Das Versagen der Medien bei AKKs Spott über intersexuelle Menschen

Hallo. Ich bin der Typ, der diese ganze Kramp-Karrenbauer-Intersex-Witz-Sache losgetreten hat, über die, glaube ich, heute jedes deutsche Nachrichtenmedium berichtet hat. Und ja, natürlich freue ich mich über die Aufmerksamkeit, die die Äußerung der CDU-Vorsitzenden erfährt, und über die Kritik, die sie dadurch von so vielen Seiten aus bekommt.
Und doch ist die eigentliche Dimension dieses Vorfalls eine andere.

Als ich gestern während der TV-Übertragung des “Stockacher Narrengericht” auf Facebook aus der Rede Kramp-Karrenbauers zitierte …

Guckt Euch doch mal die Männer von heute an. Wer war denn von Euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht Ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür — dazwischen — ist diese Toilette.

… ging ich davon aus, dass es sich um eine Livesendung handelte. Ich habe das auf Facebook rausgehauen, weil ich glaubte, das, was ich da gerade höre und kaum glauben kann, passiert gerade jetzt. Die Äußerung Kramp-Karrenbauers ist — Karneval hin oder her — meines Wissens das Herabwürdigstende, das ein deutscher Spitzenpolitiker oder eine deutsche Spitzenpolitikerin in den vergangenen Jahren über LSBTI gesagt hat, inklusive AfD.

All das, was Theaterautor, Blogger und Marketingexperte Johannes Kram schon so gemacht hat, würde nicht in diese Box passen. Deswegen hier unvollständig und im Schnelldurchlauf: Nicht nur, aber auch wegen seiner Medien-Kampagne ist Guildo Horn zum “Eurovision Song Contest” gekommen. In seinem neuen Buch “Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber” prangert er die “schrecklich nette Homophobie” auch in den Medien an. Für seinen “Nollendorfblog” bekam er eine Nominierung für den “Grimme Online Award”, er selbst erhielt 2018 den Tolerantia Award. Und mit “Seite Eins — Theaterstück für einen Mann und ein Smartphone” hat er Boulevard-Kritik auf die Bühne gebracht. Dafür ein herzliches Dankeschön vom BILDblog.

Jeder, der nur etwas im Thema ist, weiß, wie sehr viele intersexuelle Menschen in Deutschland darunter leiden, dass sie als Kinder aufgrund gesellschaftlicher Erwartungen zwangsoperiert wurden. Und wie sehr sie dafür kämpfen, dass das heute nicht mehr passiert und dass sie nicht als krank oder fehlerhaft betrachtet werden. Ein Betroffener schilderte gestern auf Facebook, dass er siebenmal operiert worden sei, nur um “beim Pinkeln stehen zu dürfen.” Kramp-Karrenbauer hat sich also nicht nur eine der vulnerabelsten Gruppen für ihren Spott ausgesucht, sie hat sie auch noch da getroffen, wo es am meisten wehtut. Selbstverständlich musste ich also denken, diese Sätze passieren gerade live. Denn wenn nicht, dann hätte es ja schon längst irgendwo stehen müssen.

Was ich da noch nicht wusste: Die TV-Sendung war eine Wiederholung vom Donnerstag, also fast zwei Tage alt. Man sieht dort einen Festsaal voll mit Politikprominenz, man hört, wie Kramp-Karrenbauers Intersex-Pointe begeistertes Gejohle hervorruft, man hört, dass es offensichtlich (anders als an anderen Stellen) keinen Protest gibt.

So weit sind wir also schon in Deutschland: Die Politikerin des Landes, die die größten Chancen hat, Deutschlands nächste Kanzlerin zu werden, wirft einem grölenden Festsaal eine Minderheit zum Fraß vor — und es spricht sich zwei Tage lang nicht rum. Es wird nicht darüber berichtet. Es hat einfach nicht stattgefunden. Und das, obwohl es sogar live im SWR übertragen wurde.

Was ich wirklich nicht verstehe: Sind die Grenzen des Sagbaren mittlerweile so weit verrutscht, dass keiner der offensichtlich vielen anwesenden Journalistinnen und Journalisten so etwas für berichtenswert hält? Wie kann das selbst dem übertagenden Sender durch die Lappen gehen? Und wieso hat der SWR nicht spätestens nach der großen medialen Aufregung heute nachgelegt und wenigstens jetzt darüber etwas gemacht, wer da alles parteiübergreifend im Saal mitgejohlt hat? Und wer möglicherweise nicht? Ist das so unwichtig?

Aber nicht nur für die anwesenden Journalistinnen und Journalisten ist es ein unglaubliches Versagen. Dies gilt auch für alle, die schwerpunktmäßig über Kramp-Karrenbauer berichten. Hat denn keiner von ihnen mitbekommen, wie sie sich in den vergangenen Monaten ihre Macht gesichert hat, dass sie nicht trotz, sondern wegen ihrer Homophobie zur CDU-Vorsitzenden wurde? Hatte man nicht davon ausgehen müssen, dass sie bei einer solch prominenten TV Karnevalssendung in die gleiche oder eine ähnliche Kerbe hauen würde? Oder ging man davon aus, aber es ist einfach egal?

Ist es egal, was die mögliche nächste Kanzlerin für ein Menschenbild hat? Ist es egal, dass sich immer mehr abzeichnet, wie sehr ihre Verächtlichmachung anderer immer mehr zum System wird? Und: Wie kann etwas, was zwei Tage lang so egal ist, plötzlich so unegal sein, dass es auf einmal bei der “Tagesschau” und in “Berlin direkt” vorkommt? Wieso reicht dann ein einziger Facebook-Post und ein anschließender Bericht auf dem queeren Nachrichtenportal queer.de, dass dann plötzlich alles andersherum ist?

Und: Was kann eigentlich noch in Deutschland gerade so alles vor laufender Kamera gesagt werden, ohne dass es jemand mitbekommt?

Bild.de klaut Counter-Strike-Glossar

Klaut man einem Teamkollegen im Spiel Counter-Strike den Abschuss eines Gegners, nennt man das: “Killsteal”. Klaut man einer anderen Website das Counter-Strike-Glossar, nennt man das: das Vorgehen von Bild.de.

Bleiben wir mal beim “Killsteal”. Den Begriff definiert Bild.de im eigenen “Counter-Strike-Lexikon”, das vor zwei Tagen erschienen ist, so:

Screenshot Bild.de - Von Aimbot bis Wallhack - Das Counter Strike-Lexikon - Killsteal - Jemanden den Abschuss klauen

Die Counter-Strike-Szeneseite “99Damage” definiert “Killsteal” in einem Glossar, erschienen am 3. Februar 2017, so:

Screenshot 99Damage - Killsteal - Jemanden den Kill klauen

Klar, könnte ein Zufall sein — “Killsteal” ist ja schnell mit “Abschuss klauen” übersetzt. Dann wäre es aber einer von vielen Zufällen. Zum Begriff “Ninja (Defuse)” etwa schreibt Bild.de:

Die Entschärfung der Bombe, wenn noch nicht alle Terroristen ausgeschaltet sind.

Und “99Damage”:

Die Entschärfung der Bombe bei noch lebenden Terroristen

Bild.de zum “Wallbang”:

Den Gegner durch eine Wand oder andere Objekte anschießen oder ausschalten.

“99Damage”:

Den Gegner durch eine Wand oder andere Objekte verletzen oder töten

Einige der Definitionen hat Bild.de nicht mal plump umgeschrieben, sondern komplett abgeschrieben. Zu “Prefire” beispielsweise steht bei Bild.de:

Auf Verdacht auf eine bestimmte Position schießen.

… genauso wie bei “99Damage”.

Zu “Wallhack” schreibt Bild.de:

Ein Cheat, der es ermöglicht, den Gegner durch Wände zu erkennen.

Auch das findet man exakt so bei “99Damage”.

Insgesamt listet die Bild.de-Redaktion 71 Counter-Strike-Begriffe auf. 66 davon gibt es auch bei “99Damage”, zumeist ähnlich oder komplett gleich definiert. Neben Killsteal, Ninja (Defuse), Prefire, Wallbang und Wallhack sind das:

Ace
A-D-A-D-A-D’ing
ADR
Aimbot
Aimpunch
Anti-Eco
Assist
Backstabbing
Buffed
Callout
Camper
Carry
Choke
Clutch
Crossfire (Kreuzfeuer)
Crouch-Jump
Deagle
Dinked
Drop
Eco
Entryfrag
Exitfrag
Fake
Flawless
Force(-buy)
Frag
GG
Headglitch
HP
IGL
Jumpshot
Jumpthrow
Krieg
Legged
Long Jump
Lurker
Molly
Nade
Nerf
No Scope
Noob
Peek
Pick
Pistol-Round
Push/Rush
Recoil
Recoil Control
Refrag
Retake
Rotate
Run’n’Gun
Save
Scout
Split
Stack
Step
Tagging
Tappen
Team-Ace
TK
Toxic

Wir haben bei den Mitarbeitern von “99Damage” nachgefragt, ob sie Bild.de erlaubt haben, sich am Glossar zu bedienen. Haben sie nicht. “Bild”-Chef Julian Reichelt spricht in solchen Fällen gern von digitalen Hühnerdieben.

Mit Dank an Reyk M. für den Hinweis!

Nachtrag, 16:25 Uhr: Was schon in der Schule verräterisch ist, ist auch für Redaktionen blöd: beim Abschreiben Fehler zu übernehmen. Zum Begriff “Killsteal” muss es korrekterweise natürlich heißen: “Jemandem den Abschuss klauen” und nicht, wie Bild.de schreibt, “Jemanden den Abschuss klauen”.

Mit Dank an Frank M., Ralf S. und @Gunneone für die Hinweise!

Weiße malen sich Gesichter schwarz: “So sehen echte Afrikaner aus”

Eine Redaktion kann natürlich nichts dafür, wenn bei einer Karnevals-, Fastnacht- oder Faschingsveranstaltung in ihrem Verbreitungsgebiet Leute es für lustig halten, bei der Kostümwahl auf das alte, bescheuerte Blackfacing zurückzugreifen, und sich ihre Gesichter schwarz anmalen, um eine schwarze Person darzustellen. Wenn die Redaktion dann aber eine Bildergalerie mit Fotos von der Veranstaltung veröffentlicht, kann sie sehr wohl etwas dafür, wie sie die Fotos der weißen Personen mit den schwarz angemalten Gesichtern kommentiert.

Die “Leiterbachpiraten Oberalpfen” haben neulich ihre “Bunten Abende” abgehalten. Das Motto: “Piraten auf Safari”. Die Redaktion von Südkurier.de zeigt hinter der Paywall Bilder der Jecken oder Narren oder wie sich die verkleideten Leute in Oberalpfen nennen mögen. Dieses Foto zum Beispiel:

Screenshot Südkurier.de - Weiß und Schwarz
(Alle Unkenntlichmachungen durch uns.)

Oder dieses:

Screenshot Südkurier.de - Alle haben ihren Spaß

Und dann noch das hier:

Screenshot Südkurier.de - So sehen echte Afrikaner aus

So sehen laut Südkurier.de also “echte Afrikaner aus”?

Die “Initiative Schwarze Menschen in Deutschland” engagiert sich schon seit langer Zeit gegen das Blackfacing, das immer wieder auch im Karneval anzutreffen ist:

Diese Form der Darstellung Schwarzer Menschen führt eine rassistische Tradition fort, die — auch in Deutschland — zu keinem Zeitpunkt hinnehmbar war oder ist.

Die Redaktion von Südkurier.de braucht in ihrer Bildergalerie mit den Fotos der “Leiterbachpiraten Oberalpfen” aber nicht mal schwarz angemalte Gesichter, um gruselige Kommentare abzulassen. Ihr reichen simpelste Klischees:

Screenshot Südkurier.de - Der lässt sich bei uns sicher nicht integrieren

Das sagt ganz bestimmt mehr über die Redaktion aus als über die Integrationsfähigkeit von trommelspielenden Afroträgern.

Mit Dank an Raphael N. für den Hinweis!

Nachtrag, 20:06 Uhr: Die Redaktion von Südkurier.de hat auf unsere Kritik reagiert und wenige Stunden nach Veröffentlichung unseres Beitrags die vier Fotos samt Kommentare aus der Bildergalerie entfernt. Außerdem hat sie im Sinne der Transparenz diesen Absatz am Anfang der Galerie hinzugefügt:

Einzelne Kommentare zu Bildern in diesem Artikel sind als rassistisch kritisiert worden. Wir haben den Sachverhalt inzwischen überprüft und bedauern die Kommentierung. Darüber hinaus haben wir uns dazu entschieden, auch die Fotos selbst nicht mehr zu verbreiten. Sie wurden aus diesem Artikel entfernt.

Mit Dank an die Hinweisgeber!

Katarina Barleys geschlossene Augen, Geschenktes Interview, Todesspirale

1. Augen zu und durch
(correctiv.org, Justus von Daniels & Jonathan Sachse)
Es birgt allerlei gesellschaftlichen Sprengstoff und schränkt die Pressefreiheit und Informationsfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger ein: das geplante Gesetz zum “Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung”. Justus von Daniels und Jonathan Sachse zeichnen in einem spannenden und gut aufbereiteten Lesestück den Weg vom ersten Entwurf des Gesetzes bis zum aktuellen Stand nach: “Wie konnte es so weit kommen, dass ein Gesetz zu einer Hängepartie wird, weil sich Ministerium und Parlamentarier nicht über den Schutz von Whistleblowern und Journalisten einig werden? Die Frage ist nicht nur für die SPD und ihre Hoffnungsträgerin, Katarina Barley, interessant, sondern für alle Bürger. Denn im Kern wird mit diesem Gesetz die Pressefreiheit, ein Grundpfeiler der Demokratie, neu verhandelt. Und es zeigt, wie ein Gesetz fast unbemerkt durchgewunken worden wäre.”

2. Warum ich dem Tages-Anzeiger ein Interview schenkte
(medienwoche.ch, Reto Hunziker)
Mit einer, auch sich selbst gegenüber, schonungslosen und berührenden Offenheit erzählt der freie Journalist Reto Hunziker die Geschichte eines Scheiterns: Hunziker hatte für eine bekannte Zeitung den Astrophysiker, Entertainer und Wissenschafts-Allrounder Harald Lesch interviewt, doch die Zeitung sprang ab. Da er das Interview nicht wegschmeißen will, macht er sich auf die Suche nach einem anderen Abnehmer. Es ist eine aufwändige Irrfahrt, die bei ihm gemischte Gefühle hinterlässt und ihn am Ende fragen lässt: “Wie lange mache ich das noch mit?”

3. Kommando Schrumpfkurs: Hans-Peter Buschheuer über Miss-Management und die “Todesspirale” der DuMont-Titel
(meedia.de, Hans-Peter Buschheuer)
Wenn sich jemand bei DuMont auskennt, dann wohl Hans-Peter Buschheuer, der dort lange Jahre Chefredakteur war (“Kölner Express” und “Berliner Kurier”). In seinem Gastbeitrag für “Meedia” erklärt Buschheuer die Gründe für den Untergang des DuMont-Imperiums: 1. Verlags-Patriarch Alfred Neven DuMont habe zu spät erkannt, dass der Junior mit dem Verlags-Einmaleins überfordert war. 2. Der Hofstaat aus Schmeichlern und Ja-Sagern. 3. Der Zwist innerhalb der Gesellschafter-Familien. Und 4. die Erben, die sich nicht für das Mediengeschäft interessieren würden.

4. Auf Twitter ausgesperrt
(sueddeutsche.de, Philipp Bovermann)
Es ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung: Dürfen Politiker und Bundesbehörden andere Twitter-Nutzer und Nutzerinnen blockieren? Aktueller Anlass der Diskussion: Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, hatte seinen offiziellen Twitteraccount für einen Korrespondenten der “Jerusalem Post” blockiert und erst nach einer Abmahnung wieder freigegeben.

5. Wie mächtig Framing wirklich ist
(spektrum.de, Christian Honey)
Das von Elisabeth Wehling für die ARD verfasste “Framing Manual” beherrschte in den vergangenen Tagen die Schlagzeilen. Der freie Wissenschaftsredakteur Christian Honey setzt sich mit den verschiedenen Aspekten und Denkschulen des Framings auseinander und spart dabei nicht mit Kritik an Wehlings Vorgehen.

6. Das Weltwunder altert
(deutschlandfunkkultur.de, Michael Seemann, Audio: 4:13 Minuten)
Vielleicht bist Du in der Wikipedia schon mal auf einen veralteten Beitrag gestoßen. Für den Kulturwissenschaftler Michael Seemann sind diese Beiträge ein Sinnbild für die Krise der digitalen Gesellschaft. Seemann arbeitet den Unterschied der ego-getriebenen Debattenkultur in den sozialen Medien und dem anstrengenden Ringen um den “Neutralen Standpunkt” bei Wikipedia heraus: “Das Internet hat uns Möglichkeiten der Kommunikation gezeigt, die so frei sind, dass wir uns nicht mehr einigen müssen. Aber wenn wir uns nicht mehr einigen, hören wir auf eine Gesellschaft zu sein. Wir sollten gebannt auf die Entwicklung der Wikipedia schauen. Sie ist nicht nur die Infrastruktur unseres Wissens, sondern auch unsere Zukunft.”

“Bild” lässt WDR Bernd Stelter zensieren

Flachwitzeerzähler Bernd Stelter machte neulich bei einer Karnevalssitzung Bernd-Stelter-Flachwitze über den Doppelnamen der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Eine Frau im Publikum, die ebenfalls einen Doppelnamen tragen soll, ärgerte sich darüber, ging auf die Bühne und geigte Stelter die Meinung. Diese Kleinigkeit wurde zu einer ziemlich großen Sache, vor allem in den sozialen Netzwerken.

Am 4. März steht die Ausstrahlung dieser Karnevalssitzung im Ersten an. Von der Frau wird dabei aber nichts zu sehen sein: Der WDR hat ihren Bühnenbesuch im Schnitt rausgenommen (wie auch viele weitere Passagen der zwei jeweils sechsstündigen Sitzungen, die auf insgesamt 3:15 Stunden gekürzt werden mussten), auch weil dieser “in vielen Teilen akustisch in der Aufzeichnung nicht hörbar und teilweise unverständlich” sei.

“Spiegel Online” schrieb dazu gestern bei Twitter:

Screenshot eines Tweets von Spiegel Online - Der WDR hat entschieden: Der Doppelnamen-Witz wird in der Ausstrahlung am Rosenmontag nicht zu sehen sein.

… was nicht stimmt und was die Redaktion später korrigierte. Stelters Auftritt wird samt Witz zu Kramp-Karrenbauers Doppelnamen im Ersten zu sehen sein. Dazu soll es ein eingeblendetes Laufband mit Infos zu dem Vorfall mit der Frau geben.

“Bild” macht es in der heutigen Ausgabe noch falscher. Das Blatt behauptet, Stelter sei komplett aus der Sendung geschnitten worden, und schreibt von Zensur:

Ausriss Bild-Zeitung - WDR zensiert Bernd Stelter - Komiker Bernd Stelter (57) wird aus der Sendung Karneval in Köln (ARD, 4. März, 20:15 Uhr) geschnitten. Hintergrund: Bei der Aufzeichnung einer Karnevalssitzung hatte sich Stelter über Doppelnamen lustig gemacht. Einer Zuschauerin gefiel das gar nicht, sie konfrontierte ihn auf der Bühne. Der WDR begründete seine Entscheidung damit, dass die Aufzeichnung in vielen Teilen akustisch nicht hörbar und teilweise unverständlich gewesen sei.

Diese Leistung der “Bild”-Redaktion ist ebenfalls ein schlechter Witz.

Lehren aus Winnenden, DuMont, Böhmermann vs. “Computer Bild”

1. Amoklauf in Winnenden – Lehren aus medialen Übertretungen?
(ndr.de, Daniel Bouhs & Sabine Schaper)
Vor zehn Jahren erschütterte der Amoklauf von Winnenden die Republik. Ein Jugendlicher hatte 15 Schüler und Lehrer und anschließend sich selbst erschossen. Daraufhin fiel in Winnenden die Weltpresse ein und es kam zu einer Vielzahl medialer Grenzüberschreitungen: Rücksichtslose Medienvertreter bedrängten Eltern an der Haustür, um an Opferbilder zu kommen, missachteten Film- und Fotografierverbote und plünderten die am Anfang stehenden sozialen Netzwerke, um bequem an Bilder der Opfer zu kommen. “Zapp” hat mit Anton Jany gesprochen, der vor zehn Jahren für das ZDF in Winnenden war: “Ich habe nach Winnenden überlegt, ob ich meinen Job als Journalist an den Nagel hänge” (Videolink). Der seinerzeit ebenfalls anwesende SWR-Reporter Knut Bauer konstatiert: “Ich bin fast davon überzeugt, dass, wenn so etwas wieder passieren würde, sich das ähnlich abspielen würde” (Videolink). Der auf Medienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Schertz äußert sich zum Verhalten der Medien in Winnenden und der Abwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und Pressefreiheit: “Das Recht am eigenen Bild besteht über den Tod hinaus” (Videolink).

2. Springers Magazin-Neustart Bild Politik: Grosso-Beobachter melden ernüchternde Verkaufszahlen in Testgebieten
(meedia.de, Marvin Schade)
Springers Magazin-Neustart “Bild Politik” tut sich laut “Meedia” am Kiosk schwer. Die Testmarkt-Premierenausgabe soll auf eine verkaufte Auflage von 2.500 bis 3.000 Exemplaren gekommen sein soll, bei einer geschätzten Remissionsquote von 85 bis 90 Prozent. Der Axel-Springer-Konzern habe die Verkaufszahlen auf Anfrage von “Meedia” nicht bestätigen wollen, gibt sich jedoch “sehr zufrieden”.

3. “Mögliche Veräußerung”
(taz.de, Frederik Schindler)
Nachdem der Branchendienst “Horizont” es vorab gemeldet hatte, hat nun auch der Vorstand der DuMont Mediengruppe die “mögliche Veräußerung von Teilen des Portfolios der Mediengruppe” bestätigt, gibt dabei allerdings keine Einzelheiten bekannt. Die sickern jedoch nach und nach durch. Frederik Schindler sortiert den jetzigen Informationsstand und berichtet, wie Arbeitnehmerverbände, Journalistenverband und Politik auf das Ganze reagieren.
Weiterer Lesehinweis: Zeitungsforscher über DuMont: “Es wurden viele Fehler gemacht” (taz.de, Finn Holitzka).
Beachtenswert auch Ulrike Simons Zusammenstellung von bemerkenswerten Zitaten des DuMont-CEOs Christoph Bauer. Simon kommentiert nüchtern: “Das eine ist, was einer sagt; das andere, was einer tut. Öffentlich vermittelte der CEO den Eindruck, DuMont bliebe ein publizistisch getriebenes Haus, das wirtschaftlich wieder auf dem Vormarsch sei. Das war wohl ein Missverständnis” (horizont.net).

4. Mehr Einordnung wagen: Warum Lokaljournalismus im Fußball weiter wichtig ist
(120minuten.net, Oliver Leiste)
Der unabhängige Fußballjournalismus hat es nicht leicht. Immer mehr Vereine treten selbst als Medienunternehmen auf und füttern ihre Internetseiten und Social-Media-Kanäle mit Spielberichten, Interviews, und vermeintlichen “Blicken hinter die Kulissen”. Doch der Medienwandel bietet auch neue Recherchemöglichkeiten. Und er kann neutral bewerten und einordnen, so Oliver Leiste in seinem Plädoyer für den Lokaljournalismus: “Kritische Beobachtung, hintergründige Berichterstattung und die Einordnung von Sachverhalten — all das können lokale Fußballreporter*innen besser als jeder andere leisten, wenn sie dafür Raum bekommen und sich nicht vornehmlich um das Verkünden von Terminen und Ergebnissen konzentrieren müssen.”

5. UN-Berichterstatterin warnt vor umstrittenem EU-Gesetz gegen Terrorpropaganda
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
In einem Gesetzesentwurf der Europäischen Union ist die Rede davon, dass Internet-Plattformen angebliche Terror-Propaganda in dringenden Fällen binnen einer Stunde löschen müssen. Dieser Vorschlag der EU-Kommission wird stark von einer führenden Menschenrechtlerin der Vereinten Nationen kritisiert. Er schaffe eine allzu breite Definition von Terrorismus, was viele legale Inhalte aus dem Netz fegen könnte.

6. “Computer-Bild”-Urteil: Böhmermann zieht vor den BGH
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Die “Computer Bild” hat einen werblichen Beitrag für einen DVB-T2-Receiver mit einem Foto von Jan Böhmermann bebildert. Dieser sah sich damit unfreiwillig zur Werbefigur gemacht und ging dagegen juristisch vor. Das Oberlandesgericht Köln gab nun, etwas überraschend, dem Axel-Springer-Verlag Recht. Der Artikel habe zwar einen werblichen Charakter, da aber im Text auch Tipps gegeben wurden, habe er auch der Befriedigung des Informationsbedürfnisses der Leser gedient. Böhmermann hat gegenüber “DWDL” den Gang vor den Bundesgerichtshof angekündigt. Falls dies auch erfolglos bleibe, müsse die Politik handeln: “Das Europaparlament und die Bundesregierung müssen jetzt handeln und alle Verlage zur Einführung von Uploadfiltern für Zeitungen und Zeitschriften zwingen.”
Weiterer Lesehinweis: Offizielle Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln: “Endlich scharf: Computer Bild durfte Beitrag über DVB-T2 HD Receiver mit Jan Böhmermann bebildern” (PDF).

Der kranke Beauty-Wahn der “InTouch”

“InTouch”, das “junge und freche People-Magazin” aus dem Bauer-Verlag, beschäftigt sich in seiner aktuellen Ausgabe mit einem seiner Lieblingsthemen: dem Körpergewicht weiblicher Prominenter. “HILFE! Ich nehme nicht ab!”, lautet die Titelstory, in der die Redaktion die Körper von Sängerinnen und Schauspielerinnen bewertet und genüsslich deren “Abnehm-Fails” kommentiert.

Sängerin Lilly Allen zum Beispiel “zeigte sich mit 58 Kilo auf 1,57 Metern gerade deutlich kurviger als sonst”:

Ausriss Intouch - Lilys Abnehm-Fail

(So “kurvig” wie halt so ziemlich jeder ist, wenn er oder sie in so einer Körperhaltung fotografiert wird.)

Oder hier, Sängerin Katy Perry, laut “InTouch” vor Kurzem noch “in Bestform” — inzwischen aber mit “Bäuchlein”:

Ausriss Intouch - Katys Diät-Fail

(Wer dieses “Bäuchlein” findet, darf sich gern mit einem sachdienlichen Hinweis bei uns melden, wir suchen nämlich immer noch.)

Für die Redaktion der “InTouch” sind solche Geschichten eine Grundsäule ihres Geschäftsmodells. Immer wieder macht sie sich über die angeblichen Gewichtsprobleme weiblicher Prominenter her, unterstellt ihnen “Kilo-Krisen”, “Bikini-Panik” oder “Cellulite-Frust”.

Collage mit Intouch-Covern mit Kilo-Schock, Kilo-Krise, Kilo-Frust, Bikini-Panik, Body-Frust

In den Artikeln zeigt sie dann unvorteilhafte Fotos von den Oberschenkeln und Bäuchen der Frauen (die oft heimlich von Paparazzi aufgenommen wurden) und schreibt dazu Dinge wie: “Die 37-Jährige hat einen Marathon an Diäten hinter sich — gegen die Orangenhaut an ihren Beinen hat das nicht geholfen.” Oder: “Auf ihren aktuellen Fotos aus dem Mexiko-Urlaub sind der Grammy-Gewinnerin die Extra-Pfunde anzusehen. Sogar am Rücken hat sie Speck-Röllchen.”

Nehmen die Stars dann ab, ist das der “InTouch” aber auch wieder nicht recht.

Collage mit Intouch-Covern mit Hungern macht hässlich, Jung, schön, essgestört, Mager-Drama

Neben den Ihr-seid-zu-dick- und Ihr-seid-zu-dünn-Geschichten gibt es bei der “InTouch” noch eine dritte Kategorie von Promi-Diät-Titelstories: die mit den Wunder-Mitteln.

Collage mit Intouch-Covern mit Die neue Wunder-Pille der Stars, Die neuen Abnehm-Drinks der Stars, Der neue Diät-Tee der Topmodels

Darin bewirbt die Redaktion völlig unkritisch irgendwelche “Wunder”-Tabletten oder -Spritzen, die einen “in Rekordzeit” “schlank und schön” machen sollen.

Nur mal als Beispiel:

Ausriss Intouch - Die neue Diät-Spritze der Stars

Knackige Kurven, schmale Hüften, flacher Bauch — in Hollywood dreht sich einfach ALLES um den perfekten Body! Kein Wunder also, dass die VIP-Ladys immer wieder nach neuen Möglichkeiten suchen, um für den nächsten Red-Carpet-Auftritt ruck, zuck in Topform zu kommen.

Neuerdings spritzt sich Hollywoods Elite wie Schauspielerin Mischa Barton oder Popstar Lady Gaga das Medikament “Liraglutid” — und damit purzeln die Pfunde in Rekord-Zeit! Die Sängerin beispielsweise zeigte sich gerade in London mit einer Wahnsinns-Figur und knapp neun Kilo weniger, dank Diät-Spritze!

Googelt man das Medikament, findet man schnell Artikel, die vor dem vermeintlichen “Wundermittel” warnen. So hätten in einer Studie viele Versuchspersonen die Behandlung wegen der Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen:

40 Prozent von ihnen litten zum Beispiel unter Durchfall und Übelkeit. Hinzu können Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Probleme mit der Gallenblase, ein beschleunigter Herzschlag im Ruhezustand, Nierenprobleme, schwere allergische Reaktionen oder Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen kommen. Die “Diätspritze” kann außerdem zu Unterzuckerungen, also Hypoglykämien, führen, wenn sie unsachgemäß zusätzlich zu Diabetesmedikamenten eingesetzt wird. Zudem verlangsamt der Wirkstoff in der höheren Dosierung die Magenleerung und kann die Wirkung anderer Medikamenten, die den Magen schnell passieren sollen, negativ beeinflussen. Abschließend sei noch auf das erhöhte Risiko hingewiesen, Schilddrüsenkrebs zu entwickeln.

Von all dem ist in der “InTouch” nicht mal ansatzweise die Rede. Stattdessen verrät sie ihren Leserinnen und Lesern, wo genau sie dieses (über 200 Euro teure) “Schlank-Wunder” kaufen können.

Nun sind solche Geschichten — Nehmt endlich ab! Nehmt endlich zu! Kauft endlich dieses tolle Wundermittel! — auch in anderen Magazinen redaktioneller Alltag. Die “InTouch” sticht jedoch deswegen heraus, weil sie besonders besessen davon ist: Fast die Hälfte ihrer Titelgeschichten hat mit dem Gewicht und den (angeblich gescheiterten) Diäten von Prominenten zu tun.

Collage mit Intouch-Covern, die über das Körpergewicht von Prominenten und über Abnehm-Wundermittel berichten
(Titelgeschichten über das Körpergewicht von Prominenten und über Abnehm-“Wundermittel” seit 2018)

Mit einer Auflage von mehr als 100.000 verkauften Ausgaben erreicht “InTouch” so viele junge Frauen wie kaum eine andere Zeitschrift. Der Bauer-Verlag bewirbt sie selbst als “das reichweitenstärkste Medium im Segment der jungen Frauenzielgruppe”. Und er schreibt (PDF):

InTouch ist pure Emotion und DAS Orientierungsmedium für junge Frauen in den Bereichen Stars, Fashion, Beauty & Lifestyle.

Wenn DAS die Orientierung ist, dann muss man sich nicht wundern, wenn junge Frauen ihren Körper hassen — und sich irgendwelche gefährlichen Sachen spritzen, weil ihnen ein junges, freches People-Magazin erzählt, dass sie zu fett sind, wenn sie im Sitzen ein paar Rollen am Bauch haben.

“Bild”-Unschuldslämmer fragen: Woher kommt die Wut auf den Wolf?

Bei Bild.de berichteten sie am Montag über die steigende Zahl erschossener Wölfe:

Screenshot Bild.de - Selbstjustiz! Unbekannte töten immer mehr Wölfe - Sie schießen sogar Welpen - Todesschützen drohen fünf Jahre Haft

Im vergangenen Jahr (2018) wurden in Deutschland so viele Wölfe illegal getötet, wie noch nie seit ihrer Rückkehr in diesem Jahrtausend! Neun getötete Tiere, darunter drei Welpen, wurden laut Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf gefunden. Ein Plus von mehr als 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Und auch 2019 sei schon ein Jungwolf illegal erschossen worden. Bild.de fragt:

Screenshot Bild.de - Woher kommt die tödliche Wut?

Ja, woher kommt so etwas Emotionales wie “die tödliche Wut”? Vielleicht kommt sie nicht nur, aber auch durch emotionalisierende Berichterstattung. Zum Beispiel wenn man den Menschen Angst macht vor zähnefletschenden “Wolfshybriden”:

Screenshot Bild.de - Raubtiere wieder in Deutschland heimisch - Wie groß ist die Gefahr durch Wolfshybriden?

Oder wenn man weinende achtjährige Mädchen für seine Kampagne instrumentalisiert:

Screenshot Bild.de - Jette (8) weint um ihre Lieblinge - Der böse Wolf hat meine Schafe gefressen
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns.)

Oder wenn man den Menschen eintrichtert, dass sie sich nach ihrer “Sorge um den Diesel-Motor” jetzt mal vor dem Wolf fürchten sollten:

Screenshot Bild.de - Kommentar - Der Wolf ist der neue Diesel

Bis zu 1000 Wölfe streifen durch heimische Wälder. Nach der Sorge um den Diesel-Motor wächst verständlicherweise deshalb vor allem auf dem Land die Angst vor dem Wolf.

Oder wenn man das weinende achtjährige Mädchen dann noch mal instrumentalisiert:

Screenshot Bild.de - Sicherheit - Entscheide die Angst vor dem Wolf die nächsten Wahlen?

Oder wenn man ins Spiel bringt, dass ja bald auch Menschen dran sein könnten:

Screenshot Bild.de - Angst in Brandenburger Seniorenheim - Wolf reißt drei Therapie-Schafe - Pflegeheim-Chef: Kann ich sicher sein, dass der Wolf noch zwischen einem Bewohner im Rollstuhl und einem Stück Wild unterscheidet?

Oder, noch besser, weil noch emotionaler: Dass ja bald auch Kinder dran sein könnten:

Ausriss Bild Politik - Wölfe - Es muss wohl erst ein Kind sterben
(Ausriss aus “Bild Politik”)

Oder wenn man berichtet, dass es ja schon den ersten Wolfsangriff auf einen Menschen gab:

Ausriss Bild-Zeitung - Wolf beißt Arbeiter auf Friedhof

… und dann gar nicht mehr berichtet, wenn sich später herausstellt, dass es gar kein Wolf war.

Oder wenn man, wie die “Bild”-Medien, seit Jahren alles dafür tut, dass die Leserschaft nicht auf Grundlage von Fakten über die Gefahr, die von Wölfen ausgeht, informiert wird, sondern dass bei ihr nur eines hängenbleibt: Angst.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

DuMont-Spekulationen, Grönemeyer-Paparazzi, Mindesthohn für Döpfner

1. Köln ohne DuMont-Dynastie – bis jetzt unvorstellbar
(welt.de, Christian Meier)
Gestern wurde bekannt, dass der DuMont-Konzern angeblich seine Zeitungen verkaufen wolle, darunter so bekannte Blätter wie “Kölner Stadt-Anzeiger”, “Express”, “Berliner Zeitung”, “Berliner Kurier”, “Mitteldeutsche Zeitung” und “Hamburger Morgenpost”. Christian Meier ist den Spekulationen nachgegangen und hat Experten befragt.
Weiterer Lesetipp: Auf “Spiegel Online” kommentiert Markus Brauck das Zeitungssterben und prognostiziert: Das Jahr 2019 wird bitter.

2. “Lieber Insolvenzen von Zeitungen als der subventionierte Verlust ihrer Unabhängigkeit”
(horizont.net, Roland Pimpl)
Axel-Springer-Boss Mathias Döpfner hat am Montagabend vor dem Hamburger Presseclub gesprochen. Es ging um den Strukturwandel im Journalismus, Springers neue “Bild Politik”-Postille und Debattenkultur. Natürlich gab es die üblichen Seitenhiebe wie: “Wenn eine Haltung zum aktionistischen Interesse selbst für etwas vielleicht Gutes wird, ist das ein Problem.” Nicht zu vergessen der Mindestlohn, der ihm große Sorgen bereite.
Dazu der passende Mindesthohn des 6-vor-9-Kurators: Hoffentlich reicht Döpfners geschätztes Jahreseinkommen von mehr als 19 Millionen Euro (“FAZ” vom 5. Juli 2017), dass er seine Sorgen, dass andere einen Mindestlohn bekommen könnten, wenigstens zwischendurch kurz vergessen kann.

3. “Hast du das aufgenommen?”
(zeit.de, Sebastian Kempkens)
Was Sebastian Kempkens über die vier Jahre zurückliegende Auseinandersetzung von Herbert Grönemeyer mit zwei Fotografen schreibt, liest sich wie ein spannender Krimi: Zwei Paparazzi-Knipser hatten dem Sänger und seiner Begleitung am Köln-Bonner-Flughafen aufgelauert, wo es zu Handgreiflichkeiten kam. Eine Eskalation, die von den Fotografen womöglich bewusst provoziert worden war, um das dabei entstehende Bildmaterial gewinnbringend an den Boulevard zu verhökern. Am heutigen Mittwoch soll vom Gericht das Urteil dazu gefällt werden.

4. Internet-Giganten müssen Druck widerstehen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Russische Behörden wollen das Internet und die Online-Plattformen kontrollieren und sind damit leider erfolgreich: Laut “Reporter ohne Grenzen” sei bekannt geworden, dass sich Google dem Druck der russischen Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor beugt und einen Teil der in Russland blockierten Inhalte dort nicht mehr als Suchergebnisse anzeigt. Facebook und Twitter sollen per Gerichtsverfahren und Geldstrafen gefügig gemacht werden. “ROG”-Geschäftsführer Christian Mihr kommentiert: “Google macht sich zum Handlanger der Zensoren, wenn es verbotene Seiten in Russland nicht mehr anzeigt. Statt sich dem Druck zu beugen, sollten große Unternehmen ihre Marktmacht einsetzen, um Meinungs- und Pressefreiheit zu verteidigen und Nutzerdaten vor staatlichem Zugriff zu schützen. Internet-Giganten wie Google, Facebook und Twitter haben entscheidenden Einfluss darauf, ob sich Bürgerinnen und Bürger in Russland künftig noch frei im Internet äußern und informieren können oder ob die Regierung dem chinesischen Beispiel folgt und kritische Diskussionen im Keim erstickt.”

5. «Die Unternehmenskommunikation arbeitet heute journalistischer, hat aber einen ganz anderen Auftrag als Journalisten.»
(medienwoche.ch, Marie-Christine Schindler)
Viele Großunternehmen leisten sich für ihre Kommunikation einen eigenen Newsroom. Marie-Christine Schindler hat mit sieben Verantwortlichen aus unterschiedlichen Branchen über ihre Erfahrungen damit gesprochen: Kommen Beiträge, Themen und Botschaften mit Einführung des Newsrooms beim Publikum besser an? Was hat sich verändert gegenüber der traditionellen Unternehmenskommunikation?

6. “Sonst legt die Mafia mich doch sofort um”
(deutschlandfunk.de, Thomas Migge, Audio: 4:48 Minuten)
Journalisten führen in Italien ein gefährliches Leben, vor allem, wenn sie über die Mafia berichten. Roberto Saviano, einer der bekanntesten italienischen Journalisten, lebt seit seinen Enthüllungen unter Polizeischutz. Ein Schutz, den ihm Matteo Salvini, italienischer Innenminister und Politiker der rechtspopulistischen Partei Lega Nord, am liebsten entziehen würde. Weil er “ja viel Geld koste”.

zdf.de  

Kurz korrigiert (523)

Morgen treffen sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump. Sie werden dabei unter anderem über die atomare Abrüstung Nordkoreas sprechen. Und als sei das nicht alles schon aufregend genug, verlegt ZDF.de den Gipfel kurzerhand nach Thailand und erklärt Vietnams Hauptstadt Hanoi, wo das Treffen tatsächlich stattfindet, zu “Thailands Hauptstadt”:

Screenshot ZDF.de - Gipfeltreffen in Thailand - Souvenire mit Trump und Kim - Thailands Hauptstadt Hanoi bereitet sich auf das Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim vor.

Nachtrag, 15:54 Uhr: Die Redaktion von ZDF.de hat reagiert und aus “in Thailand” beziehungsweise “Thailands Hauptstadt” “in Vietnam” beziehungsweise “Vietnams Hauptstadt” gemacht. Dazu hat sie diesen Hinweis ans Ende des Artikels gesetzt:

Update 15:39 Uhr: In einer vorigen Version der Meldung wurde fälschlicherweise “Thailands Hauptstadt” geschrieben. Dies haben wir korrigiert.

Mit Dank an Jens W. für den Hinweis!

Blättern:  1 ... 210 211 212 ... 1144