Archiv für Dezember, 2008

Seemannsgarn

Heute wollen wir noch einmal kurz auf das “Hamburger Abendblatt” zurückkommen. Dort erfindet der nette Herr Chefredakteur nämlich nicht nur drollige Kampagnen, sondern beantwortet immer dienstags auch Leserzuschriften – und wir haben ein Déjà Vu. Aber nicht deshalb, weil das Foto von ihm dasselbe ist, das offenbar noch aus seiner Zeit als Chefredakteur der “Bild am Sonntag” stammt, sondern auch die Masche.

So hat der ehemalige “BamS”-Chef – angeregt durch eine Leserzuschrift – einen Leser-Aufruf zur Rettung des “Hamburgischen” gestartet (“Das Abendblatt-Hamburg-Wörterbuch”) und schrieb dazu vergangenen Dienstag an “Abendblatt”-Leserin Erica K. aus Norderstedt:

Unser Aufruf (…) hat offenbar einen Nerv getroffen. Viele Menschen in dieser ganz besonderen Stadt spüren: Hamburg wird ärmer, wenn wir das Hamburgische verlieren. Aber nicht nur das. Die “Süddeutsche Zeitung” hat über die Abendblatt-Initiative berichtet. Und bis heute melden sich Hamburger, die nun in einer anderen Stadt leben müssen, voller Heimweh – und mit sprachlichen Anregungen.
(Hervorhebung von uns.)

Und damit Erica K. aus Norderstedt weiß, was der Chefredakteur ihrer Tageszeitung damit meint, wenn er ihr schreibt, dass die “Süddeutsche Zeitung” über die Abendblatt-Initiative berichtet habe, zeigen wir ihr hier mal den kompletten Bericht:

Die SZ “berichtet”:

“Das Hamburger Abendblatt will künftig mehr typisch hamburgische Wörter verwenden. Chefredakteur Claus Strunz sicherte am Dienstag in einer Kolumne zu, künftig ‘Schlachter’ statt ‘Metzger’ zu schreiben. Der ‘Schreiner’ werde wieder ‘Tischler’ genannt. Auch solle es ‘Rundstück’ heißen und nicht ‘Semmeln’ oder ‘Schrippen’. Unschlüssig sei sich die Redaktion jedoch, ob für katholische Geistliche der Begriff ‘Pfarrer’ oder ‘Pastor’ verwendet wird.”

Ach ja: Die 12-zeilige Übernahme einer ähnlich kurzen Meldung der Nachrichtenagentur epd trägt die Überschrift: “Was macht Strunz?”

Sicherheitswahn, Pausenfüller, Byte.fm

1. “Von der Unfähigkeit zu lernen”
(netzwertig.com, Marcel Weiss)
Unser Schwesterblog netzwertig.com fragt sich, warum “die Entscheider in jedem Wirtschaftszweig, dessen Geschäftsmodelle direkt vom Internet betroffen sind”, sich seit Jahren weigern, zu lernen, zu verstehen, zu überleben. In den Kommentaren meldet sich Andreas Göldi zu Wort: “Ich habe beruflich jahrelang klassische Medienunternehmen in dieser Frage beraten, und das war immer äusserst frustrierend. Obwohl alle wussten, dass sie sich verändern müssen, hat am Schluss doch immer wieder das alte Businessmodell Priorität gekriegt. Enorm viele gut ausgedachte Online-Initiativen wurden gestoppt, weil sie das alte (immer noch profitablere) Kerngeschäft bedroht hätten.”

2. “Wie man aus einer Not ein Geschäft macht”
(bildblog.de, lupo)
“Das ‘Hamburger Abendblatt’ hat einen neuen Begriff für ‘verzweifelte Abo-Kampagne’ erfunden: ‘große Bildungsinitiative’.”

3. “Mit Biss statt Schiss”
(taz.de, René Martens)
“Das Internetradio byte.fm feiert am Freitag seinen ersten Geburtstag. Mit seinem hochwertigen Popprogramm besetzt der kleine Sender eine Lücke, die die große ARD partout nicht füllen will.”

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1. Selbstmord-im-TV-Aufmacher (seit 16 Jahren)

Was für eine Schlagzeile, mit der “Bild” am Donnerstag aufmachte:

1. Selbstmord im TV!

Der private Fernsehsender Sky Real Lives hatte am Mittwochabend unter dem Titel “Right to Die?” den Dokumentarfilm “The Suicide Tourist” des Oscar-Preisträgers John Zaritsky gezeigt, in dem zu sehen ist, wie sich der unheilbar kranke Universitätsprofessor Craig Ewert das Leben nimmt.

“Bild” schreibt dazu:

Sterbehilfe vor einem Millionenpublikum: Erstmals wurde gestern im britischen TV der Selbstmord des schwer kranken Professors Craig Ewert gezeigt.

Und im “Bild”-Artikel zur Schlagzeile hieß es:

Craigs Reise ist Selbstmord. Der erste Suizid, der gestern zur besten Sendezeit (21 Uhr) im britischen TV gezeigt wurde.

“taz vom 7.8.1992:

“Ein Mann liegt nackt in der Badewanne, prüft die Wassertemperatur, blickt in die Videokamera und erklärt dem Millionen-Publikum, daß er soeben ein tödliches Medikament eingenommen habe und jetzt auf ‘die Erlösung’ warte. Schnitt. Zehn Minuten später krümmt sich derselbe Mann röchelnd und würgend im Wasser, der Körper wehrt sich mit aller Macht gegen den Tod. Die Kamera und das Sat.1-Publikum sind noch immer dabei und verfolgen diesen Selbstmord – live. Dann wird das Videoband angehalten. Mehr wolle man dem Publikum nicht mehr zumuten, gaukelt der Sender mitfühlende Fürsorge für die Zuschauer vor. Nur der Ton läuft weiter und transportiert noch letzte Röchler in die Wohnzimmer. (…) Der Selbstmord – vom Opfer per Videokamera selbst gefilmt – gehörte zu einem Beitrag über die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). (…)”

Diese Sätze sind – wörtlich genommen – nicht falsch. Es war wirklich der erste Selbstmord, der im britischen TV gezeigt wurde. Aber Szenen von Craig Ewerts Selbstmord waren bereits vor sieben Wochen im schweizerischen Fernsehen gelaufen – deutsch synchronisiert, mehrfach wiederholt und seither auch online. (Die “Berner Zeitung” z.B. berichtete darüber im Zusammenhang mit der britischen Ausstrahlung bereits vorgestern – also noch bevor man bei “Bild” an der Schlagzeile bastelte –, und auch hierzulande wies ein Kommentator im Online-Portal der Springer-Zeitung “Die Welt” auf die schweizerische Ausstrahlung hin.)

Doch selbst die Ausstrahlung im Schweizer Fernsehen war nicht der “1. Selbstmord im TV”. Am 5. August 1992 etwa hatte das Sat.1-Magazin “Akut” unter dem Titel “Sterbehilfe – das Geschäft mit dem Tod” den Selbstmord von Christian Sch. gezeigt (siehe Kasten).

Und eigentlich weiß “Bild” das auch. Am Tag der Ausstrahlung veröffentlichte das Blatt damals den folgenden…

…Programmhinweis:

Heute 22 Uhr: Selbstmord im TV

Mit Dank an Nicky S. und Jonas I. für die Hinweise.

Wie man aus einer Not ein Geschäft macht

Das “Hamburger Abendblatt” hat einen neuen Begriff für “verzweifelte Abo-Kampagne” erfunden: “große Bildungsinitiative”.

Anfang der Woche wurde nämlich bekannt, dass Hamburg beim Lesetest für Viertklässler “IGLU” wieder hinter fast allen anderen Bundesländern lag. Das “Abendblatt” reagierte mit aufrüttelnden Sätzen:

Dagegen müssen wir etwas tun! Und wir werden etwas tun: Heute startet das Hamburger Abendblatt eine große Bildungsinitiative. Wir wollen, dass alle weiterführenden Schulen der Hansestadt mit Abendblättern ausgestattet werden. So sollen Schüler die Möglichkeit bekommen, in ihren Pausen das Abendblatt zu lesen.

Feine Sache. Und wieviele Abos spendet die Zeitung für diesen guten Zweck?

Offenbar kein einziges. Bezahlen sollen die Aktion die Leser, was insofern eine besonders feine Sache ist, weil die “Paten” damit nicht nur die Hamburger Jugend, sondern auch das “Hamburger Abendblatt” retten.

Die “Paten”-Abonnements, die das “Abendblatt” im Rahmen seiner “Bildungsinitiative” anbietet, kosten 20,75 Euro pro Monat. Weil sie nur von montags bis freitags gelten, entspricht der Preis genau dem für reguläre Abonnements, die für sechs Tage 24,90 Euro kosten. Dafür spart das “Abendblatt” sich die sonst üblichen Prämien- oder Werbungskosten.

Schülerreaktionen laut “Abendblatt”:

Gunnar, 16: “Die Zeitungen wären sicher heiß begehrt.”

Nils, 16: “Ich habe letztes Jahr bei ‘Schüler machen Zeitung’ mitgemacht und da täglich das Abendblatt gelesen. Ich habe es richtig vermisst, deswegen freue ich mich darauf, wieder den Sportteil lesen zu können.”

Lasse, 14: “Ich glaube, es wäre gut, wenn vor allem Wortführer bei uns öffentlich Zeitung lesen würden, das würde viele motivieren, auch zu lesen.”

Anil, 18: “Ich habe zu Hause keine Zeitung. Deswegen würde ich sie gerne in der Schule lesen, dann hätte man wenigstens Gesprächsstoff für die Pausen.”

Übrigens kostet ein “Abendblatt”-Abo mit sechs Ausgaben wöchentlich für Studenten oder Auszubildende regulär nur 16,75 Euro. So gesehen zahlen die Paten mit jedem “Abendblatt”, das sie den Schulen über die neue “Bildungsinitiative” schenken, einen “Abendblatt”-Solidaritäts-Aufschlag von fast 50 Prozent.

Das Geld spendet man aber ja gern, wenn man weiß, wie glücklich man mit so einer Zeitung die Schüler machen kann (siehe Kasten rechts). Wie glücklich man mit einem Abo die Zeitung machen würde, zeigt das “Abendblatt” heute. Es hat erneut eine ganze Seite freigeräumt, auf der es finanzielle Klammheit demonstriert. Die Zeitung bietet an, einzelnen Schulen “Lese-Ecken” zu “spenden”, bemüht sich aber, mögliche übertriebene Vorstellungen, die sich mit dem Wort “Lese-Ecke” verbinden, gleich wieder zu relativieren:

In einer Cafeteria oder Mensa könnte man einen schönen Zeitungsständer gut integrieren. Stühle und Tische könnten eventuell aus dem vorhandenen Mobiliar stammen. Eine Trennwand sorgt für etwas Abgeschiedenheit.

Eine andere Variante sieht so aus:

In einer Pausenhalle könnten Stellwände zur Lesewand werden. So hätten viele Schüler die Möglichkeit, das aktuelle Abendblatt an verschiedenen Stellen gleichzeitig zu lesen.

Wenn es nicht so eine selbstlose “Bildungsinitiative” wäre, käme man glatt auf den Gedanken, das “Abendblatt” wolle große Werbetafeln in den Schulen aufstellen. Aber, immerhin:

Zu jedem Abo gibt es auf alle Fälle einen Zeitungshalter, den viele aus Cafés kennen und der ein Auseinanderfleddern des Abendblatts verhindert.

Das ist der Deal, den das “Hamburger Abendblatt” unter dem neuen Chefredakteur Claus Strunz bei seiner großen “Bildungsinitiative” seinen Lesern anbietet: Sie zahlen überteuerte Abos und dafür verkaufen wir uns als Bildungsretter der Stadt und legen noch einen Zeitungshalter mit drauf.

Mit Dank an Gesine G.!

Leuenberger, Klicks, Weidermann

1. “Im mainstream der Raserdebatte”
(moritzleuenberger.blueblog.ch)
Der schweizer Medienminister Moritz Leuenberger analysiert, wie seine Aussagen in einem Interview Schritt für Schritt boulevardisiert werden (“bin ich mit dem veröffentlichten Text des Interviews zufrieden”, “sehr viel zugespitzter erschien allerdings der Anriss auf der Titelseite”, “mit diesem hatte dann aber der Aushang der Zeitung gar nichts mehr zu tun”, “darauf meldete sich die Schweizer Tagesschau”, “ich bin auch ein Christoph Blocher”). Als “Medienschelte” möchte er seine Worte aber nicht verstanden haben. Verständlich, denn mit diesem nichtssagenden Schlagwort versehen die etablierten Medien jeden zweiten Blogeintrag Leuenbergers. So muss man sich nicht mit den Inhalten beschäftigen.

2. “Na, wie viele Klicks habt Ihr heute?”
(in.focus.de, Jochen Wegner)
“Diese freundliche Frage bekommen Online-Journalisten oft zu hören und erkennen daran, dass sich ihr Gegenüber in den letzten Jahren nicht mit Reichweiten-Messung im Internet beschäftigt hat. Das ist im Zweifel auch besser so. Es gibt einfachere Beschäftigungen. Zwölftonmusik etwa. Oder Quantenphysik.” Der Chefredakteur von Focus Online startet in seinem Redaktionsblog eine mehrteilige Einführung in “Klicks”.

3. “Verlage fürchten um Abowerbung”
(ftd.de, Friederike von Tiesenhausen und Jennifer Lachman)
“Die deutschen Verlage haben die vom Bundeskabinett beschlossene Beschneidung des Adresshandels scharf kritisiert. Diese untergrabe die Werbung neuer Leser und beschädige damit die Presse.”

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Allgemein  

“Bild” gebärmutterhalskrebst rum

Vermutlich würde man zu viel von der “Bild”-Zeitung verlangen, wenn man wollte, dass sie tatsächlich umfassend und ausgewogen über ein Thema wie die Impfung gegen Gebärmutterhals-Krebs informiert. Das ist nämlich kompliziert.*

Jedenfalls sehr viel komplizierter, als “Bild” heute auf der Service-Seite (“BILD beantwortet die wichtigsten Fragen”) den Eindruck erweckt:

"Gebärmutterhals-Krebs: Soll ich meine Tochter jetzt wirklich impfen lassen?"

Nicht, dass “Bild” keine Hinweise geben würde, dass die Beantwortung dieser Frage, möglicherweise nicht so einfach sein könnte. Immerhin heißt es im ersten Absatz des Textes: “Aber die Impfung ist umstritten.” Insgesamt dürften sich die Impfstoff-Hersteller Glaxo Smith Kline und Sanofi Pasteur MSD jedoch über die “Bild”-Seite gefreut haben, entspricht sie im Tenor doch deren Werbekampagnen zum Thema, und die Antwort von “Bild” fällt eindeutig aus:

"Soll ich also meine Tochter wirklich impfen lassen? Ja! Trotz einiger kritischen Stimmen – die Mehrheit der Mediziner empfiehlt die Impfung."

Indes zeigt die “Bild”-Zeitung gleich in der Antwort auf die erste der “wichtigsten Fragen”, wie wenig sie eigentlich verstanden hat:

"Ist die neue Impfung erfolgreich? (...) Eine neue offizielle Statistik beweist die Wirksamkeit: Die Zahl der Todesfälle bei jungen Frauen im Alter von 15 bis unter 20 Jahren ist 2007 (dem ersten Jahr nach Einführung der Impfung) deutlich gesunken.

Wer sich ein bisschen mit Krebs auskennt, hätte eigentlich merken müssen, dass da was nicht stimmen kann. Denn wenn Frauen an Gebärmutterhalskrebs sterben, geschieht das normalerweise nicht schon mit 15 bis 20 Jahren. Laut Robert-Koch-Insitut lag das “mittlere Erkrankungsalter” in den Jahren 2003-2004 bei 51 Jahren (pdf).

Und davon abgesehen beweist die “offizielle Statistik”, auf die “Bild” und das Albring-Zitat sich beziehen, eines ganz sicher nicht: die Wirksamkeit der Impfung.

Anders als “Bild”, behauptet Albring das auch nicht, wie sich aus einer Pressemitteilung verschiedener Ärzte-Verbände von gestern ergibt. In der Statistik geht es um etwas, das mit der Wirksamkeit der Impfung nichts und mit der Impfung selbst nur entfernt und indirekt zu tun hat: die Zahl von Todesfällen junger Frauen “mit unbekannter Todesursache” – ermittelt vom Bundesamt für Statistik. Im Jahr 2007 habe es nur 17 derartige Fälle gegeben, in den Jahren davor seit 1998 dagegen zwischen 20 und 33. Im Zusammenhang lautet das Zitat Albrings deshalb auch so:

“Diese Zahlen zeigen deutlich, dass die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) in keinem Zusammenhang mit ungeklärten Todesfällen stehen kann. (…) Das ist eine sehr gute Nachricht für alle unsere Patientinnen und deren Eltern, die durch Meldungen Anfang dieses Jahres verunsichert wurden”, verweist Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF) auf einen Bericht des “arznei-telegramms”, der einen Zusammenhang zwischen zwei Todesfällen mit ungeklärter Ursache und einer vorangegangenen HPV-Impfung hergestellt hatte.
(Link von uns)

Im Klartext: Anders als “Bild” behauptet, beweist die “offizielle Statistik” nicht, dass die Impfung “erfolgreich” ist, sondern allenfalls, dass sie wahrscheinlich nicht tödlich ist.

*) Wer sich nicht auf das eindeutige Urteil der “Bild”-Zeitung verlassen, und sich lieber umfassend informieren will über die gesamte Diskussion um die Zweifel an der Aussagekraft von Studien zum Impfstoff, um die aggressive Werbekampagne für die Impfung und den “Hype”, der nach Auffassung einiger Kritiker um die Impfung gemacht werde, und um die mögliche Einflussnahme durch die Pharma-Lobby, dem bleibt nichts anderes übrig, als andere Medien zum Thema zu konsultieren.

Mit Dank an Rainer G. für den sachdienlichen Hinweis.

Turi, Rohrpost, Tribune, Mumbai

1. Interview mit Leo Fischer
(meedia.de, Hilmar Schulz)
Die Satirezeitschrift Titanic hat einen neuen Chefredakteur, den 26jährigen Leo Fischer. In einem Antrittsinterview äussert er sich über den Abgang seines Vorgängers, des 50jährigen Thomas Gsella (“Die administrativen Aufgaben, die mit dem Amt des Chefredakteurs einhergehen, waren vielleicht seiner zarten Künstlerseele nicht behaglich. Wahrscheinlich war es auch das viele Geld und die wenige Arbeit, die ihn abschreckte.”) und verspricht eine konsequente Abwendung von den neuen Medien: “Wir haben jetzt eine aufwändige Redaktionsrenovierung hinter uns, haben ein Rohrpost-System legen lassen. Wir wollen weg vom 21. Jahrhundert, zurück in die Zukunft.”

2. “Menschenrechte und Medien”
(fr-online.de, Erik Bettermann)
Der Intendant der Deutschen Welle schreibt über die Veränderung der Medien: “Die Digitalisierung der Informations- und Kommunikationstechnologie und die Entstehung neuer medialer Verbreitungswege, zum Beispiel Weblogs, haben die Möglichkeiten deutlich zugunsten der Menschenrechte erweitert. Die Medienwelt ist demokratischer geworden. Eine Chance für die Bürger, eine Bedrohung für abgeschottete politische Systeme.”

3. “Mafiabegräbnisstimmung”
(taz.de, Adrienne Woltersdorf)
“Die Insolvenz der Tribune Company schockiert die US-Zeitungsbranche. Jeder hat Angst, der Nächste zu sein.”

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Irre: Ein Jahr hat ca. 365 Tage

Es gibt Nachrichten, da glaubt man gar nicht, dass sie eine sind – bis man sie in “Bild” liest.

Und wir meinen jetzt gar nicht diese hier:

Sondern diese:

"Knackt Funkel den Ribbeck-Rekord?"

Der Trainer des Fußballvereins Eintracht Frankfurt, Friedhelm Funkel, sei nämlich, so “Bild”, “auf dem besten Weg, Erich Ribbeck (71) als Rekord-Trainer der Eintracht [1. Juli ’68 bis 30. Juni ’73] abzulösen!”

Kern des Artikels ist ein Zitat des Vorstandsvorsitzenden der Eintracht Frankfurt Fußball AG, Heribert Bruchhagen. Auf die Frage (von “Bild”?), ob Funkel auch in der kommenden Saison Eintracht-Trainer bleibe, hat er offenbar geantwortet:

“Eintracht trifft die Entscheidung, wenn es an der Zeit ist”.

Irre, oder?! Oder nicht irre genug. Denn mangels Nachrichtenwert blieb in dem Artikel wohl noch Platz für eine kleine Zahlenspielerei:

"Die Zahlen: 1826 Tage war Ribbeck Chef-Coach der Eintracht. Funkel ist heute genau 1622 Tage im Amt. Irre: Wenn sein aktueller Vertrag am 30. Juni ausläuft, kommt Funkel auf exakt 1825 Tage! Ein Tag weniger als Ribbeck.

Aber selbst das ist weniger irre, als es klingt. Weil’s nämlich nicht mal stimmt. Denn wer (wie Ribbeck 1968 oder Funkel 2004) an einem 1. Juli als Trainer anfängt, kommt fünf Jahre später ganz wie von selbst auf eine Amtszeit von exakt 1.825 Tagen – es sei denn, in diese Amtszeit fällt ein Schaltjahr (wie etwa 1972 oder 2008 – und eigentlich fast immer). Dann sind’s natürlich unterm Strich 1.826. Egal bei wem.

Und, seien wir ehrlich, unterm Strich auch irre egal.

Mit Dank an Markus für den Hinweis.

Nachtrag, 10.12.2008: “Bild” bleibt bei seinem “einen Tag weniger”-Unsinn. In einem weiteren Artikel zum Thema (“BILD hatte es exklusiv vermeldet. Trainer Friedhelm Funkel jagt den Ribbeck-Rekord.) heißt es heute: “Zur Erinnerung: Funkel (…) ist jetzt seit 1623 Tage im Amt beim Traditionsklub. ‘Sir’ Erich Ribbeck (71) kam insgesamt auf 1826 Tage. Wenn Funkels Vertrag am 30.6. ausläuft, fehlen ihm gerade noch zwei Tage, um neuer Rekordhalter zu werden.”

Kilometerweit von der richtigen Antwort entfernt

"Pendler-Pauschale wieder ab dem 1. Kilometer -- BILD.de beantworte die wichtigsten Fragen

Wie nett: Da hat das Bundesvefassungsgericht heute die von der Bundesregierung beschlossene Kürzung der sog. Pendlerpauschale gekippt, und Bild.de kündigt schon auf der Startseite groß an, “die wichtigsten Fragen” zu beantworten – also z.B. diese:

"Welche Regel gilt für meine nächste Lohnsteuer-Erklärung? Es gilt: Jeder Kilometer zur Arbeit und wieder zurück kann mit jeweils 30 Cent voll abgesetzt werden! 15 Millionen Pendler werden entlastet."

Noch netter wäre es, wenn Bild.de auf “DIE WICHTIGSTEN FRAGEN ZUM URTEIL” auch die richtigen Antworten kennte. Denn nicht jeder Kilometer zur Arbeit und wieder zurück kann mit jeweils 30 Cent voll abgesetzt werden, sondern nur jeder Kilometer zur Arbeit!

Oder um’s einfach mit Wikipedia zu sagen: “Berücksichtigt werden (…) nur die vollen Kilometer der einfachen Entfernung, damit sind Hin- und Rückfahrt abgegolten.”

Mit Dank an Bastian D. für den Hinweis.

Nachtrag, 18.13 Uhr: Jetzt stimmt’s. Bild.de hat den Heimweg aus der Antwort gestrichen.

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