Archiv für Februar 11th, 2011

Bild  

Europa den Deutschen

Letztlich ist die Frage, was für ein Mann die Europäische Zentralbank leiten sollte, ganz einfach zu beantworten:

Wer passt jetzt auf unseren EURO auf? Doch bitte nicht dieser Grieche! Doch bitte nicht dieser Italiener! Doch bitte nicht dieser Ire! Doch bitte nicht dieser Spanier! Doch bitte nicht dieser Portugiese! Doch bitte nicht dieser Luxemburger! Aber diesen Deutschen hätten wir gern ...

Mit Dank an Paul Z.

Der Rücktritt vom Rücktritt

Einen schönen Einblick in die Arbeitsweise von Online-Redaktionen konnte man gestern am Beispiel Bild.de erlangen. Um kurz nach halb Zehn abends, kurz bevor Hosni Mubarak eine Rede hielt, bei der viele erwarteten, er würde seinen Rücktritt als ägyptisches Staatspräsident verkünden, hatte Bild.de – selbstverständlich als erstes Medium – Sensationelles zu vermelden:

Ägyptens Präsident tritt ab!

Wer dem Teaser auf der Hauptseite folgte, gelangte zu einem Artikel, in dem nicht nur Geschichte geschrieben wurde, sondern der offensichtlich auch schon im Voraus geschriebenen worden war:

In Ägypten hat das Volk gesiegt! Gewaltlos! Und die Welt hält den Atem an. US-Präsident Barack Obama erklärte: “Wir werden Zeugen, wie sich Geschichte entfaltet.”
Präsident Hosni Mubarak (82) ist zurückgetreten. Die Macht hat er an seinen Stellvertreter Omar Soleiman übertragen.

Damit haben die Demonstranten in Kairo und dem Rest des Landes mit ihren wochenlangen Protesten ihr wichtigstes Ziel erreicht! Millionen Ägypter jubeln!

Der zuständige Redakteur hätte wohl lieber berücksichtigen sollen, was in der URL des Artikels stand:

Nix online auf keinen Fall

“NIX ONLINE AUF KEINEN FALL” wäre wohl die bessere Entscheidung gewesen, denn in Ägypten spielen sich zur gleichen Zeit völlig andere Szenen ab: Während Mubaraks Rede, die um 21.46 Uhr begann, wird immer deutlicher, dass der Diktator eben nicht an Rücktritt denkt. Während bei Bild.de “Millionen Ägypter jubeln”, schwenken in Wirklichkeit Millionen wütend ihre Schuhe in Richtung Mubarak.

Erst einige Minuten nach der Rede änderte Bild.de die Richtung:

Ägyptens Präsident klebt an der Macht

Der vorherige Artikel wurde natürlich ohne Erklärung gelöscht.

Mit Dank auch an Jan S. und Christoph.

Ups, verpflaumt!

Wer Henryk M. Broder kennt, der ahnt, dass der hauptberufliche Polemiker nur so halb bei der Sache war, als er heute auf “Welt Online” die ARD anfiel: Schon die Anrede “Hallo, ARD!” fiel eher moderat aus, noch dazu hat er niemanden mit Hitler oder Goebbels verglichen — Broder war also regelrecht entspannt.

Aber ein Anliegen scheint es ihm schon gewesen zu sein, die ARD-Verantwortlichen darauf hinzuweisen, dass sie am Donnerstagabend “Mubaraks Rede an sein Volk verschlafen” hätten:

Heute war Kai Pflaume mit seinem “Star-Quiz” dran. Und was er mit seinen La-Ola-Promis aus Film, Funk und Fernsehen zu bieten hatte, das war so aufregend, so atemberaubend, so einmalig, so grandios, so sensationell, so spannend, dass Sie sich nicht dazu durchringen konnten, das Quiz für eine Sondersendung abzubrechen und nach Kairo zu schalten, wo gerade Geschichte passierte.

Broder warf den Verantwortlichen vor, sie hätten “Kai und seine Pflaumen weiter raten lassen”, während das ZDF die Rede Mubaraks ausreichend gewürdigt habe.

Im Ersten, so Broder weiter, sei nichts dergleichen zu sehen gewesen:

Als es sich dann kurz vor 23 Uhr ausgequizt und Kai Pflaume seine Geiseln endlich freigelassen hatte, meldete sich Tom Buhrow mit einer Sonderausgabe der “Tagesthemen”, die drei Minuten dauerte.

In seinem milde temperierten Wutbrief hatte Broder ein winziges Detail übersehen: Die ARD hatte das verdammte “Star Quiz” um 21.46 Uhr für eine 24-minütige Sonderausgabe der “Tagesthemen” unterbrochen (nachzusehen in der ARD-Mediathek). Deswegen endete das “Star Quiz”, das wegen eines “ARD Brennpunkts” mit einer Viertelstunde Verzögerung gestartet war, überhaupt erst um kurz vor 23 Uhr.

Diese Informationen scheinen im Laufe des Vormittags auch bei “Welt Online” angekommen zu sein — Broders Text jedenfalls wurde um kurz nach 12 kommentarlos offline genommen. Broder selbst bewirbt sie aber noch in seinem Blog “Die Achse des Guten”.

Mit Dank auch an Kritiker123 und Peter.

Nachtrag, 12.39 Uhr: Broder bittet die “liebe ARD” um Entschuldigung.

Bayern 3, Wikileaks, Frauenquote

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Da-dam-da-dam-da-daaaa-daaa”
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Andreas Bernard)
An einem Mittwoch im Januar hört Andreas Bernard den Radiosender Bayern 3: “Unablässig werden die Hörer darüber belehrt, dass schicksalhafte Autoritäten über ihr Dasein entscheiden: das Wetter, der Stau, der Vorgesetzte, die große weite Welt.”

2. “Erst Waldi dann WikiLeaks”
(blogmedien.de, Horst Müller)
Horst Müller stört es, dass ARD und ZDF gelungene Dokumentationen “unter geplantem Ausschluss des ganz überwiegenden Teils der Zuschauerschaft” erst in der Nacht senden.

3. “Weltmacht Wikileaks? – Krieg im Netz”
(mediathek.daserste.de, Video, 44:05 Minuten)
Die Dokumentation “Weltmacht WikiLeaks?” wurde am Mittwochabend um 23.45 Uhr gesendet. Sie beleuchtet den bisherigen Weg der Enthüllungsorganisation Wikileaks und lässt Julian Assange, Daniel Domscheit-Berg und Kristinn Hrafnsson zu Wort kommen.

4. “The Al Jazeera Effect”
(foreignpolicy.com, Hugh Miles, englisch)
Journalisten staatlicher ägyptischer TV-Sender geben ihren Job auf, weil dort eine ganz andere Version der Realität gezeigt wird. “While Al Jazeera was showing hundreds of thousands of people calling for the end of the regime, Egyptian TV showed humdrum scenes of traffic quietly passing by; when Al Jazeera reported hundreds of people queuing for bread and petrol, Egyptian TV showed happy shoppers with full fridges using footage filmed at an unknown time in the past.”

5. “Sport Bild-Watch (14)”
(el-futbol.de, Sidan)
Sidan liest die “Sport Bild”: “Wann immer Karl Heinz Rummenigge oder Uli Hoeneß erwähnt werden, dann ‘fordern’ (Rummenigge) oder ‘drohen’ (Hoeneß) sie etwas, und der Geforderte oder Bedrohte lautet immer van Gaal. Die Botschaft ist klar: diese Männer stehen für Erfolg und sind Erfolg gewöhnt, der Misserfolg stört sie, und der Misserfolg liegt nicht an ihnen, sondern nur am Trainer.”

6. “Teppichetagen”
(themenriff.de, Martina Pickhardt)
Martina Pickhardt beschreibt ihre Erfahrungen mit der Frauenquote.