Archiv für August 7th, 2004

Julia G.

Lange nichts gehört von der Tochter von Uschi Glas. Vor gut einer Woche berichtete “Bild” in größter Aufmachung, die 17-jährige sei in eine “Drogen-Affäre” verwickelt, wohinter sich möglicherweise das Rauchen einer Drittel Marihuana-Zigarette verbarg, möglicherweise aber auch gar nichts. Einen Tag danach fand sich der konkrete Tatvorwurf nur noch zwischen den Zeilen. Seitdem: Funkstille. Gab es Razzien? Wurden Drogen-Sümpfe trockengelegt? Sitzt sie im Knast? Darf ihre Mutter noch im Fernsehen auftreten? Wir wissen es nicht.

Eine Konkretisierung der Vorwürfe gab es nicht, zurückgenommen hat “Bild” sie auch nicht. Eine 17-jährige Jugendliche stand halt mal einen Tag groß auf der Titelseite neben dem Wort “Drogen-Affäre”.

Im Straßenverkehr übrigens nennt man das Verhalten, wenn jemand “die erforderliche Sorgfalt gröblich, im hohen Grade außer Acht lässt” oder “unbekümmert und leichtfertig handelt” grob fahrlässig. Aber vielleicht gilt das ja nicht bei Boulevardzeitungen.

Kamasutra revisited

Zu den wirklich wichtigen Fragen, die “Bild” täglich beantwortet, gehört die, welche europäische Nation am meisten Sex hat. Anscheinend liegen die Ungarn vorn. Auf Platz 8 unter den Europäern: Indien. Auf Platz 12: China. Die Neuseeländer liegen in der europäischen Sex-Rangliste auf Platz 14, noch vor Australien und Südafrika, die … äh… Wie umfassend war diese EU-Erweiterung letztens eigentlich nochmal?

Nach einem sachdienlichen Hinweis von Martin.

Nachtrag: Kurz nach Erscheinen dieses Eintrags ist bild.de plötzlich offenbar doch noch sowas wie ein Globus in die Hände gefallen.

“Die Konfusion wird größer” (M. Döpfner)

In der heutigen Ausgabe ist der “Bild”-Zeitung offenbar ein bedauerlicher Fehler unterlaufen: Passend zur Titelstory (“‘Bild’ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung”) druckt das Blatt auf Seite 2 einen “Protest-Brief” zum Ausschneiden.

“(…) unterschreiben Sie den nachfolgenden Brief (schon in der alten Rechtschreibung) an die Kultusminister“,

heißt es dazu im Begleittext. “An die Kultusministerkonferenz” steht auch über dem “Protest-Brief”. Zu schicken sei der laut “Bild” jedoch an:
BILD – Stichwort: Rechtschreibreform
20597 Hamburg

Und das, obwohl die Zeitung – um das mal in aller Deutlichkeit zu sagen – für eine Entscheidung über die Zukunft der Rechtschreibreform gar nicht zuständig ist. Zuständig ist von Anfang an vielmehr die Kultusministerkonferenz, deren Adresse Sie ggf. hier finden.

Boenischs beste Bedingungen

Unter der Überschrift “Riesenresonanz auf Hoppegarten Renntag” führte die “Bild” vom Freitag im Sportteil der Berlin-Ausgabe ein Interview mit dem “Präsidenten des Union Klubs”, der die Galopprennbahn in Berlin-Hoppegarten betreibt. Der Präsident habe sich “mächtig ins Zeug gelegt“, meint “Bild” und lobt die “starke Resonanz“, nennt’s eine “erfreuliche Tendenz“. Dann stellt das für seine knallharten Boulevardjournalismus bekannte Blatt noch schnell ein paar Fragen, die allesamt (“Wie viele Zuschauer werden erwartet?”, “Hat sich Prominenz angekündigt?”, “Worauf dürfen sich die Turffreunde in diesem Jahr noch freuen?”, “Wie steht es um den publikumswirksamen Hindernissport?”, “Sie halten der Rennbahn weiterhin die Treue?”) aussehen wie abgeschrieben aus einem Galoppverlautbarungsorgan. Großzügig bebildert erstreckt sich das freundliche Entgegenkommen auf eine halbe “Bild”-Seite. “Wir bieten beste Bedingungen“, steht in großen Lettern drüber – und ebenso groß der Name “Boenisch”, denn so heißt der interviewte Mann. Es ist (aber ja doch!) derselbe Boenisch, der Boenisch, der in derselben Freitags-“Bild” 14 Seiten vorher darauf herumreitet, dass irgendwer irgendwen “für dumm verkaufen” wolle.

Ach ja, und fast hätten wir’s vergessen: Am Sonntag um 16.35 Uhr kämpfen in Hoppegarten elf Galopper im 6. Rennen um den “114. Großen Preis von Berlin” – auch “‘Bild’-Pokal” genannt.