Archiv für Juli 18th, 2008

“Bild” macht Krebs

“BILD erklärt” heute das “Phänomen Potts”:

"Paul Potts steht schon vor Madonna: Star aus Telekom-Spot stürmt deutsche Hitparade"

Es geht um Paul Potts, der 2007 durch die Show “Britain’s Got Talent” bekannt wurde. Eigentlich eine leichte Aufgabe. Potts’ Leben ist gut dokumentiert. Zum Beispiel auf seiner eigenen Internetseite oder, falls man des Englischen nicht so mächtig ist, als Übersetzung bei seiner Plattenfirma Sony BMG.

“Bild”-Autor Sven Kuschel hätte also nur abschreiben müssen, was dort über Potts geschrieben steht, und es in eine für “Bild”-Leser angemessene Form bringen können. Und womöglich ist das sogar genau das, was Kuschel getan zu haben meint.

Sony BMG über Potts:

“Im Sommer des Jahres 2000 investierte Paul einige Ersparnisse und etwas Geld, dass er in einer Quizshow gewonnen hatte, um drei Monate lang eine Sommerschule in Italien zu besuchen, um italienisch zu lernen und seiner Leidenschaft noch intensiver nachkommen zu können. Er erhielt sogar die Gelegenheit, vor seinem Idol Pavarotti zu singen.”

Dass er schreibt, Potts habe sich von einem Quizshowgewinn “eine dreimonatige Gesangsausbildung” finanziert, obwohl davon in Potts’ Biografie nicht die Rede ist, kann man vielleicht noch durchgehen lassen. Immerhin steht da so etwas ähnliches (siehe Kasten).

Wo es allerdings um das Thema “SCHICKSALSSCHLÄGE” geht, quasi die Kernkompetenz von “Bild”, da schreibt Kuschel:

2003 erlitt Potts einen Blinddarmdurchbruch. Im Krankenhaus entdeckten Ärzte einen Tumor in der Nebenniere. Krebs! Er wurde geheilt, hatte kurz darauf einen schweren Motorradunfall.

Das ist dann doch ziemlich übertrieben. Zum einen hatte Potts keinen “schweren Motorradunfall”, sondern er stürzte vom Fahrrad und brach sich das Schlüsselbein. Vor allem aber hatte Potts keinen Krebs – und schon gar nicht “Krebs!” Bei Sony BMG heißt es dazu:

Doch schon bald sollte er einen herben Rückschlag erleben: 2003 wurde ein Blinddarmbruch bei ihm diagnostiziert. Während der Behandlung stellten die Ärzte einen gutartigen Tumor an der Nebenniere fest.
(Link von uns)

Mit Dank an Nico W. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 21.7.2008: Bei Bild.de wurde der “Krebs!” inzwischen aus dem Text entfernt und der “Motorradunfall” zum “Verkehrsunfall”.

Pottakademie Baden-Württemberg


Das Foto, mit dem Bild.de einen Artikel über die Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim illustriert, ist (wenn wir ehrlich sind) nicht sonderlich originell, kein wirklicher Hingucker, aber groß – so groß, dass es hier in Originalgröße kaum auf die Seite passt (siehe Screenshot). Bereits seit gestern nachmittag online, sehen wir darauf vor allem ein Schild, auf dem “Popakademie Baden-Württemberg” steht – so wie auch im ersten Absatz des Bild.de Artikels und im zugehörigen Teaser, wo es der Bild.de-Autor unmittelbar hinter das Wort “Ruhrpott” geschrieben hat.

Mit Dank an den Mannheimer N. für den Hinweis.

Nachtrag, 17.56 Uhr: Bild.de hat jetzt vorsichtshalber den Ruhrpott und Baden-Württemberg aus dem Text gestrichen. Der Mitarbeiter indes, der für die Korrektur des Teasers zuständig war, hat diese “Sicher-ist-sicher”-Strategie offenbar noch nicht so verinnerlicht und aus der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim die “Popakademie Mannheim in Baden-Württemberg” gemacht.

6 vor 9

“Unser Ziel ist es, Machtmissbrauch aufzudecken”
(nzz.ch, Stephan Weichert und Alexander Matschke)
“Vor einem halben Jahr nahm das Redaktionsbüro Pro Publica in New York seinen Betrieb auf. Das von einer Stiftung getragene Büro will den Recherchierjournalismus fördern. Zehn Millionen Dollar stehen pro Jahr zur Verfügung. Der Chef, Paul E. Steiger, zieht eine erste Bilanz.”

Welt-Meister der Google-Optimierung
(meedia.de, Jens Schröder)
“In einer exklusiven Analyse haben wir eine Woche lang aus der Google-News-Startseite herausgefiltert, welche News-Quellen wie oft verlinkt werden. Ergebnis: Welt Online ist die unangefochtene Nummer 1.”

Von wegen Witzemacher
(stefan-niggemeier.de)
“Vermutlich muss man sich ernstlich Sorgen machen um eine Gesellschaft und eine Medienwelt, in der Komiker und Satiriker nicht nur ungefähr die einzigen sind, die noch die Wahrheit sagen, sondern auch die einzigen, die überhaupt erkennen, worum es geht bei einer Diskussion. Andererseits: In Deutschland wüsste ich nicht einmal, wer diese Komiker und Satiriker wären.”

Weshalb wissenschaftliche Blogs ein wichtiges Korrektiv zum konventionellen Journalismus sind
(wissenswerkstatt.net, Marc Scheloske)
“In 10 Jahren werden wir rückblickend darüber schmunzeln, daß einst Blogs und der konventionelle Redaktionsjournalismus als Gegensatz und Konkurrenz angesehen wurden. Die publizistischen Scharmützel zwischen den wilden, aufbegehrenden Bloggern und den Besitzstandswahrern des selbsternannten Qualitätsjournalismus werden uns lächerlich erscheinen.”

Das Sommerloch kommt diesmal von der SPD
(welt.de, Klaus Nelissen)
“Medienexperte” Norbert Bolz behauptet, das “Medien-Phänomen Sommerloch” sei ein “deutsches Spezifikum”. Wie bloss kommt es, dass in der Schweiz auch über Sommerlöcher diskutiert wird?

der kaugummi-krimi in bern
(henusodeblog.blogspot.com)
“Auf dem Asphalt der Aarstrasse findet sich eine auffällige Ansammlung von Kaugummis. Eine der kursierenden Erklärungen für das mysteriöse Phänomen: Ein Velofahrer spuckt auf dem Heimweg stets an gleicher Stelle seinen Kaugummi aus. Stimmt das?”