Archiv für September, 2006

Mini-Meldung so falsch wie eine große

Tatsächlich ist der Mann auf dem Foto, wie “Bild” heute auf Seite 1 schreibt, Steve Jobs.

Was er hochhält, heißt allerdings nicht iPod, sondern iPod Shuffle. Das Ding hat nicht bis zu 80 Gigabyte Speicherplatz, sondern 1 Gigabyte. Das reicht nicht für mehrere zehntausend Songs, sondern für bis zu 240. Der Preis beträgt nicht ab 249 Dollar, sondern rund 80 Euro (umgerechnet etwa 100 Dollar). Und der Termin für die Markteinführung ist nicht unklar, sondern jetzt, versandfertig im Oktober.

Aber zum Glück scheint jemand bei “Bild” über diesen Text noch mal kritisch drübergeschaut zu haben. Und deshalb ist der Artikel in manchen “Bild”-Ausgaben korrigiert: Denn es heißt natürlich der iPod, nicht das iPod.

Danke an Christian K.!

Wiederenthüllung

Das DeutschlandRadio Berlin zum Beispiel brachte am 2. August 2004 einen Beitrag über den beliebten DDR-Showmaster O.F. Weidling. Und erzählte natürlich auch die bekannte Geschichte seiner letzten Moderation: am 27. April 1984, zur Eröffnung des Friedrichstadtpalastes, live im Fernsehen. Weidling spielte darin auf den Milliardenkredit für die DDR an, den der bayerische Ministerpräsident bei einem DDR-Besuch eingefädelt hatte:

“Wir haben die [Dresdner] Kathedrale schon fertig gestellt, dass sie Franz-Josef Strauß schon sehen konnte. Gegen ein geringes Entgelt. Der Genosse Mittag hat nicht gelacht. Doch, jetzt schmunzelt er. Ein Stein vom Herzen.”

DeutschlandRadio weiter:

Wenige Tage danach wurde die Sendung im DDR-Fernsehen wiederholt — ohne O.F Weidling. Das war die DDR — offiziell hatte die Moderation Weidlings keine Folgen. Honecker selbst hatte im Friedrichstadtpalast gelacht — und dem Conferencier auch einen anerkennenden Brief geschrieben. Weil aber bei der Fernsehwiederholung seine Auftritte herausgeschnitten wurden, bekamen viele Partei- und Kulturfunktionäre im Lande Angst, Weidling noch einmal zu beschäftigen. Der Star unter den DDR-Conferenciers war in Ungnade gefallen. Auch ohne Politbürobeschluss.

So war das damals.

Und natürlich kann man das ruhig alles noch einmal aufschreiben, wenn gerade der Sohn Weidlings ein Buch über seinen Vater veröffentlicht. So wie “Bild” das gestern getan hat:

Dann spielte Weidling auf den Milliarden-Kredit an, den die DDR von der BRD [sic] durch die Vermittlung von Strauß bekam. “Unseren Dredner Zwinger haben wir aufgebaut, wir haben damit schon 1945 begonnen. Eine große kulturpolitische Tat, wir haben die Kathedrale rechtzeitig fertiggestellt, daß sie Franz Josef Straß schon sehen konnte, gegen ein geringes Entgelt.”

Alle lachten. Außer Politbüromitglied Günter Mittag (war für Wirtschaftsfragen verantwortlich). Darauf Weidling spontan: “O, Genosse Mittag kann nicht lachen.” Pause. “O, er lächelt zumindest — ein Stein vom Herzen.”

(…) Drei Tage nach der Live-Sendung wurde die Show im DDR-Fernsehen wiederholt. O. F. Weidling kam darin nicht mehr vor. Und er verschwand komplett von der Bühne und aus dem Fernsehen.

Etc. pp.

Ja, zugegeben: Die “Bild”-Geschichte ist ein bisschen langweilig, wenn man sie schon aus dem DeutschlandRadio oder einer der vielen anderen Quellen kennt. Ihre Überschrift lautet übrigens:

Enthüllt! Das Rätsel um O.F. Weidlings letzten Auftritt

Danke an Daniel S.

Kurz korrigiert (263, 264)

Da “Bild” offenbar in der gestrigen Ausgabe keinen Fehler gefunden hat:

Das Wappen, mit dem “Bild” die Mannschaftsaufstellung des Champions-League-Gegners von Bayern München, Spartak Moskau, illustrierte (siehe Ausriss), ist gar nicht das Wappen von Spartak Moskau, sondern das Wappen von ZSKA Moskau. Die sind zwar auch in der Champions League, spielen aber in einer anderen Gruppe als der FC Bayern München.

Und wo wir gerade dabei sind: Auch im Sportteil von heute hat “Bild” geschlampt. Unter der Spielernoten-Grafik für das gestrige Spiel Werder Bremens gegen Chelsea, taucht bei den Auswechslungen plötzlich “Juventus” auf (siehe Ausriss). Dabei sind die dieses Jahr nicht mal in der Champions League.

Mit Dank an Paragleiber, Christian W., Erich D., Daniel F. und Chrisitan B. für die sachdienlichen Hinweise.

6 vor 9

Medienwirtschaft vor grösstem Umbruch seit Gutenberg (dbresearch.de)
Der Medienkonsument auf dem Weg zum Medienmacher (pdf, 478 kb)

Moderatorin gewinnt Wahl-Duell (stefan-niggemeier.de)
Gestern im RBB-Fernsehen, das große Berliner Wahl-Duell zwischen Klaus Wowereit und Friedbert Pflüger, moderiert von Chefredakteurin Petra Lidschreiber.

Fernsehen hilft Kindern (fr-aktuell.de)
Es kommt nur darauf an, was man daraus macht: Medienforscherinnen sehen TV-Sendungen als Steinbruch für die kindliche Fantasie.

ARD hat auch Ullrichs Berater Pevenage bezahlt (faz.net)
Der Saarländische Rundfunk hat nach F.A.Z.-Informationen für die ARD nicht nur einen Vertrag mit dem Radsportler Jan Ullrich ausgehandelt. Auch dessen umstrittener Berater, Rudy Pevenage, erhielt Geld von der ARD.

Die anarchische Wiki-Welt (zeit.de)
Wikipedia, die Online-Enzyklopädie, kommt ohne Experten aus. Hier kann jeder mitmachen, Artikel schreiben und vorhandene ändern. Kann daraus ein seriöses Lexikon entstehen?

Bildungssystem steht infrage (falter.at)
Berater Max Friedrich erklärt, warum nach dem Fall Kampusch die Lehrbücher umgeschrieben gehören, warum das Bildungssystem wankt und warum es Kollateralschäden verursacht, ihn der Eitelkeit zu zeihen.

Dieter Bohlen irrt

Unser Vorschlag für die morgige Korrekturspalte in “Bild”:


Weil wir wieder einmal keinen Fehler in “Bild” gefunden haben, berichtigen wir diesmal Dieter Bohlen. Der behauptete gestern bei RTL, er und Estefania seien “jetzt seit ‘nem Dreivierteljahr auseinander”. Das ist falsch. In Wahrheit erfolgte die Trennung bekanntlich am 9. Juni.

Allgemein  

Bauarbeiter schwimmen den Fellen davon

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel-Springer-AG, hat nach einem Bericht der “taz” seinem Unternehmen vorgeworfen, inakzeptabel mit den Kunden umzugehen. Springers Zeitungen und Zeitschriften hätten sich den veränderten Lebensbedingungen ihrer Leser nicht angepasst, soll Döpfner bei einer internen Management-Tagung vorletzte Woche gesagt haben:

Bei Premium-Titeln wie Bild oder Welt, so Döpfner zum Punkt “Lebensumstände”, ginge man mittlerweile von falschen Leser-“Archetypen” aus. Der deutsche Bauarbeiter, der sich in der Pause mit den Kollegen an der “Seite-1-Mieze” (Döpfner) der Bild ergötze, sei so einer: “Heute kommt der typische Bauarbeiter aus Stettin oder Istanbul.” Und wenn der überhaupt lese, dann Hürriyet — “oder im besten Fall Fakt”, spielte der Springer-Chef auf den eigenen polnischen Boulevard-Ableger an.

PS: Vergangene Woche begann “Bild” mit einem Wettbewerb und forderte die Leser auf: “Schreiben Sie einen Reim, ein kleines Gedicht, auf das Mädchen von der ersten Seite.”

Die ersten Kandidaten sind schon da:

O pralle Brust!
O große Lust!
O Frau, du Volle,
Du machst mich tolle.
Ich trink jetzt Schnaps und Bier
bis alle ist all mein Hartz IV.

Man muss also gar nicht auf dem Bau arbeiten.

6 vor 9

Die Sozialisierung des Schnüffelns (sueddeutsche.de)
Wir leben mit “Bild” wie mit der Bombe: Gerhard Henschel hat eine neue Polemik über das Boulevardblatt verfasst. Es ist die Abrechnung mit der Dreistigkeit dieser papiernen Ringelpietzbrutalität.

Harter Kampf um Londons Leser (fr-aktuell.de)
Mogul Rupert Murdoch bringt das Gratisblatt “thelondonpaper” auf den Markt und bekommt prompt Konkurrenz.

Wütende Blogger auf Schnitzeljagd (welt.de)
Rund 100 Auserwählte erhalten einen rätselhaften Brief und einen Autoschlüssel. Wo der Schlüssel passt, wissen sie nicht. Auf der Spurensuche im Internet entdecken sie, wer dahinter stecken könnte. Und werden zunehmend verärgert.

Nach dem Manipulationsverdacht (taz.de)
Ist der Mensch in der Gesellschaft, in der er lebt, unglücklich? Das ist seit Jean-Jacques Rousseau die alte Frage der Kulturkritik. Sie kann immer noch fruchtbar sein – wenn man sie an den aktuellen Stand der Wissenschaften anpasst.

Die Journalisten der Stunde Null (dw-world.de)
Sie waren vor Ort, als die Türme des World Trade Centers einstürzten. Sie haben pausenlos über die Katastrophe berichtet. Und ziehen fünf Jahre nach 9/11 ein persönliches Fazit – drei Journalisten der Stunde Null.

“Es geht um viel mehr als um Hollywood” (tagesanzeiger.ch)
Lawrence Lessig kämpft für die Balance zwischen Kreativität und Kommerz. Er warnt vor einer “Nur-Lesen-Kultur”, wie sie die Industrie propagiert.

Ebay hält “Presseausweis” für Presseausweis

Neulich bei Ebay…

…hatte der Verkäufer “kaurismakler” einen “BILD-Presseausweis” mit einer offenbar nicht ganz ernst gemeinten Produktbeschreibung angeboten:

“(…) Leser-Reporter. Ein spannender und lukrativer Einstieg in den Nebenerwerbsjournalismus. Dabei hilft Ihnen der hier angebotene Presseausweis. Original. Neu. Unbenutzt. Und blanko. Das heisst, Sie können den Ausweis mit Ihren Daten ausfüllen, Ihr Bild einkleben und sich damit in bestimmten Situationen ausweisen. Erhöhte Glaubwürdigkeit inklusive. (…)”

Ebay entschied sich daraufhin, “kaurismaklers” Auktion vorzeitig zu beenden. Begründung:

“Ihr Angebot bzw. Ihre Suchanzeige verletzt jedoch den eBay-Grundsatz Behoerdliche Ausweispapiere und Lizenzen (…). Es ist verboten, behoerdliche Ausweispapiere, Lizenzen und andere Dokumente bei eBay anzubieten. Dazu gehoeren auch von Behoerden ausgestellte, offizielle Dokumente wie Ausweise, Reisepaesse, Urkunden, Lizenzen und Genehmigungen.”

“Behördliche Ausweispapiere”? Diese millionenfach an “Bild”-Verkaufstellen ausgelieferten Gratis-Gimmicks?!

Als wir Ebay auf den Irrtum hinwiesen, begründete man die Stornierung neu. Offenbar hält das Auktionshaus den “BILD-Presseausweis” an sich für unseriös: Weil er “frei personalisierbar” sei, könne ein Bieter darin “einen Wert sehen, der nicht vorhanden ist”. Der Ausweis könne, so Ebay weiter, “missbräuchlich verwendet” werden, “um sich z.B. Zutritt zu Veranstaltungen zu verschaffen”.

Mit anderen Worten: Ebay glaubt, die Verwechslung, die dem Unternehmen selbst unterlaufen ist, könne aufgrund der Gestaltung der “Bild”-Werbemittels auch anderen unterlaufen. Was natürlich nicht stimmt. Denn ob man “BILD-Presseausweise” mit richtigen Presseausweisen verwechseln kann, entscheidet immer noch “Bild” selbst:

“Es besteht keine Verwechselungsgefahr mit den ordentlichen Presseausweisen für hauptberufliche Journalisten.”
(“Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich über die “BILD-Presseausweise”)

 
PS: “BILD-Presseausweise” werden bei Ebay momentan weiterhin angeboten — vermutlich jedoch nicht, damit sie “missbräuchlich verwendet” werden, sondern…

Mit Dank an Weltenweiser.de für den Hinweis, “kaurismakler” für die Unterstützung — und dieweltistscheiße.de für die nicht-missbräuchlichen Verwendungsvorschläge.

6 zu 9/11

Nur ein Rauschen (taz.de)
Als am 11. September 2001 die Twin Tower zusammenstürzten war es in Manhattan still wie in einer Winternacht. Eine Erinnerung.

Das ist der vierte Weltkrieg! (titanic-magazin.de)
Was am 11. September wirklich passierte.

Inside Job? (telepolis.de)
Fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ist in den USA eine beträchtliche Graswurzelbewegung entstanden, die Kreise der eigenen Regierung direkt für die Katastrophe verantwortlich macht.

Geboren am 11. September (neon.de)
Als vor fünf Jahren in New York tausende Menschen ums Leben kamen, hatte ich gerade ein Kind zur Welt gebracht.

11. September 2001 (interactivepublishing.net)
Screenshot-Sammlung von über 250 Nachrichtenseiten aus aller Welt.

“Bush beutet die Angst der Amerikaner aus” (taz.de)
Der US-amerikanische Schriftsteller T. C. Boyle über die Reaktionen der USA auf 9/11, den Hass der Welt auf die Amerikaner und die Freiheit des Künstlers, das Thema 11. September nicht unbedingt wichtiger zu finden als andere.

Wo man war und wie man von den Ereignissen erfuhr, ist auch fünf Jahre später immer wieder Thema. Schilderungen des persönlichen 9/11 sind zu lesen bei mein911.twoday.net, netzeitung.de und bei jetzt.sueddeutsche.de.

Die Ereignisse des Tages in chronologischer Aufarbeitung sind ebenfalls mehrfach verfügbar: ausführlich (wikipedia.de), mit weiterführenden Links (lpb.bwue.de), kompakt zusammengefasst (netzeitung.de), im Newsroom (spiegel.de), mit Illustrationen (sueddeutsche.de), rekonstruiert (stern.de) und mit einer Auflistung der langfristigen Folgen (freitag.de).

6 vor 9

Der liebe Kai hat Recht (taz.de)
Auch wenn das Landgericht Hamburg es anders sieht: Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo steht weiter hinter der Entscheidung, den Namen von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann aus einem Zeit-Beitrag (wohl dieser hier) über das Selbstverständnis von Journalisten und die öffentliche Rolle von Chefredakteuren zu streichen.

Leistungsprämien für Jan Ullrich waren “Schnapsidee” (rp-online.de)
Die geheimen Interview- und Showverträge mit Radprofi Jan Ullrich waren eine “Schnapsidee” – das gestand ARD-Programmdirektor Günter Struve jetzt ein. Nach seinen Aussagen hat er den Vertrag mit Ullrich über die Sonderprämien nicht mal gelesen. An Rücktritt denke er aber nicht.

Demokratischer Zugriff oder digitale Aushöhlung des Copyrights? (nzz.ch)
Mit Internet-Piraterie will Google sein Projekt einer weltweit zugänglichen Online-Bibliothek nicht verwechselt sehen.

“Das Internet ist das ewige Gedächtnis” (welt.de)
Harold Burson hat die PR-Branche beeinflusst wie kein Zweiter. Vor über fünf Jahrzehnten gründete er die Agentur Burson-Marsteller. In der Zeit haben Deutschland-Chef Karl-Heinz Heuser und er auch einige heikle Fälle beraten. Ein Expertengespräch über alte Sünden.

Entrepreneurism oder Reden wir lieber übers Geldverdienenmüssen (woerterberg.de)
Rezente Äusserungen zweier geschätzter Köpfe über Weblogs unter dem Aspekt des Geldverdienenmüssens.

“Eine Britannica habe ich nie besessen” (derstandard.at)
Jimmy Wales, der Gründer von Wikipedia im Interview über Youtube, Bürgerjournalismus, den “100 Dollar Laptop” und Angelina Jolie.

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