Archiv für August 20th, 2004

Streng verboten

So was gehört sich ja nun wirklich nicht: Weil die Deutsche Presseagentur (dpa) “eine journalistische Sensation landen” wollte und “Exklusiv-Fotos des neuen Adoptiv-Kindes von Kanzler Schröder” verbreitete, gab’s gestern Schelte von “Bild” (die freilich darauf verzichtete, neben das Bild von dpa-Chef Wilm Herlyn auch das vom Springer-Kollegen und “B.Z.”-Chef Florian von Heintze zu drucken – siehe dazu “Berliner Zeitung”). Denn:

“Das Fotografieren von Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern ist (…) streng verboten.”

Gilt das eigentlich auch für den Abdruck unerlaubter Fotos von Minderjährigen? Offenbar nicht, nicht jedenfalls bei Kindern von Prominenten. Oder für wie realistisch halten Sie’s, dass “Bild” eine Erlaubnis von US-Gouverneur Arnold Schwarzenegger bekommen hat, um heute eins bzw. zwei Bilder seiner 14-jährigen Tochter Katherine abzudrucken und deren Gewicht zu kommentieren?

Ein friedlicher Tod

Die Nachrichtenagentur dpa meldet:

Der FDP-Politiker Günter Rexrodt ist nach Angaben der Berliner Universitätsklinik Charité an einem plötzlichen Herztod gestorben. … Der Herztod habe sich unabhängig von seiner Krebserkrankung ereignet. Der 62-Jährige sei gestern im Schlaf gestorben. Es sei ein friedlicher Tod gewesen.

Ah. Na, dann war es ja fast so, wie “Bild” heute morgen berichtete:

Danke an Chris M. für den Hinweis!

“Bild” spricht mit Gesteinigtem

Heute reden wir einmal über das Wort “fast”. Es ist ein kleines, unscheinbares Wort, ein schüchternes Adverb, das sich nicht wehrt, wenn man es (aus Platzgründen oder so) mal aus einer Überschrift streicht. In dieser über 30 Zentimeter breiten Schlagzeile der Berliner “Bild”-Ausgabe von heute zum Beispiel:

Das Deutsche Wörterbuch Wahrig definiert “steinigen” so:

‘stei|ni|gen <v.t.; hat> jmdn. steinigen durch Steinwürfe töten

Das Opfer war aber hinterher noch in der Lage, mit “Bild” zu reden. Aus dem Kleingedruckten winkt uns am Ende des zweiten Absatzes beschämt unser freundliches Adverb zu: “Am helligten Tag gingen drei wütende Fahrgäste auf ihn los, steinigten ihn fast.”

Mit der gleichen platzsparenden Logik hätte “Bild” auch Schlagzeilen komponieren können wie: “Stoiber zum Kanzler gewählt”, “Papst bei Attentat umgekommen”, “Franzi holt Bronze in Athen” und “‘Bild’ lügt nie”.