Auf ihrer Suche nach Möglichkeiten zur Unterbringung von Geflüchteten plant die Bezirksregierung Münster, ein Hotel in Gladbeck zu mieten und in eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) umzuwandeln. 620 neue Plätze sollen so entstehen. BILDblog-Leserinnen und -Leser aus Gladbeck erzählen uns, dass in der Stadt über das Vorhaben zwar kontrovers, aber “zum Glück noch einigermaßen sachlich” diskutiert werde. Jedenfalls bislang, denn jetzt schaltet sich “Bild” ein.
Gestern auf der Bild.de-Startseite:
Heute in der “Bild”-Bundesausgabe:
Und größer in der heutigen Ruhrgebiet-Ausgabe:
Die “Bild”-Redaktion gibt sich große Mühe, das Hotel Van der Valk Gladbeck als Luxus-Unterkunft wirken zu lassen, in der es sich die Geflüchteten dann mit allerlei Annehmlichkeiten gemütlich machen können. Sie betont den “Bettwäsche- und Handtuchwechsel für bis zu 618 Personen”, der für die ZUE geplant sei, sie schreibt vom “Hausmeister und Gärtner”, der zu den “Zusatzdienstleistungen” gehöre, und sie erwähnt die “Hochzeitssuite ‘Blaue Lagune'”, die es im Hotel gibt. In einer Bildunterschrift steht (samt Einzahl/Mehrzahl-Fehler):
Das Zimmer sind mit stilvollen Design-Möbeln eingerichtet
Das dazugehörige Foto zeigt aber nicht etwa die “stilvollen Design-Möbel” eines normalen Einzel- oder Doppelzimmers des Hotels, sondern die der bereits erwähnten Hochzeitssuite.
In einer anderen Bildunterschrift heißt es:
Die drei Fotos, die die “Bild”-Redaktion dazu abdruckt (und die alle vom Hotelbetreiber stammen), zeigen: 1. die Hochzeitssuite, 2. eine Executive Suite und 3. die Terrasse des Hotels.
Bei all dem Bemühen, das Gladbecker Hotel im Glanz erstrahlen zu lassen, hat “Bild” eine interessante Info leider vergessen: Die Anzahl der Zimmer ist nirgends im Text zu finden. Auf wie viele “Man-gönnt-sich-ja-sonst-nichts”-Luxus-Zimmer sollen sich die 620 Geflüchteten eigentlich verteilen? Die Antwort gibt es auf der Website des Hotels: Momentan seien es 181. Das heißt: Pro Zimmer sollen rein rechnerisch drei bis vier Geflüchtete unterkommen. Das ist in der Hochzeitssuite “Blaue Lagune”, die es der “Bild”-Redaktion so angetan hat, wahrscheinlich kein größeres Problem. In einem herkömmlichen Hotel-Doppelzimmer ist das auf Dauer hingegen schon eher problematisch und hat mit einer Luxus-Unterbringung nicht mehr viel zu tun.
Während die Quantität der Zimmer von “Bild” also gar nicht thematisiert wird, scheint die Darstellung der Qualität der Zimmer – laut “Bild” ja “mit stilvollen Design-Möbeln eingerichtet”, “gut ausgestattet” und mit “4-Sterne-Komfort” – nicht so recht mit den Erfahrungen früherer Hotelgäste übereinzustimmen. Schaut man in die Bewertungen für das Hotel in Gladbeck (wir haben extra einen Zeitraum gewählt, der vor der Bekanntgabe der Pläne der Bezirksregierung Münster liegt, um irgendwie politisch motivierte Rezensionen ausschließen zu können), findet man einige Rezensenten, die mit ihrem Aufenthalt sehr zufrieden gewesen sind. Man findet aber auch zahlreiche Kommentare, die betonen, wie “abgerockt” die Zimmer seien. Möbel seien verschlissen, Teppiche fleckig, Duschen schimmelig:
Die Zimmer sind sehr in die Jahre gekommen und nicht zeitgemäß eingerichtet. Ich habe ein Upgrade auf eine Suite erhalten, diese war schon sehr abgewohnt.
Alles ziemlich alt und abgenutzt
Möbel fielen teilweise auseinander.
Die Möbilierung im Zimmer zeigte Verschleißerscheinungen.
Sehr renovierungsbefürftige Anlage.
komplett veraltet, müßte dringend renoviert und modernisiert werden
Total veraltetet Inventar in den Zimmern. Man kommt sich vor wie 1965.
Renovierung dringend erforderlich.
Raumausstattung sehr veraltet
Im Bad war Schimmel über der Dusche, Steckdosen waren nicht mehr fachgerecht angebracht und das gesamte Mobiliar aus Holz ist mittlerweile abgeplatzt.
Das Hotel ist leider in die Jahre gekommen. Die Zimmer waren eher vom Standard einer Monteur Unterkunft. Der frühere Glanz ist nur noch im Empfang und dem Speisesaal erkennbar.
Zimmer benötigen Renovierung.
Das Hotel war damals vielleicht schön, ist jetzt aber leider komplett ungepflegt, verwohnt
sehr abgewohnt
Teppiche fleckig, Fenster und Türen undicht
Fliesen gibt es auf dem Balkon nicht, dafür aber einen Estrich beton auf dem mal Fliesen waren.
Einrichtungen veraltet
der Zustand der Zimmer inklusive Möbel ist für den Preis nicht tragbar. Alles sehr abgerockt und alt.
Zimmer sind veraltet.
Die Dusche hatte Schimmelsporen an der Decke!
Alles in allem ganz schön in die Jahre gekommen, müsste alles mal dringend erneuert werden.
Auch das klingt nich gerade nach dem Luxus, den “Bild” dem Hotel in Gladbeck gern zuschreiben möchte.
All diese zusätzlichen Informationen scheint die “Bild”-Leserschaft für ihr Urteil aber sowieso nicht zu brauchen. Allein die Kombination aus “Flüchtlinge” und “Vier-Sterne-Hotel”, die die “Bild”-Redaktion ihr hinwirft, scheint zu verfangen. In den Hunderten Kommentaren unter den “Bild”-Posts bei Twitter und Facebook tobt die Wut auf Geflüchtete und auf die Politik. Es geht dabei um die gegen uns und um arm gegen ganz arm:
Für das Gesundheitssystem und Rentner ist kein Geld da, aber die Flüchtlinge wird das Geld nur so rausgeschmissenes.
Während viele Rentner zur Tafel gehen und Leute, die früher zur Mittelschicht gehörten, mittlerweile jeden Cent 2x umdrehen müssen.
Hauptsache, d. Rentner in diesem Land sammeln fleißig Flaschen. Die brauchen nicht mal über einen 3-Tage-Urlaub in einem Luxushotel nachdenken.
Unsere deutschen Mitbürger leben teils auf der Straße und viele Rentner am Existenzminimum!
Wenn hier in der Stadt die Obdachlosenunterkünfte voll sind, müssen Obdachlose, die dort keinen Platz mehr bekommen, unter der Brücke schlafen. Nix Hotel…. aber es sind halt auch Deutsche dabei.
Abartig! Wie wäre es, wenn das 4-Sterne-Hotel für die pflegebedürftigen alten Menschen hergerichtet wird!
Aber Deutsche Rentner finden keinen Platz im Altersheim. Beschämend!!!
Die “Bild”-Redaktion weiß sehr genau, was sie da tut.
Mit Dank an Bernd L. für den Hinweis!