Suchergebnisse für ‘privatsphäre’

Fehlende Größe, Eingriff in die Privatsphäre, Pöbel-Theologen

1. “Josef Joffe hat mich als damals zuständigen ‘Die-Zeit’-Redakteur hintergangen und die eigene Redaktion verraten”
(twitter.com, Felix Rohrbeck)
Wie vergangene Woche bekannt wurde, lässt Josef Joffe, langjähriger Mitherausgeber der Wochenzeitung “Die Zeit”, sein Mandat als Herausgeber bis zum Vertragsende ruhen. Dieser Entscheidung vorangegangen waren Vorwürfe, Joffe habe einen mit ihm befreundeten Bankier vor Recherchen seiner eigenen Zeitung gegen das Geldhaus gewarnt. Auf Nachfrage der “Süddeutschen Zeitung” hatten sich Joffe und “Die Zeit” zu dem Fall geäußert. In einem Twitter-Thread legt Felix Rohrbeck, einer der damaligen “Zeit”-Autoren, seine Sicht der Dinge dar. Josef Joffe habe großen Schaden angerichtet: “Dass er nicht mal die Größe hat, sich dafür zu entschuldigen und stattdessen versucht, uns Autoren zu schaden, spricht für sich.”

2. Es trifft die Falschen
(zeit.de, Ann-Kathrin Nezik)
Ann-Kathrin Nezik hält die Pläne der EU zur sogenannten Chat-Kontrolle für einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre, der wenig bringe: “Gerade die EU, die sich mit progressiven Gesetzen wie der Datenschutz-Grundverordnung als Gegenentwurf zu autokratischen Regimen präsentiert, darf sich einen solchen Eingriff in die Privatsphäre nicht erlauben – zumal er nur scheinbar dem Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern dient.”

3. Wie Medien für Glücksspiel werben
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 30:27 Minuten)
Welche Rolle und Verantwortung haben Medien rund um das Thema Glücksspiel bei Lotto und Sportwetten? Darüber diskutiert ein Deutschlandfunk-Hörer mit dem Glücksspielforscher Tobias Hayer, dem Sport- und Medienjournalisten Fritz Lüders und mit Stefan Fries aus der Dlf-Medienredaktion.

Bildblog unterstuetzen

4. Schafft die 20-Uhr-“Tagesschau” ab
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader sieht bei der “Tagesschau” Reformbedarf: “Ende dieses Jahres wird die vermutlich bekannteste Sendung des deutschen Fernsehens 70 Jahre, und man soll ja nicht unhöflich zu älteren TV-Formaten sein, aber: man sieht und hört es ihr ein bisschen an.”

5. Laissez-faire beim Klima
(tagesspiegel.de, Katja Horneffer)
Beim “Tagesspiegel” verrät die ZDF-Metereologin Katja Horneffer, worüber sie sich in der letzten Woche in den Medien am meisten geärgert hat und worüber sie sich freuen konnte. Es geht um den Umgang mit Klimameldungen und die Begeisterung über ein Bild vom Schwarzen Loch im Auge unserer Milchstraße.

6. Homosexuelle verunglimpft – Verfahren in Köln gegen zwei Priester eingestellt
(wdr.de, Markus Schmitz)
Im katholischen Fachmagazin “Theologisches” bezeichnete ein Theologieprofessor Homosexuelle als “Parasiten” und “Krebsgeschwüre”. Darauf wurde ein Verfahren wegen Volksverhetzung gegen den Autor sowie den verantwortlichen Redakteur in Gang gesetzt, das nun gegen eine Geldauflage von insgesamt 7.000 Euro und eine Entschuldigung eingestellt wurde.

Privatsphäre in Corona-Zeiten? Ist Bild.de doch egal!

Beim Fußballbundesligisten Hertha BSC gibt es einen Spieler, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Der Verein veröffentlichte dazu heute eine Pressemitteilung:

Eigentlich sollte es heute nach drei Tagen mit individuellen Trainingsplänen wieder mit dem Teamtraining auf dem Schenckendorffplatz für diese Woche losgehen. Nachdem jedoch nun ein Spieler der Profimannschaft bei Hertha BSC positiv auf das Corona-Virus getestet wurde, wurde für alle Spieler des Lizenzspieler-Kaders und für das Trainer- und Funktionsteam nun eine 14tägige häusliche Quarantäne angeordnet.

Liest man die komplette Mitteilung, dann fällt auf, dass der Klub an keiner Stelle den Namen des positiv getesteten Spielers nennt. Das sei “nach interner Rücksprache” ganz bewusst geschehen, sagt uns Herthas Pressesprecher Marcus Jung auf Nachfrage, denn dafür gebe es “gute Gründe”: Privatsphäre, Datenschutz, ärztliche Schweigepflicht.

Das alles scheint den Leuten bei Bild.de herzlich egal zu sein.

Screenshot Bild.de - Team in Corona-Quarantäne - Hertha-Profi positiv getestet!

Im Artikel nennt die Redaktion den Namen des Spielers (“Nach BILD-Informationen handelt es sich bei dem Betroffenen um (…)”) und zeigt ein Foto von ihm. Inzwischen berichten zahlreiche andere Medien, um wen es sich “laut der ‘Bild’-Zeitung” handeln soll.

Mit Dank an @FacepalmL für den Hinweis!

Nachtrag, 18. März: In der heutigen Berlin-Ausgabe der “Bild”-Zeitung berichtet die Redaktion auch groß über den ersten Corona-Fall bei Hertha BSC. Sie nennt auch dort den Namen des Fußballers, direkt in der Überschrift:

[…] infiziert! Hertha in Quarantäne

In der “Bild”-Bundesausgabe gibt es zum Thema eine Meldung im “CORONA-TICKER” auf der Sportseite. Auch dort wird der Name genannt.

Der Spieler selbst hat sich nach wie vor nicht öffentlich, etwa auf seinem offiziellen Instagram-Profil, zum positiven Corona-Test geäußert.

Fake on my dear, Rezo-Fallout, Facebook kennt keine Privatsphäre

1. Bloggerin soll Holocaust-Opfer erfunden haben
(tagesspiegel.de, Julia Prosinger)
Der Erfolg der promovierten Historikerin und Bloggerin (“Read on my dear, read on”) Marie Sophie Hingst beruht anscheinend auf weitgehend erfundenen Geschichten. So habe Hingst ihre jüdische Familiengeschichte erlogen. Auch sei fraglich, ob Hingst im Alter von 19 Jahren tatsächlich ein Slumkrankenhaus gegründet habe. “Zeit Online” rückt mittlerweile von einem Beitrag über eine angebliche Aufklärungs-Sprechstunde mit Geflüchteten ab. Die “FAZ” hat ein mit Hingst veröffentlichtes Interview offline genommen.
Weiterer Lesetipp: Anke Gröner kommentiert in ihrem Blog: “Holocaust-Opfer zu erfinden, ist nicht nur geschmacklos, es ist gefährlich. Es ist Wasser auf den Mühlen der Holocaust-Leugner, es ist Wasser auf den Mühlen derer, die Opfern eine Mitschuld unterstellen, ganz gleich, von was sie Opfer geworden sind, es ist Wasser auf den Mühlen der Geschichtsverfälscher und -umdeuter, die im Nachhinein besser wissen wollen, was passiert ist und wie wir damit umgehen sollten (“Schlusstrich”, “langt jetzt auch”, “DRESDEN!”).”
Und wer sich noch weiter einlesen will: Die Causa Hingst – Fragen und erste Antworten zu einem Skandal der Blogosphäre (archivalia.hypotheses.org, Klaus Graf).

2. Angaben zu Social-Media-Profilen sind jetzt Pflicht
(spiegel.de)
Antragsteller für ein US-Visum müssen zukünftig ihre Social-Media-Identitäten offenlegen und sowohl ihre aktuellen als auch ihre früheren Telefonnummern angeben. USA-Urlauber seien davon jedoch derzeit nicht betroffen. Für sie gilt das visumlose ESTA-Programm für Besuche mit befristeter Aufenthaltsdauer.

3. Lügen, Sex und YouTube
(gutjahr.biz)
Anlässlich der jüngsten Videoveröffentlichungen mit politischem Rückhall, kommentiert Richard Gutjahr: “Stellen wir uns vor, das Ibiza-Video wäre kein Video gewesen, sondern nur ein Audio-Mitschnitt. Oder ein verschriftetes Wortprotokoll. Ich gehe jede Wette ein, Kurz und Strache wären heute noch im Amt. Oder die “Zerstörung der CDU”. Nehmen wir mal an, Rezo hätte seinen Rant nicht als Video, sondern in Schriftform ins Netz gestellt. Wort für Wort. Mit allen Fußnoten und Quellenhinweisen. Rezo… wer?” Gutjahrs Prognose: “Die Bedeutung von Video wird in den kommenden Jahren nicht nur weiter linear wachsen, sondern geradezu explodieren.”

4. Nutzer können laut Facebook keine Privatsphäre erwarten
(golem.de, Friedhelm Greis)
In einem Prozess um den Cambridge-Analytica-Skandal verteidigt sich Facebook mit einer bemerkenswerten Argumentation: Das Unternehmen habe nicht gegen Datenschutzvorgaben verstoßen, da es bei Sozialen Medien “keine vernünftige Erwartung auf Datenschutz” gebe und weiter: “Es gibt keine Verletzung der Privatsphäre, da es überhaupt keine Privatsphäre gibt”.

5. Rezo-Fallout: “Wir brauchen Regeln gegen Desinformation”
(heise.de, Markus Kompa)
Markus Kompa kommentiert ein Interview, das Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, der “FAZ” zur Netzregulierung gegeben hat (Wir brauchen Regeln gegen Desinformation). “Landesmediendirektor Schmid behauptet im Interview allen Ernstes, die Einhaltung journalistischer Standards überwache bei der Presse der Presserat. Bei solch weltfremder Naivität möchte man in die Tischkante beißen. Der Presserat ist nichts weiter als eine Propaganda-Veranstaltung der Verlagsbranche, mit der man in den 1950er Jahren den Erlass eines lästigen Ehrenschutzgesetzes verhindern wollte. Das geplante Gesetz wurde aber überflüssig, weil die Rechtsprechung praktisch die gleichen Ergebnisse durch Entwicklung des aus der Verfassung hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts erzielt.”

6. Diese Instagram-Accounts gingen im Mai durch die Decke
(horizont.net, Giuseppe Rondinella)
“Horizont” hat die Wachstumsraten aller deutschsprachigen Instagram-Kanäle ab 100.000 Follower für den Monat Mai analysieren lassen. Die Top 10 werden von den Teilnehmerinnen von “Germany’s Next Topmodel” dominiert. Mit dabei sind aber auch ein Fußballer und ein PARTEI-Politiker.

Liebesbrief an Julian Reichelt, Privatsphäre, Skurriles aus Japan

1. What a Man
(taz.de, Paul Wrusch)
“Weil die ‘Bild’ vom IS-Prozess ausgeschlossen wird, kämpft ihr Online-Chef für die Pressefreiheit — mutig, objektiv und sexy. Ein Liebesbrief” — von “taz”-Redakteur Paul Wrusch an Julian Reichelt.

2. Foto-Streit: BILD führt eine Auseinandersetzung für alle Medien
(ruhrbarone.de, Stefan Laurin)
Zum gleichen Fall findet Ruhrbaron Stefan Laurin: “Ebrahim H.B. ist kein sechzehnjähriger Schüler, der beim Klauen eines Fahrrades erwischt wurde und auch kein Hobby-Schwarzfahrer, der zum zehnten Mal vor Gericht steht. Ebrahim H.B. war Mitglied der gefährlichsten Terrororganisation der Welt und hat sich öffentlich im Fernsehen dazu bekannt. Wer sich so in der Öffentlichkeit exponiert, hat alleine damit sein Recht am eigenen Abbild abgegeben.” Auch von Prosieben erhält die “Bild”-Zeitung Zuspruch, die im Übrigen angekündigt hat, zur Not bis vors Bundesverfassungsgericht zu gehen.

3. Freiheit zwischen Gucklöchern und Scheinwerfern
(nzz.ch, Andreas Meili)
Wer einen Bewerber einstellt, der googelt davor, und wer ein Portrait schreiben will, kann in Medien-Datenbanken oder bei Wikipedia über die Person recherchieren. Mit Drohnen lassen sich Videoaufnahmen von eigentlich geschützten Orten anfertigen, und mit dem Smartphone in der Hosentasche kann man jederzeit in Sekundenschnelle Fotos schießen. Kurzum: Die Digitalisierung ist zumindest potenziell eine Gefahr für die Privatsphäre. Der Rechtsanwalt Andreas Meili klärt über die Rechtslage auf, gibt Tipps, wie man seine Persönlichkeitsrechte schützen kann und erklärt, welche Sonderregeln Journalisten beachten müssen.

4. Japan-Berichterstattung: “Die Redaktionen interessieren sich nur für Skurriles und Katastrophen”
(crowdspondent.de, Lisa Altmeier und Steffi Fetz)
Hinter Crowdspondent stecken die beiden Journalistinnen Lisa Altmeier und Steffi Fetz. Als Korrespondentinnen der Crowd haben sie sich nach Brasilien schicken lassen und sind durch Deutschland gereist. Jetzt sammeln sie für eine Reise nach Japan, woraufhin sich Fritz Schumann bei ihnen gemeldet hat. Er hat als Fotojournalist in Japan gearbeitet und mittlerweile drei Bücher über das Land veröffentlicht. Im Interview spricht er über Fettnäpfchen, gern gesehene Gastgeschenke und vor allem die deutsche Berichterstattung über Japan: “Oft kommen deutsche Korrespondenten nur für zwei Wochen nach Japan geflogen, weil irgendetwas Aktuelles passiert ist und sie kratzen mit ihren Geschichten dann leider nur an der Oberfläche.”

5. Super-Trick: Freiburgs kreativster Autofahrer parkt direkt an der Baustelle
(fudder.de, Alexander Schumacher und Daniel Laufer)
Ein parkendes Auto mitten in Freiburg, komplett umringt von rot-weißen Bauabsperrungen — für Bild.de ein klarer Fall: “Bauarbeiter buchten Falschparker ein”. Stimmt gar nicht, schreiben Alexander Schumacher und Daniel Laufer beim Portal “fudder”. Die beiden haben herausgefunden: Der Autobesitzer selbst ist Bauarbeiter und hat mithilfe der Absperrungen “eine sehr kreative Antwort auf den Parkplatzmangel in der Freiburger Innenstadt” gefunden.

6. Alles wird gut!
(jetzt.sueddeutsche.de, Friedemann Karig)
Krieg, Krankheiten, Katastrophen: Die Nachrichten sind voll von schrecklichen Ereignissen. Doch Max Roser, Ökonom am Institute for New Economic Thinking in Oxford, ist überzeugt davon, dass unsere Welt auf lange Sicht eigentlich immer besser wird. Ein Beispiel: “Jedes Jahr meinen die Leute in Umfragen, dass die Gewalt steigt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Menschheit war früher viel gewalttätiger.” Im Interview mit Friedemann Karig erklärt er sein Projekt “Our World in Data”.

Die Jagd auf Schumachers Privatsphäre

Nicola Pohl, die Schumi-Beauftragte der “Bild”-Zeitung, ist fassungslos.

Manche Meldungen machen einfach fassungslos.

Wie BILD aus Krankenhauskreisen erfuhr, haben zwei unbekannte Männer vor rund zwei Wochen versucht, sich Zugang zum Krankenzimmer des schwer verletzten Formel-1-Rekord-Weltmeisters zu verschaffen.

Nach BILD-Informationen wollten die beiden, höchstwahrscheinlich Angehörige anderer Patienten, heimlich ein Handyfoto von Schumi machen. (…) Die Eindringlinge konnten von einem Mitarbeiter der Sicherheitsfirma des Krankenhauses noch rechtzeitig davon abgehalten werden, direkt an Schumacher heranzukommen.

Ohne Frage eine in jeder Hinsicht ekelhafte und niederträchtige Aktion. Sofern es denn stimmt, was Nicola Pohl da berichtet.

Dass aber ausgerechnet die jetzt um Fassung ringt, ist schon ein starkes Stück. Nicola Pohl, tapfere Verteidigerin von Schumis Privatsphäre. Klar. Und dann ausgerechnet in der “Bild”-Zeitung, zu deren Repertoire es durchaus gehört, unangemeldet und unerwünscht in die Krankenzimmer von Unfallopfern zu platzen und dort gemachte Fotos auch ohne ausdrückliche Genehmigung zu veröffentlichen.

Jedenfalls — Nicola Pohl. Die ist bei “Bild” normalerweise für die Formel 1 zuständig. Seit dem Ski-Unfall von Michael Schumacher besteht ihr Job aber in erster Linie darin, vor Schumachers Krankenhaus rumzustehen, an Schumachers Unglücksort rumzustehen, sämtlichen Schumacher-Gerüchten hinterherzuhecheln, alte Fakten in neue Schlagzeilen zu verwandeln und aus jedem vermeintlichen Informationsfetzen eine große Sensation zu basteln. Ihr Vertreter im VordemKrankenhausRumstehen ist übrigens “Bild”-Newcomer Julien Wilkens (wenn er nicht gerade schon woanders rumsteht).

Und das ist bislang dabei rausgekommen:
Ausrisse: "Bild" und "Bild am Sonntag" vom 30.12.2013 bis 12.04.2014
Seit Monaten gieren die Macher und Leser der “Bild”-Zeitung nach Insider-Infos aus dem Krankenhaus. Schumachers Managerin Sabine Kehm kann noch so oft mitteilen, dass es nichts Neues gibt, dass man Geduld haben muss, dass sie keine Details nennen wird. Und sie kann noch so oft darum bitten, sich ausschließlich an die offiziellen Mitteilungen zu halten, die Ärzte in Ruhe arbeiten zu lassen, das Arztgeheimnis und Schumachers Privatsphäre zu respektieren. Aber die “Bild”-Zeitung will sich damit einfach nicht zufriedengeben. Sie will mehr. Sie will Exklusives. Spektakuläres. Hetzt unermüdlich der Frage nach: Was passiert im Zimmer von Schumacher? Und vermeintliche Antworten darauf werden pompös präsentiert wie Jagdtrophäen. Privatsphäre? Pah.

Das Blatt will immer als erstes berichten, wenn sich irgendwas tut, verlässt sich lieber auf “BILD-Informationen” statt auf offizielle Statements und nimmt dabei in Kauf, überholte oder gar falsche Tatsachen zu verbreiten. Die Redaktion gibt vor zu wissen, wie es “wirklich um Schumi steht!”, sie prahlt damit, mehr zu erfahren als die anderen, näher dran zu sein an Schumacher, tiefere Einblicke zu haben in sein Umfeld, seine Krankenakte, sein Zimmer, seine Privatsphäre.

Und immer mittendrin: Nicola Pohl. Im Artikel von gestern, über die Einringlinge, die Schumacher fotografieren wollten, schreibt sie noch:

Ob sie geplant hatten, das Bild später meistbietend zu verkaufen, ist nicht bekannt.

Ebenso unbekannt ist, ob die “Bild” die Fotos, wenn sie zu erwerben gewesen wären, gekauft und veröffentlicht hätte statt sich über den Versuch, sie zu machen, groß auf der Titelseite zu empören.

Mit Dank auch an Wimo.

Bild  etc.

Der Kampf um Schumachers Privatsphäre

Wenigstens mit diesen unsäglichen Kliniktür-Klickstrecken haben sie aufgehört. Aber in Ruhe lassen die Medien Michael Schumacher immer noch nicht. Statt Fotos von seinen Angehörigen verbreiten sie jetzt Spekulationen über seinen Gesundheitszustand. Und Schumachers Managerin Sabine Kehm muss immer wieder “eindringlich” aber erfolglos darum bitten,

das Arztgeheimnis zu respektieren und sich ausschließlich an die Informationen des zuständigen Ärzte-Teams oder Managements zu halten, die die einzigen gültigen Informationen sind.

Vergangene Woche widersetzte sich “Bild” dieser Bitte ein weiteres Mal und titelte:Neue Sorge um Schumi - Lungen-Entzündung im Koma!

JETZT MÜSSEN SICH DIE FANS NEUE SORGEN MACHEN: Bei Schumi wurde nach BILD-Informationen in der vergangenen Woche eine Lungenentzündung diagnostiziert! Die Folgen sind noch nicht absehbar.

Die “BILD-Informationen” wurden von anderen Medien rasch verbreitet, auch wenn Schumachers Managerin die Spekulationen nicht hatte kommentieren wollen.

Zwei Tage spätere berichtete “Bild” dann erneut über Michael Schumacher — und im vorletzten Absatz hieß es plötzlich:

BILD hatte berichtet, dass in der vergangenen Woche eine Lungenentzündung diagnostiziert worden war. Die Erkrankung liegt aber schon weiter zurück und stellte in dieser Woche nach neuesten Erkenntnissen keine akute Gefahr mehr da.

Da hatte die Nachricht von der “Schockdiagnose” aber schon längst die Runde gemacht — und unter anderem zu solchen Artikeln geführt:

Michael Schumacher - Jetzt liegt alles in Gottes Hand! - Die schwere Lungen-Entzündung - Die letzten Stunden im Krankenhaus

Der Feind in seinem Körper – er macht alles kaputt. Die schreckliche Schock-Nachricht aus Grenoble: Schwere Lungenentzündung. Ausgerechnet jetzt! Das Leben von Michael Schumacher, 45, steht auf Messers Schneide. Sein Schicksal liegt nun allein in Gottes Hand. Dabei hatte es doch schon so gut ausgesehen …

Schumachers Managerin hat kurz nach dem “Bild”-Bericht doch noch eine Stellungnahme abgegeben. Darin bittet die Familie abermals um Verständnis, “wenn sie medizinische Einzelheiten weiterhin nicht diskutieren möchte, um Michaels Privatsphäre zu schützen” und stellt abermals klar: “Wie bereits von Anfang an versichert, werden wir entscheidende Neuigkeiten im Gesundheitszustand Michaels weiterhin bekanntgeben. Wir sind uns dabei bewusst, dass die Aufwachphase lange dauern kann.”

Auch die “Bild”-Zeitung zitiert diese Passagen. Und es klingt wie Hohn, wenn sie hinterherschiebt:

Um die Privatsphäre von Schumi und seiner Familie kämpft die Managerin seit dem Unfall vehement.

“Bild” lässt Merkel keine Privatsphäre

Am Mittag veröffentlichte die Deutsche Presse Agentur (dpa) eine Meldung, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel “verärgert” sei über Fotos von ihr und ihrer Familie, die während ihres Oster-Urlaubs in Italien entstanden seien:

Alle Fotos seien ohne ihr Wissen entstanden und ohne ihre Billigung veröffentlicht worden, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch in Berlin. “Das sind alles Fotos, die aus irgendwelchen Verstecken heraus gemacht worden sind (…) Sie können sich vorstellen, dass es nicht immer entspannt ist, wenn man irgendwo Urlaub macht und das Gefühl hat, aus jeder Ecke lugt ein Objektiv hervor.” Es sei bekannt, dass die Kanzlerin keine große Neigung zur Pose habe. Merkel war sowohl mit den Kindern und Enkelkindern ihres Mannes Joachim Sauer beim Wandern als auch im Badeanzug beim Schwimmen gezeigt worden.

Nachlesen können Sie das etwa bei “Spiegel Online”, “RP Online”, “Focus Online”, stern.de und im “Westen” (wo die Redaktion die erstaunliche Transferleistung erbracht hat, die Meldung mit einem der besagten Paparazzi-Fotos zu bebildern).

Nicht nachlesen können werden Sie das vermutlich auf Bild.de und in der morgigen “Bild”. Was natürlich mit der heutigen “Bild” zusammenhängen könnte:

Kanzlerin privat: Merkels geheimes Familien-Leben
(Kindergesichter im Original verpixelt, vollständige Anonymisierung von uns.)

Im Badeanzug zeigt “Bild” die Kanzlerin zwar nicht, aber auf der Seite 2 sind weitere fünf Fotos von Angela Merkel, die “wir” “so entspannt” “noch nie gesehen” haben:

SIE ist die meistfotografierte Frau Deutschlands.

Wenn SIE im Dienst ist. So gut wie nie gibt es dagegen Fotos, Berichte aus dem Privaten, aus Angela Merkels Familienleben.

Dabei hat sie eines. Sie zeigt es nur nicht gern her – wie ein gut gehütetes Geheimnis.

Wie gemein von ihr.

Ein klarer Bruch der Privatsphäre

Heute sind in einem italienischen Magazin erneut Fotos der leicht bekleideten Herzogin Kate veröffentlicht worden. Auch der Schweizer “Tagesanzeiger” berichtet in seiner Online-Ausgabe darüber:

Das Magazin “Chi” hat es wieder getan: Heute veröffentlichte das italienische Klatschblatt Bikini-Bilder der schwangeren Herzogin Kate. “Dies ist ein klarer Bruch der Privatsphäre”, sagte ein Sprecher des St. James Palasts in London. (…)

Der “Daily Mirror” berichtete von einem “Aufschrei” den es gegeben haben soll, als die Bilder in Italien gedruckt wurden. Die Boulevardzeitung will erfahren haben, dass das australische Magazin “Womans Day” 100’000 Pfund für die Fotos bezahlt haben soll.

Der “Tagesanzeiger” hat das deutlich ressourcenschonender gelöst:

Bikini-Bilder von schwangerer Kate abgedruckt [bebildert mit der Titelseite, auf der zwei der "Bikini-Bilder" - ohne Unkenntlichmachung - zu sehen sind]

(Auch wenn es wohl überflüssig ist, das zu erwähnen: Unkenntlichmachung von uns.)

Mit Dank an Nico.

Privatsphärenklänge

Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” beschäftigt sich mit einer neuen Form des Sexismus, dem sich Frauen in Castingshows und ähnlichen Wettbewerben freiwillig aussetzen.

Weil so ein langer Text zur Auflockerung und Aufmachung ein Foto braucht, zeigt die “FAS” ein dpa-Foto von zwei hoffnungsvollen Teilnehmerinnen eines Castings für “Germany’s Next Topmodel”:

Angetreten zur Demütigung

Die Bildunterschrift beginnt mit den Worten “Angetreten zur Demütigung”.

Das mit der Demütigung könnte sich durchaus noch mal auf direktem Wege wiederholen, denn auf den Teilnahmebögen, die die beiden jungen Frauen in die Kamera halten, sind etliche persönliche Daten, darunter Adresse und Telefonnummer, gut lesbar zu erkennen:

Vorname: Katja, Nachname: XXX, Adresse: XXX Telefon: XXX, Geburtsdatum: XXX

Mit Dank an Theo, Falk Z. und Björn.

Natascha Kampuschs Recht auf Privatsphäre

“Botschaft an die Medien: Das einzige, wovor die Presse mich verschonen soll, sind die ewigen Verleumdungen meiner selbst, die Fehlinterpretationen, die Besserwisserei und der mangelnde Respekt mir gegenüber.”
(Natascha Kampusch im August 2006)

Wie schon im letzten Sommer hat die Wiener Gratiszeitung “heute” nun abermals ihren mangelnden Respekt gegenüber Natascha Kampusch öffentlich gemacht und auf fünf Seiten “bislang unter Verschluss gehaltene Dokumente” veröffentlicht, die, um’s bei einer Formulierung der Nachrichtenagentur APA zu belassen, “sehr persönliche Details aus der Zeit von Kampuschs Gefangenschaft” beinhalten.

Nach der Veröffentlichung hat Kampuschs Anwalt rechtliche Schritte gegen “heute” angekündigt; die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt wegen “Verletzung des Amtsgeheimnisses”; und Kampusch selbst schreibt in einer Stellungnahme:

Ich bin entsetzt, dass diese vertraulichen Akten in die Öffentlichkeit gelangen konnten.

Der Satz stand gestern auch in “Bild” — nachdem “Bild” selbst ausführlichst aus den vertraulichen Akten zitiert und die “Akte Kampusch” sogar zur Titelschlagzeile gemacht hatte und nachdem “Bild” sich bereits tags zuvor nicht zu schade war für Fragen wie: “Wurde Natascha als Sex-Sklavin missbraucht?”

Aber auch das war ja schon im Sommer 2007 so — als Kampuschs Anwalt es für notwendig hielt, abermals darauf hinzuweisen, dass “auch Frau Kampusch (…) das Recht auf Privatsphäre” hat, in der “Medien wirklich nichts verloren” haben.

Die “Bild am Sonntag” hat sich heute übrigens für eine Kampusch-Doppelseite entschieden, aber zwischen psychologischen Ferndiagnosen, abwegigen Verdächtigungen, Überschriften wie “Wie freiwillig war der Sex mit ihrem Peiniger?” und “War Natascha schwanger?” für Kampuschs Empörung und ihr Recht auf Privatsphäre keinen Platz mehr gefunden.

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