Archiv für Oktober 14th, 2020

Steingarts “Spiegel”-Beef, Teure Auskunft, Bezahltdenken 711

1. Gabor Steingart vs. Der Spiegel vs. Die Transparenz
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Der “Spiegel” berichtete unlängst (nur mit Abo lesbar) über das Medien-Start-up seines früheren Angestellten Gabor Steingart und nannte dabei einige Kritikpunkte. Steingart, der zusammen mit dem Springer-Konzern ein Redaktionsschiff in Berlin betreibt, bezeichnet den Text als “eine Mischung aus Erfindungen, Gerüchten und Falschaussagen”. Thomas Knüwer hat sich die Antwort Steingarts genau durchgelesen und bewertet. Eine lohnende Lektüre für alle, die sich für das System Steingart interessieren. Außerdem wartet am Schluss eine hübsche Pointe mit Parmesan.

2. Die Erfolgsgeschichte eines Verlegers
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:11 Minuten)
Der Verleger Dirk Ippen herrscht auch im Alter von 80 Jahren über ein Konglomerat aus lokalen Tageszeitungen und deren Online-Auftritten, aus Radiostationen und zahlreichen Anzeigenblättern. Zuletzt hatte die Ippen-Gruppe durch die Übernahme von “Buzzfeed Deutschland” von sich Reden gemacht. Der Deutschlandfunk zeichnet den Weg der kaufmännisch getriebenen Verleger-Persönlichkeit nach, die sich keine Illusionen über die (wenig rosige) Zukunft der gedruckten Presse mache.

3. Bundesverwaltungsgericht: Gebührenerhebung nicht rechtswidrig
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott)
Das Informationsfreiheitsgesetz gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung gefällt, die von der Transparenzinitiative “FragDenStaat” als “Richtungswechsel” bezeichnet wird. Demnach dürfen Behörden bei Bürger-Anfragen einen Teil ihres Aufwands in Rechnung stellen. Im vorliegenden Fall habe die Behörde erlaubterweise für eine Auskunft 235 Euro berechnet. “FragDenStaat” kann die Entscheidung des obersten Gerichts nicht nachvollziehen: “Das Urteil bekräftigt unsere Forderung nach einem bundesweiten Transparenzgesetz und einer Abschaffung von Gebühren für Auskünfte. Bürger:innen sollten nicht erneut für Informationen zahlen müssen, die mit Steuergeldern finanziert wurden.”

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4. Krise der Anzeigenblätter
(taz.de, Alexander Graf)
Anzeigenblätter verstehen sich als Teil der Presselandschaft. Dieses Selbstverständnis hat eine besondere Relevanz, wenn es um die geplante Presseförderung für die “digitale Transformation” geht: Der Staat will in den nächsten Jahren insgesamt 220 Millionen Euro an Verlage ausschütten, einen Teil davon wollen die Anzeigenblätter für sich beanspruchen. Doch sind diese tatsächlich ein Teil der Presse? Alexander Graf bejaht die Frage. Deutsche Gerichte würden den Pressebegriff sehr weit auslegen: “Für die Leser*innen wiederum scheint der journalistische Qualitätsbegriff ebenfalls sehr viel facettenreicher zu sein, als es so manche Edelfeder in den Büros der renommierten Verlage aus Hamburg oder Berlin gerne hätte. Immer wieder werden die Anzeigenblätter in Umfragen als verlässliche, glaubwürdige und häufig genutzte Quelle für lokale Nachrichten bezeichnet.”

5. dju zur Räumung der Liebigstraße 34: Massive Einschränkungen der Pressefreiheit durch die Polizei
(dju.verdi.de, Renate Gensch)
Im Zusammenhang mit der Räumung der Liebigstraße 34 in Berlin erhebt die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union schwere Vorwürfe gegen die Polizei: “Bei den Protesten wurden etwa 20 Journalist/inn/en geschubst, geschlagen, eingeschüchtert und ihnen gedroht, Speichermedien oder Kamera zu beschlagnahmen. Besonders eklatant ist die über 40 Stunden andauernde Einrichtung der Roten Zone im näheren Umfeld der Liebig34, in der faktisch die Bürgerrechte und Pressefreiheit ausgesetzt waren.” Wie die “Süddeutsche Zeitung” berichtet, weist die Polizei die Vorwürfe zurück: “Die Pressefreiheit war gewährleistet. Für Dutzende Journalisten war ein extra gesicherter Bereich in Sichtweite des Hauses eingerichtet, in dem sie sich frei bewegen konnten”.

6. Bußgeld gegen Regionalsender
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
Die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) sieht es als erwiesen an, dass der private Fernsehsender L-TV Sendezeit an die Corona-Leugner-Initiative “Querdenken 711” verkauft hat. Wegen des Verbots von politischer Werbung hat die Anstalt ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 65.000 Euro gegen den Sender festgesetzt. Die LFK schreibt dazu in einer Pressemitteilung: “Aufgabe der Rundfunkveranstalter ist es, journalistisch-redaktionell zu berichten und dabei auch über abweichende, unbequeme Meinungen zu informieren und das Geschehen einzuordnen. Davon zu unterscheiden ist, wenn gegen Bezahlung Sendezeit zur Verfügung gestellt und damit eine reine Werbefläche für die politische Position einzelner gesellschaftlicher Gruppierungen geschaffen wird.” Nach Informationen der “Süddeutschen Zeitung” wolle der Geschäftsführer des Senders den Bescheid akzeptieren.