In Spanien ist ein kleiner Junge in einen rund 110 Meter tiefen Schacht gefallen. Seit neun Tagen läuft die Rettungsaktion für den zweijährigen Julen nun. Und fast genau so lang belagern Reporter nun den Ort Totalán, wo das Unglück passierte und wo die Rettungskräfte versuchen, einen Tunnel zu dem Jungen zu bohren.
“Bild” ist natürlich mit dabei, aber auch andere Knallportale berichten fleißig, Stern.de zum Beispiel, “Focus Online”, RTL.de und so weiter.
Heute meldete Bild.de:
… was nicht besonders überraschen dürfte, angesichts der Tatsache, dass ein Zweijähriger erst einen sehr tiefen Brunnenschacht hinunterstürzt und anschließend viele Tage ohne Essen und Trinken verbringen muss. Aber wie hätte man ohne Hoffnung dem gierigen Klickvolk die vielen Akte dieses Dramas verkaufen sollen?
Gnadenlos und ohne Rücksicht auf irgendwas oder irgendwen schlachten sie das Schicksal eines Zweijährigen aus.
Im Mai 2017, nach dem Terroranschlag in Manchester, verteidigte Ombudsmann Ernst Elitz die Berichterstattung der “Bild”-Redaktion, die Fotos von verstorbenen Kindern und Jugendlichen gezeigt hatte, so:
Viele Mitarbeiter haben Kinder im Alter der Ermordeten. Und so wurde die Auswahl der Fotos eben nicht nur von Journalisten getroffen, sondern von Müttern und Vätern, die sich fragten: Würde ich mein Kind so zeigen, wenn meine eigene Familie von diesem Grauen betroffen wäre? (…)
Die Auswahl eines jeden Fotos war eine Gewissensentscheidung. Ich finde, das Gewissen der Mütter und Väter in der Redaktion hat bei der Auswahl der Fotos aus Manchester richtig entschieden.
Auch vor diesem Hintergrund kann man den Beitrag des “Postillon” von heute sehen: “Bild-Chef Reichelt: ‘Wenn mein 2-jähriges Kind in ein 100-Meter-Loch fällt und wahrscheinlich tot ist, hätte ich auch gern, dass die gesamte Welt live daran teilnimmt’.”
Mit Dank an Sebastian E. und Olaf für die Hinweise!