Fast alles, was jetzt über (Achtung tag cloud!) den Journalisten Jean-Paul Mulders, den Historiker Marc Vermeeren, die Familien Hietler, Hiedler, Hütler oder Huetler im österreichischen Waldviertel sowie Louis, Brian und Alexander A. Stuart-Houston auf Long Island berichtet wird, stand u.a. schon 2006 unter Berufung auf die belgische Tageszeitung “Het Laatste Nieuws” in der “FAZ”.* Dort fand sich auch folgender, in schönster Feuilletonprosa verfasster Satz:
Spektakulärer als die der vorherrschenden Auffassung der Geschichtsschreibung entsprechenden Erkenntnisse von Mulders sind die Methoden, die der belgische Journalist bei seinen sechs Monate dauernden Recherchen genutzt hat. (…)
Mit Dank auch an treets, Andre E. und Soe.
*) Als die Erkenntnisse der “Hitler-Jäger” im Frühjahr 2009 als Buch erschienen, interessierte das übrigens kaum wen. Deutschlandradio Kultur fasste das Werk damals ironischerweise so zusammen: “Historische Forschung, wie sie die Boulevardpresse betreibt.”
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “ProSiebenSat.1 fällt auf Harald Schmidt-Fake rein” (meedia.de) Jan Böhmermann spielte für die Sendung “Harald Schmidt” einen “angeblich an Schweinegrippe Erkrankten”: “Mit Mundschutz und hustend antwortete er auf die Reporterfragen und kam mit der Story, in seiner Siedlung wegen der Krankheit isoliert und geächtet zu sein, in sämtliche Nachrichten der ProSiebenSat.1-Gruppe.”
2. “Wo die HRE-Aufklärung stecken blieb” (carta.info, Steffen Rutter)
“Die Medien haben über den HRE-Ausschuss nicht immer überzeugend unabhängig und teilweise inhaltlich falsch berichtet.”
3. “Auf der Suche nach der Leidenschaft” (medienspiegel.ch, Nick Lüthi)
Nick Lüthi, Chefredakteur des Medienmagazins “Klartext”, sucht die Kreativität in den Newsrooms: “Wer Journalismus mit Leidenschaft ausübt, sucht und findet seine Plattformen fernab der industriell bewirtschafteten Kanäle. Zwar lässt sich dort nicht das grosse Geld machen, dafür existieren aber Freiheiten, die die renditeoptimierte Newsroomkultur den Medienschaffenden nicht gewährt.”
4. “Köppel? ‘Keine gute Idee'” (tagesanzeiger.ch, Verena Vonarburg)
“Weltwoche”-Chefredakteur Roger Köppel wird vom Schweizer Fernsehen aus einer politischen Diskussionssendung wieder ausgeladen, weil der Generalsekretär der FDP andeutet, dass der frischgewählte Bundesrat Didier Burkhalter der Sendung fernbleibt, wenn auch Köppel dabei ist. Redaktionsleiterin Marianne Gilgen: “Wenn ich an diesem Tag die Wahl habe zwischen dem neu gewählten Bundesrat und Herrn Köppel, dann fällt meine Wahl halt auf den Bundesrat.”
5. “Über Umfragen” (filmjournalisten.de, Julian)
Filmjournalist Julian Reischl beantwortet eine Umfrage des Bayerischen Journalisten-Verbands BJV über Mitarbeiterhonorare.
6. Interview mit Michael Spreng (swr.de, Wolfgang Heim, Audio)
Politikblogger Michael Spreng zur bevorstehenden Bundestagswahl. Thema ist auch der Kosename von Edmund Stoibers Frau. Um das Gespräch zu hören: Oben rechts klicken.
Eine der wichtigsten Vokabeln der heutigen Internetsprache heißt “fail”. Sie ist nahezu universell einsetzbar und ersetzt Formulierungen von “Da hat aber jemand einen (großen) Fehler gemacht” bis “Herr Lehrer, ich weiß was”. “fail” steht häufig in Kurznachrichten von Twitter-Usern, wenn Politiker, Journalisten oder andere Twitter-User etwas nicht verstanden haben.
Zum Beispiel in etlichen der paar Hundert Nachrichten, die am gestrigen Nachmittag und Abend diesen Screenshot von “Focus Online” kommentierten:
“Haha, diese Deppen”, lauteten die impliziten und expliziten Reaktionen nach der Veröffentlichung. “Nennen die ‘The Sims’ ein ‘Killerspiel’ …”
Blöd nur: Der angebliche Screenshot von “Focus Online” war wohl keiner.
Im Artikel, zu dem der angebliche Teaser gehört, fehlt jeder Hinweis auf irgendein Computerspiel. Aber klar: Der könnte nachträglich entfernt worden sein, genauso wie die Leserkommentare zum Thema “Killerspiele”, von denen jede Spur fehlt.
“Focus Online” verwendet aber auch keine Absätze in seinen Teasern. Gut, das könnte im Eifer des Gefechts passiert sein.
Aber dann stimmen auch die Zeilenabstände nicht und überhaupt benutzt “Focus Online” ganz andere Anführungszeichen:
Es hätte also genug Gründe gegeben, skeptisch zu sein. Aber die Leute, die den Medien vorwerfen, unkritisch zu sein und nur aufzuschreiben, was ihnen in den Kram passt, waren unkritisch und schrieben genau das auf, was ihnen in den Kram passte: “fail” eben.
Auch jetzt – Stunden, nachdem namhafte Twitterer mit vielen Followern den Screenshot als Fake entlarvt haben – gehen immer noch neue Tweets online, die die Mär verbreiten, dass “The Sims” bei “Focus Online” als “Killerspiel” bezeichnet worden sei.
Die Medien machen zu oft Fehler und gehen zu schlecht damit um, darum bloggen wir hier. Aber nicht alles, was wie ein Fehler aussieht, ist auch einer. Unser Ziel ist nicht, dass die Leute denken, alles was in den Medien steht, sei falsch, sondern dass die Leute kritisch sind. Das betrifft aber auch den Umgang mit anderen Quellen.
Nachtrag, 12:50 Uhr: Inzwischen haben wir auch eine offizielle Bestätigung von “Focus Online” erhalten, dass es sich bei dem “Screenshot” um einen Fake handelt.