ zusammenarbeiten. Sie ist in Israel für ihren Kuschelkurs mit Premier Netanjahu bekannt.” Leon Holly erläutert die Hintergründe der Kooperation zwischen dem deutschen Boulevardblatt und der rechtsgerichteten israelischen Tageszeitung, die eine entscheidende Rolle bei der Wiederwahl Netanjahus 2009 und seinem langen Verbleib im Amt gespielt habe.
3. 64 Seiten Verantwortung: MDR stellt Sendekonzepte für Landtagswahlen vor (flurfunk-dresden.de, Joachim Huber)
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) habe detaillierte Konzepte für die Berichterstattung zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September dieses Jahres vorgelegt, die insgesamt 64 Seiten umfassen. Joachim Huber bewertet die Initiative des Senders positiv. Es brauche “ein Gegenmittel, gegen die allfällige Verteufelung eines an Genauigkeit, Transparenz und Ausgewogenheit orientierten Denkens und Handelns. Die Wahlkonzepte des MDR sind ein Ausdruck für dieses Gegenmittel. Bravo!”
4. “Strategie, die keine ist”: HR-Mitarbeiter kritisieren Radio-Pläne (dwdl.de, Alexander Krei)
Wie “DWDL” berichtet, haben mehr als 270 HR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter einen offenen Brief an Intendant Florian Hager unterzeichnet, in dem sie die neue Hörfunkstrategie und deren Kommunikation scharf kritisieren. Die Gewerkschaften DJV, Verdi und Unisono hätten Bedenken gegenüber der angekündigten Neuausrichtung, die aus ihrer Sicht nur Perspektivlosigkeit und personelle Konsequenzen, insbesondere für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit sich bringe.
5. Zypern – Journalismus im Zeichen eines gespaltenen Landes (de.ejo-online.eu, Judith Odenthal)
Judith Odenthal beschreibt die Auswirkungen des Zypernkonflikts auf Gesellschaft und Medien der seit 1974 in einen türkisch besetzten Norden und einen griechisch dominierten Süden geteilten Insel. Zypriotische Journalistinnen und Journalisten verstünden sich als Informationsvermittler und “Watchdogs”, seien aber häufig zur Selbstzensur gezwungen und hätten mit schwierigen Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
6. Medienkonsum Zweieinhalbjähriger ist zu hoch (persoenlich.com)
Eine Langzeitstudie der Brigham Young University zeige, dass exzessiver Medienkonsum bei Kindern bereits im Alter von zweieinhalb Jahren zu langfristigen sozialen und emotionalen Problemen führe. Kinder, die früh eine problematische Mediennutzung entwickeln, würden im Alter von fünfeinhalb Jahren vermehrt Ängste, Depressionen und aggressives Verhalten aufweisen.
1. Kriegsverbrechen: RSF stellt dritte Strafanzeige (reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RoG) hat beim Internationalen Strafgerichtshof zum dritten Mal Strafanzeige wegen israelischer Kriegsverbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten eingereicht. “Wer die Medien ins Visier nimmt, verletzt das Recht der Öffentlichkeit auf Informationsfreiheit, das in Kriegszeiten so wichtig ist”, so Anja Osterhaus, RoG-Geschäftsführerin für Politik und Strategie: “Gezielte Angriffe auf Journalistinnen und Reporter dürfen nicht straffrei bleiben!”
2. “Bild” findet Wellengenerator für Wasserstandsmeldungen (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier schreibt über die irreführende “Bild”-Berichterstattung, die aus minimalen Veränderungen von Umfragewerten große Schlagzeilen macht. “Bild” behaupte auf Basis der wöchentlichen Insa-Prognose einen drastischen Verlust der AfD bei den Direktmandaten, obwohl die aktuelle Umfrage kaum Bewegung zeige. Niggemeier kritisiert die Art und Weise, wie kleine prozentuale Veränderungen durch ein undurchsichtiges Rechenmodell überdramatisiert und als signifikante politische Veränderungen dargestellt würden.
3. Mindestkonsens oder Overblocking? Wie berechtigt ist die Kritik am European Media Freedom Act? (de.ejo-online.eu, Torben Kassler)
Torben Kassler hat sich mit dem Medienrechtsexperten Niklas E. Kastor über die Kritik am European Media Freedom Act (EMFA) unterhalten. Kastor befürwortet eine EU-weite Medienregulierung. Der EMFA sei jedoch kein Allheilmittel gegen antidemokratische Tendenzen, seine Wirksamkeit hänge von der praktischen Umsetzung und Durchsetzung ab.
4. MDR-Moderator Steffen Quasebarth wechselt in die Politik (dwdl.de, Uwe Mantel)
Wie “DWDL” berichtet, verlässt Steffen Quasebarth, 32 Jahre lang Moderator des MDR-Ländermagazins für Thüringen, den öffentlich-rechtlichen Sender und wechselt in die Politik. Er wolle bei der kommenden Landtagswahl in Thüringen für das Bündnis Sahra Wagenknecht kandidieren. Kollegen und Führungskräfte des MDR hätten Quasebarth für dessen Professionalität, Menschlichkeit und langjährigen Verdienste gewürdigt.
Weiterer Lesetipp: Im Interview mit dem “Stern” spricht Quasebarth über den Wechsel: Vom MDR zu Wagenknecht: Warum ein TV-Moderator in die Politik geht (stern.de, Martin Debes).
5. Achtung: Werbung? Und mediale Parallelwelten im Iran (wdr.de, Sebastian Sonntag, Audio: 41:31 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin “Töne, Texte, Bilder” geht es um verschiedene Themen: die Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt, mediale Parallelwelten im Iran, geklonte KI-Stimmen und das Verfassen von Filmkritiken. In der “Medienschelte” kritisiert Tom Beinlich den medialen Umgang mit dem Grundgesetz-Jubiläum.
6. Sylt: Wie ein Partysong zum rassistischen Meme geworden ist (belltower.news, Robert Lüdecke)
“AfD, Neonazis und Co haben es geschafft, ‘L’amour toujours’ von Gigi D’Agostino zum rechtsextremen Meme zu machen. Nicht nur auf Sylt.” Robert Lüdecke fasst die Entwicklung des gekaperten und missbrauchten Songs zusammen, die zeige, wie tief Rassismus in allen Gesellschaftsschichten verankert sei, und wie Musik als Mittel zur Verbreitung rechtsextremer Botschaften genutzt werde.
1. Björn Höcke, Maximilian Krah & Co: Scheitern Medien an der AfD? (ndr.de, Nils Altland & Mandy Mülling, Video: 35:51 Minuten)
In diesem Jahr stehen einige Wahlen an. Wahlen, bei denen die AfD eine wichtige Rolle spielen könnte. Doch die Berichterstattung über eine pressefeindliche Partei ist nicht einfach. Das Medienmagazin “Zapp” hat einige Journalisten nach ihren Erfahrungen mit der AfD gefragt, darunter “Correctiv”-Reporter Marcus Bensmann, Youtuber Tilo Jung, Peter Hagen von der “Ostthüringer Zeitung”, Henry Bernhard vom Deutschlandfunk-Landesstudio Thüringen sowie Politikberater Johannes Hillje.
2. Die mit Worten zur Gewalt aufwiegeln (deutschlandfunk.de, Marina Weisband)
Marina Weisband kritisiert in ihrer Deutschlandfunk-Kolumne den Umgang von Medien mit der AfD: “Natürlich schürt die AfD mit ihren generellen Anti-Ampel-Parolen den Eindruck, dass die Regierungsparteien das Land in Elend stürzen und dem Zuhörer persönlich etwas wegnehmen wollen. Aber muss man sie dann in alle Sendungen einladen, damit sie genau diese Nachricht verbreiten können? So trägt man zu stochastischem Terrorismus bei. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch das persönlich nimmt und dagegen ‘handeln’ will, steigt mit jeder Talkshow.”
3. Der Osten braucht einen starken MDR (verdi.de)
Aus Sicht der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) stellen die beim MDR angekündigten Kürzungspläne “eine Gefahr für die Sicherheit von Arbeitsplätzen und die Demokratie in den betreffenden Bundesländern dar”. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll klagt: “In Ostdeutschland gibt es kaum noch eine kritische Medienlandschaft, vielerorts nicht einmal mehr Tageszeitungen – der öffentlich-rechtliche Rundfunk füllt hier wichtige Löcher. Und angesichts der starken Zustimmungswerte für nicht-demokratische Parteien in der Region ist ein starker MDR wichtiger denn je.”
4. Nach 20 Jahren: AstroTV wird Ende 2024 eingestellt (dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Timo Niemeier bei “DWDL” berichtet, stellt der umstrittene Esoteriksender AstroTV nach zwei Jahrzehnten die Glaskugel zur Seite und den Betrieb ein. Grund sei eine “strategische Neuausrichtung”. Der Sender hatte in der Vergangenheit immer wieder für Kopfschütteln, Kritik und Kontroversen gesorgt.
5. Ein gutes Team für professionelle Podcasts: Audacity und Auphonic (fachjournalist.de, Brigitte Hagedorn)
Immer mehr Medienschaffende podcasten oder liebäugeln mit diesem Medium. Für den “Fachjournalist” hat Brigitte Hagedorn eine Übersicht mit nützlichen Tools zusammengestellt, die bei der Audiobearbeitung Zeit und Nerven sparen können. Dazu gehören die kostenlose Schnittsoftware Audacity und der Webservice Auphonic, mit dem man die Qualität der Aufnahmen auf Knopfdruck deutlich verbessern könne.
6. Der Mann, der uns vor der Super-KI schützen wollte (zeit.de, Titus Blome)
“Der OpenAI-Mitgründer Ilya Sutskever verlässt die Firma. Er gilt als einer der wohl letzten Vertreter der ursprünglichen Vision von OpenAI: Idealismus statt Kommerz.” Bei “Zeit Online” erklärt Titus Blome, warum der Weggang von Sutskever weitaus mehr als eine bloße Personalie ist.
7. KI-Innovationen: Ein Grund zum Feiern oder macht uns Künstliche Intelligenz langfristig überflüssig? (radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:34 Minuten)
Und als zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator die angekündigten Neuerungen bei ChatGPT: “GPT-4o und ähnliche Systeme werden unsere Welt auf eine Weise verändern, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Wir sollten die Technologie weder verteufeln noch verherrlichen. Aber wir müssen die Entwicklung in die richtigen Bahnen lenken. Dazu brauchen wir einen breiten gesellschaftlichen Dialog, klare ethische Leitlinien und Regeln für einen verantwortungsvollen Umgang.”
1. Feindbild Journalist:in 8: Angst vor der Selbstzensur (ecpmf.eu)
Die Studie “Feindbild Journalist:in 8” (PDF) beleuchtet die Zunahme tätlicher Angriffe auf Journalisten und Journalistinnen in Deutschland. Trotz des Rückgangs der “Querdenker”-Bewegung bleibe die Aggressivität gegenüber Medien und deren Vertreterinnen und Vertretern hoch. Die Studie unterstreicht auch die ernsthafte Besorgnis über die Selbstzensur unter Medienschaffenden im Lokaljournalismus in Sachsen, die aus Angst vor rechten Gruppen bestimmte Themen vermeiden würden.
2. Neuer Wahlkampf, alte Fehler (deutschlandfunk.de, Yaena Kwon, Audio: 6:07 Minuten)
Der Deutschlandfunk thematisiert die anhaltende Dominanz Donald Trumps in der US-amerikanischen Berichterstattung während des laufenden Wahlkampfes zur Präsidentschaftswahl im November dieses Jahres. Trotz der Versprechen vieler Medien, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, erhalte Trump weiterhin unverhältnismäßig viel mediale Aufmerksamkeit. Dies werde von Kritikern als problematisch angesehen, da es Trumps Präsenz und dessen populistische Botschaften verstärke.
3. Aktionstag für faire Einkommen (djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Journalistinnen und Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender und der Deutschen Welle für den heutigen Dienstag zu einem “Aktionstag für faire Einkommen” aufgerufen: “Wir müssen den Tarifverantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Anstalten klar machen, dass die Beschäftigten ein Anrecht auf eine angemessene Bezahlung haben”, sagt der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Der DJV-Forderung nach 10,5 Prozent mehr Einkommen stehe ein Angebot der Arbeitgeberseite von unter zwei Prozent gegenüber. Das sei “blanker Hohn”, so Beuster.
4. Galerist Johann König scheitert mit Beschwerde gegen »Zeit«-Recherche (spiegel.de, Anton Rainer)
Der bekannte Berliner Galerist Johann König sieht sich seit einer Enthüllung der “Zeit” im August 2022 schweren Vorwürfen ausgesetzt. Die Redaktion hatte berichtet, König habe Frauen bedrängt und belästigt, unter anderem mit unerwünschten Küssen und Berührungen. König habe die Vorwürfe allesamt vehement zurückgewiesen und unter anderem Beschwerde beim Deutschen Presserat eingelegt. Diese wurde nach Informationen des “Spiegel” vom Presserat jedoch zurückgewiesen.
5. Echte Menschen in Film und Fernsehen (verdi.de, Wilfried Urbe)
Wilfried Urbe thematisiert die fortschreitende Integration Künstlicher Intelligenz (KI) in die Medienbranche, die gerade auf der TV- und Streaming-Messe MIPTV in Cannes zu beobachten ist. Ein niederländisches Unternehmen habe beispielsweise eine neue Software vorgestellt, die künstlich generierte Sprachen fast so gut wie menschliche Synchronsprecher umsetzen könne. Ein weiteres Beispiel sei der Einsatz von KI in Deutschland, wo die Stimme des verstorbenen Schauspielers Hans Clarin künstlich reproduziert wurde, um der Figur des Pumuckl neues Leben einzuhauchen.
6. “Wieder kälter”: Was hinter der “Tagesschau”-Eilmeldung steckt (dwdl.de, Uwe Mantel)
Am Montagabend wurden viele Menschen von einer irritierenden Eilmeldung überrascht: Die “Tagesschau” hatte eine Push-Nachricht auf ihre Handys gesendet mit der Mitteilung “Es ist wieder kälter geworden”. Die Erklärung für den Vorfall war ein menschliches Versehen: “Wir hatten in der Redaktion vom Team bei tagesschau.de eine Schulung. Uns ist im System ein Fehler passiert und dabei ist eine Eilmeldung verschickt worden. Wir bitten um Entschuldigung.”
In den frühen Morgenstunden des vergangenen Donnerstags wurde bekannt, dass der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger im Alter von 100 Jahren gestorben war. 100 Jahre – da waren viele Nachrufe natürlich schon lange vorbereitet und konnten entsprechend schnell veröffentlicht werden.
Die “New York Times” entschied sich für eine schlichte Überschrift und einen differenzierenden Vorspann:
Henry Kissinger ist tot mit 100 Jahren;
Prägte die Geschichte der Nation im Kalten Krieg
Als mächtigster Außenminister der Nachkriegszeit wurde er sowohl gefeiert als auch geschmäht. Sein kompliziertes Erbe wirkt noch immer nach in den Beziehungen zu China, Russland und dem Nahen Osten.
(Übersetzung von uns)
Der Text, für dessen Lektüre die Redaktion selbst 38 Minuten kalkuliert (die vorgelesene Version beansprucht eine Stunde und 14 Minuten), und dessen Co-Autor selbst bereits seit 13 Jahren tot ist, erinnert an die Höhe- und Tiefpunkte von Kissingers Außenpolitik: Den Rückzug der US-Truppen aus Vietnam, als nun wirklich gar nichts mehr zu holen war; die Flächenbombardements von Kambodscha, die von vielen als Bruch des Völkerrechts angesehen werden; seine Rolle beim Militärputsch in Chile 1973.
Zu den Kritikern Kissingers, die zu Wort kommen, zählt unter anderem der frühere US-Präsident Barack Obama, der mit den Worten zitiert wird, er sei zu seiner Amtszeit, Jahrzehnte nach Kissingers aktiver Polit-Karriere, immer noch damit beschäftigt gewesen, Ländern zu helfen, Bomben zu entfernen, die immer noch die Beine kleiner Kinder abrissen.
Die “Washington Post” wählte einen etwas neutraleren – man könnte sagen: defensiveren – Angang und schrieb in ihrem Vorspann lediglich, Kissinger sei “auch das Ziel unerbittlicher Kritiker” gewesen, “die ihn für prinzipienlos und amoralisch hielten”.
Henry Kissinger, der die US-Außenpolitik während des Vietnam-Krieges und des Kalten Krieges mitgestaltete, stirbt im Alter von 100 Jahren
Der in Deutschland geborene Akademiker war für kriegsmüde Amerikaner ein Held, doch viele machten ihn für Brutalitäten im Ausland verantwortlich
(Übersetzung von uns)
Besondere Aufmerksamkeit erlangte der Nachruf der US-Ausgabe des “Rolling-Stone”-Magazins, dessen Dachzeile “Good Riddance” (“Auf Nimmerwiedersehen”) noch der freundlichste Aspekt war:
AUF NIMMERWIEDERSEHEN
Henry Kissinger, der von der herrschenden Klasse Amerikas geliebte Kriegsverbrecher, stirbt endlich
Die Niedertracht von Nixons außenpolitischem Architekten steht auf ewig neben der der schlimmsten Massenmörder der Geschichte. Eine tiefere Schande haftet dem Land an, das ihn feiert.
(Übersetzung von uns)
Einen etwas anderen Ansatz wählte die “Bild”-Redaktion am vergangenen Freitag, beinahe ganzseitig in der gedruckten Ausgabe:
In dem Text taucht das Wort “Vietnam” genau einmal auf (“Dafür erhielt Henry Kissinger den Friedensnobelpreis”), “Kambodscha” oder “Chile” gar nicht. Dafür widmet sich Autor Hans-Jörg Vehlewald ausführlich Kissingers Ehe mit Nancy und dessen Ruf.
Dass Kissinger von “Bild” und dem Axel-Springer-Verlag nach seinem Tod gänzlich unkritisch verabschiedet wird, überrascht nicht: Zu Lebzeiten wurde der gebürtige Fürther und mutmaßliche Kriegsverbrecher vom Haus und dessen Blättern hofiert wie sonst allenfalls noch Helmut Kohl und Vicky Leandros.
Für die Springer-Medien hatte Kissinger zwei große Vorteile: Er konnte zur Untermauerung der wesentlichen weltpolitischen Ansichten des Verlags und dessen Gründers Axel Cäsar Springer (Transatlantizismus, Anti-Kommunismus) herangezogen werden – und ließ sich mit zunehmendem Alter immer lieber darauf ein.
Noch im Oktober dieses Jahres traf Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, Kissinger zu einem Gespräch, was dessen “letztes großes Interview” werden sollte und von den Springer-Medien auf allen Kanälen breit präsentiert wurde. Kissinger sagte dabei praktischerweise jede Menge Sachen, die wohl auch viele Leser und Leserinnen von “Bild” und “Welt” jederzeit unterschreiben würden: “Der Grund, weshalb Deutschland in Misskredit geraten ist, liegt fast ein Jahrhundert zurück. Und man kann von einer Nation nicht verlangen, einen Preis für die Taten ihrer Vorväter zu zahlen.” Oder, ebenfalls über Deutschland: “Es war ein schwerer Fehler, so viele Menschen mit völlig unterschiedlichen kulturellen und religiösen Vorstellungen ins Land zu lassen, denn dadurch entsteht in jedem Land eine Interessengruppe, die Druck ausübt.”
Es erscheint nicht völlig abwegig, dass Axel Springer selbst vor seinem Tod verfügte, Kissinger Zeit dessen Lebens mindestens wie einen Popstar der Weltpolitik zu feiern – aber womöglich hätten es die Reporter, Chefredakteure und Vorstandsvorsitzenden seines Verlags auch ganz aus eigenem Antrieb getan, wie ein Blick ins Archiv zeigt.
Die folgende Auflistung ist naturgemäß unvollständig und konzentriert sich nur auf ausgewählte Auftritte Kissingers in den “Bild”-Medien:
11. Januar 1985:
In einer Folge des “Denver Clan” treten Hollywood-Star Cary Grant, Ex-US-Präsident Gerald Ford und dessen Ehefrau Betty als Komparsen auf. Und noch jemand:
24. September 1985:
“Bild”-Verleger Axel Cäsar Springer stirbt mit 73 Jahren. Neben salbungsvollen Worten des amtierenden Bundeskanzlers Helmut Kohl, des amtierenden Außenministers Hans-Dietrich Genscher, des amtierenden israelischen Ministerpräsidenten Shimon Peres, des amtierenden bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt und des ehemaligen Box-Weltmeisters Max Schmeling sowie Zitaten aus internationalen Nachrufen bringt “Bild” auch Fotos aus dem Leben des eigenen obersten Chefs.
Darunter eines, das die Zeitung so beschreibt:
Freundschaftlich legt Springer seine Hand auf die Schulter des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger, der am 15. Juni 1980 ins Berliner Verlagshaus kam. “Die Amerikaner verkörpern die größte Hoffnung der Welt auf eine glückliche Zukunft”, sagte Springer.
14. Juni 1994:
“4 Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit” fragt “Bild” in Person ihres damaligen Mitarbeiters, des späteren Regierungssprechers und noch späteren stellvertretenden Chefredakteurs Béla Anda:
11. Dezember 1994:
“Bild” begleitet den seit Mitte des Jahres ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum Brötchenholen. Dabei geraten Krümel von überraschender Kritik in den Artikel: “Im Gegensatz zu Altpolitikern wie Helmut Schmidt oder Henry Kissinger nimmt Richard von Weizsäcker kein Geld für seine Auftritte.”
5. Januar 1999:
“Bild” berichtet über die anstehende Feier anlässlich des 80. Geburtstags von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt im Hamburger Thalia-Theater. Unter den Prominenten, die sich angekündigt haben, sind Bundespräsident Roman Herzog, Bundeskanzler Gerhard Schröder, Volksschauspielerin Heidi Kabel – und Henry Kissinger.
19. Juli 1999:
John F. Kennedy jr., Sohn des früheren US-Präsidenten, kommt bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. “Bild” listet die Schicksalsschläge auf, die der Kennedy-Clan erdulden musste, und präsentiert einen nur wenig überraschenden Kronzeugen:
Amerikas langjähriger Außenminister Henry Kissinger gestern im TV: “Es ist, als wolle Gott diese Familie bestrafen.”
31. März 2000:
Bundespräsident Johannes Rau stürzt unglücklich über ein Lampenkabel und zieht sich dabei Schnittwunden zu. Rau sagte alle Termine für die nächsten beiden Tage ab, “auch ein Treffen mit dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger.”
28. August 2000:
Für die deutsche Fußballnationalmannschaft der Herren steht ein Länderspiel in Hamburg an. Weil die Mannschaft im “Waldhaus” in Reinbek absteigt, porträtiert “Bild” ausführlichst das Hotel und dessen Betreiber.
Der Auszug aus der Gästeliste: Muhammed Ali, Henry Kissinger, Ivana Trump, Gudrun Landgrebe.
12. März 2001:
FIAT-Ehrenpräsident Giovanni Agnelli wird 80:
Er feiert in Paris; Henry Kissinger und Michel Platini gehören zu den wenigen Gästen.
8. Mai 2001:
Etwas überraschend ernennt “Bild” Kissinger auf der Titelseite zum “Verlierer des Tages”. Aber auch nur so ein bisschen:
War Henry Kissinger (77), Friedens-Nobelpreisträger, ein Kriegsverbrecher? Das behauptet das “Enthüllungsbuch” “Der Prozess gegen Henry Kissinger”. Die Anklage: Kambodscha-Bomben, Allende-Attentat etc, etc. Es sind die langen Schatten eines Weltpolitikers. Die Wahrheit ist grau.
23. Mai 2001:
Der ungarische Schriftsteller György Konrád bekommt den Aachener Karlspreis überreicht – natürlich ist er nicht der Erste:
Berühmte Preisträger: König Juan Carlos I. von Spanien, Henry Kissinger, Helmut Kohl gemeinsam mit François Mitterrand – 1986 erhielt den Karlspreis das luxemburgische Volk.
10. Juli 2001:
Hannelore, die Ehefrau von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl, ist tot:
Altkanzler Helmut Kohl hat verzweifelt gegen die immer schlimmer werdende Lichtallergie seiner Ehefrau Hannelore (†) angekämpft! Jahrelang bemühte er sich um Kontakte zu den besten Medizinern in Deutschland und Österreich. Um seiner Frau zu helfen, schaltete Kohl sogar Ex-US-Außenminister Henry Kissinger ein! Vor drei Wochen noch flog Kohl nach New York, suchte nach US-Spezialisten, die die Lichtallergie mit ganz neuen Therapien hätten bekämpfen können.
Ein willkommener Anlass für “Bild”, um mal wieder ein Interview mit Kissinger zu führen.
10. September 2001:
In Berlin wird das Jüdische Museum eröffnet. “850 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Show-Business waren geladen.” Der einzige Gast, den “Bild” mit einem O-Ton zitiert: Henry Kissinger.
13. September 2001:
Der 11. September. Naheliegende Frage:
4. Oktober 2001:
“Bild” zeigt ein Foto, auf dem New Yorks Bürgermeister Rudy Giuliani Ex-US-Außenminister Henry Kissinger und dessen Berater Alan Batkin “Ground Zero” zeigt.
24. Januar 2002:
Die US-Regierung erwägt eine Invasion des Irak, weil sie dort Massenvernichtungswaffen vermutet (die nie gefunden wurden).
Ex-US-Außenminister Henry Kissinger plädiert – wie Rumsfeld und US-Vizepräsident Cheney – für einen schnellen Schlag gegen Irak. Kissinger in der WELT am SONNTAG: “Ein militärisches Vorgehen gegen Saddam darf sich nicht lange hinziehen.”
17. März 2002:
Bundespräsident Rau gibt für den ehemaligen Bundesminister für besondere Aufgaben, Egon Bahr, ein Essen im Schloss Bellevue:
Der Grund: Morgen feiert Bahr seinen 80. Geburtstag und bekommt außerdem die Berliner Ehrenbürgerwürde. Besonderer Gast beim Dinner in Berlin ist Ex-US-Außenminister Henry Kissinger!
2. November 2002:
“Bild”-Kolumnist Claus Jacobi hadert mit der Haltung der Bundesregierung, die bei einem möglichen Irak-Krieg nicht mitmachen möchte, und präsentiert einen erwartbaren Kronzeugen:
Genau 40 Jahre ist das nun her, 40 Jahre von Adenauer bis Schröder, in denen ein wiedervereinigtes Deutschland entstand, dem Henry Kissinger letzte Woche “pazifistisch-nationalistische” Wesenszüge bescheinigte.
15. Dezember 2002:
Nebulöse kleine Meldung auf der “Bild”-Titelseite:
Kissinger zurückgetreten
Washington – Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger ist als Leiter der Untersuchungskommission zu möglichen Geheimdienstpannen vor den Terroranschlägen vom 11. September zurückgetreten. Kissinger erklärte, er wolle vermeiden, dass es wegen seiner Geschäftsbeziehungen zu einem Konflikt komme.
11. April 2003:
Die Concorde wird eingemottet! “Bild” erinnert standesgemäß an das Überschall-Flugzeug:
Man traf Musikgenie Rostropowitsch, der einen Platz für sein Cello reservierte – oder Henry Kissinger.
20. Juni 2004:
“Bild am Sonntag” zu Gast beim ehemaligen DFB-Präsidenten Egidius Braun:
Als BILD am SONNTAG den ehemaligen DFB-Präsidenten besucht, ist gerade ein ganz privater Brief vom ehemaligen US-Außenminister Kissinger eingetroffen
17. Juli 2004:
Claus Jacobi kann in seiner Kolumne mit einer ganz scharfen Enthüllung aufwarten:
Aus kürzlich in Washington veröffentlichen Protokollen der siebziger Jahre geht hervor, dass der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger den Vertrauten Willy Brandts, Egon Bahr, als “Reptil” bezeichnet hat.
28. August 2004:
Claus Jacobi kolumniert:
Die zwei rätselhaften Flugzeugabstürze über Russland haben uns einmal mehr die Zwickmühle aufgezeigt, in der wir laut Henry Kissinger im Kampf gegen den Terror stecken: Terroristen haben schon was gewonnen, wenn sie nicht verlieren. Staaten haben schon was verloren, wenn sie nicht gewinnen.
3. Oktober 2004:
Der Fotograf Richard Avedon ist gestorben.
Henry Kissinger bat ihn laut “Bild”: “Seien Sie nett zu mir.”
17. November 2004:
“Bild”-Kolumnist Norbert Körzdörfer stellt die neue US-Außenministerin Condoleezza Rice vor:
Sie ist Single, Sphinx, Schwarze.
Sie hat keine Kinder, keinen Mann, keine Geschwister.
Das ist vielleicht ein überraschender Einstieg in einen Text, aber es wird noch weirder:
Jetzt wird Condi Rice die mächtigste Frau der Welt – ein “Kissinger mit Pumps”!
13. April 2005:
Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl begeht seinen 75. Geburtstag. Unter den Gratulanten laut “Bild”: “Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, der Kohl zu Ehren auf Deutsch sprach”.
17. April 2005:
Sensationelle Anekdote von Kohls Geburtstagsfeier:
Mit dabei ist auch Ex-US-Außenminister Henry Kissinger. Der ehemalige Franke redet auf deutsch. Zuvor hatte er sich schon – ebenfalls auf deutsch – mit CDU-Chef Angela Merkel intensiv in deren Büro ausgetauscht. Das macht Kissinger übrigens immer, wenn er in Berlin ist. Am Kohl-Festabend zählt er aber noch aus einem anderen Grund auf Merkel. Während der Feier möchte Kissinger zu gern wissen, wie das Zweitligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und seinem alten Lieblingsverein, der Spielvereinigung Greuther Fürth, ausgegangen ist. Angela Merkel bekommt das Ergebnis per SMS vom NRW-Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers (CDU). Dann eilt sie zum Tisch der alten Herren und überbringt Kissinger die traurige Botschaft: Fürth hatte 2:3 verloren!
8. Mai 2005:
Genau 60 Jahre nach Kriegsende redet heute zum 8. Mai im hessischen Darmstadt Ex-US-Außenminister Henry Kissinger.
“Bild am Sonntag” weiß bereits, was er sagen wird.
22. März 2007:
Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher wird 80. Unter den Gratulanten, die es mit einem Foto in “Bild” schaffen: Henry Kissinger.
5. August 2007:
“Bild-am-Sonntag”-Kolumnist Helmut Böger nimmt eine außereheliche Affäre zwischen CSU-Politiker Horst Seehofer und einer 25 Jahre jüngeren Frau zum Anlass, über das “Parfüm der Macht” zu spekulieren, das “viele junge Frauen in Versuchung” führe:
“Macht”, so hat es der machtbewusste ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (84) formuliert, “ist das ultimative Aphrodisiakum.”
Im nächsten Satz zeigt Böger, wie er sein Publikum einschätzt:
Laut Fremdwörter-Duden ein “den Geschlechtstrieb anregendes Mittel”.
16. November 2007:
In New York erhält der Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner die Leo-Baeck-Medaille (erster Preisträger: Axel Springer). Die Laudatio hält Henry Kissinger.
22. Mai 2008:
Bei Edward “Ted” Kennedy, Bruder der ermordeten US-Politiker John F. und Robert F. Kennedy, wird ein bösartiger Hirntumor festgestellt (der sogenannte “Kennedy-Fluch”, BILDblog berichtete). Willkommene Gelegenheit für “Bild”, das Kissinger-Zitat über die Familie Kennedy aus dem Juli 1999 noch mal aufzuwärmen.
29. Juni 2008:
Im Finale der Fußball-Europameisterschaft der Männer spielt Deutschland gegen Spanien:
Wegen des großen Interesses deutscher und spanischer Politiker am Finale, aber auch vieler anderer Promis, musste das Kontingent der Ehrenplätze ausgeweitet werden. Erst heute im Laufe des Tages wird es einen endgültigen Sitzplan geben. Erst dann werden auch der frühere US-Außenminister Henry Kissinger, Moderator Thomas Gottschalk, Schauspieler Harrison Ford, Musiker Shaggy, Ex-Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher und Sänger Enrique Iglesias platziert werden.
6. September 2008:
Henry-Kissinger-Ultra Claus Jacobi erzählt in seiner Kolumne folgende Henry-Kissinger-Anekdote:
Nicht lange nachdem Amerikas Präsident Richard Nixon den Außenpolitiker Henry Kissinger zum Außenminister ernannt hatte, besuchte ihn im Weißen Haus Israels weiblicher Premierminister Golda Meir, in deren Händen die Außenpolitik ihres Landes lag. Nixon war es, der auf den ungewöhnlichen Zustand hinwies, dass nun ausgerechnet die internationale Politik der USA und Israels von zwei Angehörigen jüdischer Familien gesteuert werde. “Ja”, meinte Golda Meir, in Anspielung auf Kissingers schweren deutschen Akzent, “aber meiner kann Englisch sprechen.”
7. Februar 2009:
Henry Kissinger (85), US-Außenminister unter Richard Nixon, war gestern Abend der Stargast beim deutsch-amerikanischen-Freundschafts-Dinner von Rechtsanwalt Wolfgang Seybold. Dr. Gabriele Begum Inaara Aga Khan über Kissinger: “Ein beeindruckender Mann!”
9. Februar 2009:
“Gewinner” auf der “Bild”-Titelseite: Henry Kissinger
Als jüdischer Emigrant aus Fürth brachte es Henry Kissinger (85) in USA zum Außenminister, Friedensnobelpreisträger, Geschichtsprofessor in Harvard. 1990 unterstützte er die Wiedervereinigung. Jetzt hat ihn die Münchner Sicherheitskonferenz mit dem Ewald-von-Kleist-Preis ausgezeichnet – für “außerordentliche Verdienste” um Frieden und deutsche Einheit.
BILD meint: Thank you, Henry!
9. Mai 2009:
Henry-Kissinger-Ultra Claus Jacobi erzählt in seiner Kolumne noch einmal folgende Henry-Kissinger-Anekdote:
Kurz nachdem US-Präsident Richard Nixon Henry Kissinger mit dem schweren deutschen Akzent zum Außenminister ernannt hatte, besuchte Israels Premierminister Golda Meir den Staatschef im Oval Office des Weißen Hauses. Er begrüßte sie herzlich und scherzte dabei, dass nun ja ihre beiden Länder jüdische Außenminister hätten. “Ja”, meinte Mrs. Meir: “Aber meiner spricht Englisch.”
9. September 2009:
Kalenderspruch des Tages auf der “Bild”-Titelseite:
“Erst wenn es um unbedeutenden Kleinkram geht, werden Auseinandersetzungen wirklich bitter.”
Henry A. Kissinger, amerikanischer Politiker (*1923)
10. Oktober 2009:
Spektakulärer Schuldspruch für einen der reichsten Männer Amerikas: Anthony Marshall (85), der Sohn von New Yorks einstiger Society-Queen Brooke Astor ((†) 105), muss ins Gefängnis. Er hatte die Alzheimer-Krankheit seiner Mutter ausgenutzt, um sich ihr Vermögen anzueignen. Um dies vor ihren Freunden (wie Ex-Außenminister Henry Kissinger) geheim zu halten, hatte er sie über Jahre in ihrem Luxusappartement gefangen gehalten.
9. November 2009:
Mathias Döpfner hat in der Villa Schöningen ein Museum eingerichtet. Unter den 500 Gästen bei der feierlichen Eröffnung, wie in “Bild” zu lesen ist: Henry Kissinger.
10. November 2009:
Zum 20. Jahrestag der Maueröffnung ist in der Axel-Springer-Passage in Berlin die Portrait-Büste “Michail Gorbatschow” feierlich enthüllt worden:
Im Beisein von Ex-US-Außenminister Henry Kissinger und dessen Kollegen Hans-Dietrich Genscher nahm Michail Gorbatschow persönlich die Ehrung entgegen. Gorbatschow bedankte sich bei Friede Springer, dem Springer- Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner und bei BILD-Chef Kai Diekmann
25. November 2009:
Bei all dem Um-die-Welt-Jetten, Preise-Annehmen-und-Überreichen und Mit-Matthias-Döpfner-Rumhängen schafft Henry Kissinger es auch noch, sich mit den Vorgängen bei deutschen Fernsehsendern zu befassen:
ZDF-Intendant Markus Schächter (60) ist in New York mit dem Ehren-Emmy ausgezeichnet worden. “Er hat das ZDF durch eine turbulente Vergangenheit geführt und es gut positioniert für eine fantastische Zukunft”, sagte Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (86) in seiner Laudatio.
7. Februar 2010:
Nur ein Jahr nach seinem letzten Besuch ist Henry Kissinger schon wieder Ehrengast beim deutsch-amerikanischen-Freundschafts-Dinner von Rechtsanwalt Wolfgang Seybold. Für einen kurzen Moment an seiner Seite: Minister-Gattin Stephanie zu Guttenberg, eine weitere “Bild”-Ikone.
23. Februar 2010:
“Bild”-Redakteur Alexander von Schönburg nutzt “Bild”, um seiner Schwester Gloria von Thurn und Taxis zum Geburtstag zu gratulieren:
Liebe Leser,
ich habe meiner Schwester Gloria so viel zu verdanken. Als Kind nahm sie mich überall mit hin. Mit ihr traf ich Diana, Mick Jagger, Fidel Castro, Kissinger, Strauß, Kohl … Danke BILD, dass ich heute mein Geburtstagsständchen vor 12 Millionen Lesern singen darf.
7. April 2010:
Zum 80. Geburtstag von Helmut Kohl gibt dessen Trauzeuge, “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann, ein zweibändiges Foto-Buch über den Altkanzler heraus, das in den “Bild”-Medien ausführlich beworben wird. Einer der Autoren, die einen Text beisteuern: Henry Kissinger.
26. April 2010:
Altbundespräsident Richard von Weizsäcker feiert seinen 90. Geburtstag. “Bild” entdeckt unter den Gratulanten: Henry Kissinger.
17. Mai 2011:
Wie “Bild” berichtet, erhält Altkanzler Helmut Kohl den “Henry Kissinger Preis” der American Academy. Neben dem offiziellen Laudator, Ex-US-Präsident Bill Clinton, ist noch jemand erschienen, um Kohl den Preis zu überreichen: Namensgeber Henry Kissinger.
9. Juni 2011:
Endlich mal wieder “Gewinner des Tages”: Henry Kissinger!
Mit seinen “Erinnerungen” hat Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (88) einen Bestseller gelandet. Die “New York Times” feiert sein heute auf Deutsch erscheinendes Werk “China – Zwischen Tradition und Verantwortung” (C. Bertelsmann, 608 S.) als “faszinierendes, scharfsichtiges Buch”.
BILD meint: Lesen!
29. September 2011:
Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg schließt sich in den USA dem renommierten Forschungs- und Analysezentrum (Think Tank) “Center for Strategic and International Studies” an. Dem in Washington ansässigen CSIS auch angeschlossen sind internationale Politiker wie Henry Kissinger.
18. November 2011:
“Bild” weiß zu berichten, dass Bundespräsident Christian Wulff in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom die “Goldene Ehren-Victoria” des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger an Henry Kissinger verliehen hat.
18. April 2012:
Die Spielvereinigung Greuther Fürth steigt erstmalig in die Fußball-Bundesliga auf.
Und der berühmteste Fürth-Fan freute sich in den USA. Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (88) ist in der fränkischen Stadt (115 000 Einwohner) geboren.
21. April 2012:
Große Ehre für den Aufsteiger!
Der in Fürth geborene ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (88) hat in einem persönlichen Schreiben Klub-Präsident Helmut Hack (62) gratuliert. Kissinger: “Herzlichen Glückwunsch! Dieser Aufstieg war überfällig.”
3. Mai 2012:
“Bild”-Verleger Axel Cäsar Springer hätte seinen 100. Geburtstag gefeiert. “Bild” begeht diesen Anlass mit einer minutiösen Nacherzählung des Festakts, den der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner seinem Verlag verordnet hat, und lässt Prominente auf die Frage: “Warum ist Axel Springer noch heute so wichtig?” antworten. Neben salbungsvollen Worten der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, des ehemaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher, des amtierenden israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres und von Uwe Seeler kommt auch Henry Kissinger zu Wort.
4. September 2012:
“Bild”-Sportteil:
Kissinger kommt
Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger (89) kommt am 15. September zum Heimspiel von Aufsteiger Fürth gegen Schalke. Kissinger wurde in Fürth geboren.
14. September 2012:
“Bild”-Sportteil, jetzt aber wirklich:
Kissinger kommt
Großer Besuch: Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (89) ist morgen Gast beim Spiel von Aufsteiger Greuther Fürth gegen Schalke. Kissinger wurde in Fürth geboren und ist ein großer Fußball-Fan.
15. September 2012:
Blitzbesuch in der Hauptstadt: Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (89, Foto) besuchte für 24 Stunden Berlin.
16. September 2012:
“Bild”-Sportteil:
Draxler zerschießt Kissingers Tipp
Der berühmteste Fürther hatte auf ein 2:0 gehofft – doch die Schalker waren zu stark für den Aufsteiger
17. September 2012:
Jetzt kennen wir endlich Kissingers gesamten Zeitplan der vergangenen Tage:
Er kam nach Berlin, um sich für den Wiederaufbau des historischen Stadtschlosses einzusetzen, flog am nächsten Tag in seine Geburtsstadt Fürth. Vorher sprach Henry Kissinger (89) mit BILD im Berliner Schlosshotel Grunewald über die Unruhen in der arabischen Welt, über Kanzlerin Merkel und seine Heimatstadt.
26. Januar 2013:
Ganz schön was los in Davos! Beim Weltwirtschaftsforum trifft Polit- auf Party-Prominenz: So plauderte Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (89) beim Hummeressen angeregt mit Veronica Ferres (47). Filmreif!
27. Mai 2013:
Er floh als Jude vor dem Nazi-Terror nach Amerika – und schrieb als US-Außenminister Weltgeschichte: Henry Kissinger wird heute 90 Jahre alt! Zum Geburtstag bekommt der Friedensnobelpreisträger ein besonderes Geschenk: In seiner Heimatstadt Fürth gibt’s künftig einen “Dr.-Henry-Kissinger-Platz”. BILD meint: Happy Birthday, Henry!
12. Juni 2013:
Aus Anlass seines 90. Geburtstags (27. Mai) hat die Axel Springer AG gestern Abend den früheren US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger und seine Frau Nancy in den Berliner Journalistenclub eingeladen.
9. Oktober 2014:
Helmut Kohl stellt auf der Frankfurter Buchmesse seine Memoiren vor – und die “Bild”-Redakteure Ralf Schuler und Alexander von Schönburg sind ganz nah dran:
Was niemand auf der Buchmesse wusste: Der Altkanzler hatte vor der Buchvorstellung schon ein straffes Programm hinter sich gebracht, zwei große politische Weggefährten im Sheraton-Hotel am Frankfurter Flughafen getroffen: Henry Kissinger und James Baker, der bei Mauerfall und Wiedervereinigung US-Außenminister war und von Kissinger bei seinem Spitznamen “Jim” genannt wird.
2. April 2015:
Einen Tag vor Helmut Kohls 85. Geburtstag gratulieren Bundeskanzlerin Angela Merkel und “der legendäre ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger dem Kanzler der Einheit” mit einem gemeinsamen Aufsatz in “Bild”.
24. November 2015:
Altkanzler Helmut Schmidt ist gestorben. Zu den Trauerrednern beim Staatsakt gehörte Henry Kissinger, der anschließend auch noch mit einer “Post von Wagner” klarkommen muss.
6. Dezember 2015:
Frank Sinatra wäre 100 Jahre alt geworden. “Bild am Sonntag” erinnert mit “10 Erinnerungssplittern” an den Entertainer. Nummer fünf:
Bei einem Dinner mit dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger beteuerte Sinatra, nichts mit der Mafia am Hut zu haben. Woraufhin Kissinger sagte: “Schade, wer kümmert sich jetzt um meine Feinde?”
5. März 2016:
“Bild” veröffentlicht die etwas verstörende Liste “Diese Super-Reichen sind noch zu haben”. Darauf: Elizabeth Holmes, Gründerin und Chefin des Laborunternehmens Theranos. “Bild” weiß: “Zu ihren größten Fans gehört der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger.” Heute sitzt Holmes wegen Betrugs im Gefängnis.
7. Juni 2016:
Springer richtet die “Axel Springer NOAH Berlin” aus, eine Veranstaltung, die der Verlag selbst als “das führende Branchen-Event der europäischen Internet- und Digitalwirtschaft” beschreibt. Beim “traditionellen Eröffnungsdinner am Vorabend der Konferenz” im Berliner Verlagshaus spricht Henry Kissinger zu “ausgewählten Konferenzgästen”.
22. November 2016:
“Bild” druckt das “fiktive Tagebuch” des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump seit dessen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. Darin:
17. November
Henry Kissinger war da. Erzählte von China, Russland und dieser EU. War interessant, aber, puh, ziemlich lang.
16. Oktober 2017:
“Bild” hat einen neuen Liebling: Sebastian Kurz. Und die Redaktion weiß Wissenswertes über den neuen österreichischen Bundeskanzler zu berichten:
SEINE VORBILDER
Sebastian Kurz hat viele politische Biografien gelesen. Am meisten imponierte ihm das Lebenswerk von HENRY KISSINGER (persönliches Treffen vor drei Wochen in New York bei der UN-Generalversammlung) und HELMUT KOHL (“Vater der deutschen Einheit”).
1. Juni 2018:
22. Januar 2020:
“Gewinnerin des Tages”: Angela Merkel.
Große Ehre für die Kanzlerin: Die American Academy zeichnete Angela Merkel (65, CDU) gestern mit dem Henry-A.-Kissinger-Preis aus. Der legendäre US-Außenminister Kissinger (96) lobte Merkel in seiner Laudatio für ihren nüchtern unaufgeregten Politik-Stil.
BILD meint: Physikerin der Macht!
27. Mai 2021:
Henry Kissinger wird anlässlich seines 98. Geburtstags im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen Atlantischen Gesellschaft zugeschaltet. Markus Söder gratuliert, “Bild” berichtet.
21. Mai 2023:
Eine Woche vor seinem 100. Geburtstag warnt Henry Kissinger im Interview mit dem “Economist” vor einem dritten Weltkrieg, bietet aber praktischerweise direkt auch Lösungsvorschläge an, die “Bild plus” gerne mit seinem zahlenden Publikum teilt.
27. Mai 2023:
Henry Kissinger wird 100, und Hans-Jörg Vehlewald kann nicht mehr an sich halten:
Dieser Mann ist schlicht ein Wunder!
Ein 100-jähriges Orakel, ein politischer Generalschlüssel, der Hüter der diplomatischen Weltformel. Einer, der jederzeit den US-Präsidenten, Russlands Kriegstreiber Putin oder China-Regent Xi Jinping ans Telefon kriegt, wenn er will.
Doch das Geheimnis seines Weltruhms und seines Jahrhundertlebens wird kaum beachtet: Nancy Kissinger (89), die First Lady der Weltdiplomatie.
22. Juni 2023:
Kissingers Geburtsstadt Fürth feiert den 100. Geburtstag. “Bild”-Redakteur Alexander von Schönburg besucht die Eröffnung einer Ausstellung über den “Jahrhundert-Mann” und urteilt mit einem Hauch Homoerotik: “Humor, Geist und Macht – DAS macht einen Mann wohl unwiderstehlich.” Von Schönburg möchte das mit Erzählungen von einem “Sommer in der Karibik” untermauern, in dem seine älteste Schwester den 35 Jahre älteren Kissinger “anhimmelte”.
Andererseits kann man von Schönburg nicht vorwerfen, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben:
Über die historische Bedeutung dieses Heinz (so sein Geburtsname!) Kissinger aus Fürth, der mit 15 mit seiner Familie vor den Nazis nach Amerika flüchtete und zum bedeutendsten Außenpolitiker der Welt aufstieg, steht alles in Geschichtsbüchern. Inklusive der dunklen Kapitel. Seine Rolle im Vietnam-Krieg. Der von der USA finanzierte Staatsstreich in Chile …
Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, hält “eine mit Anekdoten gespickte Geburtstagsrede” auf den (abwesenden) Jubilar.