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Eine Hand wäscht die andere in Unschuld

Im Fall des in Emden ermordeten Mädchens musste die Polizei einen 17-jährigen Verdächtigen wieder freilassen — und zwar nur wenige Zeit nachdem sich ein Beinahe-Lynchmob vor dem Polizeirevier versammelt hatte. Seitdem sind die Medien, die zuvor groß über den “Täter” berichtet hatten, in heller Aufruhr über den “Polizeiskandal”. Der bekannte Kriminologe Christian Pfeiffer wurde von Medien wie Bild.de, dem “Berliner Kurier” und dem “Westen” mit den Worten zitiert, die Polizei habe “gravierende Fehler begangen”. Dass Pfeiffer der Nachrichtenagentur dapd gegenüber geäußert hatte, auch die Medien hätten durch eine übertrieben emotionale Berichterstattung dazu beigetragen, dass der Jugendliche “zur Zielscheibe der Aggressionen geworden ist”, steht dort nicht.

Bild.de berichtet heute unter Berufung auf den “Express”, der Jugendliche sei aus seiner Heimat “geflohen”, und lässt den Berliner Strafrechtsprofessor Martin Heger zu Wort kommen:

Heger forderte die Behörden deshalb auf, zur Rehabilitierung des zu Unrecht inhaftierten Jungen ebenso massiv an die Öffentlichkeit zu gehen. “Die Staatsanwaltschaft hat nun eine Pflicht zur Offenlegung der Entlastungsgründe – auch unter Inkaufnahme der Gefährdung des Untersuchungszwecks.”

Dass “Bild” die Unschuld des Jugendlichen auch “ebenso massiv” behandelt wie seine Verhaftung, stand offenbar nicht zur Debatte: Die Zeitung berichtet heute im Innenteil unter einem riesigen Foto vom Sarg des kleinen Mädchens von dem “Skandal” bei den polizeilichen Ermittlungen und widmet dem Schüler zusätzlich noch eine kleine Meldung:

Unschuldiger Schüler jetzt unter Polizeischutz

Zum Vergleich noch mal die Aufmachung seiner Verhaftung in “Bild” vom Donnerstag:

Polizei sicher: ... von Schüler getötet!

Dass der “Bild”-Redaktion dieses Missverhältnis auffällt, ist übrigens hochgradig unwahrscheinlich:

Bereits am Sonntag ein unfassbares Versehen: Nur wenige Stunden nach dem Mord ist der Tatort frei zugänglich. Keine Absperrung, kein Flatterband, kein Siegel. Anwohner pilgern zu der Stelle in dem Emder Parkhaus, an dem die kleine […] missbraucht und getötet wurde, machen Fotos von der Blutlache am Boden — bis ein genervter Wachmann die Tür verschließt.

Sie ahnen nie, welche Zeitung bereits am Montag ein großes Foto von der Blutlache am Boden gedruckt hatte!

Mit Dank auch an Daniel H., Robert W. und Johannes K.