Archiv für März 24th, 2014

Sie lieben es!

Kiffer in der Schweiz, aufgepasst! Es gibt zwei tolle Neuigkeiten:Titelschlagzeile 1: "Bergbauern sollen Drogenhanf anbauen" - Titelschlagzeile Nr. 2: "Premium-Bruerg bei fast-Food-Kette"

Demnächst kann man sich das Zeug also frisch von der Alm holen — und den anschließenden Heißhunger gleich mit dem neuen Superburger bekämpfen.

Na gut, ob das mit den Hanf-Plänen tatsächlich was wird, sei mal dahingestellt (unterstützt wird die Idee bisher lediglich von einem “Experten”, und der hat sie selbst vorgeschlagen). Aber den Burger wird es auf jeden Fall geben, wie die Gratiszeitung “20 Minuten” verkündet:

Seit heute hat McDonald’s eine Luxus-Linie im Angebot. Der Fast-Food-Riese will so neue Kunden fangen.

Und um den “Fast-Food-Riesen” dabei ein wenig zu unterstützen, wird den Lesern die neue Produktpalette im Wirtschafts-Ressort ausführlich vorgestellt:

McDonald’s Schweiz betritt neue Wege und bietet dem Kunden unter dem Namen “Signature Line” eine Premiumkarte an. Das Aushängeschild ist der Burger “The Prime”. Dieser enthält neben einer 180-Gramm-Scheibe Rindfleisch auch Berner Bergkäse, Speck, Coleslaw und Rucola. […]

Ebenfalls zur Premium-Linie gehören Chips aus Schweizer Kartoffeln (Fr. 4.50) und drei neue Salate mit Kohlstreifen, Ebly oder Kartoffeln (4.30 bis Fr. 4.90).

Zwar geht das Blatt auch auf die gepfefferten Preise ein (“Diese Zutaten haben aber ihren Preis”), doch das bleibt die einzige Stelle im gesamten Text, an der zumindest ein kleiner Hauch von journalistischer Distanz zu spüren ist. Ansonsten darf die McDonald’s-Sprecherin noch erzählen, dass “grosse strukturelle Umstellungen” nötig waren, dass die Arbeitsabläufe “im Vorfeld im McDonald’s-eigenen Innovationscenter in Chicago optimiert” wurden und dass deshalb “keine längere Wartezeit” für die Kunden entsteht — und das war sie auch schon, die große Titelstory der “20 Minuten”.

Die Bebilderung kommt übrigens direkt von McDonald’s selbst. Und wer jetzt glaubt, dass der Konzern auch auf andere Weise seine fettigen Finger im Spiel haben könnte, der irrt. Denn natürlich beruht der Text (wie man in der Online-Version nachlesen kann) nicht einfach nur auf PR-Material, sondern auf akribischer journalistischer Recherche:

Die 20 Minuten-Redaktion konnte den neuen Burger bereits im Vorfeld verköstigen. Das Urteil der Redakteure: “Es schmeckt.”

Mit Dank an Pascal W.

Russland, Mondlicht, Hoodies

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “This is propaganda”
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.de)
Die Berichterstattung deutscher Medien über Russland und die Ukraine: “Es ist natürlich offensichtlich, daß Emotionen leicht in die gewünschte Richtung gelenkt werden können, wenn nahtlos an schon bestehende Vorurteile angeknüpft werden kann. Und im Falle Russlands ist dies so unverschämt einfach, jeder Praktikant könnte das übernehmen.”

2. “Krim-Krise: Russland ist nicht der Feind”
(schwaebische.de, Alexei Makartsev)
Der Leiter der Online-Redaktion der “Schwäbischen Zeitung”, Alexei Makartsev, ruft seinen Vater in Moskau an: “‘Uns geht es bestens’, hörte ich am anderen Ende der Leitung. ‘Die Menschen sind erleichtert darüber, dass ein Stück russischer Erde endlich in den russischen Mutterleib zurückgekehrt ist. Putin hat dazu eine glänzende Rede gehalten, im Saal haben sogar manche vor Freude geweint.’ Ich solle mich nicht von der einseitigen Berichterstattung in den westlichen Medien täuschen lassen, wünschte sich zum Schluss mein Vater, ebenfalls ein Journalist. ‘Europa versteht Russland nicht, weil ihr nicht gut genug informiert seid.'”

3. “Wir Serienmuffel”
(brandeins.de, Jochen Förster)
In einem ausführlichen Artikel über Fernsehserien beantwortet Medienforscher Lothar Mikos die Frage, warum es in Deutschland keinen Sender wie HBO gibt: “Deutsche Fernsehsender werden dominiert von risikoscheuen, selbstzufriedenen Typen mit Provinzhorizont und dem Hauptanliegen, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Also setzen sie auf Seilschaften und Rezepte, hinter denen sie ihre Unfähigkeit verbergen. Um es mal etwas zu verkürzen: Hauptsache Ferres, Berben oder Furtwängler sind dabei.”

4. “Mondlicht-Fotozellen und ‘Small Data'”
(scilogs.de, Markus Pössel)
Markus Pössel wimet sich Berichten über die Energiequelle Mondlicht: “Selbst bei einer um einen Faktor vier gesteigerten Effizienz der Solarzellen – es bleibt ein Missverhältnis Sonne zu Mond von im besten Falle rund einhunderttausend.”

5. “Eine unglückliche Frau”
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Wie das VOX-Boulevardmagazin “Prominent!” den Tod von L’Wren Scott verarbeitet.

6. “Journalisten & Hoodies”
(journalisten-hoodies.tumblr.com)
Ein Absatz in der FAS (twitter.com/dvg) führt zu Selfies von deutschen Journalisten in Hoodies. Siehe dazu auch “Twitter-Solidarität unter Journalisten: Kapuzenpullis für Plöchinger” (taz.de, Paul Wrusch) und “Nach Plöchinger-Kritik: Die Stunde des #Hoodiejournalismus” (meedia.de, Christian Meier).