Archiv für Juli 10th, 2008

Seuche blöden Fehler!

"Neue Panne im ARD:

Oh Gott! Womöglich hat der ARD sich beim Bild.de mit dem Suche, äh, Seuche angesteckt – dann geht das so schnell nich’ mehr weg.

Mit Dank an Simone K., Sven Z. und Philip H. für den Hinweis.

Nachtrag, 18.40 Uhr: Bild.de hat noch ein “e” auftreiben können und eine risikoarme Lösung für die Dachzeile gefunden.

Benzin-Schwindel ist eigentlich super

Manchmal ist es wirklich nicht leicht, der Logik von “Bild” zu folgen. Es ist nicht so, dass wir es nicht versuchen würden, aber angesichts einer Schlagzeile wie der heutigen, will es einfach nicht gelingen:

"Benzin-Schwindel: Was an der Zapfsäule draufsteht ist oft nicht drin!"

Was passiert da? Kriegt man bei Aral Benzin von Shell, bei Esso Benzin von Total? Kommt statt Sprit Magermilch aus den Zapfsäulen? Weder noch. “Bild” schreibt:

"Schwindel an der Zapfsäule! Öl-Multis verkaufen Super als Normalbenzin"

Der seltsame Benzin-Schwindel an unseren Tankstellen! Wo Normalbenzin dran steht, kommt noch lange nicht Normalbenzin raus – sondern immer öfter Super!

Das hat AUTO BILD mit einem Treibstoff-Test an Tankstellen in Köln und Hamburg herausgefunden. Dabei floss an vier von sechs Normalbenzin-Tanksäulen Super – obwohl Normal an der Säule stand. Klarer Etikettenschwindel!

Moment. Für gewöhnlich versteht man unter Etikettenschwindel ja, dass minderwertige Ware als Qualitätsware angeboten wird. Wir waren bislang aber der Auffassung, dass “Super”, wie der Name schon suggeriert, hochwertiger sei als “Normal”. Wo ist dann das Problem? Stimmt das am Ende gar nicht? Doch, wie “Bild” bestätigt:

Super statt Normal – macht das den Motor meines Autos kaputt? AUTO BILD-Experte Claudius Maintz: “Nein, denn Super ist qualitativ hochwertiger als Normal.”

Öhm, okay. Und wo ist dann bitteschön das Problem? Wieso die Aufregung? Dafür hat der “AUTO BILD-Experte” offenbar auch keine Erklärung. “Bild” zitiert ihn weiter:

“Doch seitdem die Konzerne beide Spritsorten zum selben Preis verkaufen, gibt es nicht mehr die Möglichkeit, Spritkosten zu sparen.”

Schön und gut, aber was hat das damit zu tun, dass man statt Normal Super bekommt? Illegal ist es jedenfalls nicht, Normal-Benzin mit einer höheren Qualität als nötig anzubieten. Wo ist also das Problem?

Hilft der Kommentar von Oliver Santen womöglich weiter? Leider auch nicht. Aber in der verqueren Logik von “Bild” muss das Problem irgendwie damit zusammen hängen, dass das “Ende des ‘Benzins des kleinen Mannes’ (…) längst beschlossen” sei, wie Santen schreibt. Der “Mischmasch an der Zapfsäule” beweise, dass das “früher günstigere Normal still und heimlich abgeschafft werden soll”.

Ja, nee, ist klar. “Früher” war sowieso alles besser, aber da das “Benzin des kleinen Mannes” heute genauso viel kostet wie das bessere Super, wäre es ja eher das Benzin des dummen Mannes. Könnte man da nicht froh sein, dass man fürs gleiche Geld wenigstens gleich gutes Benzin bekommt?

Wir würden sagen, ja, und fürchten uns schon vor “Bild”-Schlagzeilen wie: “Schaumwein-Schwindel: Rotkäppchen so gut wie Veuve Clicquot!”

Mit Dank auch an Valentin L. und Friedrich E. für den Hinweis.

Goldene Zeiten für “Zeit”-Chefredakteur

Weil Charlotte Roches Bestseller “Feuchtgebiete” offenbar auch ein Theaterstück werden soll, stellt “Bild” die Frage:

Aber wer soll in diesem Stück bloß die Hauptrolle spielen?

Unberufen hat “Bild” sich auch gleich “6 mögliche Kandidatinnen überlegt”, über die man online sogar abstimmen soll. Kandidatin Nr. 6 sieht, wenn man mit der Maus drüber fährt, dort übrigens so aus:

Mit Dank an Marcel W. für den Hinweis.

Nachtrag, 16.25 Uhr: Bild.de hat den Alternativtext, der angezeigt wird, wenn man mit der Maus über das Foto fährt, nun in “Lorenzo” geändert.

6 vor 9

Dr. Blog
(blog.tagesschau.de, Dr. Kai Gniffke)
Der Chefredakteur der ARD-Tagesschau fordert andere Chefredakteure zum Bloggen auf: “Die Bloggerei ist meiner Meinung nach eine Grundsatzentscheidung für Transparenz. Das gilt für die spannenden Tage, an denen wir eine brauchbare Schneise durch?s Nachrichtendickicht geschlagen haben, aber auch für Phasen, in denen wir die Seuche haben. So eine Kultur der Offenheit ist nicht risikofrei, ein Schönwetter-blog geht nicht. Aber man stelle sich vor, andere Chefredakteure steigen mit ein, reden offen über Versäumnisse und kleine liebenswerte Pannen in ihren Medien. Jungs, habt Mut! Es gibt zwar gelegentlich auf die Schnauze, aber es ist die Sache wert.”

interview2: Dirk Ippen, Verleger
(turi-2.blog.de, Video, 5:23 Minuten, Peter Turi)
Auch Verleger Dirk Ippen rät, keine Angst zu haben vor dem Web 2.0, sondern die Tatsache der durch das Internet demokratisierten Medien zu akzeptieren.

Wie die SVP auf Sendung geht
(tagesanzeiger.ch, Maurice Thiriet)
“Privat-TV-Sender bieten der SVP zunehmend Plattformen, von denen sie ihre Botschaft verbreiten kann. Sie nehmen dafür kein Geld – und profitieren trotzdem.”

Kopf der Woche: Der Realisator
(werbewoche.ch, Andreas Panzeri)
“Beat Knecht bietet mit Zattoo eine Plattform, die neben Millionen von TV-Usern auch für immer mehr Werber zum Programm gehören wird.”

No Photos! No Photos?
(woz.ch, Florian Bachmann)
“Der fotografierende Mensch ist ein Problem. Als Einziger muss er sowohl von Polizisten in Handschellen gelegt als auch von den BesetzerInnen an seiner Arbeit gehindert werden. Weil das Verhalten der Polizei öffentlich werden könnte. Weil die Polizei anhand seiner Bilder Leute identifizieren könnte. Weil er mit seinem Blitz nervt, und vielleicht klaut er dir ja sogar die Seele. Eigentlich aber macht er ein ehrliches Handwerk. Was kann er dafür, dass diesem Handwerk niemand mehr traut?”

“Hundsgewöhnliche Proletarier”
(spiegel.de, Lothar Gorris und Dirk Kurbjuweit)
Philosoph Peter Sloterdijk denkt, sehr lesenswert, über die Tour de France nach: “In den nächsten 100 Jahren werden wir immer Doppelsport haben. Zuerst den Wettkampf selbst und dann die Enttarnung der Schwindler. Auf diese Weise kriegen wir zwei Programme gleichzeitig geboten. Auch deswegen erinnert die Situation der Anti-Doping-Partei an die der Christen in der römischen Arena. Sie werden zwar weiterhin zum Vergnügen des Publikums von den Löwen gefressen, aber aus dem Maul des besten Löwen hängt schon ein Arm mit erhobenem Zeigefinger heraus – mit einer unangenehmen Botschaft: Wenn ihr so etwas sehen wollt, dann seid ihr moralisch am Ende!”