Junge (14) getötet Beil war nicht die Tatwaffe
Am Ostersonntag starb in Duisburg (NRW) ein Junge (14) nach einer Auseinandersetzung im Problemviertel Marxloh (BILD berichtete). Die Obduktion ergab jetzt: Ein einzelner Messerstich in den Rücken tötete den Schüler — und nicht, wie zunächst angenommen, ein Schlag mit einem Beil. Der Stich hatte die Lunge des Opfers getroffen. Die mutmaßlichen Täter waren unerkannt geflüchtet, nach ihnen wird weiter gefahndet. Auch der Vater (40) des Jungen war verletzt worden.
Dass der Junge mit einem Messer umgebracht wurde und nicht mit einem Beil, ändert nichts daran, dass es sich um eine schreckliche Tat handelt. Das Beispiel zeigt aber einmal mehr, wie die “Bild”-Mitarbeiter Sensationsschlagzeilen produzieren, bevor überhaupt irgendetwas klar ist.
1. Treue Gefolgschaft – so twittert die AfD (netzpolitik.org, Hendrik Lehmann & Lisa Charlotte Rost & Maria Fiedler & Markus Reuter & Michael Kreil)
In einer gemeinsamen Aktion haben Journalisten und Datenanalysten von “Tagesspiegel” und “netzpolitik.org” das Twitterverhalten der AfD und parteinaher Nutzer analysiert. Und sind dabei auf ein paar Merkwürdigkeiten gestoßen wie den zum Scheinriesen aufgeblähten Unterstützeraccount “Balleryna”.
2. „Die Aktuelle“ legt Caroline aufs Sterbebett (uebermedien.de, Mats Schönauer)
Mats Schönauer über eine besonders verachtenswerte journalistische Unpraxis: “Ob die Mitarbeiter der „Aktuellen“ abends nach Hause kommen und stolz auf ihre Arbeit sind? Ob sie mit ihrer Familie beim Abendessen sitzen und sagen: „Heute war ein toller Tag, heute habe ich nämlich so getan, als würde Prinzessin Caroline bald sterben“?”
3. Wie ein Buntstift-Lutscher das Publikum von “Wetten, dass…?” foppte (spiegel.de)
Am Ostersonntag ist der ehemalige “Titanic”-Chef Bernd Fritz im Alter von 71 Jahren gestorben. Fritz wurde vor allem als der “Buntstift-Lutscher” bekannt, der die Wetten-dass-Redaktion und Thomas Gottschalk mit einer aberwitzigen Wette narrte. “Spiegel Online” veröffentlicht nochmal das Interview mit Fritz, in dem dieser erklärt wie es zu der Wette kam und wie er damit durchkam.
4. Wie Rotlichtbars mit Samtvorhängen (taz.de, Dirk Ludigs)
Das Aus der gedruckten „Männer“ beende die Ära der Schwulenmagazine, so Dirk Ludigs in der “taz”. Der Niedergang der Printmedien sei vielleicht nicht so schlimm, denn es stünden online zahlreiche Alternativen zur Verfügung. Dennoch: “Mehr denn je wird nach dem Ende der gedruckten Männer in Deutschland offenbar, wie sehr ein weithin sichtbares Leitmedium für die gesamte LGBTQ-Zielgruppe fehlt, ein Ort für gut gemachten Journalismus, für Reportagen und Porträts, aber auch für gesellschaftliche Debatten zu Genderfragen, Fragen des Umgangs mit Sexualität.”
5. Lettland: Mehr Vertrauen in Zeitschriften als in Zeitungen (de.ejo-online.eu, Ainars Dimants)
Wie werden in Lettland Medien genutzt, welche Medien werden bevorzugt? Laut Ainars Dimants, Professor für Kommunikationstheorie an der Universität von Riga, haben vor allem die lettischen Zeitungen mit einem erheblichen Vertrauensverlust und schrumpfenden Werbeeinnahmen zu tun. Doch nicht alle Printmedien seien gefährdet: Special-Interest-Zeitschriften würden in Lettland höhere Umsätze als Tageszeitungen erzielen.
die Amerikaner haben ihre größte konventionelle Bombe mit 8.000 Kilogramm Sprengstoff über Afghanistan abgeworfen. Der erste Einsatz dieser Bombe überhaupt. (In einem Land, in das Bundesinnenminister Thomas de Maizière immer noch abschieben will, weil er es für sicher hält. Aber das nur nebenbei.)
Tut uns bitte in der Berichterstattung den Gefallen und übernehmt nicht gedankenlos die Kriegsrhetorik der US-Streitkräfte: Der Begriff “Mutter aller Bomben” ist testosterondampfende Militär-Poesie und eine unangemessene Trivialisierung und Bagatellisierung eines Kriegsaktes.
Abgesehen davon bringen Mütter nicht den Tod, sondern schenken Leben.
Facebook hat vor Kurzem in der “Bild”-Zeitung erklärt, wie man Falschmeldungen erkennen kann. In einer großen Anzeige hat der Konzern zehn Tipps gegeben:
Wohl aus Platzgründen fehlen in der Anzeige leider die Beispiele. Aber kein Problem. Platz haben wir genug — die Beispiele liefern wir nach. Hier also noch einmal die zehn Tipps zum Erkennen von Falschmeldungen. Mit den entsprechenden Beispielen. Und warum nicht gleich aus der Zeitung, in der die Hinweise zu lesen waren?
1. Lies die Überschriften kritisch.
Klingen die Titel etwas überdreht, unglaubwürdig, und steht am Ende vielleicht sogar ein Rufzeichen? Sehen die Überschriften also zum Beispiel so aus?
Dann solltest du aufpassen. Was kannst du machen? Verfolge die Berichterstattung in den darauf folgenden Tagen. Manchmal erscheint später eine Korrektur oder Entschuldigung. Aber aufgepasst: Dubiose Nachrichten-Portale korrigieren Berichte oft auch dann nicht, wenn längst bekannt ist, dass sie nicht richtig waren.
2. Sieh dir die URL genau an.
Diesen Punkt kannst du leicht nachprüfen. Hat die URL in der Adresszeile des Browsers vier Buchstaben? Endet sie mit “.de”? Sieht sie vielleicht so aus?
Dann sei lieber vorsichtig.
3. Überprüfe die Quelle.
Was weißt du über die Quelle? Finde etwas darüber heraus. Fang mit einer Google-Recherche an. Was behauptet das Medium selbst von sich?
Was sagen andere?
Wie ist dein Eindruck? Mach dir selbst ein Bild von der Seite.
Sprechen die Inhalte dafür, dass es sich um eine Nachrichten-Quelle handelt, der man vertrauen kann? Wie ist dein Gefühl?
4. Achte auf ungewöhnliche Formatierungen.
Wie wirken die Inhalte optisch? Seiten mit Falschmeldungen haben häufig merkwürdige Layouts:
Tippfehler:
Oder ungewöhnliche Gewichtungen:
Fällt dir so etwas auf? Dann vergewissere dich noch einmal genau.
5. Sieh dir die Fotos genau an.
Vor allem Bilder und Bildunterschriften können aufschlussreich sein, wenn es darum geht, sich einen ersten Eindruck zu machen. Wie sind die Menschen einzuschätzen, die diese Inhalte aufbereiten?
Kennen sie sich ein bisschen aus mit den Dingen, über die sie schreiben?
Wie gründlich arbeiten sie? Werfen sie einen Blick aufs Foto, bevor sie die Bildunterschrift schreiben?
6. Überprüfe die Datumsangaben.
Auch das Datum des Artikels kann nützlich sein, um einzuschätzen, wie sorgfältig und ehrlich hier gearbeitet wird. Sind die Nachrichten, die du auf der Seite findest, wirklich aktuell?
Oder versucht hier jemand, dir alte Berichte als Neuigkeiten unterzujubeln? Überprüfe es einfach. Manchmal hilft eine einfach Google-Recherche:
Vielleicht findest du den Artikel sogar auf dem gleichen Portal noch ein zweites Mal. Unseriöse Nachrichten-Seiten veröffentlichen alte Artikel später manchmal umdatiert neu, wenn sie gut gelaufen sind. Es geht schließlich um Klick-Zahlen:
7. Überprüfe die Beweise.
Zweifelhafte Seiten blasen Nachrichten gerne auf. Diese Meldungen erkennt man an ihrem abfallenden Aufbau. Es beginnt mit einer spannenden Überschrift:
Im Text klingt alles zunächst noch so, als ginge es hier um eine sagenhafte Entdeckung:
Aber letztlich kann man doch nur sagen:
8. Sieh dir andere Berichte an.
Du bist dir nicht sicher, ob das, was du gerade liest, auch tatsächlich stimmt?
Dann such am besten nach einer weiteren Quelle:
Du zweifelst noch immer? Dann hat Google manchmal ein paar hilfreiche Tipps:
Die Zahl der Suchtreffer kann ein guter Hinweis sein:
Und so kommt man dem richtigen Ergebnis langsam auf die Spur:
9. Ist die Meldung ein Scherz?
So leicht lässt sich oft gar nicht sagen, ob es sich um eine Nachricht handelt — oder einfach um Humor:
Manchmal denken Satiriker sich Dinge aus, die von der Wirklichkeit kaum zu unterscheiden sind:
Als Leser hast du im Grunde nur eine Chance: Du musst versuchen herauszufinden, ob das Medium, um das es geht, für Satire bekannt ist. Auch dabei hilft dir Google.
10. Einige Meldungen sind bewusst falsch.
Noch komplizierter ist die Situation nur, wenn Medien bewusst Neuigkeiten verbreiten, die einfach nicht stimmen:
Wenn du keine Möglichkeit hast, eine zweite Quelle heranzuziehen, dir die Formatierungen oder das Datum nicht weiterhelfen und auch URL oder Überschrift keinen Aufschluss geben, dann hilft dir nur noch eins: Geduld. Im Moment lässt sich zwar noch nicht sagen, wie valide die Information ist. Aber warte ab. Verfolge die Berichterstattung eine Weile. Dann wirst du vielleicht auch ohne zweite Quelle erkennen: Irgendetwas stimmt da nicht.
Schon komisch. Ständig geht alles Mögliche schief, aber Ernst Elitz hat nie irgendetwas zu beanstanden. Sieht er das denn nicht? Will er das nicht sehen? Woran liegt das? Wir wissen es nicht. Aber vielleicht hat er ja diesen Text gelesen. Dann müsste ihm doch etwas aufgefallen sein. Und wenn das so sein sollte, was sagt er dazu?
Fragen wir ihn doch einfach. Im Internet ist das ja möglich: Herr Elitz, entschuldigen Sie, dürften wir Sie kurz um eine Einschätzung bitten? So unter dem Strich, wie würden Sie die Sache beurteilen?
1. Gefährliche Geschichte (sueddeutsche.de, Julian Hans)
Der Journalismus in Russland hat es nicht leicht: Aktuell wird die Zeitung “Nowaja Gaseta” wegen einer Recherche über Homosexuelle in Tschetschenien heftig bedroht. Unter der Überschrift “Ehrenmord” hatte die Zeitung Recherchen veröffentlicht, wonach in der Kaukasus-Republik mehr als 100 Menschen unter dem Verdacht festgenommen wurden, sie seien homosexuell. Nun geraten die Journalisten ins Fadenkreuz der Fanatiker.
2. „Kopp Online“ geht offline (blog.gwup.net, Bernd Harder)
Ist das umstrittene Nachrichtenportal “Kopp online” mittlerweile offline gegangen? Nun, das könnte man jedenfalls vermuten, so der Pressesprecher der Skeptikervereinigung “GWUP” Bernd Harder. Seit Wochen würden keine neuen Inhalte mehr gepostet, es gäbe eine Weiterleitung auf die Startseite und in der Szene zirkuliere eine (nicht verifizierte) Stellungnahme des Verlags.
3. Ein Tag hinter den Kulissen der Sendung Extra 3 (noz.de, Marie-Luise Braun)
Die Satiresendung “Extra3” (NDR) kann auf eine lange Historie zurückblicken. Aus der Taufe gehoben wurde das Format im Jahr 1976, damals jedoch noch ohne die satirische Schärfung von heute. Wie funktioniert die Sendung und wie werden die 52 beteiligten Personen koordiniert, damit 30 gelungene Minuten entstehen? Marie-Luise Braun hat sich nach Hamburg begeben und einen Sendetag miterlebt.
4. Haltung? Ja bitte! (mmbeta.de, Daniel Drepper)
Daniel Drepper ist Mitgründer des gemeinnützigen Recherchezentrums “Correctiv” und seit April Chefredakteur von BuzzFeed Deutschland. In einem Essay fordert er Journalisten zu mehr Haltung auf und erklärt, warum es in Ordnung sei, dass Journalisten nicht objektiv sein können.
5. Wie Instagram-Blogger für Autos werben (horizont.net, Anna Lisa Lüft)
Die einen nennen es Schleich- bzw. Trampelwerbung, die anderer sprechen von den “reichweitenstarken Influencern”, die man sich an Bord hole. Die Automobilbranche umgarnt erfolgreiche InstagrammerInnen, um von deren Reichweite und Glaubwürdigkeit bei den Fans zu profitieren. Horizont hat mit Marketingexperten bei “Kia” und “Seat” gesprochen und zeigt ein paar der Poser-Bilder.
6. „Fernsehen fand ich oberflächlich“ (taz.de, Klaus Irler)
Man kennt Bjarne Mädel von vielen seiner Rollen. Ob bei “Stromberg” und “Mord mit Aussicht” oder durch seine Hauptrolle im vielgerühmten “Tatortreiniger”. Mit der “taz” spricht er im Interview über Ernsthaftigkeit, Freundschaft und seine Diätbemühungen.
1. Ware Leben (sueddeutsche.de, Rainer Erlinger)
Reality-TV galt einmal als menschenverachtend, so Rainer Erlinger auf sueddeutsche.de, doch dies sei lange her. Erlinger fragt sich, wo die Empörung geblieben sei und mutmaßt: “Vielleicht ist es so: Nicht die Sitten im Sinne der moralischen Maßstäbe sind verfallen, sondern die Sitten im Sinne des Üblichen.”
2. Meldung über angebliches Geschwister-Ehepaar vermutlich falsch (spiegel.de)
Ein Ehepaar in Mississippi hat angeblich zufällig festgestellt, dass es ein Zwillingspaar war. Das zumindest berichtete “Spiegel Online”. Nun stellt sich heraus, dass die Geschichte offenbar frei erfunden war. “Spiegel Online” entschuldigt sich für die peinliche Sache, die einen an der vielgerühmten Spiegel-Recherche zweifeln lässt, macht den Vorgang aber immerhin transparent
3. Quotentest im Ersten: Weniger “Tagesschau” für mehr “Brisant” (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Das Erste ist mit seinen Nachmittagsquoten nicht zufrieden. Mit der “Mutlosigkeit der Verzweiflung”, wie Stefan Niggemeier es ausdrückt, hat Programmdirektor Volker Herres darum in den vergangenen Wochen etwas anderes probiert: Er hat die “Tagesschau” gekürzt und die gewonnenen Minuten dem Boulevard zugeschlagen. Die zweifelhafte Programmänderung hat quotentechnisch nichts gebracht. Morgen kehrt man zum gewohnten Programmschema zurück.
4. “CrossCheck”: Die Anti-Fake-News-Koalition (ndr.de, Daniel Schmidthäussler, Video, 5:50 Minuten)
In Frankreich haben sich mehr als 30 französische Medien unter dem Label “CrossCheck” zusammengeschlossen. Das Ziel: Gemeinsam will man gegen Fake News vorgehen. Daniel Schmidthäussler hat für “Zapp” mit dem Projektmanager und weiteren “CrossCheck”-Beteiligten gesprochen.
5. Wie ich einmal versuchte, eine Zeitung zu abonnieren (blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Medienprofi Christian Jakubetz hat sich neulich im Supermarkt zu einem Abo der örtlichen Lokalzeitung überreden lassen. Sechs Wochen hat er das Abo nun schon. Sechs Wochen, in denen ausgiebig Zeit war, sich über die mangelnde Professionalität des Blatts zu ärgern: “Viermal ist die Zeitung seitdem nicht zugestellt worden, davon an zwei Wochenenden, was ja irgendwie besonders ärgerlich ist. Viermal habe ich online eine „Zustellreklamation“ geschickt. Viermal habe ich eine Antwort bekommen, die mich an allem zweifeln lässt. Insbesondere an der technischen Kompetenz des Hauses und ein kleines bisschen auch daran, ob jemand dort schon mal was von Kundenfreundlichkeit gehört hat: eine leere Mail, in der im Betreff „Zustellreklamation“ steht und sonst nix. Keine Anrede, kein Text, kein gar nix.” Doch Jakubetz belässt es nicht bei der Klage, sondern gibt den bedrohten Zeitungsmachern konkrete Tipps zum Überleben.
David Dao wurde in den vergangenen Tagen gleich zweimal zum Opfer. Erst zerrten ihn Sicherheitsleute gewaltsam aus einem Flugzeug, dann machten sich Medien über seine Vergangenheit her, ohne dass er selbst irgendeinen Anlass dazu gegeben hätte.
Dao, ein 69-jähriger Arzt aus Kentucky, hatte ein Ticket für den ausgebuchten “United”-Flug 3411, der am Sonntag von Chicago nach Louisville ging. Doch Dao flog nicht mit. “United” wollte eigenen Mitarbeitern Plätze im Flugzeug verschaffen, bat dafür mehrere ausgewählte Passagiere, die Maschine gegen eine Geldzahlung zu verlassen, darunter auch David Dao. Als der sich weigerte, wurden Sicherheitsleute handgreiflich. Handyvideos, auf denen Dao über den Gang des Flugzeugs geschleift wird, gingen um die Welt. Dao musste ins Krankenhaus, es gibt Aufnahmen von ihm, auf denen er aus dem Mund blutet. Ein riesiges PR-Desaster für “United Airlines”.
Doch anstatt sich weiter auf das unfassbare Verhalten der Airline zu konzentrieren, verschoben einige Medien, darunter auch deutsche, ihren Fokus: Auf einmal ging es auch um David Daos Vergangenheit, ein Gerichtsverfahren gegen ihn, den Verlust seiner Zulassung als Arzt.
Damit angefangen hatte die in Kentucky ansässige Zeitung “Louisville Courier-Journal”. Recht schnell nahmen größere Medien die Meldung von Daos früherer Verurteilung auf. In Europa dürfte das Onlineportal des britischen Knallblatts “Daily Mail” zu den Ersten gezählt haben.
Am vergangenen Dienstag stiegen auch Medien aus Deutschland, der Schweiz und Österreich in die Schmierenkampagne gegen ein eigentliches Opfer ein. Bild.de berichtete über Daos “dunkle Vergangenheit”:
Stern.de machte mit:
Das Schweizer Portal blick.ch veröffentlichte einen Artikel:
Genauso derstandard.at aus Österreich:
Allein schon in der Wahl des Themas, das nichts mit dem Vorfall an Bord der “United”-Maschine zu tun hat, steckt der Subtext: Ja, klar, das ist schon ganz schön heftig, was David Dao passiert ist. Aber ein lieber Kerl war er nun auch nicht gerade. Oder etwas stärker zugespitzt: Es hat vielleicht gar nicht mal den Falschen getroffen.
Die Medien, die David Daos “dunkle Vergangenheit” für berichtenswert halten, diskreditieren mit ihren Artikeln ein Opfer einer komplett unnötigen Gewaltanwendung, indem sie einen Fall rauskramen, der über zehn Jahre zurückliegt. Dao hat damals eine Strafe bekommen, die er abgesessen hat. Er ist als Arzt wieder zugelassen. Wäre er wegen Randalierens an Bord eines Flugzeugs verurteilt worden — okay, dann könnte man das in der Berichterstattung vielleicht erwähnen. Stünde er auf einer No-Fly-List — dito. Aber nichts dergleichen ist der Fall. David Dao wurde schlicht per Zufallsprinzip von “United” als einer der Passagiere ausgewählt, die im Flugzeug Platz machen sollten. Er wurde schlecht behandelt. Er hat die Situation am Sonntag nicht selber herbeigeführt. Jetzt muss er aushalten, dass ihn Zeitungen und Onlineportale weltweit diffamieren.
Zwischenzeitlich gab es sogar das Gerücht, dass die Medien beim Wühlen nach früheren Vergehen Informationen über den falschen David Dao veröffentlicht haben. Es gibt nämlich einen anderen Arzt namens David Dao aus New Orleans. Inzwischen scheint allerdings klar zu sein: Immerhin diesen Fehler haben die Redaktionen nicht begangen. Doch es bleibt dabei: Für die Berichterstattung über das Geschehen am vergangenen Sonntag ist es völlig irrelevant, ob David Dao früher etwas Schlimmes getan hat oder nicht — niemand verdient es, so behandelt zu werden.
1. dpa-Eilmeldung: Das Problem mit Indymedia als Quelle (flurfunk-dresden.de, Andreas Szabo)
Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund tauchte im linken Szene-Portal “Linksunten Indymedia” ein angebliches “Bekennerschreiben” auf, das von der Nachrichtenagentur “dpa” aufgegriffen wurde. Andreas Szabo von “Radio Dresden” hält das für problematisch: “Einen irgendwo ins Internet geschriebenen Text (mit kurzer Nachfrage bei Polizei) allerdings als Quelle für eine Eilmeldung zu nutzen, die bundesweit für viel Aufsehen sorgt und den Ermittlungsbehörden noch mehr Arbeit beschert, ist fahrlässig. Zu jedem Journalismus-Seminar gehört in den ersten Stunden der Grundsatz: 2-Quellen-Prinzip.”
2. Jeder Beitrag könnte der letzte sein (correctiv.org, Marta Orosz)
In der Türkei wurden mehr als 140 Journalisten inhaftiert mit der Begründung, sie hätten angeblich terroristische Gruppen unterstützt. Trotz dieser massiven Einschüchterung gibt es Journalisten, die auch weiterhin kritisch aus dem Land berichten. Eine dieser mutigen Personen ist Zübeyde Sarı, die für “#ÖZGÜRÜZ” arbeitet, das türkisch-deutsche Onlinemedium von Can Dündar und Correctiv.
3. Flüchtlinge als Quotenbringer (taz.de, Bettina Figl)
Letzte Woche fand im italienischen Perugia das 11. Internationale Journalismusfestival statt. Ein Schwerpunkt war der Umgang europäischer Medien mit dem Thema Flucht. Bettina Figl hat für die “taz” einige Panels besucht und berichtet von ihren Eindrücken und Erkenntnissen.
4. kontertext: Wissenschaftsbashing (infosperber.ch, Ariane Tanner)
Die Historikerin Ariane Tanner erklärt, mit welchen Techniken gearbeitet wird, um wissenschaftliche Tatsachen oder längst Erwiesenes in Zweifel zu ziehen. Sie geht dazu in die 1950er Jahre zurück. In dieser Zeit hatte sich ein Zirkel interessierter Personen zusammengeschlossen, um den bereits bekannten Zusammenhang zwischen Rauchen und Gesundheitsschäden zugunsten der Tabakbranche zu verschleiern. Aber auch in der Jetztzeit wird gegen unangenehme Wahrheiten agitiert wie das Thema Klimawandel beweist. Tanner beschreibt die “Strategie des Anzweifelns” und wie das Medienphänomen “false balance” entsteht.
5. Facebook will Fake-Accounts schließen (zeit.de)
Facebook kommt nicht umhin, sich dem Thema Fake News zu widmen und hat dazu eine Anzeigenkampagne gestartet. Eine Facebook-Managerin hat im Blog angekündigt, man wolle nicht nur gegen Falschmeldungen vorgehen, sondern auch verdächtige Nutzerkonten (Fake Accounts) löschen. In Frankreich sei das soziale Netzwerk so bereits bei 30.000 Fake-Konten vorgegangen.
6. Netzwerkdurchsetzungsgesetz (neusprech.org, Martin Haase)
Martin Haase denkt über den Begriff “Netzwerkdurchsetzungsgesetz” nach und kommt zum Schluss: “Wenn aber schon die Bezeichnung eines Gesetzes Murks ist, dann gilt das oft auch für den Inhalt. Das N. ist ein Beleg für diese Theorie.”
Die Polizei fahndet aktuell bundesweit nach einem Mann, der in der Nähe von Hannover eine Frau umgebracht haben soll. Soll. Es handelt sich erst einmal nur um einen Tatverdächtigen, einen mutmaßlichen Mörder, endgültig bewiesen ist noch nichts. Und so schreiben die meisten Medien auch, dass die Fahndung nach dem “mutmaßlichen Täter” laufe oder dass ein “Verdächtiger noch flüchtig” sei.
Nur für Bild.de stand bereits gestern Abend fest: Der Gesuchte ist kein mutmaßlicher Mörder, er ist ein “Killer”. Die Tatsachenbehauptung prangte dick und fett auf der Startseite:
(Unkenntlichmachung durch uns.)
Da die Fahndung öffentlich ist, und die Polizei selbst ein Foto sowie den kompletten Namen des Mannes herausgegeben hat, ist nichts dagegen einzuwenden, dass auch Bild.de diese Informationen verbreitet. Dass die Redaktion aber jemanden zum “Killer” macht, bevor ein Gericht darüber entschieden hat, ob der Verdächtige schuldig ist, oder dieser ein Geständnis abgelegt hat, missachtet die Unschuldsvermutung. Wenn die Mitarbeiter von Bild.de das Gefühl haben, jemand hat ein Verbrechen begangen, dann sprechen sie ihr Urteil. Dass noch nichts bewiesen ist, scheint bei der Suche nach einer klickversprechenden Überschrift irrelevant zu sein.
Heute morgen veröffentlichte das Portal einen weiteren Artikel zu dem Fall. Inhaltlich ist er sehr ähnlich, es gibt kaum etwas Neues. Dieses Mal muss man allerdings ein “Bild plus”-Abo haben, um den Text lesen zu können.
In der zugehörigen Teasergrafik auf der Startseite ist Bild.de etwas vorsichtiger geworden — nun “soll” der Mann “gemordet” haben, hinter dem “Killer” steht ein Fragezeichen:
(Unkenntlichmachung des Mannes durch uns, Unkenntlichmachug der Frauen durch Bild.de.)
Sowohl für den Artikel von gestern Abend als auch für den von heute gilt übrigens: Einen Zusammenhang zwischen der Pilgerreise des Gesuchten und dem Mord nahe Hannover scheint es nach aktuellem Kenntnisstand nicht zu geben.
1. Volkswagen, E.ON, DHL: So viel zahlen Lobbyisten für Werbung in Parteizeitungen (abgeordnetenwatch.de, Marthe Ruddat)
Parteien generieren teilweise beträchtliche Einnahmen durch Anzeigenverkauf in ihren Mitgliedermagazinen. Millionensummen, bei denen die genaue Herkunft oftmals nicht oder nur schwer nachvollziehbar ist. Die Plattform “abgeordnetenwatch.de” listet auf, wieviel Unternehmen und Verbände für Werbeanzeigen in Parteizeitungen zahlen. Die vorherrschende Intransparenz der zum Teil horrenden Einnahmen aus dem Politsponsoring würde sogar von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kritisiert.
2. “Früher wurde ich beneidet” (br.de, Michael Schramm, Video, 4:19 Minuten)
Als Michael Schramm vor sieben Jahren nach Istanbul ging, um das dortige ARD-Studio zu übernehmen, wurde er von Kollegen beneidet. Istanbul galt damals als einer der hipsten Städte in Europa überhaupt, voller Erasmus-Studenten und Touristen. Die Situation hat sich mittlerweile bekanntermaßen dramatisch geändert. Michael Schramm zeichnet die Entwicklung der letzten Jahre nach. Beginnend mit der gewaltsamen Niederschlagung der Gezi-Demonstrationen vor vier Jahren, die er rückschauend als den Wendepunkt für die türkische Politik bezeichnet, bis zur demnächst stattfindenden Abstimmung über die Einführung eines Präsidialsystems.
3. „Flüchtlingsthemen ziehen den Hass an wie Scheiße die Fliegen“ (t3n.de, Andreas Weck)
Hannes Ley hat auf Facebook die geschlossene Gruppe Ich bin hier gegründet. Die Idee dahinter: Gruppenmitglieder sollen sich in Wut-Diskussionen mit einem sachlichen, faktentreuen und höflichen Post einschalten und dort den #ichbinhier-Hashtag hinterlassen. Auf diese Weise kann der Kommentar von anderen Gruppenteilnehmern identifiziert werden und mit Hilfe von Likes unterstützt werden. Besonders häufig schalten sich die Mitglieder bei Themen über Geflüchtete ein. Weitere Themen seien Ausländerkriminalität, Politik-Bashing und Medienschelte sowie sexistische und homophobe Inhalte. Im Interview spricht Ley über seine Erfahrungen und welchen Anfeindungen er und seine Co-Moderatoren ausgesetzt seien.
4. “Daily Mail” zahlt Melania Trump Schmerzensgeld (sueddeutsche.de)
Das britische Boulevardblatt “Daily Mail” hat Melania Trump als früheres Escort-Girl bezeichnet und wurde dafür nun zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, die laut AP-Angaben bei 2,7 Millionen Euro liegen soll. Die amerikanische Präsidentengattin hatte 141 Millionen gefordert.
5. Weniger Programm, mehr Übernahmen (deutschlandfunk.de, Wolfgang Stuflesser, Audio, 4:10 Minuten)
Wenn US-Präsident Donald Trump seinen Haushaltsentwurf durchbekommt, stehen den mehr als 1.400 öffentlichen lokalen Fernseh- und Radiosendern in den USA schwierige Zeiten bevor: Trump will die staatlichen Zuschüsse streichen. Wolfgang Stuflesser hat sich für den Deutschlandfunk beim Sender Valley PBS in der kalifornischen Stadt Fresno nach den möglichen Auswirkungen umgehört.
6. Böhmermann-Satire startet durch (horizont.net)
Jan Böhmermanns führt die Musikindustrie mit seiner Songsatire vor. Nun klettert der von Schimpansen zusammengehauene Song in die Charts. Böhmermanns Traum: Das Ding auf Platz eins zu hieven, um 2018 einen Echo-Preis dafür abzuräumen.