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Schwein gehabt

“Bild” darf Menschen – auch Verbrecher – nicht als “Schwein” oder “Dreckschwein” bezeichnen, das hat der Presserat mehrfach betont.

Trotzdem ist es wenig überraschend, dass “Bild” heute mit dieser Überschrift aufwartete:

Hat dieses Schwein den Mann an der A5 ermordet?

Wahrscheinlich haben sie in der Redaktion feixend unter den Tischen gelegen und diese Überschrift für noch unangreifbarer gehalten als die mit dem durchgestrichenen “Schwein”.

Aber sehen Sie selbst:

Motivationstrainer Detlef S. (50) im Schweinchenkostüm beim Marathonlauf

Der Tatverdächtige war so unvorsichtig gewesen und hatte sich zu einem früheren Zeitpunkt bei einem ganz anderen Anlass in einem Schweinekostüm fotografieren lassen.

Interessanterweise endet der längere Artikel auf Bild.de übrigens so:

Die Beweislage gegen Detlef S. und seinen Freund ist laut Fahndern erdrückend – doch ob und, wenn ja, warum sie dann die Tat begingen, wird wohl erst ein Prozess klären können…

… aber bis dahin hat man den Mann wenigstens schon mal medial verurteilt.

Mit Dank an Dennis und Spot.

Geheimdienstkrämerei um den CCC

Es gibt Meldungen, da braucht man nicht viel mehr als 140 Zeichen, um zu wissen, wer im Recht und wer im Unrecht ist:

Nach ergangener Einstweiliger Verfügung behauptet die Axel Springer AG nun nicht mehr, der #CCC würde für den #BND arbeiten.

Auf der einen Seite die Springer-Presse, deren Angestellte scheinbar ständig die Grenzen des Journalismus und des menschlichen Anstands ausloten, auf der anderen Seite der Chaos Computer Club, galaktische Gemeinschaft und Retter der Bürgerrechte. Wer da zweifellos Recht hat, ist doch klar, oder?

Doch worum geht es? In der “Berliner Morgenpost” und im Online-Angebot der “Welt” war am 3. März ein Artikel erschienen, der ein desaströses Bild von der Einsatzfähigkeit deutscher Sicherheitsbehörden im Anti-Terror-Kampf zeichnete. Überschrift: “Ohne USA geht bei der Terrorbekämpfung nichts”.

Darin enthalten war diese verfängliche Textstelle:

Heute soll Pullach nicht einmal in der Lage sein, sich in moderne Computer zu hacken. Entsprechende Aufträge würden deshalb an externe Spezialisten wie den Chaos Computer Club (CCC) vergeben. Dieser dementiert das allerdings und spricht von Gerüchten.

Für die Hacker des CCC erschien dies als enorme Provokation, verbindet sie mit den Geheimdiensten aller Art nicht nur eine grundlegende Abneigung, sondern auch traumatische Erinnerungen.

CCC-Mitglied Felix von Leitner machte seiner Empörung Luft:

Wir sprechen nicht von Gerüchten, sondern von aktiver Desinformation, um unseren guten Namen zu beschmutzen.

Das Landgericht Berlin schloss sich der Argumentation des Chaos Computer Clubs an und verbot der Axel Springer AG am 9. März unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, das Gerücht zu wiederholen. Wie gewohnt gibt sich die Axel Springer AG bei Rechtsstreitigkeiten in eigener Sache sehr zugeknöpft: “Wir bewerten derzeit den aktuellen Sachverhalt und prüfen, ob wir Rechtsmittel einlegen”, erklärt ein Sprecher gegenüber BILDblog.

Der Artikel verschwand daraufhin aus dem Angebot von “Welt Online”, im Online-Angebot “Morgenpost” wurde er entschärft — vom Chaos Computer Club ist nun nicht mehr die Rede.

Doch auf den zweiten Blick ist die Verteilung von Gut und Böse nicht mehr so eindeutig. Es ist zwar möglich, dass die Information einer vermeintlichen Zusammenarbeit zwischen CCC und BND gezielt gestreut wurde — für einen Frontalangriff der “Springer-Presse” wäre dieses Vorgehen zumindest ungewohnt subtil: Das Gerücht war im Konjunktiv wiedergegeben, erschien an einer unscheinbaren Stelle im Text und das Dementi des CCC schloss direkt an. Kampagnen sehen anders aus.

Dass Journalisten nun die Wiedergabe eines Gerüchts verboten wurde, ist auch im Hinblick auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs zur Haftbarkeit bei der Verbreitung fremder Äußerungen vom November 2009 juristisch fragwürdig. Auch muss sich der CCC fragen lassen, was durch die Gerichtsentscheidung erreicht wurde: Der Artikel wird nicht ungelesen, die Unterlassungsverfügung verschließt die Diskussion darüber auf möglichst intransparente Weise. Zudem wurde der Chaos Computer Club einst auch zu dem Zweck gegründet, anonymen Informanten einen Weg in die Öffentlichkeit zu bahnen. Wenn solche Aussagen allzu einfach per Gericht aus der Öffentlichkeit verbannt werden können, wird aus dem juristischer Erfolg vielleicht schon bald ein Pyrrhussieg.

Gerüchterstattung

Es ist schon ein Kreuz mit dem Twitter-Journalismus oder der “neuen Medienwelt”, wie sie Thomas Schuler heute auf der Medienseite der “Süddeutschen Zeitung” anhand von Gerüchten über den Gouverneur des US-Bundesstaats New York beschreibt:


Manchmal schicken Journalisten heute eine Frage über das Internet raus und nennen das Recherche. Erkundungen über die Stichhaltigkeit des Gerüchts, die eigentlich vor der Entscheidung über eine Veröffentlichung steht, machen das Gerücht bereits öffentlich.

Und weiter:

Alle greifen die Twitter-Frage von Koblin auf und rechtfertigen damit ihre Berichte. New York Post, Daily News, Talkradio, Huffingtonpost.com, AP, Reuters, die Online-Ausgabe der Washington Post - alle berichten. Sie nennen die Gerüchte Gerüchte, das schon. Aber sie verbreiten sie und sie befördern den Rufmord.

Doch man muss nicht nach Amerika schweifen, um diesen Medien-Mechanismus zu betrachten. Um zu sehen, wie die Berichterstattung Gerüchterstattung funktioniert, kann der Leser der “SZ” auch einfach zwei Seiten weiter blättern. Dort, mitten im Wirtschaftsteil, berichtet gerüchtet die “Süddeutsche” selbst. Über Kim Schmitz, den C-Prominenten der deutschen IT-Szene der 90er Jahre, gibt es nämlich neue Fakten Informationen. Nunja:

Der inzwischen 36-Jährige hat im Leben schon viele Rollen verkörpert: Einst ein vermeintlich genialer Hacker, dann ein scheinbar erfolgreicher Unternehmer, schließlich ein verurteilter Betrüger, und dann nur noch ein Phantom. Nun soll er wieder aufgetaucht sein. Das zumindest glaubt die neuseeländische Zeitung New Zealand Herald. Sie will den verschollenen "Kimble" gefunden haben, und zwar als Käufer einer der teuersten Villen des Inselstaates.

Das mag richtig sein oder auch nicht – mehr als einen anonymen Insider weiß auch der “New Zealand Herald” nicht zu zitieren. Dies ist freilich ein Informationsweg, der gerade in Sachen Kim Schmitz chronisch unzuverlässig ist. Aber die “Süddeutsche” hat nicht einfach nur Gerüchte abgeschrieben, sondern sogar recherchiert:

Seine längst stillgelegten Websites sind bis heute auf die Firma Kimpire Ltd mit Geschäftsadresse in der Metropole registriert. Kim Schmitz war dort am Montag weder telefonisch noch per E-Mail erreichbar.

Und so wird aus einem unbestätigten Gerücht ein – nunja – unbestätigtes Gerücht.

Warum sich deutsche Leser für den angeblichen Hauskauf 23000 Kilometer entfernt interessieren sollten, lässt die “Süddeutsche Zeitung” freilich offen – es ist schlichtweg ein willkommener Anlass, die uralten Kimble-Stories noch einmal zu erzählen.

Der Branchendienst “Meedia” versuchte bereits am Montag die Dringlichkeit dieser Fast-Informationen zu vermitteln. Nicht neue Fakten, sondern das gewaltige Medienecho ist Anlaß für die Berichterstattung:

New Economy-Hochstapler zurück in den Schlagzeilen

Das Wort “Schlagzeilen” ist freilich eine gewagte Interpretation der Sachlage, denn mehr als den einen Bericht einer neuseeländischen Zeitung hatte es bis dahin nicht gegeben.

Und der IT-Nachrichtendienst “Golem” fantasierte am Montag gar von einer öffentliche Verlautbarung des notorisch lauten Schmitz. Nicht ein anonymer Insider, Schmitz selbst habe sich sich in den Medien zurückgemeldet:

Kim Schmitz meldet sich zurück

Aber wen interessieren schon Details, schließlich ist die Medienspirale längst in Gang gesetzt: Aus Gerüchten sind Schlagzeilen geworden, die dann von weiteren Medien zitiert werden können. So zum Beispiel am Dienstagnachmittag von der Online-Ausgabe des österreichischen “Standard”, die den Artikel der “Süddeutschen” dankbar abschreibt aufgreift.

Obwohl die Geschichte damit durch die Hände von fünf Redaktionen gegangen ist, ist nicht einen Deut klarer, ob das Gerücht mehr als ein wildes Gerücht ist. Aber das ist egal. Denn wie es Alexander Becker bei Meedia formuliert:

Mittlerweile finden sich im Web so viele Gerüchte, Geschichten und Anekdoten über den vermeintlichen Hacker, dass sich Wahrheit und Fakten nur noch schwer trennen lassen. Damit hat der vermeintliche Kauf der Chrisco Mansion alles, was eine gute Schmitz-Story braucht. Fortsetzung folgt garantiert.

Nachtrag, 18.2.: Am Mittwoch hat auch die “Abendzeitung” das Gerücht aufgegriffen – die Münchner haben wenigstens pro forma eine E-Mail verschickt.

Und am Donnerstag hat schließlich auch Bild.de die Nicht-Nachricht entdeckt und präsentiert sie natürlich brandheiß und inaktuell. Obwohl die “Bild” Schmitz über Jahre unkritisch jede PR-Eskapade geglaubt hat, weiß die Redaktion jetzt nicht einmal von einem misslungenen Kontaktversuch mit dem “Prahlhans” zu berichten.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nur in Begleitung Erwachsener

Bild.de hat einen neuen schockierenden, brutalen, ja gar perversen Trend entdeckt:

Sie schlagen sich, prügeln brutal aufeinander ein: Junge Mädchen in Amerika liefern sich gnadenlose Kämpfe und stellen die Prügel-Videos ins Internet – ein lebensgefährlicher Trend.

Illustriert wird das – wie sollte es auch anders sein? – mit einem Video aus der Bild.de-Redaktion: Einem Zusammenschnitt der besten brutalsten Szenen, in denen Mädchen hemmungslos aufeinander einschlagen, sich ins Gesicht treten, sich auf dem Boden wälzen.

Brutaler Trend in den USA - Prügelmädchen in Netzvideos

Mit sonorer Stimme betont der Off-Sprecher die Gefährlichkeit dieser Netz-Videos — denn die Mädchen sind nicht aus eigenem Antrieb so brutal:

Meist wollten sie damit Aufmerksamkeit erhaschen, so die Experten. Und spätestens im Netz bekommen die Ausrasterinnen das auch. Millionen Klicks verstärken damit den Trend.

Wie recht diese Experten haben, kann man derzeit auf der Startseite von Bild.de betrachten:

Meistgeklickte Videos

Warum Bild.de bei diesem offensichtlich so perversen Trend mitmacht? Es liegt nicht etwa an den Millionen Klicks, die man damit ergattern kann — Nein, die Kinderfreunde haben alleine pädagogische Gründe:

Für Kinder und Jugendliche sind brutale, gewalttätige Szenen heute leicht zugänglich. Deshalb rät Dr. Jennifer Harstein: Eltern sollten wissen, was sich ihre Kinder ansehen und offene Gespräche darüber führen. Stellen sie viele Fragen, forschen sie, statt sofort zu bestrafen oder kategorisch zu verbieten. Eltern sollten ihre Kinder ermutigen, verstörende Videos anzuzeigen, möglicherweise auch anonym. Internet-Experten halten diese Methode für die beste, um den gefährlichen Trend abzuwenden.

Diesem Rat können wir uns nur anschließen. Sollten Eltern ihre Kinder beim Ansehen der “meistgeklickten Videos” auf Bild.de ertappen, sollten sie nicht sofort mit Strafen und Verboten, sondern mit Verständnis und penetranter Neugier reagieren.

Sprechen Sie mit ihnen darüber, wie sie auf die Webseite gelangt sind. Wollten sie vielleicht nur sehen wie ein weiblicher Fußball-Fan “blank zieht”, sich den “voll krassen” Redaktionsbesuch von Bushido anschauen? Oder hofften sie Nachrichten, wenn nicht gar verantwortungsvollen Journalismus auf der Webseite zu finden?

Reden Sie darüber! Denn nur so können wir unsere Kinder vor den Perversionen des Internets bewahren.

  

“Bild”-Wörterbuch

In den “Bild”-Redaktionen werden beständig neue Wörter produziert: selbsthaftende Etiketten für die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme. Fast täglich werden es mehr. Eine unvollendete Sammlung, von niedlich bis menschenverachtend, von verharmlosend bis vorverurteilend.

Hinweis: Seit den Relaunch von Bild.de Anfang 2006 führen leider einige externe Links im Wörterbuch nicht mehr zum Ziel.

 

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

 

Abschiebe-Mädchen: minderjährige weibliche Person, der eine Ausreise-Aufforderung zugestellt wurde.

Altersangabe: geschätzter, vermuteter oder geratener Wert, der das mögliche Alter einer Person illustrieren soll.

Aids-Mann, unheimlicher: männliche Person afrikanischer Herkunft, die mehrere Frauen wissentlich mit HIV infiziert hat.

Aids-Playboy: männliche Person, die mehrere Frauen wissentlich mit HIV infiziert hat.

Airboss: Airbus A 380.

Amy Weinhouse: Amy Winehouse.

anonyme Handy-Nachricht: SMS, deren Absender die Empfängerin zu kennen glaubt.

Aschenputtel-Richterin: Richterin in Robe.

Atom-Chaoten: Greenpeace-Aktivisten, die gegen Atomkraft demonstieren.

Ausbrech-Bär: Brillenbär Juan aus dem Berliner Zoo (→ Flucht-Affe).

Baby-Beweis: Foto von Heidi Klum mit ihrem vier Tage alten Kind.

Badewannenfrau: telefonierende Kellnerin in der Badewanne, deren Wohnung von SEK-Beamten mit der eines Drogendealers verwechselt wird.

Balken-Fußball: Fernseh-Übertragung im “Quetsch-Format” 16:9.

Balkonmonster: (auch: Balkon-Vergewaltiger). Mann, der bei Frauen einsteigt, um sich sexuell an ihnen zu vergehen.

Bauch-Geheimnis: Operationsnarbe von Uwe Ochsenknechts Ehefrau Natascha.

Bein-ab-Professor: Dozent der Fachhochschule Dessau, dem anlässlich einer Entzündung in einer kostarikanischen Klinik das rechte Bein amputiert wurde, dessen linkes Bein aber nach Angaben der “Mitteldeutschen Zeitung” in einer deutschen Klinik gerettet werden konnte. (vgl. → Ohr-ab-Hund)

Benz-Baby: Luca-Timon Schrempp.

Benzin-Wut: Unzufriedenheit über die Höhe des Benzinpreises.

Berlinackte, die: (1) Von “Bild” erdachter Spitzname für die Schauspielerin Bai Ling, die während der Berlinale 2004 durch sparsame Bekleidung aufgefallen war. (2) Bezeichnung für Frauen, die irgendetwas mit Berlin und nackten Brüsten zu tun hatten oder einfach unbekleidet in der Stadt waren.

Bestie, fette: übergewichtiger Angeklagter.

Beton-Mutter: Sonderfall der → Todes-Mutter.

Bibber-Oma: 88-Jährige, die “bei 15 Grad bibbern” muss, weil der → Herzlos-Vermieter ihr die Heizung abgedreht hat.

Bin-Laden-Vize: Abu Mussab el Sarkawi.

Blut-Rallye, perverse: Fahrt mit einem Personenkraftwagen über eine Schaf-Weide, bei der ca. sechs Tiere zu Tode kommen.

Blutschande-Kinder: Abkömmlinge zweier Verwandter ersten Grades (→ Inzest-Paar).

Blut-Vermögen: Nachlass eines Mannes, der Amok lief.

Bojen: → Dutten; → Hupen.

Boller-Brüste: Brüste von Pamela Anderson.

Boris Specker: Boris Becker, von Paparazzi unvorteilhaft fotografiert.

Brücken-Teufel-Witwer: Ehemann des → Holzklotz-Opfers.

Brummi-Killer: Lkw-Fahrer, dem mehrere Morde zur Last gelegt werden.

Brust-ab-Mord: Tötungsdelikt, bei der das Opfer “pervers verstümmelt” worden sein soll.

Busen-Alarm: Noch mehr Fotos von leichtbekleideten Frauen (→ Popo-Alarm).

Busen-Ballarina: Ballettänzerin mit Körbchengröße 75 H.

Busen-Bettlerinnen: Frauen, die um Spenden für Brust-OPs bitten.

Busenblitzalarm: Kurzzeitiger Blick auf sekundäres Geschlechtsmerkmal prominenter Frauen (→ Nippel-Alarm)

Busenmacher-Witwe: Frau mit operativ vergrößerter Brust und gestorbenem reichen Ehemann, die sich gegen die Bezeichnung → Busenwitwe wehrt.

Busen-Krieg: Zwist zweier Frauen wegen eines Mannes.

Busen-Witwe: Frau mit operativ vergrößerter Brust und gestorbenem reichen Ehemann.

China-Sklaven: illegal eingeschleuste Chinesen.

danach: davor (→ davor)

Danny DeCitro: Danny DeVito, wenn er Zitronenlikör verkauft.

David Gagahoff: David Hasselhoff als Opfer von Internet-Spott.

davor: danach (→ danach)

Deutürken: Türken mit Deutschland als zweiter Heimat.

Deutürk-Fahne: schwarz-rot-goldene Flagge mit Halbmond und Stern.

Döner-Killer: mutmaßliche/r Serienmörder von Opfern, die minderheitlich (2 von 9) in einem Dönerimbiss gearbeitet bzw. einen Döner-Imbiss besessen haben.

Doppel-Nackt-Triumpf: Zwei Frauen, die bei einem “Playboy”-Wettbewerb erfolgreich waren, kommen aus derselben Stadt.

3D-Papst: Filmregisseur James Cameron, dessen Erfolgsfilm “Avatar” in 3D gedreht wurde.

Drogen-Attacke auf dem Schulhof: Wortspiel (Schultüte / Haschisch-Tüte) im Fernsehen auf Kosten einer Mutter.

Dutten: Brüste der Sängerin Courtney Love (→ Hupen, → Schaumglocken).

Eis-Baby: Kind, das nach seinem Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt wird (→ Eis-Eltern).

Eis-Eltern: Paar, dessen gemeinsames Kind (→ Eis-Baby) nach dessen Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt wird.

Eis-Halle: Handballhalle im tunesischen Sousse.

Eis-Mädchen: Kind auf Intensivstation, nachdem es in einen vereisten See eingebrochen war.

Eis-Mutter: Frau, die eines ihrer Kinder nach dessen Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt.

Eis-Vater: Mann, dessen Ehefrau das gemeinsame Kind nach dessen Tod in der Tiefkühltruhe aufbewahrt.

Energie-Abzocker: Energieversorgungsunternehmen, die die Preise erhöht haben.

Engel mit den Eisaugen, der: amerikanische Studentin, die in Italien ihre Mitbewohnerin getötet haben soll.

enthüllen: (1) etwas behaupten; (2) etwas längst Bekanntes mit Verspätung aufgreifen.

Erb-Penner: Obdachloser, der von seinem Vater ein Haus geerbt hat.

Erdnuss-Komet: Asteroid, dessen Form an eine Erdnuss erinnert.

exklusiv: bei einer Pressekonferenz mitgeschrieben.

Fesselsex-Anwalt: Schwiegersohn der → Fesselsex-Oma.

Fesselsex-Oma: Schwiegermutter des → Fesselsex-Anwalts.

Fliegenmädchen: äthiopisches Mädchen, das kein Geld für Waschwasser hat und deshalb Fliegen anzieht (→ Tränenjunge).

Flucht-Affe: Gorilla Bokito aus dem Berliner Zoo (→ Ausbrech-Bär).

folgenlos Beschuldigter: Angeklagter, dessen Karriere und Ruf durch einen Strafprozess, an dessen Ende er freigesprochen wurde, zerstört wird.

Fremdgeh-Wetter: Sonnenschein mit sommerlichen Temperaturen.

Fremdkuss (auch: fremdknutschen): Begrüßungsbussi in Anwesenheit von Paparazzi.

Ganz Deutschland: die “Bild”-Redaktion (in Wendungen wie Ganz Deutschland spricht über…”, “Ganz Deutschland diskutiert…”, “Ganz Deutschland rätselt…”).

Gasnosse: Gerhard Schröder, der im Anschluss an seine Kanzlerschaft Berater einer russischen Gasfirma wurde.

geheim: (1.) der “Bild”-Zeitung erst seit Kurzem bekannt; (2.) der “Bild”-Zeitung und ihren Lesern schon länger bekannt; (3.) weltweit lange bekannt; (4.) irgendwas mit Hitler; (5.) öffentlich; (6.) falsch; (7.) öffentlich und von “Bild” gefälscht; (8.) von “Bild” bis heute nicht verstanden; (9.) von “Bild” aus anderen Zeitungen abgeschrieben; 10.) privat (vgl. auch → heimlich).

Gewissheit, traurige: Befürchtung, schlimme.

Glatzen-Gau: eigenhändiges Abrasieren des Haupthaars in einem von Paparazzi belagerten Frisiersalons.

Glatzkopf-Killer: Mann mit kurzen Haaren und Halbglatze, der wegen Totschlags angeklagt ist.

Gluck-gluck-weg-war’n-sie-Schwimmer: Schwimmer des Deutschen Schwimmverbandes, die bei Olympischen Spielen nicht die Medaillenerwartungen der “Bild”-Zeitung erfüllen.

Google-Killer: Wegen Mordes Verurteilter, der vor seiner Tat im Internet recherchiert hat.

Grand-Prix-Porno: privater Videofilm mit pornografischem Inhalt unter Mitwirkung der späteren kroatischen Teilnehmerin am Eurovision Song Contest 2006, der “schon vor zwei Jahren für großes Aufsehen sorgte”.

Grinse-Killer: mutmaßlicher Mörder, von dem die Polizei ein Fahndungsfoto veröffentlichte, das ihn lachend zeigt.

Grinsi-Klinsi: Jürgen Klinsmann, lächelnd.

Grusiker: Marilyn Manson.

Gyros-Bomber: griechischer Fußballspieler.

Hamster-Dödel: überdurchschnittlich kleiner Penis (→ Mini-Enrique).

Haschisch-Bomber: Ebi Smolarek (mehrere Jahre, nachdem er 2002 wegen Haschisch-Konsums von der Europäischen Fußball-Union mal für drei Monate gesperrt worden war).

heimlich: ohne “Bild” einzuladen (vgl. auch → geheim).

Herzlos-Vermieter: Vermieter, der einer 88-jährigen Frau (→ Bibber-Oma) die Heizung abgestellt hat.

“Hinkefering”, Franz: Vize-Kanzler Müntefering (SPD) mit Bänderriss.

Hitlerkind Franz Josef Wagners ganz persönliche Bezeichnung für Neonazis (vgl. auch → Nazi-Killer).

Hitler-Putsch: Putschversuch, bei dem es sich nicht um den “Hitler-Putsch” handelt.

Hochhaus-Baby, totes: Kleinkind, das den offenbar vorsätzlich herbeigeführten Sturz aus einem 21-stöckigen Haus nicht überlebte.

Holocaust-Bestie: Adolf Eichmann, NS-Kriegsverbrecher.

Holzklotz-Opfer: Frau, die durch einen von einer Autobahnbrücke geworfenen Holzklotz ums Leben kam.

Horror-Eltern: Elternpaar, das wegen Mordes an seiner Tochter angeklagt ist.

Hunger-Hund: abzumagernde Mischlingshündin, die bei Flugreisen ins Handgepäck passen sollte.

HunSticker, Michelle: Moderatorin Michelle Hunziker als Gratis-Aufkleber-Motiv der Springer-Zeitschrift “TV Digital”.

Hupen: Weibliche Brüste (“Freie Sicht auf die Hupen”: → Nippel-Alarm).

Hurensohn: Kind einer Prostituierten.

Igelmädchen: 21-jährige Frau, die einen Igel von der Straße retten wollte und dabei tödlich verunglückte.

Inzest-Paar: Verwandte, die gemäß § 173 StGB den Beischlaf zwischen Verwandten vollzogen haben. → Inzest-Bruder, → Inzest-Vater.

Inzest-Monster: Mann, der seine Tochter 24 Jahre lang im Keller eingesperrt und mit ihr gegen ihren Willen zahlreiche Kinder gezeugt haben soll.

Irak: Iran.

“Irre von Teheran”, der: Mahmud Ahmadinedschad, iranischer Präsident.

Jahrtausend-Papst: Karol Józef Wojtyła (1920 – 2005, von 1978 – 2005 als Johannes Paul II. Oberhaupt der katholischen Kirche)

Jammer-Buch: Magnus Gäfgen, “Allein mit Gott – Der Weg zurück”, Atlantic Milenium Press 2005, 215 S.

jetzt: Zeitraum, der grob zwischen einem, drei, fünf und 22 Jahren liegt.

Käfigbande: Mit-Angeklagte.

Kaiser-Heli: Hubschrauber vom Typ “Agusta A 109”.

Karne-geil, der: Hochstimmung beim Karneval.

Käse-Tussi: Niederländerin.

Käs Moss: Kate Moss, die mit einem Käsesandwich nach Pete Doherty geworfen haben soll.

Kate Singleton: Kate Middleton, (Ex-)Freundin von Prinz William.

Katzen-Kraft: Aus Müll gewonnener Diesel-Treibstoff.

Killer-Krankheit: Schlaganfall.

Killer-Nazis (pl.): Gruppe von Rechtsextremisten, die mindestens zehn Menschen erschossen haben (ursprünglich und irreführenderweise auch “Nazi-Killer”).

Killer-Schüler (pl.): 17-jährige Jugendliche, die ein Ehepaar getötet haben.

King Knall: Miroslav Klose.

Klapprad-Rentner: 92-Jähriger, der von einem LKW “totgequetscht” wurde.

Klau-Chance, keine: unumstrittene olympische Goldmedaillen für deutsche Teilnehmer.

Klima-Heuchler: Sigmar Gabriel.

Klümchen: Leni Klum (Tochter von Heidi Klum).

Klümchen Nr. 2: Henry Günther Ademola Dashtu Samuel Klum (Sohn von Heidi Klum) (→ Klümchen).

Klum-Kugel: Bauch der schwangeren Heidi Klum.

klumen: unbestimmte Handlung von Heidi Klums ganzem Glück.

Krawall-Bär: Braunbär auf deutschem Boden.

Krebsjunge: (1.) An Krebs erkranktes Kind, das in Mexiko starb. (2.) Vom Krebs geheilter Jugendlicher, der im Michael-Jackson-Prozess als Ankläger und Zeuge auftrat.

Krebsmädchen: An Krebs erkrankte Minderjährige, über deren Schicksal “Bild” eine Zeitlang berichtet.

Kuckucks-Vater (auch “Zahle-Papa”): Mann, der Unterhalt für ein Kind bezahlt, das er nicht gezeugt hat.

Kuss-Mädchen: vermeintliche Freundin von Tom Kaulitz.

Kuss-Unfall: öffentlicher Kuss.

Kurti (auch “faltiger Kurti”): Kurt Russells Penis.

Kurvikova: die frühere Profi-Tennisspielerin Anna Kournikova, als sie noch “ultra-feminin” war und “schöne Rundungen” hatte.

Leichenprofessor (auch: Leichen-Mann): der umstrittene Anatom Gunther von Hagens, Visiting Professor an der New York University (USA), Gastprofessor an der Dalian Medical University (China) und Honorarprofessor an der Bishkek State Medical Academy (Kirgisien).

Liebesdepp, Deutschlands größter: Mann, der auf Mallorca eine Frau kennenlernt, sie nicht nach Name und Telefonnummer fragt und sich anschließend an “Bild” wendet.

Liebesmonster, tätowiertes: Erwachsener Mann, der möglicherweise eine Zeitlang in einer Intimbeziehung mit einer Minderjährigen zusammenlebte.

Luder-Alarm: wird von “Bild” meist bei → Luder-Rückfall ausgelöst, kann gleichzeitig mit → Busenblitzalarm oder → Nippel-Alarm auftreten.

Luder-Rückfall: wiederholtes freizügiges Verhalten einer meist prominenten, weiblichen Person. Oftmals gekennzeichnet durch → Busenblitzalarm oder → Nippel-Alarm.

Lügen-Politiker: Politiker, der nachweislich mehrere falsche, eidesstattliche Versicherungen abgegeben hat.

Maulkorb-Urteil: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Veröffentlichung von Paparazzi-Fotos.

Mini-Enrique: überdurchschnittlich kleiner Penis (→ Hamster-Dödel).

Mini-Models: Brüste von Kate Moss.

Mord-Reiter: die Janjawid (berittene arabische Miliz), denen der → Tränen-Junge entkam.

Müll-Kinder: Kinder, von denen “Bild” behauptet, sie seien verwahrlost.

nachrechnen: Online-Berechnungen anderer (z.T. ohne Quellenangabe) übernehmen.

Nackt-Freundin: Striptease-Tänzerin, deren Beruf in einem Mord-Prozess keine Rolle spielt.

NacktFotograf: Aktfotograf mit Stalkerneigung (nicht zu verwechseln mit “Nackt-Fotograf”).

Nackt-Künstler: Aktmaler.

Nackt-Test: niederländische DVD, die Ausländern Informationen über ihr Einwanderungsziel vermittelt.

Nackt-Unfall: TV-Auftritt der Sängerin Kylie Minogue in einem kurzen geschlitzten Rock, bei der sekundenlang ihr vermutlich hautfarbener Slip zu sehen war.

NacktTochter: junge Frau mit prominentem Vater, von der “Bild” monatlang wiederholt verschiedene Oben-ohne-Fotos zeigte.

Nackt-Zensur: (1.) Überlegung der griechischen EU-Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou, das Abbilden sog. “Seite-1-Mädchen” europaweit zu verbieten. (2.) Entscheidung, einen TV-Film ohne eine überflüssige Nacktszene zu zeigen.

Narbenmann (auch: Narben-Sänger): der an Lupus erythematodes erkrankte Sänger Seal Henry Olusegun Olumide Adelo Samuel (genannt Seal).

Nippel-Alarm: Kurzzeitiger Blick auf sekundäres Geschlechtsmerkmal prominenter Frauen (“Freier Blick auf die → Hupen).

Nippel-News: mit einem Schriftzug bedruckte T-Shirts für Frauen.

Ohr-ab-Hund: Hund, dem die Ohren abgeschnitten wurden.

Ohr-Abschneider: Mann, der dem → Ohr-ab-Hund die Ohren abschnitt.

Okrakel: Oktopus, der den Ausgang von Fußballspielen richtig vorhersagt.

Pannen-Pipi: Tomislav Piplica, Torwart von Energie Cottbus.

Papstneidische Glaubensbrüder: papstkritische Christen.

Pasta-Schnute: Mund eines Italieners.

Penis-Attacke: Entblößung eines männlichen Geschlechtsteils spätabends im Fernsehen.

Penis-Gerücht, irres: (auch: Penis-Anhängsel, irres) die im Internet aufgekommene und mit unseriösen Quellen untermauerte Behauptung, die Sängerin Lady Gaga habe (auch) ein männliches Geschlechtsorgan.

Penis-Opfer: Chavdar Yankov.

Perversling, feiger: Angeklagter (wg. sexuellen Missbrauchs Minderjähriger), der sein Gesicht vor Fotografen verbirgt.

Pete Drogerty: Pete Doherty.

Pfui-Liga: Fußball-Bundesliga.

Pfui-Profis: Bundesliga-Fußballspieler, die versteckte Fouls begehen.

Pfui-Skandal: umstrittene “Struwwelpeter”-Bühnenfassung am Berliner Carrousel-Theater.

Pfui-TV: britische Fernsehserie “The Farm”.

Pfusch-Mädchen: Junge Frau nach missglückter Dutten- Hupen- Schaumglocken- Zuckertüten- Brust-OP.

Pilzminator: US-Politiker und ehemaliger “Terminator”-Darsteller Arnold Schwarzenegger, in dessen verkaufter Villa ein Schimmelpilzbefall festgestellt wurde.

Pipi-Bombe: Abwässer, die in gefrorenem Zustand aus der defekten Bordtoilette eines → Pipi-Jets austreten.

Pipi-Fälschung: Austausch einer Urinprobe gegen Fremdurin aus einem an den Genitalien befestigten Plastiksack.

Pipi-Jet: Flugzeug, aus dessen defekter Bordtoillete Abwässer austreten (→ Pipi-Bombe).

Pipi-Überwachung: Urin-Probe zur Dopingkontrolle (→ Schummel-Pinkler).

Plapper-Assi: Assistenztrainer Roland Koch.

Pleite-Griechen, die: Einwohner Griechenlands.

Pleite-Protz-Scheich, der: (auch: Scheich Protz) Muhammad ibn Raschid Al Maktum, Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate.

Pocasso (auch: Po-mmendorf, Po Vinci oder Toulouse Po-utrec): Tätowierung auf dem Steiß.

Polen-Schumi: Robert Kubica, polnischer Formel-1-Pilot.

Pop-Titan: Dieter Bohlen.

Popo-Alarm: Veröffentlichung von Fotos leichtbekleideter Frauen (→ Busen-Alarm).

Popo-Unfall, gemeiner: Steißbeinbruch.

Porno-Rückfall, schwerer (auch: Schmuddel-Rückfall, erschütternder): “FHM”-Kolumne einer ehemaligen Porno-Darstellerin über “erotischen Erfahrungen mit farbigen Männern” (“Bild”).

Porno-Verdacht: Vermutung, dass Illustrationen auf Kaubonbon-Verpackungen sexuelle Handlungen darstellen.

Prinz Pause: Lukas Podolski als Ersatzspieler.

Prinz Peng: Lukas Podolski.

Prinz Peng, kleiner: Louis Podolski, Sohn von Lukas Podolski.

Prinzessin von Hohenkullern: Prinzessin Maja von Hohenzollern, deren rechte Brustwarze durch das Verrutschen ihres Kleides beim Tanz kurzzeitig zu sehen war (→ Zuckertüte).

Prof. Kara-Flex: der mit umgangssprachlichen Begriffen aus dem Hand- und Heimwerkermillieu wenig vertraute Anekdotenerzähler Hellmuth Karasek.

Prügelnacht von Istanbul, die (auch “Prügelnacht von Türkei gegen Schweiz”): Gewalttätigkeiten unter Fußballern nach einem WM-Qualifikationsspiel (→ “Türken-Sünder”)

Prügel-Nacht von Potsdam, die: Übergriff auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M.

Prügel-Prinz: ursprünglich Ernst-August von Hannover, inzwischen auch Harry Windsor und Frederic von Anhalt.

Prügel-Türke: Özalan Alpay; vgl. auch Prügelminister (Christoph Palmer), Prügel-Gauchos (Argentinische Fußballnationalmannschaft von 2006), Prügel-Model (May Andersen), Prügel-Männer und Prügel-Mädchen (diverse) sowie → Prügel-Prinz.

Pummelnaldo: der brasilianische Fußballspieler Ronaldo Luís Nazário de Lima nach Gewichtszunahme.

Pummel-Tore: erfolgreiche Torschüsse des brasilianischen Fußballspielers Ronaldo Luís Nazário de Lima trotz Übergewichtes.

Reifen-Depp: Michelin-Sportchef Pierre Dupasquier.

renommiert: umstritten.

Rollstuhl-Mädchen: 30-jährige Rheumakranke.

Rollstuhl-Sängerin: gelähmte Volksmusikinterpretin.

“Sahara-Sex”: Geschlechtsverkehr bei Außentemperaturen von bis zu 37 Grad Celsius.

Sarrazin-Land: Stadtteil mit sehr hohem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, besonders Muslimen.

SAT 1-Baby: Fötus einer Mitarbeiterin in der Sat.1-Abteilung “Show & Unterhaltung”, der mutmaßlich von RTL-Chef Marc Conrad gezeugt wurde.

schänden: Ein mit einem Hakenkreuz bekritzeltes Din-A-4-Papier vor das Wappen der deutschen Botschaft in Athen halten.

Schamlos-Ehepaar: Paar, das angekündigt hat, während seiner Teilnahme an der RTL2-Show “Big Brother” ein Kind zeugen zu wollen.

Schaumglocken: Brüste der Sängerin Britney Spears (→ Hupen).

Schiri-Frau: Schiedsrichterin.

Schlechtschreibreform: Rechtschreibreform.

Schleck-Fall: Begrüßungskuss zwischen Dieter Thomas Heck und Jürgen Drews.

Schlüpfer-Opa: verheirateter 59-Jähriger, der heimlich Damenunterwäsche kauft und trägt.

schmidtzig: wichtigstes Kriterium zur Bewertung der Sat.1-Show “Anke Late Night”.

Schnief-Viren: Krankheitserreger, die “böse rumschwirren” und mit dem Verzehr von Sauerkraut bekämpft werden können.

Schniedel-Woods Eldrick “Tiger” Woods (→ Tiger-Woods-Syndrom).

Schnitzel-Stefan: mutmaßlicher Zechpreller, dessen Lieblingsgericht “Schnitzel mit Pommes oder Eisbein mit dicker Schwarte und viel Senf” sein soll.

Schummel-Huren: Prostituierte, die “gefälschten Geschlechtsverkehr” praktizieren.

Schummel-Pinkler: jmd., der eine Urinprobe gegen Fremdurin aus einem an den Genitalien befestigten Plastiksack austauscht (→ Pipi-Fälschung).

Schummel-Urin: → Pipi-Fälschung.

Schwarz-Rot-Geil: 1.) positives Nationalgefühl 2.) Deutschland (“Heute gegen Georgien will er wieder für ‘Schwarz-Rot-Geil’ ballern”).

Schweinirei: Foul von Bastian Schweinsteiger.

See-Schlacht: Nachbarschaftstreit um die Länge von Wolfgang Joops Bootssteg.

Sekt-Anschlag: jmd. öffentlich Sekt über den Kopf gießen.

Sekt-Politiker (→ Sekt-Anschlag): CDU-Wirtschaftssenator, der jmd. öffentlich Sekt über den Kopf gießt.

Sendezeit schinden: Wiederholungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

sexeln: küssen, umarmen.

Sex-Erpressung: Verkaufsverhandlungen über den Preis von Nacktfotonegativen.

Sex-Hure: Frau, die (anders als gewöhnliche Huren oder Prostituierte, die sexuelle Handlungen gegen Bezahlung anbieten) sexuelle Handlungen gegen Bezahlung anbietet.

Sex-Lehrerin: (beliebige) Lehrerin, die mit einem Schüler (oder dem Vater eines Schülers) in sexuelle Handlungen verstrickt war (nicht zu verwechseln mit Sexlehrerin).

Sex-Tragödie: Situation einer geschlechtsreifen Eisbären-Dame, die mit einem noch nicht geschlechtsreifen Eisbärenbullen anzubandeln versucht.

Sing-Unfall: Textschwäche beim öffentlichen Absingen der deutschen Nationalhymne.

Single: Mensch in fester Beziehung, aber unverheiratet.

SMSeln: flirten per SMS.

Strom-Wut: Unterstellte Ungerechtigkeit bei Energiepreisen.

Super-Polizist: (1.) Lee Paige, Fahnder der US-amerikanischen Anti-Drogenbehörde DEA, von “Bild” auch “Polizei-Trottel” genannt. (2.) Wolfgang Geier, Leitender Kriminaldirektor im Polizeipräsidium Mittelfranken, von “Bild” auch “Spezialist für aussichtslose Fälle” genannt.

SNN: Kurzform für “short nippel-news” (→ Nippel-News).

Suppen-Sylvie: Ex-MTV-Moderatorin Sylvie van der Vaart, die gemeinsam mit ihrem Fußball spielenden Mann Rafael in Holland einen Werbevertrag mit Knorr abgeschlossen hat.

Tanga-Grapscher, perverser: Mann, der Mädchen in den Schritt oder an die Unterhose greift (→ Tanga-Terror).

Tanga-Terror: Mädchenunterhosen, die einem Popstar von seinen Fans per Post zugestellt werden.

Telefonbusen: mit Telefonnummer beschriftetes Dekolletee.

Tequila-Junge: 16-jähriger, der, nachdem er größere Mengen Alkohol (Tequila) getrunken hatte, rund einen Monat später an den Folgen einer Alkoholvergiftung starb (→ Wodka-Mädchen).

Terror-Witwe: (islamische) Selbstmordattentäterin, deren Mann im Krieg gestorben ist.

Tiger-Woods-Syndrom: Sexsucht.

Todes-Mutter, die: Bezeichnung für eine Frau, die im jeweils aktuellsten, öffentlich gewordenen (oder von “Bild” öffentlich gemachten) Fall mit dem gewaltsamen Tod eines eigenen Kindes in strafrechlich relevanten Zusammenhang gebracht werden kann (oder von “Bild” gebracht wird).

Todespfleger: → Tot-Spritzer.

Tomaten-Schiri: Knut Kircher, Schiedsrichter.

Totraser: jmd., der einen tödlichen Autounfall verursacht.

Tot-Spritzer: Krankenpfleger, der Patienten mit Medikamenten tötet.

Tränenjunge (auch Tränenkind): der einjährige Sudanese Abdelsalam, fotografiert in einem Flüchtlingslager im Tschad.

Tränen-Krieg: Sorgerechtsprozess, bei dem eine der streitenden Parteien weinend den Gerichtssaal verlässt.

Tsunami-Kind, deutsches: Seit einem Seebeben im Indischen Ozean von ihren Eltern vermisstes Mädchen.

Türkei-Virus: Aus Zentralasien stammender Krankheitserreger H5N1, landläufig als “Vogelgrippe” bekannt.

Türken-Sünder: → “Prügel-Türke”

TV-Titan: Thomas Gottschalk.

Unterpfotung: Abschluss eines Arbeitsvertrages durch und für Daisy, den Hund des verstorbenen Rudolph Moshammer.

Umzugskisten-Gorilla (auch Gorilla aus der Umzugskiste, Umzugs-Gorilla): Gorilla-Junges, das den Zoo wechselt.

Uuuupsala-schön-anzusehen-sind-sie-ja: Brüste von Britney Spears.

Urlaub-Weg-Minister: SPD-Politiker, der den Deutschen nahegelegt hatte, man solle “im Zweifel auf eine Urlaubsreise verzichten, um für später vorzusorgen”.

Venus-Geweih: symmetrische Tätowierung unterhalb des Bauchnabels.

verklagen: anzeigen.

Versexen: den Look von DSDS-Gewinnerin Elli ändern.

Wasser-Schweini: Bastian Schweinsteiger, von einem Laienpaparazzo beim Wasserskilaufen fotografiert.

wegsexen: durch freizügiges Auftreten einen Wettbewerbsvorteil erlangen.

Wirbel (auch Riesen-Wirbel / Sex-Wirbel / Liebes-Wirbel / Porno-Wirbel / Baby-Wirbel): Sachverhalte, über die “Bild” an mindestens zwei Tagen berichtet (→ ganz Deutschland).

Wodka-Mädchen (auch Absturz-mädchen): 14-Jährige, die wenige Tag nach dem → Tequila-Jungen größere Mengen Alkohol (Wodka) getrunken hatte und mit dem Verdacht auf Alkoholvergiftung mehrere Tage im Krankenhaus verbrachte.

Zisch-und-weg-Polo: VW Polo GTI.

Zombie-Killer: Amokläufer bei einer Mottoparty.

Zuckertüte: rechte Brust des Fotomodells Naomi Campbell.

Zwischen Schambein und Schaumglocken: Bauch.

 

Danke auch an die vielen Hinweisgeber!

Die dümmste anzunehmende Verwechslung

Vor dem Bonner Landgericht begann gestern der Prozess gegen eine 16-jährige Schülerin, die im Juni einen Amoklauf an ihrem Gymnasium im nahe gelegenen Sankt Augustin verüben wollte, aber in letzter Minute gestoppt wurde.

Die “Westdeutsche Zeitung” begann ihre Prozess-Berichterstattung, für die gleich zwei Autoren verantwortlich zeichnen, mit einem überraschenden Satz:

Die 16-jährige Blondine scheint so gar nicht dem Täterprofil eines Amokläufers zu entsprechen.

Überraschend ist daran weniger, dass 16-jährige Blondinen nicht unbedingt dem “Täterprofil eines Amokläufers” entsprechen (das sind ja immer nur verpickelte Jungs, die den ganzen Tag Computer spielen und Pornos gucken), sondern dass die Angeklagte gar nicht blond ist.

Die “Blondine”, von der die “Westdeutsche Zeitung” schreibt, ist nämlich gar nicht die mutmaßliche Täterin, sondern das Opfer. Sie hatte die Angeklagte bei deren Vorbereitungen überrascht und war von ihr schwer verletzt worden.

Weil der Prozess unter striktem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet (ein Vorgang, den ein Gerichtssprecher im Hinblick auf das Alter der mutmaßlichen Täterin als “zwingend” bezeichnete), gibt es keine aktuellen Fotos der Angeklagten. Dass dpa deshalb nur Fotos des leeren Gerichtssaals und der anonymisierten Zeugin im Angebot hatte, schien manchen Redaktionen allerdings nicht aufzufallen.

So untertitelte die “Westdeutsche Zeitung” – passend zu ihrem Einleitungssatz – ein Foto der Zeugin wie folgt:

Die 16-Jährige soll versucht haben, einen Lehrer niederzustechen. (Foto: dpa)

Auch “Welt Online” vergriff sich böse beim Versuch, eine Bildunterschrift für ein Foto des Opfers zu finden:

Die Angeklagte im Prozess wegen der vereitelten Amoklaufs von Sankt Augustin

Auch wenn beide Fotos von dpa stammen: An der Deutschen Presseagentur hat’s nicht gelegen — die hat uns gegenüber bestätigt, dass alle Bildbeschreibungen unmissverständlich mit der Formulierung “Anna P. (…) am Dienstag (27.10.2009) im Landgericht in Bonn – sie hatte die Amokläuferin auf der Toilette überrascht.” beginnen.

Sowohl bei wz-newsline.de als auch bei welt.de wiesen alsbald mehrere Kommentatoren auf die dümmstmögliche Verwechslung hin, doch in beiden Fällen dauerte es länger, bis die Fotos entfernt wurden.

Immerhin erklärten beide Onlinemedien in den Kommentaren, dass sie einen Fehler gemacht hatten, und entschuldigten sich dafür. (Dass bei der “Westdeutschen Zeitung” auch der Artikelanfang zunächst ganz anders ausgesehen hatte und klammheimlich korrigiert worden war, erwähnte die dortige Redaktion allerdings nicht.)

Der erste Hinweis auf das falsche Foto wurde bei “Welt Online” gestern Abend um 17:56 Uhr gegeben, eine halbe Stunde, nachdem der Artikel online gegangen war.

Heute gegen 12:20 Uhr wurde der Fehler korrigiert — wie es sich für ein Onlinemedium gehört nach einem telefonischen Hinweis:

Ein Anruf bei der Redaktion bringt was! - Binnen Minuten ist das kritische Bild aus dem Netz genommen.

PS: Und so sieht das bei Bild.de aus:

Prozessbeginn: Amok-Mädchen legt Geständnis ab

Mit Dank an Andreas S.

Nachtrag, 29. Oktober: Die “Westdeutsche Zeitung” brachte heute auf Seite 3 ihrer Printausgabe folgende Korrektur:

KORREKT: In dem Bericht über den Prozess um den geplanten Amoklauf an einem Gymnasium in Sankt Augustin ist uns gestern ein bedauerlicher Fehler unterlaufen: Das Bild mit der unkenntlich gemachten Person zeigt nicht die mutmaßliche Täterin (16), sondern das Opfer. Die 17-Jährige hatte die Angeklagte bei der Vorbereitung zum Amoklauf überrascht. Nach Überzeugung der Anklage wollte die 16-Jährige ihre Mitschülerin töten, stach mit einem Schwert auf sie ein und schnitt ihr dabei einen Daumen ab. Der 17-Jährigen gelang es dennoch, einen Lehrer zu alarmieren. Sie hat damit ein mögliches Massaker verhindert. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Mit Dank an Thorsten L.

Von Dreckschweinen und Wiederholungstätern

Vor etwa zwei Monaten hatte das Bundeskriminalamt in einer bis dato einzigartigen Aktion in verschiedenen Medien nach einem Mann gefahndet, dem mehrfacher schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen wurde. Als sich der mutmaßliche Täter aufgrund der öffentlichen Aufmerksamkeit nach einem Tag stellte, bat das BKA, die zur Fahndung veröffentlichten Fotos nicht weiter zu verwenden und aus dem Internet zu entfernen. Dieser Bitte kamen die deutschen Medien mit unterschiedlichem Eifer nach (BILDblog berichtete).

Heute nun hat die Staatsanwaltschaft Trier Anklage gegen den Tatverdächtigen erhoben — eine Nachricht, die Bild.de natürlich gerne aufgreift.

Zum Beispiel so:

Die jeweils amtierenden “schlimmsten Kinderschänder Deutschlands” von “Bild” und “BamS”:

“Schlimmster Kinderschänder frei!”
(Gestand Missbrauch von 150 Mädchen)
(16.11.1997)

“Der Ehrendoktor der Universität […] ist Deutschlands schlimmster Kinderschänder.”
(Vergewaltigte mehrere Mädchen auf den Philippinen.)
(12.12.1999)

“Das Rekord-Schwein: Deutschlands schlimmster Kinderschänder.”
(Missbrauchte seine Stieftochter in 3586 Fällen.)
(7.5.2004)

“Deutschlands schlimmster Kinderschänder sitzt im Knast und jammert!”
(Hatte eine 13-Jährige 36 Tage lang eingesperrt und 100 Mal vergewaltigt und missbraucht.)
(7.8.2007)

“Grinst hier Deutschlands schlimmster Kinderschänder?”
(Soll in 20 Jahren 28 Jungen und Mädchen missbraucht haben.)
(3.3.2008)

“Mittwochabend zeigte ‘Aktenzeichen XY”‘ (ZDF) die Bilder des schlimmsten Kinderschänder Deutschlands.”
(Der aktuelle Fall.)
(7.8.2009)

Anklage erhoben: Schlimmster Kinderschänder vor Gericht

(Wie genau Bild.de auf den Superlativ “Deutschlands schlimmster Kinderschänder” kommt, ist nicht ganz klar — von der Staatsanwaltschaft Trier stammt er jedenfalls nicht.)

Im Artikel selbst werden munter alte und neue Bildergalerien verlinkt, in denen der Mann, den Bild.de konsequent als “Kinderschänder” bezeichnet — ganz so, als sei er schon verurteilt worden –, immer gut zu erkennen ist. Ganz zu oberst: Ein Clip, in dem die Videosequenzen zu sehen sind, deren weitere Veröffentlichung das BKA sich ebenfalls verbeten hatte.

Video auf Bild.de

Aber selbst für den (eher unwahrscheinlichen) Fall, dass das BKA die Bild.de-Redakteure mit vorgehaltenen Waffen zur Löschung der ehemaligen Fahndungsfotos zwingt, hätte die Seite noch was in petto: zum Beispiel ein Foto, das die “Sex-Bestie” bei einem Turnfest “mit seinen jungen Schützlingen” zeigt. Die Kinder auf dem Bild sind anonymisiert, der Angeklagte natürlich nicht. Darunter steht der Hinweis “Foto: Alexander Blum”, was zumindest einige Mutmaßungen darüber zulässt, wie “Bild” diesmal an das Foto gekommen sein könnte.

Aber all das ist wie gesagt nichts Neues für Bild.de. Auch die Bildunterschrift “Mit diesem Bild fahndete das BKA nach dem Dreckschwein” (“Dreckschwein” ist in diesem Fall keine vom BKA verwendete Formulierung) gab es in ähnlicher Form schon in der gedruckten “Bild”. Es ist nur erstaunlich, mit welcher Vehemenz die Redaktion Bitten des Bundeskriminalamts und Missbilligungen des Deutschen Presserats ignorieren zu können meint.

Nachtrag, 14. Oktober: Und so behandelt die gedruckte “Bild” heute das Thema (alle gelben Flächen von uns):

Deutschlands schlimmster Kinderschänder: Die Anklage

Bei der Quellenangabe der Fotos war “Bild” übrigens besonders zynisch dreist genau: “Fotos: BKA” steht dort.

BKA? Da könnte ja jeder bitten! (2)

Am Dienstag griff das Bundeskriminalamt zu einer harten Maßnahme, mit der es aber schon einmal erfolgreich gewesen war: Nachdem es in den Besitz von kinderpornographischen Videos gekommen war, gab das BKA ein Foto des mutmaßlichen Kinderschänders an die Medien heraus und veröffentlichte eine Fahndung nach dem Unbekannten. Dabei stufte die Behörde den Fall nicht nur als “normale” Fahndung ein, sondern bewertete den Mann als eine der “meistgesuchten Personen”.

Einen Tag darauf meldeten die Medien, die durch die Veröffentlichung der Fahndung und des Fotos fleißig an der Fahndung mitgewirkt hatten, stolz einen Erfolg: Der Mann wurde festgenommen. “Die Handschellen klickten”, titelte beispielsweise sueddeutsche.de, während “Welt Online” in der Überschrift auf eine Unschuldsvermutung praktischerweise gleich verzichtete und meldete: “Kinderschänder nach Fahndung gefasst”.

Und zudem im Text berichtete:

Am Mittwoch bat das BKA die Medien, die veröffentlichten Videos, Bilder und Stimmproben nicht weiter zu verwenden und aus allen Internetportalen zu entfernen.

Gelesen hat den Text in der Redaktion allerdings anscheinend wohl niemand, denn auch jetzt noch prangt das Foto bei “Welt Online” unverpixelt in voller Breite im Fahndungsartikel, bei sueddeutsche.de auch im Artikel über die “erfolgreiche Fahndung”. Auf Bild.de kann man den (nicht mehr) Gesuchten sowohl auf einem Foto, als auch im Bewegtbild ansehen — ebenso wie übrigens immer noch einen mutmaßlichen und inzwischen gefassten Kinderschänder auf Videoaufnahmen, um deren Entfernung das BKA schon vor über einem Monat gebeten hatte.

Was allerdings noch viel gravierender ist: Der Mann ist wegen der Videos, wegen derer er nun für einen Tag zu einer der “meistgesuchten Personen” wurde, längst verurteilt worden. 1994 war er zweieinhalb Jahre in einer psychiatrischen Klinik; heute lebt er in einer Einrichtung für betreutes Wohnen — und hat sich seit seiner Verurteilung vor 15 Jahren nichts mehr zuschulden kommen. Das BKA hat inzwischen auch offiziell bestätigt, was (ausgerechnet) Bild.de schon im Laufe des Nachmittags berichtet hatte. Wenn das kein Grund ist, die Fotos des Mannes besonders schnell und gründlich aus dem eigenen Archiv zu entfernen, was dann?

Und das vermeintlich seriöse Internetangebot der “Süddeutschen Zeitung” verlinkt immer noch auf seiner Startseite den Artikel mit dem unverpixelten Foto des Mannes und der Dachzeile “erfolgreiche Fahndung”. Der Hinweis, dass es diese Fahndung des BKA nie und nimmer hätte geben dürfen und es sich vielmehr um einen gravierenden Fehler des BKA gehandelt hat, findet sich nur klein und versteckt im automatisch von Agenturen befüllten “Newsticker”.

Das BKA hingegen müsste allmählich wissen, dass seine Bitte, Fahndungsbilder wieder zu entfernen, von den Medien ignoriert werden. Was sie einmal haben, das behalten sie auch und zeigen es für immer. Das ist nicht neu.

Mit Dank an Martin S., Armin E. und JB!

Nachtrag, 17.9., 10.06 Uhr: Sueddeutsche.de berichtet inzwischen ebenfalls über die Fahndungspanne. Muss man erwähnen, dass das Foto weiterhin zu sehen ist?

Bild  

Den Falschen zum Todesschützen gemacht

Nicht weniger als drei Autorenkürzel stehen unter dem “Bild”-Artikel über das Familiendrama, bei dem ein Mann am vergangenen Samstag in Sundern seine Frau auf offener Straße erschoss. Aber es waren entweder nicht genug — oder einfach zu viele “Bild”-Autoren beteiligt, um einen gravierenden Fehler zu verhindern: Den Täter mit seinem Bruder zu verwechseln.

“Bild” hat zwar den Nachnamen der Eheleute abgekürzt, aber sich — wie üblich — keine Mühe gemacht, die Beteiligten tatsächlich zu anonymisieren. Das Blatt nennt den ungewöhnlichen Vornamen des vermeintlichen Täters, schreibt, wo er arbeitet und zeigt ein Foto des Hauses der Familie.

Das ist in diesem Fall besonders dramatisch, denn die Namen sind nicht die von Täter und Opfer, sondern vom Bruder des Täters und seiner Frau. Auch die “Hintergründe” des Artikels basieren teilweise auf dem Leben des Bruders.

Man kann sich ausmalen, wie sehr das das Leid der überlebenden Verwandten vergrößert hat, dass sie in ihrer Situation nun auch noch als Täter und Todesopfer dargestellt wurden. Und das nur, weil eine große Boulevardzeitung nicht anonymisieren will und nicht recherchieren kann.

PS: Heute korrigiert sich “Bild” am Ende eines weiteren Artikels zum Thema:

Durch eine bedauerliche Namensverwechslung war der engagierte Trainer des Fußballvereins […] bei BILD.de als Täter und seine Frau als Opfer bezeichnet worden. Beide haben mit dem Verbrechen nichts zu tun.

Der Horror-Sturz-Horror

Nach dem 5:0-Auswärtssieg des FC St. Pauli bei Alemannia Aachen am Montagabend ist ein St.-Pauli-Fan sechs Meter in die Tiefe gestürzt. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt und ist offenbar noch nicht außer Lebensgefahr.

Weil man sich vielleicht nicht so gut vorstellen kann, wie es aussieht, wenn ein Mensch gerade sechs Meter tief aufs Betonpflaster gefallen ist, oder einfach, weil Fotos des Opfers auf dem Markt waren, veröffentlichten Bild.de und Express.de Bilder, die den Fan in einer Blutlache zeigten. Bei Bild.de war er auf dem Bauch liegend von der Seite zu sehen, auf dem Foto bei Express.de lag er auf der Seite, die Tätowierungen auf seinem der Kamera zugekehrten Rücken waren gut zu sehen.

Beide Bilder sind inzwischen aus den Artikeln verschwunden, was unmittelbar mit dem zusammenhängen dürfte, was die “Aachener Nachrichten” gestern schrieben:

Die Alemannia stellt der Familie [des Mannes] nach Angaben von Pressesprecher Thorsten Pracht “einen renommierten Hamburger Medienanwalt” auf Vereinskosten zur Verfügung, der zunächst auf Unterlassung der Veröffentlichung der Bilder des gestürzten Mannes klagen soll, die im Internetauftritt von zwei Boulevardzeitungen zu sehen sind.

St. Pauli betet für diesen FanDas rigorose Vorgehen gegen die Konkurrenz hielt die “Hamburger Morgenpost” aber offensichtlich nicht davon ab, heute ein Drittel ihrer Titelseite mit dem gleichen Foto zu füllen, das Express.de verwendet hatte. Direkt darüber: Ein Foto des Mannes vor dem Unfall, darunter sein Spitzname.

Im Innenteil der “Morgenpost” findet sich dann ein Foto des Fanblocks, in dem das Opfer als einzige von etwa 50 Personen notdürftig anonymisiert wurde — und gleich daneben eine unverpixelte Nahaufnahme, die den Fan beim Feiern zeigt.

St. Pauli-Fan ringt mit dem Tod

Im Artikel unterhalb des Fotos erklärt die “Morgenpost”:

Gestern bat der Klub darum, die Profis nicht zu den Vorfällen zu befragen. Die MOPO kam dieser Bitte selbstverständlich nach.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 17:15 Uhr: Die Unterseite im Internetauftritt der “Hamburger Morgenpost”, auf der man sonst jeden Tag das aktuelle Titelbild in zweifacher Ausführung betrachten kann, sieht seit dem Nachmittag so aus:

Kein Titelbild bei der "Hamburger Morgenpost".

2. Nachtrag, 20. August: Auf ihrer Internetseite veröffentlicht die “Morgenpost” heute mehrere erboste Leserbriefe, in denen die Veröffentlichung des Fotos vom Unfallort scharf kritisiert wird.

Darüber schreibt die Redaktion:

Liebe Leser, das Titelfoto vom verunglückten St. Pauli-Fan […] löste bei den Anhängern teilweise heftige Reaktionen aus. Es war nicht unsere Absicht, Gefühle zu verletzen. Wir wünschen […] gute Besserung und seiner Familie viel Kraft. DIE REDAKTION

Gefühle wollte man also nicht verletzen — mit den Persönlichkeitsrechten sah es da offenbar etwas anders aus.

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