Der Bergsteiger Karl Unterkircher ist am vergangenen Dienstag am Nanga Parbat tödlich verunglückt. Er hinterlässt eine Frau und drei kleine Kinder.
Bei Bild.de meint man nun, von dieser Frau ein “Internet-Tagebuch” entdeckt zu haben:
Das klingt eklig nach einer guten Boulevard-Geschichte: Ein tödlich verunglückter Bergsteiger – und dessen Frau lässt alle Menschen an ihrem persönlichen Leid teilhaben.
Nur: Es gibt kein “Internet-Tagebuch der Bergsteiger-Witwe”. Es gibt auf Karl Unterkirchers Homepage einen kurzen Text, der tatsächlich von seiner Frau stammt. Eine Art Nachruf, in dem sie sich bei allen bedankt, “die uns in dieser schweren Zeit so nahe stehen”.
Bild.de zitiert ausführlich daraus und überwiegend sogar korrekt. Zwar stammt der Satz “Auf die Berge verzichten zu müssen wäre für Karl ein noch größeres Leid gewesen und hieße langsam dahinsterben”, anders als Bild.de schreibt, nicht von Unterkirchers Frau selbst (sie zitiert nur eine “unbekannte Person” aus dem Gästebuch der Seite), aber immerhin stimmt sie dem Satz zu.
Etwas später jedoch schreibt Bild.de:
Dieser Eintrag sagt absolut nichts darüber aus, “wie sehr die Nachricht über den Tod ihres Mannes” Unterkirchers Frau “getroffen hat”. Denn er stammt nicht von ihr. Er stammt von Unterkirchers Manager Herbert Mussner, was sich unschwer daran erkennen lässt, dass unter dem Eintrag steht:
Man muss wohl schon ziemlich hartgesotten sein, um diese Zeilen einfach jemand anderem zuzuschreiben. Oder sehr gleichgültig.
Mit Dank an Christian W. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 19.43 Uhr (Mit Dank an Oliver H.): Dass man Mussners Tagebuch-Zitat bei Bild.de nur flüchtig gelesen hat, scheint übrigens nicht der Grund dafür zu sein, dass es fälschlicherweise der “Bergsteiger-Witwe” zugeschrieben wurde. Den Satz “Es sind die Mass Media”, der im Original direkt nach den ständig läutenden Handys kommt, hat man bei Bild.de nämlich bemerkt – und spurlos gekürzt.