Projekt “Hassmaschine”, Taschengeld fürs Lokale, Zwang zur Solidarität

1. Wie Facebook im Kampf gegen Hass versagt
(tagesschau.de, Benedikt Nabben & Maximilian Richt & Niels Ringler & Robert Schöffel & Hakan Tanriverdi & Maximilian Zierer & Nils Altland & Sebastian Pittelkow & Christian Basl & Katja Riedel)
Das Projekt “#Hassmaschine” von BR, NDR und WDR offenbare das Versagen von Facebook im Umgang mit der rechten, mitunter rechtsextremen Schattenwelt der Facebook-Gruppen. In einer gemeinsamen Auswertung habe man 2,6 Millionen Posts und Kommentare aus 138 meist geschlossenen rechten Facebook-Gruppen technisch erfasst und analysiert. Mit einer einfachen Schlagwortsuche habe man neben mehr als 10.000 schweren Beleidigungen (viele davon rassistisch) weit mehr als 1000 mutmaßlich rechtswidrige Inhalte identifizieren können, darunter Aufrufe zur Vergewaltigung, SS-Runen oder antisemitische Hasspropaganda. Facebook habe auf eine Weise reagiert, mit der ein derartiges Unternehmen wohl standardmäßig reagiert: “Wir möchten Hassrede natürlich löschen. Und wir haben im Kampf gegen Hassrede in den letzten Jahren sehr große Fortschritte gemacht.”
Weiterer Lesehinweis: Lesens- und sehenswert, auch wegen der interaktiven Aufbereitung der Recherche: Wie Facebook beim Hass im Netz versagt (br.de).
Und wegen des Bezugs zu Facebook die aktuelle Meldung: BGH stoppt Datensammlung von Facebook: “Der Bundesgerichtshof hat eine Verbotsverfügung des Bundeskartellamts im Eilverfahren bestätigt. Es stimme, dass Facebook seine marktbeherrschende Stellung missbrauche.” (zeit.de)

2. 3F3A: Wieder mehr Transparenz bei NDR Info
(fair-radio.net, Mario Köhne)
Die Initiative “fair radio” setzt sich für ein glaubwürdiges Radio ein, das offen damit umgeht, wann live moderiert wird und wann Konserven gesendet werden. Aktuell vermeldet “fair radio” eine positive Nachricht aus dem NDR. Die Initiative sei im Besitz einer internen Mail des Senders mit “Transparenzkriterien für Gesprächsaufzeichnungen”.

3. Bremen: Regionale Nachrichten für alle
(mmm.verdi.de, Eckhard Stengel)
Eine neue App will zum Aggregator für Lokalnachrichten werden. Das mit Forschungsmitteln des Bundes entwickelte “molo.news” stellt die wichtigsten Artikel regionaler Medien, aber auch Mitteilungen von lokalen Vereinen und Initiativen zusammen. Die Entwicklung der App habe bislang 800.000 Euro gekostet, das meiste Geld sei vom Bundesforschungsministerium gekommen. Anmerkung des Kurators: Nach einem kurzen Testlauf fragt man sich, wie dieser Betrag zustande kam. Die beteiligten Medienhäuser würden ihre Nachrichten gratis liefern, und die Personalkosten dürften sich in Grenzen halten, denn die Redaktion bestehe lediglich aus fünf bezahlten studentischen Hilfskräften “mit journalistischer Vorerfahrung”.

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4. ze.tt wird Ressort von ZEIT ONLINE
(zeit-verlagsgruppe.de)
“ze.tt”, das Jugendportal der “Zeit” verliert seine Eigenständigkeit und wandert im Herbst als eigenes Ressort zu “Zeit Online”. Die Umstrukturierung solle “ze.tt” “langfristig auf eine wirtschaftlich zukunftsfähige Basis stellen und den Austausch mit anderen Angeboten von ZEIT ONLINE verstärken”. Man kann also annehmen, dass sinkende Werbeerlöse der Grund für den Umbau waren. Damit ist die “Zeit” nicht allein – vor Kurzem hatte es den “Spiegel”-Ableger für junge Leute “Bento” getroffen, der zum Herbst eingestellt wird.

5. Nur ein Taschengeld
(taz.de, Steffen Grimberg)
“Obwohl Lokaljournalismus so wichtig ist, wird dort beschissen bezahlt”, so Steffen Grimbergs markige Zusammenfassung des neuen Honorarreports der Freischreiber. Über ein Viertel der freien Lokaljournalistinnen und -journalisten würden laut der Umfrage des Berufsverbandes maximal 10 Euro brutto pro Stunde verdienen.

6. Ich will mich nicht solidarisieren, muss es aber doch
(djv.de, Hendrik Zörner)
Hendrik Zörner von Deutschen Journalisten-Verband kommentiert die bislang nicht umgesetzte, aber eventuell noch erfolgende Strafanzeige des Bundesinnenministers gegen eine “taz”-Kolumnistin: “Der Minister also, der qua Amt die Pressefreiheit besonders schützen soll, holt den Knüppel aus der Schublade. Der Minister, der bisher trotz mehrmaliger Aufforderungen keine sichtbaren Anstrengungen unternommen hat, Journalisten vor rechtsextremistischem Hass zu schützen. Horst Seehofer zwingt damit mich und viele andere Journalisten zur Solidarität mit der taz-Kolumnistin. Das ist bitter. Denn ich finde die ‘Kolumne’ wirklich abgrundtief schlecht.”

Seehofers Anzeigeabsicht, Letzte Worte an Rezo, Mehr Frauen ins TV

1. “Finger weg von der Pressefreiheit”
(taz.de, Carolina Schwarz)
Innenminister Horst Seehofer sprach am Wochenende von seiner Absicht, die “taz”-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah anzuzeigen, bei dieser Absicht scheint es jedoch geblieben zu sein (Stand heute). Ein möglicher Grund für den möglichen Rückzug: Der breite Widerstand vieler Medien, die Seehofers Plan als Angriff auf die Pressefreiheit verstehen. Carolina Schwarz zitiert ein paar wichtige Stimmen.
Weiterer Lesehinweis: 5 Gründe, warum sich Seehofer lieber selbst anzeigen sollte (schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann).

2. Letzte Worte an Rezo
(faz.net)
In seinem Video “Die Zerstörung der Presse” hatte der Youtuber Rezo auch der “FAZ” in Zusammenhang mit der Berichterstattung über ihn selbst zahlreiche Vorwürfe gemacht. Die “FAZ” hatte darauf mit einem Antwortvideo reagiert, auf das Rezo in seinem neuesten Video seinerseits reagierte. Der muntere Schlagabtausch scheint vorerst ein Ende gefunden zu haben: Die “FAZ” richtet einige “letzte Worte” an Rezo und schließt mit: “Du bist offensichtlich bereit, jede unserer Aussagen aus dem Kontext zu reißen oder im Sinn zu verdrehen, bis sie in deinen Feldzug gegen uns und weitere Zeitungen passen, die dich kritisiert haben. Also wozu dann überhaupt argumentieren? Wenn es so läuft, sind wir raus. Denn so gewinnt nur der, der bereitwillig und geschickt die Wahrheit manipuliert – und diese Trophäe überlassen wir gerne dir.”

3. Immer an die Leserinnen denken
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:30 Minuten)
Die Ippen-Gruppe ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt und dennoch ein Riese in der Zeitungslandschaft. In dem Konglomerat aus Tageszeitungen und deren Online-Auftritten, aus Radiostationen und zahlreichen Anzeigenblättern spiele immer noch der 79-jährige Firmenpatriarch Dirk Ippen eine entscheidende Rolle. Der Deutschlandfunk berichtet über die Verlagsgruppe, die sich vor allem aufs Lokale fokussiere und unter denselben Problemen leide wie alle anderen: “Dirk Ippen macht sich keine Illusionen über die Zukunft der gedruckten Presse. Das Produkt Zeitung werde durch die Digitalisierung vom Massen- zum Nischenmarkt. Wer zu klein sei, werde über kurz oder lang geschluckt.”

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4. “Die Moderatorinnen, die es gibt, könnte man viel, viel größer machen”
(jetzt.de, Berit Dießelkämper)
Volker Herres, Programmdirektor der ARD, erklärte vor einiger Zeit in einem “Bild am Sonntag”-Interview, dass er zwar ein Defizit bei Moderatorinnen im Showbereich sehe, ihm aber aktuell auch kein weibliches Pendant zu einem Kai Pflaume einfalle. Wer Vorschläge hätte, dürfe sich jederzeit melden. Davon machten viele Menschen Gebrauch, unter anderem Eva Schulz, die gleich eine Liste mit dreißig Namen einreichte. jetzt.de hat mit Schulz gesprochen und auch bei Carlolin Kebekus durchgeklingelt, die das System aus dem System heraus kritisiere.
Weiterer Guckhinweis: Gemeinsam mit der Moderatorin Janin Ullmann hat Kebekus einige satirische Werbespots für mehr Frauen im deutschen TV produziert (youtube.com, Video: 4:28 Minuten).

5. “Ein Newsletter ist ein Marathon, kein Sprint” – David Streit von Shelfd
(dirkvongehlen.de)
David Streit ist “Media Strategist” beim Empfehlungsportal Shelfd, einer Indie-Plattform für Streamingtipps. Nachdem Streit anlässlich des 250. Newsletters über seine fünf wichtigsten Erkenntnisse geschrieben hat, stellt er sich nun den Fragen von Dirk von Gehlen.
Weiterer Lesehinweis: Auf briefingbriefing.de geht es um die Frage, wie man aus journalistischer Sicht erfolgreiche Newsletter erstellt.

6. Bundesliga: Sky ist mit einem blauen Auge davongekommen
(dwdl.de, Alexander Krei)
Beim Poker um die Bundesliga-TV-Rechte mischten die verschiedensten Player mit: unter anderem der Bezahlsender Sky und dessen Konkurrent DAZN, aber auch Sender wie Sat.1, Sport1 und die ARD. Alexander Krei erklärt bei “DWDL”, wer die Gewinner und Verlierer des aktuellen Rechtedeals sind und wie dies strategisch zu bewerten ist.

Konflikt bei der “taz”, Rezos Antwort, Kritik zum Hasskriminalitätsgesetz

1. Schwerer Konflikt bei der “Taz”
(sueddeutsche.de, Elisa Britzelmeier & Jens Schneider)
Der Konflikt um eine umstrittene Kolumne in der “taz” über die Polizei scheint mittlerweile völlig eskaliert. Eine Mitteilung im Hausblog der “taz”, eine Stellungnahme der Chefredaktion und verschiedene Gegenstimmen (so die von Bettina Gaus und die von Stefan Reinecke) lösen sich ab, nun wolle angeblich sogar Innenminister Seehofer mit einer Anzeige reagieren.
Weiterer Lesehinweis: Darf die “taz” Yaghoobifarah kritisieren? (NDR.de, Daniel Bouhs & Inga Mathwig).

2. Die dümmsten und lustigsten Reaktionen
(youtube.com, Rezo, Video: 32:09 Minuten)
In seinem Video “Die Zerstörung der Presse” rechnete Youtuber Rezo mit verschiedenen Medien ab. Dies betraf nicht nur den Boulevard und Titel der Regenbogenpresse, sondern auch ernst zu nehmende Presseorgane und Redaktionen. Ein Dreh- und Angelpunkt seines Videos war eine Recherche, bei der sich der Youtuber angeschaut angeschaut hatte, wie über ihn berichtet wurde. Laut Rezo habe die Berichterstattung von “FAZ” und “Welt” eine hohe Fehlerquote aufgewiesen. Beide Medien reagierten auf die Vorwürfe: Die “FAZ” mit einem halbstündigen “Gegen-Video”, die “Welt” mit einem “Faktencheck” aus ihrer Sicht. Nun hat Rezo mit einem erneuten Video geantwortet, das den Eindruck einer zweiten “Zerstörung der Presse” aufkommen lässt.

3. Zahl der Bilder von Kindesmissbrauch im Netz in Coronakrise stark gestiegen
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
In der Zeit der Corona-Pandemie sei die Zahl der im Netz geteilten Bilder von Kindesmissbrauch sprunghaft angestiegen, so ein Bericht der EU-Polizeibehörde (PDF). Max Hoppenstedt erzählt von den wichtigsten Erkenntnissen der Ermittlerinnen und Ermittler und weist zum Schluss seines Artikels auf die #Say-No-Kampagne von Europol (englisch) hin.

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4. Wie es ist, ohne Chefredaktion zu arbeiten
(journalist.de, Laurenz Schreiner)
An der Deutschen Journalistenschule wird nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch gearbeitet: Ein Teil der Ausbildung umfasse die Produktion eines eigenen Magazins. Dieses Jahr habe sich die Lehrredaktion für ein neues Modell der Zusammenarbeit und gegen die üblichen Funktionsbezeichnungen sowie eine Chefredaktion entschieden. Laurenz Schreiner erzählt, wie es mit dem kollaborativen Team-Modell geklappt hat.

5. Das Gesetz, das Daten sammelt, statt Hass zu verhindern
(zeit.de, Henrik Oerding)
Vergangenen Donnerstag hat der Bundestag das “Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität” beschlossen, trotz einiger Bedenken von Fachleuten im Vorfeld. Das neue Gesetz sei zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht, wie Hendrik Oerding in seiner Analyse konstatiert: “Es verhindert Hass im Internet nicht, sondern gräbt bedenklich große Löcher in den Datenschutz aller Nutzerinnen: Es zwingt Internetseiten zur Datenspeicherung, erlaubt dem Bundeskriminalamt (BKA) Passwörter anzufordern und macht soziale Netzwerke zu Pseudopolizisten.”

6. John Bolton: «Grossartig für die USA» – und jetzt glaubwürdig?
(infosperber.ch, Christian Müller)
Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton hat ein Buch über seine Zeit mit dem US-amerikanischen Präsidenten geschrieben, das in zahlreichen Medien bereits vor Erscheinen für viel Aufmerksamkeit sorgt. Christian Müller rät den erwartungsvollen Trump-Kritikern jedoch, “die Geisteshaltung des Autors nicht zu vergessen – oder sich das Lesen ganz zu ersparen”. Bolton habe vor seinem Amtsantritt als Chairman des Think-Tanks “Gatestone Institute” gewirkt, einer ganz rechten Denkfabrik, die unter anderem für die Veröffentlichung anti-muslimischer Artikel bekannt ist.
Weiterer Lesehinweis (Archiv): Die Geschichtenerzähler: Beim “Gatestone Institute” entstehen Falschmeldungen, die bis nach Deutschland wandern (correctiv.org, Till Eckert & Cristina Helberg & Tania Röttger).

Julian Reichelt in der Champions League der Heuchler

Eine der großen Stärken von “Bild”-Chef Julian Reichelt war schon immer seine Doppelmoral. Er, der schlimmste Schläger auf dem Schulhof, zeigt sich regelmäßig völlig überrascht/entsetzt/angeekelt, sobald eine Keilerei mal ihn oder “Bild” betrifft. Die Maßstäbe, die Reichelt bei anderen anlegt, müssen ja keineswegs für ihn oder seine Redaktion gelten. Und damit herzlich willkommen zu Folge 3471 der Serie “Julian gefällt sich in der Opferrolle”.

Gestern, nach dem Bundesligaspiel zwischen der TSG Hoffenheim und Union Berlin, twitterte Holger Kliem, der in Hoffenheim für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, folgendes (von ihm unkenntlich gemachtes) Foto:

Screenshot eines Tweets von Holger Kliem - Hier schwänzt Bild die Maskenpflicht! Auf allen Bundesliga-Pressetribünen herrscht weiterhin Maskenpflicht nur Bild macht es anders, trotz mehrmaligen Hinweises! - Dazu sieht man ein Foto eines Bild-Reporters, der seinen Mund-Nase-Schutz nicht über Mund und Nase trägt und dabei telefoniert.

Julian Reichelt fand es selbstverständlich gar nicht in Ordnung, dass Kliem öffentlich machte, dass ein “Bild”-Reporter “trotz mehrmaligen Hinweises” seinen Mund-Nase-Schutz lieber als Kinnschutz verwendete. Der “Bild”-Chef kommentierte bei Twitter:

Screenshot eines Tweets von Julian Reichelt - Gleich zwei deutsche Volkssportarten in einem Stadion: Fußball und Denunziation.

Nun wäre dieser Reichelt-Tweet lediglich eine weitere Folge in der oben erwähnten Serie. Hätte der, der hier laut “Da ist eine Petze!” ruft, nicht mit seinem Team nur wenige Stunden zuvor selbst und verblüffend ähnlich gepetzt:

Screenshot Bild.de - In Berlin-Tegel - Hier sitzt Kretschmann ohne Mundschutz im Flughafen

In dem Bild.de-Artikel geht es um ein Foto, auf dem Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu sehen ist, wie er am Flughafen ein paar Süßigkeiten isst und dabei — wenig überraschend — keinen Mund-Nase-Schutz trägt. Laut einer Augenzeugin habe Kretschmann auch später keine Maske getragen. Ein Sprecher Kretschmanns sagt hingegen, dass die Maske nur für “ganz kurze Zeit” nicht aufgesetzt gewesen sei.

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Die Kombination aus Kretschmann-Artikel und Reichelt-Tweet lässt letztlich nur einen logischen Schluss zu: Julian Reichelt und seine “Bild”-Redaktion sind aus Sicht von Julian Reichelt Denunzianten.

Mit Dank an @the_real_urbsi und die vielen Hinweisgeber!

Kochbuchautor goes Antisemitismus, Prinzenfonds, Mallorca-Touristen

1. Attila Hildmann gibt Juden die Schuld – und verteidigt Hitler
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
“Tagesspiegel”-Autor Sebastian Leber berichtet über einen Fall von Antisemitismus im Netz. Der Berliner Kochbuchautor Attila Hildmann behaupte, jüdische Familien würden die “deutsche Rasse auslöschen” wollen. Neben seinen antisemitischen Ausfällen verbreite Hildmann verstärkt Reichsbürger-Ideologie. Bei der Polizei seien bereits mehrere Strafanzeigen gegen Hildmann eingegangen.
Weiterer Lesehinweis: “Justizministerin Lambrecht verschärft den Kampf gegen strafbare Hetze im Netz mit einem weitreichenden Gesetz. Die Maßnahmen könnten helfen, bergen aber auch Gefahren.” Max Hoppenstedt analysiert für den “Spiegel” das neue Gesetz gegen Hate Speech. Der Deutsche Journalisten-Verband hat ebenfalls Bedenken und kritisiert das Antihassgesetz als “Schlag gegen den Informantenschutz und das Redaktionsgeheimnis”.

2. Der Prinzenfonds
(fragdenstaat.de)
Nach Angaben von “FragDenStaat” geht der Hohenzollern-Vertreter Georg Friedrich Prinz von Preußen mit Abmahnungen und Klagen gegen aus seiner Sicht unerwünschte Berichterstattung vor – vor allem in Zusammenhang mit der Erforschung der Rolle der Hohenzollern im Nationalsozialismus und daraus resultierenden Auswirkungen auf die Entschädigungsforderungen der Familie. Georg Friedrich Prinz von Preußen habe in den vergangenen Jahren dutzende Personen aus Wissenschaft, Journalismus und Politik für Äußerungen zur Geschichte und Gegenwart der Hohenzollern abgemahnt und verklagt. “FragDenStaat” hat daraufhin einen Rechtshilfefonds für Betroffene gegründet, der sich vor allem über Spenden trägt.

3. Theodor-Wolff-Preis für Hans-Georg Gottfried Dittmann, Katja Füchsel, Tina Kaiser, Katrin Langhans und Julia Schaaf
(bdzv.de)
Der Theodor-Wolff-Preis wird vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ausgeschrieben und ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert. Die fünf Preise zu je 6.000 Euro gehen dieses Jahr an Julia Schaaf (“FAS”), Hans-Georg Gottfried Dittmann (“Mindener Tageblatt”), Katja Füchsel (“Tagesspiegel”), Tina Kaiser (“Welt am Sonntag”) und Katrin Langhans (“Süddeutsche Zeitung”). An der Ausschreibung hätten sich 401 Journalistinnen und Journalisten beteiligt.

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4. nr-Jahresbericht 2019
(netzwerkrecherche.org, Franziska Senkel)
Beim Netzwerk Recherche geht es vor allem um die “Förderung der Bildung durch Vermittlung von Recherchetechniken, Vermittlung von Wissen über professionelle Recherche zur Qualitätssteigerung der Medienberichterstattung, Erfahrungsaustausch über investigativen Journalismus”. Der Blick in den aktuellen Jahresbericht (PDF) ist auch für Nicht-Mitglieder interessant.
Weiterer Teilnahmehinweis: Heute und morgen findet die normalerweise analoge Jahreskonferenz des Netzwerk Recherche als Webinarreihe statt. Das Thema in diesem Jahr: “Corona und wir – Wie das Virus unsere Arbeit verändert”. Eine Anmeldung ist nötig, die Teilnahme ist kostenlos.

5. So hat Kurzgesagt-Gründer Philipp Dettmer mit Erklärvideos eine Milliarde Views gemacht
(omr.com, Torben Lux, Audio: 1:02:41 Stunden)
Beim “OMR”-Podcast ist Philipp Dettmer zu Besuch, der Gründer des erfolgreichen Youtube-Kanals “Kurzgesagt”. Hinter dem Kanal mit meist zehnminütigen Erklärvideos stecke ein mittlerweile 35-köpfiges Team. Vor sieben Jahren gegründet, habe “Kurzgesagt” inzwischen 12,2 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten und über eine Milliarde Views. Im Gespräch verrät Dettmer das dahinterstehende Geschäftsmodell und erklärt, welche Themen am besten funktionieren und weshalb “Kurzgesagt” von der Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt wird.

6. Mallorca-Touristen begeistert von Medien empfangen
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz, Video: 2:34 Minuten)
“Lockdown beendet: Anfang der Woche durften die ersten Urlauberinnen und Urlauber wieder nach Mallorca fliegen. Allerdings könnte es sein, dass die meisten ‘Urlauber’ dort einfach Journalistinnen und Journalisten sind.” Boris Rosenkranz hat das mediale Mallorca-Geplapper in ein zweieinhalbminütiges Video gegossen.

“Müll-Kolumne” der “taz”, Selbstdarstellung, Polizeimeldungen

1. Eine Kolumne der “taz” polarisiert auch in der eigenen Redaktion
(tagesspiegel.de, Matthias Meisner & Alexander Fröhlich)
In der “taz” erschien eine Kolumne, in der die Autorin zu dem Schluss kam, dass Polizeibeamte am besten auf einer “Mülldeponie” aufgehoben seien, “wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.” Der Beitrag habe für vielerlei Reaktionen gesorgt – zahlreiche Leser und Leserinnen seien irritiert bis entsetzt gewesen über diese besondere Form von Hatespeech. Auch in der “taz” sei intern heftig darüber gestritten worden.
Weiterer Lesehinweis: Boris Rosenkranz hat für “Übermedien” bei der “taz” nachgefragt und eine irritierende Antwort erhalten: “taz” verteidigt Müll-Kolumne.
Die “taz”-Redaktion hat sich mittlerweile auch in ihrem Hausblog zu dem Fall geäußert. Sie begrüße es, “dass wir nun eine breite gesellschaftliche Debatte um Polizeigewalt und Rassismus führen. Wir hätten uns dies schon früher gewünscht.” Eine Formulierung, die beim “6 vor 9”-Kurator den Eindruck von Uneinsichtigkeit, trotziger Missachtung der eigentlichen Problematik und staatstragender Selbstbeweihräucherung aufkommen lässt.

2. Mom & dad: I finally have a video that explains what I do for a living
(twitter.com, Roman Höfner, Video: 1:48 Minuten)
Auf Twitter verrät “Spiegel”-Journalist Roman Höfner seinen Eltern und uns allen, wie er und sein Rechercheteam bei der Enthüllung über Philipp Amthor vorgegangen sind. In einem kurzen Video kann man sehen, mit welchen kleinen, aber effektiven detektivischen Tricks die Orts- und Zeitangaben von Fotos ermittelt wurden.

3. Polizeimeldungen: Schuldlose Autofahrer?
(ndr.de, Gudrun Kirfel, Video: 5:25 Minuten)
Polizeimeldungen über Verkehrsunfälle seien oft aus der Perspektive der Autofahrerinnen und Autofahrer verfasst, so der Vorwurf von Fuß- und Radfahrverbänden. Darin bestätigt werden sie beispielsweise vom Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch. Es könne leicht der Eindruck entstehen, dass es in den Polizeimeldungen eine Schuldzuweisung an Fußgängerinnen und Fußgänger beziehungsweise Radfahrerinnen und Radfahrer gebe. Das NDR-Medienmagazin “Zapp” hat einige Polizeimeldungen untersucht und wollte sich mit den verantwortlichen Polizeidirektionen darüber unterhalten. Dort, wie auch beim Landespolizeiamt, habe man jedoch keinen Redebedarf gesehen.

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4. Die fast perfekte Selbstdarstellung eines Kanzlers
(deutschlandfunk.de, Srdjan Govedarica, Audio: 4:39 Minuten)
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz lässt sich bei seinen öffentlichen Terminen gerne von einem eigenen Fotografen begleiten, der für PR-wirksames Bildmaterial sorgt. Diese idealtypischen und geschönten Aufnahmen sorgen gelegentlich für Kopfschütteln, wie jüngst bei einem Termin im Kleinwalsertal, bei dem sich die realen Verhältnisse gänzlich anders darstellten als durch die Kurz-Bilder erahnbar.

5. So weiblich war das Handwerk beim Fernsehpreis noch nie
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Beim Deutschen Fernsehpreis hat man das Kategoriesystem ausgeweitet, mit positiven Folgen für die Sichtbarkeit von Frauen im Filmbusiness. In neun von zwölf Handwerkskategorien (beispielsweise Schnitt, Drehbuch, Ausstattung) habe es Auszeichnungen für Frauen gegeben: “Es sind diese Kategorien, die in der Vergangenheit oft nicht berücksichtigt wurden. Durch die Neuaufstellung des Deutschen Fernsehpreises werden auch hier endlich besondere Leistungen geehrt.”

6. “Otto – Der Film” und die Rassismus-Frage: Warum der Film heute so verstörend ist
(tip-berlin.de, Jacek Slaski)
Jacek Slaski hat sich mit seinem zehnjährigen Sohn die Comedy-Klamotte “Otto – Der Film” aus dem Jahr 1985 angeschaut. Der Ausflug in die eigene Kinobesucher-Vergangenheit sei ein eher verstörendes Erlebnis gewesen: “Der Humor ist seltsam gealtert, die infantilen Gags sitzen stellenweise, doch die Klischees, die Otto bedient, sind aus der Zeit gefallen.” Slaski stört sich vor allem an den rassistischen Klischees: “Es mag ja sein, dass er mit den Gags auf den unterschwelligen Rassismus in der bundesdeutschen Wirklichkeit der 1980er-Jahre hinweisen wollte. Aber es geschieht mit einer Plumpheit, die heute einfach nicht mehr zeitgemäß ist und daher besteht Redebedarf.”

Polizei-Kolumne der “taz”, Raabs diskriminierende Clips, Kein Porno

1. Jugendliche informieren sich bei Instagram über Corona
(spiegel.de, Anton Rainer)
Deutsche Jugendliche würden laut “Reuters Institute Digital News Report” immer stärker auf Instagram als Nachrichtenquelle zurückgreifen. Anton Rainer hat den Report gelesen und stellt einige interessante Erkenntnisse zu Mediennutzung und Vertrauen vor: “Fast allen Zeitungen, Verlagen, Sendeanstalten und Medienhäusern wurde 2020 eher misstraut als noch vor einem Jahr. Nirgends aber zeigt ist der Zweifel so groß wie bei der ‘Bild’-Zeitung. 58 Prozent der Befragten sagen, sie vertrauten dem Boulevardblatt nicht.”

2. “Kinderpornographie” – kein Porno, sondern Missbrauch
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 1:40 Minuten)
Im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch ist oft auch von “Kinderpornographie” die Rede. Stefan Fries erklärt im Deutschlandfunk, warum er den Begriff für ungeeignet hält: “Unter Pornographie verstehen wir vor allem Videos und Fotos, die Sex zeigen. Die Aufnahmen dazu entstehen normalerweise freiwillig, die Herstellung ist erlaubt und der Kauf auch. Bei ‘Kinderpornographie’ trifft nichts davon zu.”

3. Polizeigewerkschaft erstattet Strafanzeige gegen “taz”
(faz.net)
In einer Kolumne hat eine “taz”-Autorin über die Abschaffung der Polizei sinniert und verschiedene mehr oder weniger launige Gedanken über die alternative Verwendung der dort Beschäftigten ausgebreitet. Am Ende rät sie dazu, die Polizisten und Polizistinnen auf einer Mülldeponie unterzubringen (“Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.”). Daraufhin habe die Deutsche Polizeigewerkschaft Strafanzeige gegen die “taz” erstattet.
Weiterer Lesehinweis: Marc Felix Serrao schreibt in seinem “NZZ”-Kommentar: “Man möchte im Sinne der ‘TAZ’ annehmen, dass es auch Redaktorinnen und Redaktoren gibt, die diesen Text so furchtbar finden wie viele ihrer Leser. Bis auf weiteres ist es ein trüber Tag für alle, die diese Zeitung regelmässig und gerne lesen, sei es aus weltanschaulicher Überzeugung oder um sich an den oft genug geistreichen Gegenpositionen zu reiben.”

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4. Gruner + Jahr meldet für Stern-Redaktion Kurzarbeit an
(meedia.de)
Das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr soll bei der Bundesagentur für Arbeit um Hilfe für den “Stern” angefragt und Kurzarbeit beantragt haben. Diese betreffe die gesamte Redaktion, die Maßnahme soll jedoch monatsweise überprüft und nötigenfalls verlängert werden. Grund seien die massiv weggebrochenen Werbeeinnahmen.

5. Account einer “Hassorganisation” darf gelöscht werden
(urheberrecht.org)
Facebook darf den Account einer Organisation schließen, wenn diese als “Hassorganisation” im Sinne der Gemeinschaftsstandards betrachtet werden kann, so eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden zum “virtuellen Hausrecht”. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufnahme in das Netzwerk bestehe auch dann nicht, wenn dieses eine monopolartige Stellung besitze.

6. Diskriminierung im Fernsehen: Reden wir mal über Stefan Raab
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Nachdem Streaminganbieter wie Netflix und HBO mehrere diskriminierende Serien und Filme aus dem Programm genommen haben, sollte sich die deutsche TV-Branche ebenfalls den Sünden der Vergangenheit stellen, fordert Matthias Schwarzer. Er denkt dabei vor allem an das Œuvre von Stefan Raab, der sich in den 2000er-Jahren an homofeindlichen Klischees abgearbeitet habe. Schwarzer schlägt bei derartigem Videomaterial zumindest eine Hinweistafel vor und hat dafür auch einen Formulierungsvorschlag parat: “Hier sehen Sie einen der größten deutschen Entertainer, wie er 4:33 Minuten lang Lesben und Schwule beleidigt. Historischer Kontext: Das hat man im Jahr 2001 hier so gemacht.”

“Probleme bei der Rechteklärung”, Ver­un­glimp­fung von Frauen, Burda

1. Warum die ARD “Wuhan – Chronik eines Ausbruchs” kurzfristig abgesetzt hat
(spiegel.de, Klaus Raab)
Gestern Abend sollte im Ersten die SWR-Doku “Wuhan – Chronik eines Ausbruchs” ausgestrahlt werden. Die Produktion war im Vorfeld stark kritisiert worden, vor allem wegen der Verwendung von Filmmaterial einer chinesischen Propagandastelle. Nun kam es zu einer kurzfristigen Absetzung des Films, bei der vor allem die Begründung überraschte: Es gebe “Probleme bei der Rechteklärung”. Klaus Raab erklärt, was es damit auf sich hat.

2. Ver­un­glimp­fung von Frauen kann Volks­ver­het­zung sein
(lto.de)
Ein Mann hatte auf seiner Internetseite Frauen in zahlreichen Beiträgen als “Menschen zweiter Klasse”, “minderwertige Menschen” und “den Tieren näherstehend” bezeichnet und war dafür zunächst wegen Volksverhetzung verurteilt, danach jedoch freigesprochen worden. Nun hat das Oberlandesgericht Köln den Freispruch aufgehoben. Hauptanwendungsbereich der Volksverhetzung sei zwar immer noch rechtsradikale Hetze gegen Minderheiten, diskriminierende Äußerungen gegen Frauen seien jedoch auch vom Tatbestand erfasst.

3. RTL startet neuen Sender für Kinder
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 4:47 Minuten)
In Deutschland existieren zahlreiche Radiosender, doch das Hörfunkangebot für Kinder ist relativ begrenzt. Nun will Super RTL mit seinem neuen Sender Toggo die Lücke schließen. Doch wie groß ist der Markt eigentlich? Zumindest bei den Öffentlich-Rechtlichen habe man das Angebot reduziert: Der Kinderradiokanal KiRaKa sei vergangenes Jahr eingestellt worden, das bekannte Kindermagazin “Kakadu” gebe es nur noch digital auf Abruf. Michael Borgers hat bei einem Experten für Kinderradio nachgefragt.

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4. Nichtrassistische Sprache: Abschied von Blacklist und Whitelist
(heise.de, Matthias Parbel)
In der Softwareentwickler-Szene gebe es derzeit Diskussionen, wie man sich im Sinne einer diskriminierungsfreien Sprache von althergebrachten Fachtermini wie “Master” und “Slave” oder “Blacklist” und “Whitelist” lösen kann. Ganz neu seien die Vorstöße jedoch nicht. Beispielsweise habe das Drupal-Projekt bereits 2014 entsprechende Neudefinitionen vorgenommen, denen sich andere Entwicklerinnen, Entwickler und Teams angeschlossen hätten.

5. Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 186, 15.06.2020
(netzwerkrecherche.org, Daniel Drepper & Albrecht Ude)
Das Netzwerk Recherche widmet sich vornehmlich der “Förderung der Bildung durch Vermittlung von Recherchetechniken, Vermittlung von Wissen über professionelle Recherche zur Qualitätssteigerung der Medienberichterstattung, Erfahrungsaustausch über investigativen Journalismus”. Der Verein wird in der Branche für seine Jahreskonferenz geschätzt, eine Art Pflichtveranstaltung für Journalisten und Journalistinnen mit und ohne Rechercheambitionen. Und gelegentlich gibt es einen Newsletter, der eine wahre Fundgrube an weiterführenden Links und spannenden Beiträgen ist und allen Medieninteressierten ausdrücklich empfohlen werden kann.

6. Burda erweckt Fake-Tochter von Prinzessin Diana zum Leben
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Regenbogenpresse-Experte Mats Schönauer macht auf einen besonders beschämenden Fall von Betrug an Leserinnen und Lesern aufmerksam: Die Burda-Zeitschrift “Freizeit Spaß” präsentiert die angebliche Tochter von Prinzessin Diana (“Lady Di”) und spricht dabei von einer “sensationellen Enthüllung”. Sensationell ist dabei jedoch höchstens, wie scham- und gewissenlos die Geschichte zusammengebaut und zusammengelogen wurde.

Billiger Ruf nach härteren Strafen, Umstrittene Wuhan-Doku, Irrglaube

1. Härter, härter, härter
(diekolumnisten.de, Heinrich Schmitz)
Der Jurist Heinrich Schmitz kommentiert die neue “Bild”-Kampagne für höhere Strafen bei Kindesmissbrauch und “Kinderpornographie”: “Wer den Missbrauch von Kindern verhindern will, muss früher ansetzen. Strafgesetze greifen immer erst, sobald eine Tat begangen wurde. Dann ist es zu spät. Aber – und das macht den großen Reiz von Gesetzesverschärfungen für Politiker aus – verschärfte Gesetze kosten nichts und lassen sich im Wahlkampf gut vermarkten. Das ist wohl der Hauptgrund, warum so gerne lautstark nach ihnen gerufen wird. Wirksame Maßnahmen hingegen sind teuer und unpopulär.”

2. Gesetz gegen Hasskriminalität im Netz soll verabschiedet werden
(spiegel.de, Frank Patalong)
Diese Woche stimmt der Bundestag über das “Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität” ab. Es gehe darum, die Identifizierung von Netz-Hetzern und -Hetzerinnen zu ermöglichen oder zu erleichtern sowie die Durchsetzbarkeit von Klagen zu verbessern. Der Gesetzesentwurf werde wahrscheinlich eine Mehrheit finden, doch es gebe auch Kritik an den neuen Bestimmungen, wie Frank Patalong erklärt.

3. Die ARD zeigt Chinas Kampf gegen Corona – wie China ihn sehen will
(uebermedien.de, Hinnerk Feldwisch-Drentrup)
Heute Abend um 22:45 Uhr strahlt das Erste die SWR-Doku “Die Story im Ersten: Wuhan – Chronik eines Ausbruchs” aus, zu der es bereits vor wenigen Tagen Kritik in der “SZ” gab. Bemängelt wurde zum Beispiel, dass die Filmproduktionsfirma nicht in China gewesen sei und stattdessen Material des chinesischen Propagandaapparats verarbeitet habe. Hinnerk Feldwisch-Drentrup hat den Fall für “Übermedien” nochmal gründlich aufgearbeitet: “Auch wenn der Sender sich ‘von Anfang an der nicht unheiklen Materiallage bewusst’ gewesen sei, wie ein Sprecher betont, übernimmt die Doku in weiten Strecken die Inszenierung der KP: Nach dieser kam in der Coronakrise die Wende, als die Zentralregierung in Peking ‘die Zügel’ in die Hand nahm. Dabei war Xi schon Anfang Januar über den Ausbruch informiert und damit befasst. Das lässt der Film aber ebenso unerwähnt wie viele andere Probleme aus der Frühphase der Pandemie.”

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4. Markus Lanz im ZDF: Ein Moderator verblüfft mit gewaltiger Ignoranz
(fr.de, Daland Segler)
Daland Segler kritisiert den ZDF-Moderator Markus Lanz, den er für politisch voreingenommen hält: “Drei Dinge sollte mitbringen, wer als Gast zu einer Talkshow geht: Selbstbewusstsein, Kompetenz beim Thema und eine gewisse Dickfelligkeit. Wer sich von Markus Lanz einladen lässt, braucht allerdings noch etwas mehr: Ein gerüttelt Maß an Masochismus. Wobei: Das gilt vor allem für Menschen, die der Moderator (der keiner ist), verdächtigt, links zu sein.”

5. Verschwörungstheorien: Was gegen den Irrglauben hilft
(aerzteblatt.de, Alina Reichardt)
Alina Reichardt wendet sich mit ihrem Beitrag über Verschwörungserzählungen vornehmlich an Ärztinnen und Ärzte. Im medizinischen Alltag gebe es immer wieder Patientinnen und Patienten, die dem klassischen Gesundheitssystem und “der Schulmedizin” misstrauisch gegenüberständen, weil sie allerlei Mythen, Spekulationen und Verschwörungsideen aufsäßen. Der Artikel ist auch für medizinische Laien geeignet und kann dazu beitragen, die Gründe für derartige Verhaltens- und Denkmuster besser zu verstehen.

6. “Immer die gleiche Polizeiarbeit”
(taz.de, Erica Zingher)
Die “taz” hat sich mit der Kulturwissenschaftlerin und Literaturexpertin Sandra Beck über Krimis unterhalten. Wie wirken sich TV-Polizeiserien auf unser Verständnis von Wahrheit und Gerechtigkeit aus? Warum sind Polizeigewalt und Rassismus in Polizeiserien eher selten ein Thema? Und wie könnte eine neue Ethik des Erzählens im Krimi aussehen?

AfD-Elfmeter, Sarah Coopers Trump, Abnehmendes Corona-Interesse

1. Wie Medien der AfD helfen, sich rechtlich reinzuwaschen
(uebermedien.de, Johannes Hillje)
2018 veröffentlichte das Bundesinnenministerium auf seiner Website ein Interview, in dem Minister Horst Seehofer die AfD “staatszersetzend” nannte – eine “Verletzung des Rechts einer Partei auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb”, wie das Bundesverfassungsgericht befand. Leider schloss sich dem Versagen der Behörde das Versagen einiger Medien bei der Berichterstattung an. Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje zeigt anhand von Beispielen, was schiefgelaufen ist.

2. Facebooks teure Jagd auf den “schlimmsten kriminellen” Nutzer
(spiegel.de, Patrick Beuth)
Patrick Beuth berichtet von einer True-Crime-Story mit einigen rechtlichen Implikationen und einem moralisch-ethischen Dilemma: Facebook habe dem FBI dabei geholfen, einem Erpresser Schadsoftware unterzuschieben, mit deren Hilfe dessen IP-Adresse ermittelt werden konnte. Der Mann habe jahrelang auf Facebook junge Mädchen erpresst und bedroht und seine Spuren mit einem speziellen Betriebssystem verwischt.

3. Zoom schließt kurzzeitig Konten chinesischer Menschenrechtsaktivisten
(zeit.de)
Die US-amerikanische Plattform für Videokonferenzen Zoom greift anscheinend in Gespräche von chinesischen Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten ein beziehungsweise beendet oder unterdrückt sie. Zoom begründe das Vorgehen damit, dass man sich “an örtliche Gesetze” halten müsse.
Weiterer Lesehinweis: Twitter hat nach eigenen Angaben eine umfangreiche Löschaktion durchgeführt und dabei 170.000 chinesische Propaganda-Accounts entfernt (spiegel.de).

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4. News-Angebote leiden unter abnehmendem Corona-Interesse
(meedia.de, Jens Schröder)
Im Monat Mai hat sich einiges getan bei den Abrufzahlen der hundert erfolgreichsten journalistischen Digital-Angebote in Deutschland. Jens Schröder erklärt bei “Meedia”, was sich im Ranking verschoben hat. Bei den teilweise drastischen Abstürzen und bedeutenden Zuwächsen spiele das abnehmende Interesse an der Corona-Berichterstattung, aber auch ein geänderter Google-Algorithmus eine Rolle.

5. Volontariat in Corona-Zeiten
(deutschlandfunk.de, Anh Tran, Audio: 5:23 Minuten)
Anh Tran berichtet im Deutschlandfunk, wie sich die Corona-Pandemie auf das journalistische Volontariat bei Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen auswirkt. Viele der Auswahlverfahren seien in diesem Jahr coronabedingt ausgesetzt oder hätten per Videoschalte stattgefunden. Tran hat sich mit Verantwortlichen sowie Bewerberinnen und Bewerbern über die derzeit erschwerten Umstände unterhalten.

6. Wie man Trump wird
(faz.net, Tobias Rüther)
Die Comedy-Künstlerin und Entertainerin Sarah Cooper wird derzeit für ihre kurzen Videoclips gefeiert, in denen sie US-Präsident Donald Trump synchronisiert (Lip sync) und auf hinreißend komische Weise imitiert: “Zum Vorschein kommen die Gesten eines Chefs, der seinen Worten durch Posen Macht verleiht, und dadurch auch sich selbst. Cooper wiederum reißt diese Posen an sich und macht so Trumps Präpotenz sichtbar. Dabei dachte man eigentlich, man hätte ihn längst durchschaut.”

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